Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

nicht recht, daß ich in einer so schönen Gegend so miserable Späße mache, aber ich kann heut einmal nicht ernsthaft sein. So steuerten wir denn, in Wonne versunken, über den schönen Tag und über die noch schönere Gegend, gemächlich fort, wo uns nichts auffiel, als ein niedliches Gebäude, welches Monat-Schlößchen heißt, weil es ein Churfürst in einem Monat für seine Schöne aufbauen ließ. Das weiß hier jeder Mensch, doch stößt sich Niemand daran. Eine Toleranz zum Entzücken. Auch dieses Gebäudchen sucht durch seine Reize das Thal zu verherrlichen. Nach einigen Stunden gelangten wir in die zwar merkwürdige, aber äußerst schmußige und grausliche Stadt Hallein. Die Einwohner sehen alle wie Gespenster aus, blaß, hohläugig und mager zum Anzünden. Dieser schreckliche Contrast, den dieser Anblick des Ragenstadtl's 2. auf jenes Thal erzeugt, machte einen höchst fatalen Eindruck auf mich. Es ist, als wenn man von dem Himmel auf einen Misthaufen fiele, oder nach einer Mozart'schen Musik ein Stück von dem unsterblichen A. hörte. Den Salzberg, sammt den Salzwerken anzusehen, war Vogl nicht zu bewegen, dessen große Seele, angetrieben durch seine Gicht, nach Gastein strebte, wie in finsterer Nacht der Wanderer nach einem lichten Punkt. Wir fuhren also weiter über Golling, wo sich schon die ersten hohen, unübersteigbaren Berge zeigten, durch deren fürchterliche Schluchten der Paß Lueg führt. Nachdem wir denn über einen großen Berg langsam hinaufkrallten, vor unserer Nase, sowie zu beiden Seiten schreckliche Berge, so daß man glauben könnte, die Welt sei hier mit Bre tern vernagelt, so sieht man plöglich, indem der höchste Punkt des Berges erreicht ist, in eine entseßliche Schlucht

hinab, und es droht einen im ersten Augenblicke einiger maßen das Herz zu schüttern. Nachdem man sich etwas von dem ersten Schreck erholt hat, sieht man diese rasend hohen Felswände, die sich in einiger Entfernung zu schließen scheinen, wie eine Sackgasse, und man studirt umsonst, wo hier der Ausgang sei. In dieser schreckenhaften Natur hat auch der Mensch seine noch schreckenvollere Bestialität zu verewigen gesucht. Denn hier war es, wo auf der einen Seite die Baiern, und die Tyroler auf der andern Seite der Salzach, die sich tief, tief unten brausend den Weg bahnt, jenes grauenvolle Morden vollbrachten, indem die Tyroler, in den Felsenhöhlen verborgen, auf die Baiern, welche den Paß gewinnen wollten, mit höllischem Lustgeschrei herabfeuerten, welche getroffen in die Tiefe herabstürzten, ohne je sehen zu können, woher die Schüsse kamen. Dieses höchst schändliche Beginnen, welches mehre Tage und Wochen fortgesetzt wurde, suchte man durch eine Capell : auf der Baiern Seite und durch ein rothes Kreuz in dem Felsen auf der Tyroler Seite zum Theil zu bezeichnen, und zum Theil durch solche heilige Zeichen zu fühnen. Du herrlicher Christus, zu wie viel Schandthaten mußt Du dein Bild herleihen. Du selbst, das gräßlichste Denkmal der menschlichen Verworfenheit, da stellen sie dein Bild auf, als wollten sie sagen: Seht! die vollendetste Schöpfung des großen Gottes haben wir mit frechen Füßen zertreten, sollte es uns etwa Mühe kosten, das übrige Ungeziefer, genannt Menschen, mit leichtem Herzen zu vernichten? Doch wenden wir unsere Augen ab von so nederschlagenden Betrachtungen und schauen wir lieber, daß wir aus diesem Loch hinauskommen. Nachdem es nun eine gute Weile ab

-

wärts geht, die beiden Felswände immer näher zusammenrücken und die Straße sammt dem Strom auf 2 Klaftern Breite eingeengt werden, so wendet sich hier, wo man es am wenigsten vermuthet, unter einem herüberhängenden Felsen bei dem zornigen Wüthen der eingezwängten Salzach, die Straße zur angenehmen Ueberraschung des Wanderers. Denn nun geht es, obwohl noch immer von himmelhohen Bergen eingeschlossen, auf breiterem Wege und eben dahin. Mittags kamen wir in Werffen an. Ein Markt mit einer bedeutenden Festung, von den Salzburger Churfürsten er baut, wird jetzt vom Kaiser renovirt. Auf unserer Rückreise bestiegen wir selbe, es ist v....... hoch, gewährt aber eine herrliche Aussicht in das Thal, welches auf einer Seite von den ungeheuren Werffner Gebirgen, die man bis Gastein sieht, begrenzt ist. Himmel, Teufel, das ist etwas Erschreckliches, eine Reisebeschreibung, ich kann nicht mehr. Da ich so in den ersten Tagen des Octobers nach Wien komme, so werde ich Dir dieses Geschreibsel selber übergeben und das Uebrige mündlich erzählen.

Auch als Dichter versuchte er sich gelegenheitlich. So hatte er zu dem Männerterzett, welches er zu seines Vaters Namens. tag componirt hatte, sowie zu den Beiträgen zur Jubelfeier des Hofcapellmeisters Salieri, dann zu dem Liede: In das Stammbuch eines scheidenden Freundes, auch die Worte gemacht, und die folgenden Gedichte, wenn sie auch eine nur wenig geübte Hand verrathen, zeugen immerhin von poetischer Begabung, und jener vorherrschenden Gemüthsstimmung, wie sie Näherstehende oft an Schubert bemerkt haben. Die Auslegung des Traumes muß billig dem Leser selbst überlassen bleiben.

Mein Gebet.

Tiefer Sehnsucht heil'ges Bangen
Will in schön're Welten langen;
Möchte füllen dunklen Raum
Mit allmächt'gem Liebestraum.
Großer Vater! reich' dem Sohne,
Tiefer Schmerzen nun zum Lohne,
Endlich als Erlösungsmahl
Deiner Liebe ew'gen Strahl.

Sich, vernichtet liegt im Staube,
Unerhörtem Gram zum Raube,
Meines Lebens Martergang
Nahend ew'gem Untergang.
Tödt' es und mich selber tödte,
Stürz' nun Alles in die Lethe,

8. Mai 1823.

Und ein reines kräft'ges Sein
Laß, o Großer, dann gedeihn.

,,Laßt sie nur in ihrem Wahn,“
Spricht der Geist der Welt,

,,Er ist's, der im schwanken Kahn,

So sie mir erhält. ́ ́

Laßt sie rennen, jagen nur

Hin nach einem fernen Siel,

Glauben viel, beweisen viel
Auf der dunkeln Spur.
Nichts ist wahr von alledem,
Doch ist's kein Verlust,
Menschlich ist ihr Weltsystem,
Göttlich bin ich's mir bewußt.

Sept. 1820.

Mein Traum.

Den 3. Juli 1822.

Ich war ein Bruder vieler Brüder und Schwestern. Unser Vater, unsere Mutter waren gut. Ich war allen mit tiefer Liebe zugethan. Einstmals führte uns der Vater zu einem Lustgelage. Da wurden die Brüder sehr fröhlich. Ich aber war traurig. Da trat mein Vater zu mir und befahl mir, die köstlichen Speisen zu genießen. Ich aber konnte nicht, worüber mein Vater erzürnend, mich aus seinem Angesichte verbannte. Ich wandte meine Schritte und mit einem Her zen voll unendlicher Liebe für die, welche sie verschmähten, wanderte ich in ferne Gegend. Jahre lang fühlte ich den größten Schmerz und die größte Liebe mich zertheilen. Da kam mir Kunde von meiner Mutter Tode. Ich eilte sie zu sehen, und mein Vater, von Trauer erweicht, hinderte meinen Eintritt nicht. Da sah ich ihre Leiche. Thränen entflossen meinen Augen. Wie die gute alte Vergangenheit, in der wir uns, nach der Verstorbenen Meinung auch bewegen sollten, wie sie sich einst, sah ich sie liegen. Und wir folgten ihrer Leiche in Trauer und die Bahre versank. Von die ser Zeit an blieb ich wieder zu Hause. Da führte mich mein Vater wieder einstmals in seinen Lieblingsgarten: er fragte mich, ob er mir gefiele. Doch mir war der Garten ganz widrig und ich getraute mir nichts zu sagen. Da fragte er mich zum zweiten Male erglühend: ob mir der Garten ge fiele? Ich verneinte es zitternd. Da schlug mich mein Vater und ich entfloh. Und zum zweiten Male wandte ich meine Schritte und mit einem Herzen voll unendlicher Liebe für die, welche sie verschmähten, wanderte ich abermals in ferne Gegend. Lieder sang ich nun lange, lange Jahre. Wollte

« ZurückWeiter »