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mals. Als Beweis dessen werden Dir auch eine große So. nate und Variationen über ein selbst erfundenes Thema, beides zu vier Händen, welche ich bereits componirt habe, dienen. Die Variationen erfreuen sich eines ganz besondern Beifalls. Ueber die dem - übergebenen Lieder tröste ich mich, da nur einige davon mir gut erscheinen, als: Wanderers Nachtlied und der entsühnte, nicht aber entführte Orest, über welchen Irrthum ich sehr lachen mußte. Suche wenigstens diese sobald als möglich zurück zu bekommen. Daß Du Dich recht wohl befindest, freut mich um so mehr, da ich hoffe, daß ich selbes Wohl. befinden mit dem meinigen kommenden Winter kräftiglichst genießen werde. Grüße mir Eltern, Geschwister und Freunde innigst. Du sei mir tausendmal gefüßt. Schreibe sobald wie möglich und lebe recht, recht wohl. Mit ewiger Liebe

Dein Bruder Franz. Ein zweiter, am 25. Juli 1825 aus Steyer an die Eltern geschrieben, lautet:

Theuerste Eltern!

Mit Recht verdiene ich den Vorwurf, den Sie mir über mein langes Stillschweigen machten, allein da ich nicht gern leere Worte schreibe und unsere gegenwärtige Zeit wenig Interessantes darbietet, so werden Sie mir's verzeihen, daß ich erst auf Ihr liebevolles Schreiben etwas von mir verneh men lasse. Sehr freute mich das allerseitige Wohlbefinden, zu dem ich, der Allmächtige sei gepriesen, auch das meinige hinzufügen kann. Ich bin jezt wieder in Steyer, war aber sechs Wochen in Gmunden, dessen Umgebungen wahrhaftig himmlisch sind, und mich, so wie ihre Einwohner, besonders der gute Traweger innigst rührten und mir sehr wohl thaten.

Ich war bei Traweger wie zu Hause, höchst ungenirt. Bei nachheriger Anwesenheit des Herrn Hofrath Schiller, der der Monarch des ganzen Salzkammergutes ist, speisten wir (Vogl und ich) täglich in seinem Hause und musicirten sowohl da, als auch in Traweger's Hause sehr viel. Besonders machten meine neuen Lieder aus Walter Scott's Fräulein vom See, sehr viel Glück. Auch wunderte man sich sehr über meine Frömmigkeit, die ich in einer Hymne an die heil. Jungfrau ausgedrückt habe, und wie es scheint, alle Gemüther ergreift und zur Andacht stimmt. Ich glaube, das kommt daher, weil ich mich zur Andacht nie forcire, und, außer wenn ich von ihr unwillkürlich übermannt werde, nie dergleichen Hymnen oder Gebete componire, dann aber ist sie auch gewöhnlich die rechte und wahre Andacht. Von Gmunden gingen wir über Pruhberg, wo wir einige Bekannte antrafen und uns einige Tage aufhielten, nach Linz, wo wir acht Tage verweilten, die wir wechselweise in Linz selbst und in Steheruck zubrachten. In Steyeruck kehrten wir bei der Gräfin Weißenwolf ein, die eine große Verehrerin meiner Wenigkeit ist, alle meine Sachen besißt und auch manches recht hübsch singt. Die Walter Scott'schen Lieder machten einen so überaus günstigen Eindruck auf sie, daß sie sogar merken ließ, als wäre ihr die Dedication derselben nichts weniger als unangenehm *). Mit der Herausgabe dieser Lieder gedenke ich aber doch eine andere Manipulation zu machen, als die gewöhnliche, bei der gar so wenig herausschaut, indem sie den gefeierten Namen des Scott an der Stirn tragen, und auf diese Art mehr Neugierde erregen könnten, und mich bei Hinzufügung des englischen Textes *) Sie wurden auch der Gräfin dedicirt.

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auch in England bekannter machen würden. Wenn nur mit den von Kunsthändlern etwas Honnetes zu machen wäre, aber dafür hat schon die weise und wohlthätige Einrichtung des Staates gesorgt, daß der Künstler ewig der Sclave jedes elenden Krämers bleibt.

Was den Brief der Milder *) betrifft, so freut mich die günstige Aufnahme der Suleika sehr, obwohl ich wünschte, daß ich die Recension selbst zu Gesichte bekommen hätte, um zu sehen, ob nicht etwas daraus zu lernen sei; denn so günstig als auch das Urtheil sein mag, eben so lächerlich kann es zugleich sein, wenn es dem Recensenten am gehöri gen Verstand fehlt, welches nicht so selten der Fall ist.

In Oberösterreich finde ich allenthalben meine Compo sitionen, besonders in den Klöstern Florian und Kremsmünster, wo ich mit Beihilfe eines braven Clavierspielers meine vierhändigen Variationen und Märsche mit günstigem Erfolge producirte. Besonders gefielen die Variationen aus meiner neuen Sonate zu zwei Händen **), die ich allein und nicht ohne Glück vortrug, indem mich einige ver sicherten, daß die Tasten unter meinen Händen zu singenden Stimmen würden, welches, wenn es wahr ist, mich sehr freut, weil ich das vermaledeite Hacken, welches auch ausgezeichneten Clavierspielern eigen ist, nicht ausstehen kann, indem es weder das Ohr noch das Gemüth ergözt. Ich befinde mich gegenwärtig wieder in Steyer und wenn Sie mich bald mit einem Schreiben beglücken wollen, so wird es mich noch hier treffen, indem wir nur 10 bis 14 Tage verweilen, und dann die Reise nach Gastein antre*) Die Sängerin Milder-Hauptmann.

**) Wird op. 42 gemeint sein.

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ten, einer der berühmtesten Badeörter, ungefähr 5 Tage von Steyer entfernt. Auf diese Reise freue ich mich außer ordentlich, indem ich dadurch die schönsten Gegenden kennen lerne, und wir auf der Rückreise das wegen seiner herrlichen Lage und Umgebungen berühmte Salzburg besuchen werden. Das Wetter war hier den ganzen Juni und halben Juli sehr unstät dann 14 Tage sehr heiß, daß ich ordentlich mager wurde vor lauter Schwißen, und jezt regnet es 4 Tage beinahe in einem fort. Den Ferdinand und seine Frau sammt Kindern lasse ich schönstens grüßen. Er kriecht vermuthlich noch immer zum Kreuz *) und kann D. nicht los werden; auch wird er gewiß schon wieder 77 Mal frank gewesen sein und 9 Mal sterben zu müssen geglaubt haben, als wenn das Sterben das Schlimmste wäre, was uns Menschen begegnen könnte. Könnte er nur einmal diese göttlichen Berge und Seen schauen, deren Anblick uns zu erdrücken oder zu verschlingen droht, er würde das winzige Menschenleben nicht so sehr lieben, als daß er es nicht für ein großes Glück halten sollte, der unbegreiflichen Kraft der Erde zu neuem Leben wieder anvertraut zu werden. Was macht Carl**)? Er hat wohl jezt viel zu thun; denn ein verheirateter Künstler ist verpflichtet, sowohl Kunst - als Naturstücke zu liefern, und wenn beide Arten gerathen, so ist er doppelt zu loben, denn das ist keine Kleinigkeit. Ich leiste Verzicht darauf. Der Schneider ***) und seine Schneiderin

*) Das ehemals Weigert'sche (jezt Wittmann’sche) Gasthaus, wo die Familie Schubert zusammenzukommen pflegte. Franz ging nicht gerne da hin, denn der Wirth fälschte den Wein, der ihm dann Kopfweh verursachte. **) Schubert's Bruder, Landschaftsmaler.

***) Schubert's Schwager, Schullehrer.

sollen auf den zu kommenden kleinen oder kleine Schneiderin schön Acht haben, auf daß die Schneider zahllos werden, wie der Sand am Meere, nur solle sie darauf sehen, daß keine Aufschneider oder Zuschneider, keine Ehr oder Gurgelabschneider überhand nehmen. Und nun muß ich das Geschwäß endlich enden, da ich glaubte, mein langes Schweigen durch ein dito Schreiben erseßen zu müssen. Marie und Peppi *) und den kleinen Provstl küsse ich tausend Mal. Uebrigens bitte ich Alles, was nur grüßbar ist, schönstens zu grüßen. In Erwartung einer baldigen Antwort verharre ich mit aller Liebe

Ihr

treuester Sohn Franz.

An diese mögen sich noch die, aus Gmunden an seinen Bruder **) gerichteten Schreiben anschließen :

Lieber Bruder!

Den 12. September 1825.

Deiner Aufforderung gemäß möchte ich Dir freilich eine ausführliche Beschreibung unserer Reise nach Salzburg und Gastein machen, allein Du weißt wie wenig ich zum Erzählen und Beschreiben geeignet bin; da ich indessen bei meiner Zurückkunft nach Wien auf jeden Fall erzählen müßte, so will ich es doch lieber jetzt schriftlich als dann mündlich wagen, ein schwaches Bild all' dieser außerordentlichen Schönheiten zu entwerfen, indem ich jenes doch besser, als dieses zu treffen hoffe.

Wir reiseten nämlich ungefähr halben August von Steyer ab, fuhren über Kremsmünster, welches ich zwar schon öfter gesehen habe, aber wegen seiner schönen Lage nicht

*) Schubert's Schwestern.

**) Wahrscheinlich Ferdinand.

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