Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

gewöhnten Ohr des größeren Publikums befremdend klangen. Weber hatte mit den Traditionen der Oper cus der eben vorhergegangenen Zeit gebrochen, und an Gluck's Weise sich anlehnend, diesen ober durch den romantischen Flug seiner Fantasie und die ausgebildetste Kunst der Orchestrirung weit überflügelnd, war er mit einem Werk hervorgetreten, welches als Anfang und Vorbild des musikalischen Drama unserer Tage angesehen werden kann und in seiner erhabenen Schönheit von den, dem gleichen Principe folgenden Werken noch nicht erreicht, geschweige denn übertroffen worden ist.

Schubert, eben auch ein Kind seiner Zeit, und noch dazu ein König im Reich der Melodien, konnte dieser ihm herb und ascethisch scheinenden Musik ebenfalls keinen Geschmack abgewinnen, und freimüthig wie er war, sprach er sich auch in diesem Sinne gegen den Componisten aus. Es sei zu wenig Melodie darin, meinte er, und der Freischüß sei halt ganz etwas anderes *).

C. M. Weber war bald nach seiner Ankunft in Wien und dann noch mehrere Male mit Schubert, für welchen er sich sehr interessirte, zusammengekommen, und hatte ihm versprochen, die Oper Alfonso und Estrella in Berlin zur Aufführung zu bringen. Die Partitur wanderte dahin **); die

*) Bekanntlich wendete sich Weber auch an Beethoven und fragte ihn um sein Urtheil über die mit wenig Beifall aufgenommene Oper. Beethoven sagte: „Das Ding ist gut," und indem er ihm rieth, fich nicht an die allgemeine Etimme zu kehren, zeigte er ihm einige Kritiken, in welchen ihm (Beethoven) gerathen wurde, fleißiger Musik zu studiren, sich einen bessern Styl anzugewöhnen u. s. w.

**) In neuester Zeit hat Franz Liszt die Oper in Weimar zur Aufführung gebracht, doch nur mit mäßigem Erfolge; Schubert selbst hielt

Oper aber blich unaufgeführt, und es ist wohl möglich, daß, wie auch vielfach behauptet wird, der Schöpfer des Freischüß und der Euryhanthe, gereizt durch den Nichterfolg der letzteren Oper*) und Schubert's Urtheil darüber, sich die Aufführung jenes Werkes nicht mehr so am Herzen liegen ließ, als man seinem Versprechen nach hätte erwarten können.

In eben dieses Jahr fällt die Composition eines Tantum ergo in D und selbstverständlich vieler Lieder, darunter: Willkommen und Abschied, Frühlingsglaube, Einsamkeit, der Wachtelschlag, die Rose, der Musensohn und Schwestergruß.

[ocr errors]

Das darauf folgende Jahr ist bezeichnet durch die Composition des Fierabras," heroisch-romantische Oper in 3 Aufzügen, Tert von Kupelwieser. In demselben Jahre compo nirte er eine Claviersonate in A-Moll, eine Sonate für Clavier und Arpeggione in A-Moll, und von Liedern: Pilgerweise, der zürnende Barde, der Zwerg, Vergißmeinnicht, Du bist die Ruh, Drang in die Ferne, auf dem Wasser zu singen, Viola und endlich die eben so populär als berühmt gewordenen Müllerlieder, ein Ciclus von zwanzig Gesängen, durchweg Compositionen, die von der vollendeten Reife des 26jährigen Jünglings beredtestes Zeugniß ablegen. Um eben diese Zeit wurde auch die Musik zu dem Schauspiele „Rosamunde“ von Helmine Chezy im Theater an der Wien mit großem Beifalle aufgeführt.

diese Oper und Fierabras für seine gelungensten, und am besten zur Aufführung geeignet.

*) Seither haben sich die Zeiten und mit ihnen auch das must. kalische Verständniß sehr geändert. Euryanthe, ein Prachtwerk erster Größe, ist nun auch in Wien in seiner vollen Bedeutung erkannt und gewürdigt.

Noch ist der verschiedenen Auszeichnungen zu erwähnen, die Schubert in den zuletzt erwähnten Jahren zu Theil geworden sind, und wenn sie auch seine materielle Lage nicht verbesserten, immerhin seinem Selbstgefühle schmeicheln mußten. Im Jahre 1821 haben ihm die Hoscapellmeister Salieri und Weigl, Hofrath Mosel und Graf Moriz Dietrichstein Zeugnisse über sein Musiktalent ausgestellt, wie solche noch selten Künstlern zu Theil geworden sein dürften.

Im Jahre 1822 erhielt er von dem Bischofe von St. Pölten, dem er die Harfnerlieder aus Wilhelm Meister zugeeignet hatte, folgendes Schreiben:

Wohlgeborner Herr! Sie haben mir eine wahrlich unverdiente und ganz besondere Ehre dadurch erwiesen, daß Sie mir das zwölfte Werk Ihrer allgemein geschäßten und beliebten musikalischen Kunstproducte gewidmet. Empfangen Sie sowohl für diese Auszeichnung und Aufmerksamkeit, als für die mit Ihrem gütigen Zucignungsschreiben übersendeten Exemplare dieses vortrefflichen Werkes meinen sehr verbindlichen Dank und das Geständniß, daß ich mich als großen Schuldner von Ihnen erkenne. Ein Exemplar habe ich sogleich meinem Secretär Herrn Gießrigl, eines dem Herrn Prof. Kastl übergeben. Beide waren hoch erfreut darüber.

Gott, von welchem jede gute Gabe kommt, hat Sie vor. zugsweise mit einem so seltenen, so erhabenen Musiktalente ausgestattet, daß Sie durch die fernere Bearbeitung und Benugung desselben Ihr Glück standhaft gründen können. Da ich Ihnen dieses Lebensglück recht herzlich wünsche, versichere ich Sie, daß ich mit ausgezeichneter Hochachtung und vieler Verbindlichkeit bin Ihr

ergebenster Diener

Johann Nep. m/p., Bischof.

Im Jahre 1823 wurde er von dem Linzer und Grazer Musikvereine zum Ehrenmitgliede ernannt.

In rastlosem Schaffen begriffen finden wir ihn in den Jahren 1824 und 1825. Dem ersteren derselben gehören an: die Composition des Octettes für 2 Violinen, Viola, Clarinett, Fagott, Horn, Violon und Cello in D, des Salve regina für 4 Männerstimmen in C, der Introduction mit den 7 Variationen über ein Originalthema für Pianoforte und Flöte, und der Lieder: Der Sieg, Abendstern, Auflösung und Sehnsucht (durchweg von Mayrhofer),,,Im Abendroth" von Lappe, und selbstverständlich noch mehrerer anderer.

Im Jahre 1825 componirte er: Eine Sonate in C, und von Liedern: Fülle der Liebe, Todtengräbers Heimweh, des Sängers Habe, die Gesänge aus W. Scott's Fräulein am See, das Heimweh und die Allmacht*) (von Pyrker), Abendlied an die Entfernte, im Wald und auf der Brücke, der blinde Knabe, und zwei Gesänge aus Schlegel's Schauspiel Lacrimas, durchaus Compositionen von hohem Werthe. In eben diesem Jahre durchwanderte er in Vogl's Gesellschaft Oberösterreich und einen Theil des Salzburgischen. Seines Aufenthaltes in Gastein, und des Zusammentreffens mit L. Pyrker wurde bereits gedacht. In Gastein componirte er eine Sinfonie in C und die dem Erzherzog Rudolf gewidmete bekannte Sonate in A-Moll. op. 42.

Nicht uninteressant für Schubert's Charakteristik dürften die folgenden in den Jahren 1824 und 1825 von ihm geschriebenen Briefe sein, daher dieselben hier eine Stelle finden mögen.

*) Dieses Lied componirte er im Jänner 1826 für vier Singstimmen, ohne aber ganz damit fertig zu werden. Das Manuscript davon befindet sich im Besiße des Hrn. Directors Herbek.

Der erste ist aus Zeléz, vom 18. Juli 1824 datirt und an seinen Bruder Ferdinand gerichtet. Er lautet:

Ueber Deine Quartettgesellschaft wundere ich mich um so mehr, da Du den Ignaz dazu zu bewegen vermochtest. Aber besser wird es sein, wenn Ihr Euch an andere Quartetten als die meinigen haltet, denn es ist nichts daran, außer daß sie vielleicht Dir gefallen, dem Alles von mir gefällt. Die Erinnerung an mich ist mir noch das Liebste da bei. War es blos der Schmerz über meine Abwesenheit, der Dir Thränen entlockt, die Du Dir nicht zu schreiben getrau test? Oder fühltest Du bei dem Andenken an meine Person, die von ewig unbegreiflicher Sehnsucht gedrückt ist, auch um Dich ihren trüben Schleier gehüllt? Oder kamen Dir alle die Thränen, die Du mich schon weinen sah'st, in's Gedächtniß? Dem sei nun, wie ihm wolle, ich fühle es in diesem Augenblick deutlicher, Du oder Niemand bist mein innigster, mit jeder Faser meiner Seele verbundener Freund!

Damit Dich diese Zeilen nicht vielleicht verführen, zu glauben, ich sei nicht wohl, oder nicht heiteren Gemüthes, so becile ich mich, Dich des Gegentheiles zu versichern. Freilich ist's nicht mehr jene glückliche Zeit, in der uns jeder Gegenstand mit einer jugendlichen Glorie umgeben scheint, sondern jenes fatale Erkennen einer miserablen Wirklichkeit, die ich mir durch meine Fantasie (Gott sei's gedankt) so viel als möglich zu verschönern suche. Man glaubt, an dem Orte, wo man einst glücklich war, hänge das Glück, indem es doch nur in uns selbst ist, und so erfuhr ich zwar eine unangenehme Täuschung und sah eine schon in Steyer gemachte Erfahrung hier erneut, doch bin ich jezt mehr im Stande, Glück und Ruhe in mir selbst zu finden, als da

« ZurückWeiter »