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dem Beifall vortrug. Dieses Lied, bereits im Jahre 1816 componirt, und kurze Zeit früher (im Februar 1821) von einigen Freunden Schubert's auf eigene Rechnung herausgegeben, fand nun reißenden Absaß. Die Auflage war bald vergriffen; die Verleger zeigten sich plößlich willfährig, und dem Compo nisten war die Aussicht in eine freudigere Zukunft eröffnet. Wie wenig aber Schubert von diesen für ihn so günstigen Umständen Nußen zu ziehen verstand, davon wird später die Rede sein.

Um diese Zeit verschwanden übrigens alle Aussichten für die gewünschte dramatisch-musikalische Thätigkeit, indem die Hofopernregie aufgehoben und das Theater an den bekannten Unternehmer Barbaja verpachtet wurde. Die Bühne gehörte

matorische Akademie. Der k. k. Regierungsrath und Secretär der Gesellschaft, Dr. Josef Sonnleithner, arrangirte das Concert, und veranlaßte dabei, auf seines Neffen, Dr. Leopold Sonnleithner Anregung, die Aufführung von drei Schubert'schen Compositionen. Es war dies die erste öffentliche Aufführung von Werken des dem größeren Publikum fast noch unbekannten Tondichters. Vogl sang den Erlkönig, von Anselm Hüttenbrenner am Clavier begleitet; dann kam das VocalQuartett das Dörfchen,“ von Bürger, welches ebenfalls sehr gefiel, und endlich „Chor der Geister über den Wassern“ von Goethe für acht Stimmen, eine der großartigsten Compositionen Schubert's, die jedoch, zum Theil, weil sie nicht verstanden, zum Theil, weil sie nicht voll. kommen gut einstudirt war, gänzlich durchfiel. In neuester Zeit hat sie der Wiener Männergesangverein wieder zu Ehren gebracht.

Am 27. April 1821 wurde das Vocal-Quartett „Die Nachtigall" ebenfalls in einem Wohlthätigkeits-Concerte im Operntheater, für welches es componirt war, mit günstigstem Erfolge vorgeführt. Ebenda sang Vogl am 8. October in einem Concerte vor einem Ballet abermals den Erlkönig, begleitet von Schunke, und am 15. April 1822 fangen die Herren Barth, Tieze, Nestroy und Nejebse im landständischen Saale in Josef Merk's Concert ein neues Vocal-Quartett.

von nun an den Italienern, unter welchen sich alsbald ein Verein von Gesangskünstlern zusammenfand, wie man seit jener Zeit keinen zweiten mehr gesehen hat. Vor diesem geschlossenen unwiderstehlichen Falang, der das ganze größere Publikum wie in einem Zauberkreise gebannt festhielt, wichen auch die besten Sänger der deutschen Oper nach und nach zurück, wie denn auch Vogl bald darauf die Bühne verließ, um als Liedersänger seine bereits angetretene zweite Künstlerlaufbahn noch durch eine Reihe von Jahren fortzusehen.

Von bedeutenderen Compositionen, welche in die Jahre 1819, 1820 und 1821 fallen, mögen hier aufgeführt wer den, und zwar aus dem ersten der obigen Jahre: Die Musik zu der Operette,,Häuslicher Krieg“ von Castelli, dann zu der bereits erwähnten Posse,,die Zwillingsbrüder" und jene zu dem Melodram: „die Zauberharfe“; eine Ouverture in E, eine Cantate und die Lieder: Abendbilder, Himmelsjunken, beim Winde, der Wanderer von Schlegel.

Aus dem Jahre 1820: Ein Quartett in C-Moll, das Oratorium,, Auferstehung“ von Niemayer, von welchem jedoch nur die erste Handlung componirt ist.

Sechs Antifonen zur Palmenweihe, von welchen das Manuscript, in 30 Minuten mit schwarzer Kreide niedergeschrie. ben, noch existirt. Dann die Lieder: Abendröthe, Orest auf Tauris, der entjühnte Orest, freiwilliges Verjinken, Liebeslauschen, Waldesnacht, der Schiffer.

Aus dem Jahre 1821: Gesang der Geister über den Wassern, achtstimmiger Chor; Gränzen der Menschheit, Suleika, Sei mir gegrüßt, der Unglückliche.

Es war eine Folge von Schubert's Bekanntschaft mit Vogl, daß die beiden Geistesbrüder, Freunde der schönen Natur,

deren Anblick den ersteren zu so manchem schönen Liede begeistert haben mag, in schöner Jahreszeit den Staub der Residenz von ihren Füßen schüttelten, und wandernden Barden gleich, die blühenden Gauen des Oberösterreicher- und Salzburgerländchens durchzogen, um sich an Gottes freier Welt zu erlaben, und bald in den prächtigen Klöstern, bald in den Städten des reizenden Landes ihre herrlichen, schon allerorts berühmt gewordenen Weijen erklingen zu lassen. Ueberall waren sie lassen. gerne gesehen, mit Freude nahm man sie als werthe Gäste in den geistlichen Stisten auf, und die Städte Linz*), Gmunden, und Steyer verfehlten nicht, ihre Gegenwart jedesmal als ein für die Freunde des deutschen Liedes höchst erwünschtes Ereigniß zu feiern.

Diese Wanderungen wiederholten sich mehrmals und erreichten gewöhnlich in Salzburg oder Gastein ihr Endziel. Abgesehen von diesen und ein paar Ausflügen nach Ungarn (Zeléz und Eisenstadt) ist Schubert sein ganzes Leben hindurch über die nächste Nähe seiner Vaterstadt nicht hinausgekommen, deren reizende Umgebungen übrigens verlockend genug waren, ihn nach vollbrachtem Tagewerk in Gesellschaft von Freunden die freie Natur aufsuchen, und darin Erholung und Lust zu neuen Schöpfungen finden zu lassen.

In dem Hause des Matthäus von Collin (Erziehers des Herzogs von Reichsstadt) lernte Schubert den, als Componist und Musikliterat, bekannten Hofrath Mosel**), den Orienta

*) In Linz soll es einmal nach dem Vortrage Schubert'scher Lieder durch Vogl einen förmlichen Thränenregen gegeben haben.

**) Ignaz Franz Mosel, geboren zu Wien im Jahre 1772, trat 1788 in Staatsdienst und verwendete seine Mußestunden zum eifrig. ften Studium der Musik, für welche Kunst er schon in den frühesten

Listen v. Hammer-Purgstall, den Grafen Moriz Dietrichstein, die Schriftstellerin Caroline Pichler und den auch als Dichter geachteten Patriarchen Ladislaus Pyrker *) kennen, die insge sammt an seinen Leistungen regen Antheil nahmen. Namentlich erfreute sich der Patriarch an Schubert's Liedern, wie aus dem folgenden, von Venedig am 18. Mai 1821 datirten Briefe hervorgeht, welchen Pyrker an Schubert richtete, als Dieser ihn gebeten hatte, die Widmung jenes Liederheftes anzunehmen, in welchem sich der Wanderer befindet.

Hochzuverchrender Herr!

Ihren gütigen Antrag, mir das vierte Heft Ihrer unvergleichbaren Lieder zu dediciren, nehme ich mit desto größerem Vergnügen an, als es mir nun öfters jenen Abend in das Gedächtniß zurückrufen wird, wo ich durch die Tiefe Ihres Gemüthes, - insbesondere auch in den Tönen Ihres Wanderers ausgesprochen, so sehr ergriffen ward! Ich bin stolz darauf, mit Ihnen ein und demselben Vaterlande anzugehören und verharre mit größter Hochachtung Ihr

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ergebenster Johann L. Pyrker m\p. Patriarch.

Jahren besondere Vorliebe gezeigt hatte. Er componirte das Singspiel: Die Feuerprobe" von Koßebuie, die Cantate Hermes und Flora, die lyrische Tragödie Salem, und die Oper Cyrus und Astioges, die sämmtlich mit theilweisem Erfolge zur Aufführung gelangten; ferner die Ouverture zu Grillparzer's Ottokar, die Musik zu den Hussiten vor Naumburg, Lieder, Hymnen und Tanzmusik. Im Jahre 1821 wurde er Vicedirector des Hoftheaters, 1829 erster Custos der Hofbibliothek, und starb 1844. Bekannt ist seine, übrigens vielfach angefeindete Neubearbeitung mehrerer Oratorien von Händel.

*) Schubert componirte von L. Pyrker's Gedichten die Allmacht und das Heimweh, von jenen der C. Pichler das Gedicht: Der Unglückliche.

Einige Jahre später (1825) traf er mit diesem seinem Gönner im Wildbad Gastein zusammen, wohin er in Begleitung Vogl's eine Lustreise unternommen hatte. Der Aufent halt daselbst wurde ihm hauptsächlich durch den Umgang mit Pyrker und anderen Männern, welche sich diesem angeschlossen hatten, erquicklich, und er pflegte die dort verlebten Tage unter die schönsten seines Lebens zu zählen. Im Jahre 1822 componirte er auf einen Text von Schober seine erstere größere Oper:,,Alfonso und Estrella.“ Dieselbe ist wahrscheinlich in Folge der damaligen, der deutschen Musik nicht günstigen Theater-Verhältnisse, oder aus einem andern der vielen Gründe, welche erfahrungsgemäß ein für die Bühne bestimmtes Werk nicht zur Aufführung gelängen lassen, dann aber auch weil es nicht in Schubert's Charakter lag, eine derartige Angelegenheit, wenn sie auch seinen Vortheil betraf, energisch zu betreiben, in der Vaterstadt des Componisten niemals zur Aufführung gelangt, und auch da, wo sich eine Aussicht hierzu eröffnet hatte, ist es schließlich wieder davon abgekommen.

Im Jahre 1823 kam nämlich C. M. Weber nach Wien, um die für das Kärnthnerthortheater componirte Oper Euryanthe persönlich zur Aufführung zu bringen. Diese erfolgte am 25. October 1823. Die Wiener hatten sich eine Musik erwartet, welche, wie jene des „Freischüß“ gleich ins Schwarze treffen würde. Ihre Erwartungen wurden aber getäuscht; denn an Stelle der so eingänglichen und bald volksthümlich gewor denen Arien, Duetten und Chöre traten hier langgedehnte Recitative, an welche sich Gesänge, ebenfalls wieder mehr reciti render Art anschlossen, die, noch dazu von wuchtiger und oft schwer faßlicher Orchesterbegleitung getragen, zuweilen auch von derselben übertäubt, dem an die abgeschlossene Form der Arie

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