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sein, welche über den Rahmen von biografischen Notizen und Auffägen, wie deren mehrere, insbesondere bald nach Schubert's Tod erschienen sind, hinausgeht, und der Zweck desselben wird erreicht sein, wenn es ihm gelingt, das Andenken eines der genialsten und eigenthümlichsten Tondichter wachzurufen, auf mehrere da und dort noch vergrabene Schäße hinzuweisen, und vielleicht den ersten Anstoß zu geben, daß diese den Verehrern der musikalischen Kunst überhaupt, und insbesondere Schubert's, nicht länger mehr vorenthalten werden.

Wien, im October 1860.

Der Verfasser.

Franz (Peter) Schubert wurde am 31. Jänner 1797

zu Wien geboren *).

Sein Vater, Franz Schubert, war der Sohn eines Bauers aus Neudorf in Mähren. Der Studien halber von Sonnenstädt nach Wien gekommen, trat er im Jahre 1784 bei seinem Bruder, welcher Lehrer in der Leopoldstadt war, als Schulgehilfe ein, und wurde, seiner tüchtigen Schulkenntnisse wegen, zwei Jahre darauf als Lehrer in der Pfarre zu den heil. 14 Nothhelfern in der Vorstadt Lichtenthal angestellt.

Seine erste Ehe mit Elisabeth Viz (aus Schlesien) war mit 14 Kindern gesegnet, von welchen jedoch nur Ignaz, Ferdinand **), Carl, Franz und Therese am Leben blieben.

*) Das Geburtshaus, Haus zum rothen Krebsen genannt, auf dem Himmelpfortgrunde in der nach der Nußdorfer-Linie führenden oberen Hauptstraße gelegen, trägt die Nr. 72. Ober dem Eingangsthor befindet fich eine Gedenktafel, welche der Wiener Männergesangverein in dankbarer Anerkennung dessen, was Schubert auch im Chorgesange geschaffen hat, daselbst anbringen ließ, und deren feierliche Enthüllung am 7. October 1858 stattgefunden hat.

**) Ferdinand Schubert, geboren 1794, erhielt (wie Franz) den ersten Musikunterricht von seinem Vater und dem regens chori Holzer. Im Jahr 1810 wurde er Schulgehilfe in der Waisenhausanstalt in Wien, sechs Jahre darauf Lehrer und regens chori im Altlerchenfeld, 1824 Professor an der Normalhauptschule zu St. Anna in Wien, und 1851 Director daselbst, und starb als solcher im Jahre 1859. Nebst einigen pädagogischen Schriften verfaßte er auch mehrere Tonwerke, meist Kirchenmusik, und galt für einen sehr tüchtigen Organisten. In seinem Besiße

Nach dem im Jahre 1813 erfolgten Tode seiner Gattin verheiratete er sich (im Jahre 1814) mit Anna Müller aus Wien, und es wurden ihm in dieser Ehe noch fünf Kinder geboren, von welchen Marie, Josefa, Andreas und Anton am Leben blieben*).

Franz brachte seine Kinderjahre im väterlichen Hause zu, und es ist weder diese, noch die folgende Zeit seines kurzen Lebens durch irgend ein wichtiges, ihn unmittelbar berührendes Ereigniß bezeichnet. Unter den Augen seiner Aeltern, im Kreise seiner Geschwister, wuchs er in jenen beschränkten Verhältnissen heran, welche die Existenz eines mittellosen, mit zahlreicher Familie gesegneten Schullehrers zu kennzeichnen pflegen. Seine Neigung zur Musik machte sich in frühester Zeit und bei den geringsten Anlässen bemerkbar; am liebsten schloß sich das Kind einem Tischlergesellen an, welcher es an einen Ort zu führen wußte, wo sich Claviere befanden, auf welchen denn auch der kleine Schubert seine ersten Exercitien im Clavierspiele ohne weitere Anleitung durchgemacht hat. Gewiß war sein Vater darauf

befand sich der reiche Nachlaß seines Bruders Franz, mit dem er sehr viel im Leben verkehrte, der auch die lezten Monate vor seinem Tode bei ihm gewohnt hatte, und in seinen Armen verschied.

*) Derzeit lebt von den Kindern aus der ersten Ehe nur noch Franz Schubert's Schwester, Therese, Witwe des Mathias Schneider, Oberlehrers in St. Ulrich; von jenen aus der zweiten Ehe aber leben noch : Andreas, k. k. Beamter in Wien; Anton (mit dem geistlichen Namen Hermann), Priester im Stifte Schotten in Wien, derzeit Cooperator in Pulkau, und Josefa, verchelichte Bitthan, Oberlehrersgattin in Wien. Schubert's ältester Bruder, Ignaz, starb als Schullehrer in der Roßau im Jahre 1844; Carl, Landschaftsmaler und Schreibmeister 1855, und Ferdinand 1859. Franz Schubert's Vater ist im Jahre 1830, seine Stiefschwester Marie wenige Jahre darauf, und seine Stiefmutter im Frühjahr 1860 gestorben.

bedacht, wie vorher den älteren Söhnen Ignaz und Ferdinand, so auch dem Franz die Anfangsgründe aller Wissenschaft bei Zeiten beizubringen, und wir können über des lezteren Kinderjahre um so leichter hinweggehen, als der siebenjährige Knabe in musikalischer Beziehung bereits unser volles Interesse in Anspruch nimmt.

Den ersten Unterricht in der Musik, und zwar im Violinspiele, ertheilte ihm der Vater, der auch die älteren Söhne, Ignaz und Ferdinand, darin unterrichtet hatte. Im Clavierspiele gab ihm Ignaz die erste Anleitung, und zulezt übernahm der regens chori Holzer seine weitere Ausbildung, sowohl auf dem Clavier als im Gesange. Schon damals — Sch. war zehn Jahre alt — betrachtete dieser mit Staunen, und Freudenthränen im Auge, die Kenntnisse seines jungen Zöglings, und erklärte, daß es vergebene Mühe sein würde, ihm etwas neues beibringen zu wollen, da er immer alles schon wisse. Oft", sagte er,,,habe ich ihn im Stillen bewundert; wollte ich ihm etwas neues lehren, so wußte er es bercits."

Eilf Jahre alt und im Besiße einer hübschen Sopranstimme, ließ er sich auf dem Chor der Lichtenthaler Pfarrkirche als Solist im Gesang und auf der Violine verwenden und soll nach den Versicherungen von Ohrenzeugen mit schönem richtigem Ausdrucke vorgetragen haben; componirte er doch da mals schon kleine Lieder, Clavierstücke, ja selbst Streichquartette.

Den Bemühungen des Vaters gelang es, den Knaben nunmehr in die kaiserliche Hofcapelle zu bringen und ihm dadurch einen Play als Zögling in dem Convicte zu verschaffen. Es war im October 1808, daß Franz den damaligen beiden Hof. capellmeistern Salieri und Eibler und dem Gejangsmeister. Korner zur Ablegung der Probe vorgestellt wurde. Als die zu

gleichem Zweck erschienenen Knaben des kleinen Schubert gewahr wurden, der, nach damaliger Sitte mit einem lichtblauen fast weißlichten Rocke angethan, daher kam, meinten sie, das wäre gewiß eines Müllers Sohn, dem könne es nicht fehlen.

Wie nicht anders zu erwarten, erregte Schubert's Probesingen die Verwunderung der prüfenden Herren; er hatte die ihm vorgelegte Aufgabe so vortrefflich gelöst, daß seine Aufnahme als Sängerknabe in die Hofcapelle und als Zögling in das Convict ohne weiters erfolgte; und die Uniform, mit der goldenen Borte daran, für deren Glanz auch Schubert nicht unempfänglich war, mußte über den schweren Abschied hinaushelfen, den der Knabe von allen jenen, die ihm bisher im Leben nahe gestanden, für längere Zeit hinaus zu nehmen hatte.

Er war nun Sängerknabe der kais. Hofcapelle; da er übrigens auch die Violine mit ziemlicher Fertigkeit zu spielen verstand, wurde er dem sogenannten kleinen ConvictistenOrchester zugetheilt, dessen Aufgabe es war, größere Tonwerke, namentlich die Sinfonien von Haydn und Mozart, dann die damals noch mit verwundertem Blicke angesehenen Werke Beethoven's in fast täglichen Uebungen einzustudiren und zu Aufführungen vorzubereiten.

Von diesen Musiken waren es namentlich einige Adagio's aus Haydn'schen Sinfonien und die G-Moll-Sinfonie *) von Mozart, welche auf den mehr ernsten, gegen seine Umgebung nicht sonderlich freundlichen Knaben tiefen Eindruck machten, der sich aber beim Anhören der Sinfonien von Beethoven sofort zum Entzücken steigerte. Seine Vorliebe für diesen leyteren trat schon damals entschieden hervor; war es doch ihm, wie

*) Man höre die Engel darin fingen, pflegte er zu sagen.

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