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Verfasser unbenannt blieb, die Musik zu schreiben "). Er ent schloß sich sogleich dazu und war in ein paar Wochen damit fertig. Am 19. August 1820 ging die Oper in Scene und zwar mit mäßigem Erfolge. Sie wurde mehrere Male gegeben, verschwand aber noch vor dem Eintritte des Winters wieder vom Repertoir. Der Sologesang war nur wenig darin vertreten, die Hauptbestandtheile bildeten Chöre und Melodram. Das Textbuch war auch hier wieder ohne allen Werth, ja geradezu läppisch, und mißfiel entschieden.

Die Ouverture, ein sehr interessantes, charakteristisches Orchesterstück, war jene, welche als op. 26 im Clavierauszuge erschienen und unrichtiger Weise als zum Drama Rosamunde gehörig bezeichnet ist. Ein sehr hübsches Solostück ist die Tenorromanze **) des Palmerin, die Franz Jäger sang.

Die Kritik fiel unbarmherzig über das insipide Textbuch dieses Spektakel- und Ausstattungsstückes her, fand aber auch an der Musik so manches auszusehen; vor allem daß diese die Handlung eher aufhalte, als sie fortseße und überhaupt die gänzliche Unkenntniß des Compositeurs mit den Regeln des Melodrams verrathe. Der Geschmack der Geisterharfen-Musik sei häufig dünn, fad und abgestorben, und es fehle an der nöthigen

*) Neefe und Demmer hatten bezüglich der zu componirenden Musik wohl an Schubert gedacht, sich aber vorher an Dr. Leopold v. Sonnleithner um Rath gewendet, welcher sie sofort mit Schubert in Berührung brachte.

**) Andantino in D-Dur mit Begleitung von Violinen, Viola, Flöte, Oboe, Fagott, Harfe, Cello und Baß — (für Pianofortebegleitung eingerichtet von F. Grutsch, ehemaligem zweiten Orchester-Director im Kärntnerthor-Theater).

Kraft und Charakteristik, welcher auch die luftigen Geister nicht entrathen könnten *).

In diesen kritischen Beurtheilungen der damaligen Zeit mag so manches wahr sein; liest man se aber ihrer ganzen Länge nach durch, so kann man nicht umhin, eine gewisse Voreingenommenheit der Recensenten gegen den jungen Tondichter, der eben erst mit einigen kleinen musikalisch-dramatischen Ver. suchen in die Oeffentlichkeit getreten war, darin wahrzuneh. men. Eine Ahnung von Schubert's,,,des angenehmen Liedercompositeurs" bald sich mächtig entfaltender Größe scheinen die Herren nicht gehabt zu haben, und immerhin steht nach dem Zeugnisse competenter Musikrichter, welche der Vorstellung bei. gewohnt haben, die Thatsache fest, daß die Musik, welche Schubert zu einem der sinnlosesten Stücke zu componiren hatte, einzelne recht interessante Vocal- und Instrumentalsäße in sich schloß.

Am 20. Juni 1821 wurde im Kärntnerthor- Theater gegeben:

Das Zauberglöckchen (les clochettes), Oper in 3 Acten nach dem Französischen des Theaulon von Friedrich Treitschke, Musik von Herold.

Die Oper war, wie schon der Titel errathen läßt, aber mals ein Zauberstück. Schubert hatte zwei Nummern dazu

*) In der allgemeinen musikalischen Zeitung wurde darüber folgen. des Urtheil abgegeben: Der Tonsah verräth hie und da Talent; im Gan, zen fehlt es an der technischen Anordnung, es mangelt der, nur durch Erfahrung zu gewinnende lleberblick; das meiste ist viel zu lang und ermüdend; die Harmoniefolgen zu grell, das Instrumentale überladen, die Chöre matt und kraftlos. Das einleitende Adagio der Ouverture und die Tenor-Romanze find die gelungensten Säße, und sprechen an durch herz. lichen Ausdruck, edle Einfachheit und zarte Modulation. Ein idyllischer Stoff müßte dem Componisten ungemein zusagen u. s. w.

componirt, eine Tenor-Arie für Azolin (von Rosner gesungen) und ein komisches Duett des Prinzen Bedur und Zedir's (von Siebert und Gottdank vorgetragen) *).

Herold's Oper sprach im Ganzen nicht besonders an; man vermißte in der Musik vor allem den Anklang aus der Zauberwelt. An der von Schubert componirten Tenorarie fand man nur auszustellen, daß sie zu hohl liege, und das Stimmorgan im höchsten Grad ermüde. Dagegen galt das obenerwähnte Duett für das gelungenste Tonstück des zweiten Actes. Das Pausiren der zweiten Stimme und plößliche Hinzutreten der selben bei den Worten:,,wir brechen sein Genick," gab dem Tonstück eine unwiderstehlich komische Kraft.

Die Oper wurde im Jahre 1821 acht Mal gegeben, und verschwand dann vom Repertoir **).

Im Jahre 1822 componirte Schubert sein erstes größeres dramatisch musikalisches Werk: Alfonso und Estrella, große heroisch romantische Oper in 3 Acten; Gedicht von Franz von Schober.

Des Schicksals derselben ist bereits früher erwähnt wor den. C. M. Weber nahm sie mit sich nach Berlin, wo sie unaufgeführt liegen blieb, bis sie am 24. Juni 1854 als

*) Die übrigen Mitwirkenden waren: Palmira, Frau Wilh. Schröder, Ariel, Frau Betti Vio, Nair, Frau Thecla Demmer, - Nurada, Fr. Vogl, Sultan, Herr Vogl, — Oberhaupt der Kalender, Herr Sebastian Maier, Oberbramin, Herr Saal, Hispel, Herr Weinkopf.

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**) Mit diesen beiden Musikstücken, deren Autorschaft dem Publikum und selbst Schubert's nächsten Freunden geflissentlich verheimlicht wurde, feierte der junge Tonseher einen kleinen Triumph über diejenigen, welche bereits anfingen, an seinen Liedern zu mäkeln und ihm namentlich alles Talent für Opernmusik absprachen. Die beiden, von Schubert componirten Musikstücke gefielen entschieden am besten.

Festvorstellung und zugleich Schluß der Opern Saison zur Geburtstagfeier des Großherzogs von Weimar ebendaselbst unter Liszt's Leitung zur Darstellung gelangte.

Die Oper griff nicht durch, obschon sie auf das beste einstudirt war, und unter den Mitwirkenden Herr und Frau Milde (als Troila und Estrella) von der Kritik als vorzüglich bezeichnet, und dem trefflichen Zusammenwirken der Chöre und des Orchesters volles Lob gespendet wurde *). Aber auch hier scheint die Ursache des Nichterfolges in dem matten, aller dramatischen Effecte barem Stoffe gelegen zu haben; denn da, wo dem Componisten auch nur der geringste Anhaltspunct zu dramatischer Entfaltung gegeben war, ließ er sich auch die Gelegenheit zu wirksamer Musik nicht entgehen, ein Beweis, daß Schubert unter glücklicheren Constellationen auch auf dem Gebiete der Oper hätte Bedeutendes leisten können **).

*) Außer den oben Genannten waren noch beschäftigt: Liebert als Alfonso, Mayerhofer als Adolfo und Höfer als Mauregato, König von Leon, deren Darstellung übrigens so manches zu wünschen übrig ließ. Die Partitur von Alfonso und Estrella besindet sich im Besize des Verfassers des Tertbuches, Franz Schober, welcher troß wiederholter Aufforderung des Ferdinand Schubert nicht zu bewegen war, sie lezterem wieder zurückzustellen. Eine Baßarie daraus ist im Clavierauszuge erschienen. **) In der neuen Zeitschrift für Musik wird die Oper in folgender Weise kritisirt:

Der Aufführung dieser Oper unseres größten Liedercomponisten sah ich (Gottwald) mit dem wärmsten Interesse entgegen, da vorzugsweise Er in seinen hochpoetischen Tondichtungen für jede Gemüthsstimmung, ebenso für jeden Grad der Leidenschaft den richtigen Ton, und zwar in einer Weise wiederzugeben vermochte, die uns heute noch mit magischer Kraft in den Zauberkreis seiner Fantaste zieht. Nach vielen seiner außerordentlichen, oft so dramatisch bearbeiteten Lieder war man berechtigt, von Schubert auf dem Gebiete der Oper das Bedeutendste zu erwarten.

Am 18. December 1823 erschien in den belletristischen Blättern von Wien folgende Anzeige:

Frau Helmine v. Chezy hat der Direction des k. k. priv. Theaters an der Wien ein neues Drama mit Chören: Rosamunde von Cypern, übergeben. Die Musik hiezu ist von dem rühmlich bekannten talentvollen Tonseßer, Hrn. Fr. Schubert, und die erste, Samstag den 20. December Statt findende Vorstellung desselben wurde der Schauspielerin dieses Theaters, Dlle. Neumann, von der Direction als Benefice bewilligt.

Leider aber vereinigte sich in dieser Oper der poetische, tiesinnerliche Liedercomponist mit einem vollkommen profaischen Dichter: dies der Grund, wenn Schubert's Oper für die Folge keine Lebensfähigkeit haben kann. Der äußerst magere Stoff der Handlung, der jeden Interesses bar, weder spannende Situationen, noch wirklich dramatische Effecte erlaubt, muß auf den Zuhörer eben so erlahmend und abschwächend einwirken, als die über alle Gebühr ausgedehnten und festgehaltenen subjectiven Stimmungen und lyrischen Ergüffe. Diese leztern bilden so eigentlich das Element dieser Oper (die man nicht mit Unrecht als Liederoper bezeichnen dürfte —), daher Schubert fast durchgehends zum Reinmelodischen, das oft über die einfachste Liedform mit musikalischen Phrasen von 2 zu 2, 4 zu 4 Tacten nicht hinauskommt, immer wieder gedrängt werden mußte. Die unausbleibliche Folge ist die im Drama sich wohl am meisten rächende Monotonie, die selbst Schubert mit seinem Melodienreichthum nicht zu bannen vermochte. Dies muß um so mehr beklagt werden, als der Componist, wo ihm nur irgend ein Anhaltepunkt möglich gewesen, z. B. am Schluß des ersten Actes; beim ersten Zusammentreffen Estrella's mit Alfonso mit nebenbei gesagt recht interessanter Instrumentation -; im Verschwörungschor, am Schluß des zweiten Actes; ferner im dritten Act in der Scene zwischen Estrella und Adolfo, im Siegesmarsch und in manchem Andern vollständig bewiesen hat, wie mächtig er auf dem Gebiete der Oper hätte werden können, wenn ihm anders der entsprechende Dichter hiezu die Hand gereicht hätte.

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