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und 126), Lecadre (1. c. 1865, Bd. XXIII. 23 avril), Gairdner und Snow (1. c.) das ganze Canalisirungssystem. Ausdrücklich aber muss ich noch Parent-Duchatelet als Gegner desselben nennen, weil man gerade auf seinen Ausspruch die Unschädlichkeit der Wegspülung der Excremente hat bauen wollen; er verwirft es mit den Worten (1. c. t. II. p. 290): „Paris muss den Rathschlägen der Ingenieure entsagen, oder denselben nur folgen, um Zeit zu gewinnen; nur vom Ackerbau allein darf Paris sein Heil und Befreiung von seinen enormen Mengen von Immuniditien erwarten.“

So wenig daher auch vom sanitätspolizeilichen Standpunkte der Anlage einzelner Waterclosets, deren Inhalt in Tonnen oder tanks unter den nöthigen Vorsichtsmaassregeln gesammelt und abgeführt wird, entgegensteht, so dringend muss sich die Sanitäts- Polizei gegen ein System von Canälen mit Wegspülung der Excremente erklären.

Pappenheim hat vorgeschlagen (Monatsschrift für Sanitäts-Polizei, 1862. p. 449), in den Fällen, wo man keinen Werth auf den Dünger lege, oder sich mit der Asche zu diesem Zweck begnügen wolle, die Fäces im Hause gleich nach ihrer Deposition zu verbrennen. Ein Veraschungsofen soll die Excremente aus allen Abtritten des Hauses durch Zuleitungsröhren, welche am Ofen abgeschlossen werden können, aufnehmen und gleichzeitig die Abtritte aspiratorisch ventiliren; die in grosser Menge sich bildenden sehr stinkenden Gase müssten durch Verbrennung oder Durchleitung durch Wasser für die Luft unschädlich gemacht werden; der Brennwerth der Fäces, sowie der Dungwerth der Asche dürften die Kosten des Verfahrens herabsetzen. Er bezeichnet dies Verfahren (Handbuch etc. Bd. III. p. 18) als das System der Zukunft, welches die Vortheile des Spülsystems mit denen des Sammelns verbinde, ohne deren Nachtheile zu haben.

Wenn die Verbrennung geruchlos, billig und mit Einrichtungen, die keiner besonderen Aufsicht bedürfen, ermöglicht, auch für die Abführung des Urins in genügender Weise Sorge getragen wird, die Pappenheim in dem obigen Vorschlage ausser Acht gelassen hat, dann ist sanitätspolizeilich nichts gegen die Verbrennung der Fäces einzuwenden. Bis aber die Vernichtung der Excremente an Ort und Stelle ausführbar, wird man sich in grösseren Städten auf Abfuhr mit guten Tonnen und mit continuirlich gespülten Sielen beschränken müssen.

14.

Die Rinderpest in der Gemeinde Hinsbeck

(im Kreise Geldern).

Von

Dr. Blümlein,

stellvertretendem Kreiswundarzte in Grefrath.

Das vielfache öconomische sowohl, als wissenschaftliche Interesse, welches mehrere innerhalb meines Wirkungskreises in jüngster Zeit vorgekommene Fälle von Erkrankungen an der Rinderpest allgemein erregt haben, nicht minder die hinsichtlich der Natur der Krankheit und des Nomen morbi anfangs divergirenden Ansichten der Herren Sachverständigen, welche sich später, nach gründlicherer Würdigung der Krankheitserscheinungen und causalen Verhältnisse, zu einigen sich veranlasst sahen, diese Momente bestimmten mich, in den folgenden Zeilen das jeden Arzt tangirende stattgehabte Factum zu detailliren und den Sachverhalt einer eingehenderen Kritik zu unterwerfen, theils, um den Schleier zu lüften mitzuhelfen, welcher über diese Krankheit, wie über noch viele andere leider noch gespannt ist, theils zur eigenen Verwerthung der Thatsachen.

In der Gemeinde Hinsbeck, Kreis Geldern, erkrankte am 15. December vor. Jahres auf dem Gehöfte der Wittwe W. eine Kuh, welche von einem Laien, dem Schmiedemeister Str., behandelt, bereits am 19. desselben Monats crepirte.

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Einige Tage später, 24. December, erkrankte die zweite Kuh desselben Stalles, welche auf Anordnung des herbeigerufenen Kreis-Thierarztes Herrn R. von K., behufs Feststellung der Diagnose, abgeschlachtet, obducirt und demnächst vergraben wurde. Am 26. ej. crepirte die dritte Kuh daselbst, und die vierte ebenfalls erkrankte wurde selbigen Tages auf Veranlassung des wieder hinzugekommenen Kreisthierarztes R. geschlachtet und begraben. Somit war innerhalb zehn Tagen der ganze Viehbestand auf diesem Gehöfte als Opfer einer allem Anscheine nach höchst bösartigen Krankheit zu Grunde gegangen. Den klinischen und pathologisch-anatomischen Erscheinungen zufolge wurde dieselbe auf dem betreffenden Bürgermeisterei-Amte von dem Obducenten als eine ansteckende Halsbräune angezeigt. Die hervorstechendsten Symptome im Leben und im Cadaver waren nämlich, einer mir gewordenen Mittheilung gemäss, folgende: ein bösartiges Totalfieber, welches sich durch seinen rapiden, perniciösen Verlauf, durch die grosse Mitleidenschaft des Gehirns als ein Typhoid zu erkennen gab; hoch geröthete Conjunctiva, eben solche Nasenschleimhaut, schmerzhafter Husten bei vollkommen gesunden Lungen, bis zur Suffocation steigende Athembeschwerden. Bei der Obduction erwiesen sich die Schleimhäute des Kehlkopfs und der Luftröhre als Hauptsitz der Krankheit: Anschwellung derselben bis zum beinahe vollständigen Schlusse der Stimmritze, grauweissliche Farbe, eiterinfiltrirtes Exsudat, einzelne typhöse Geschwürchen und Petechien, überhaupt ein deletärer Entzündungsprocess mit einer bedeutenden Alienation des Blutes, welches seine Gerinnungsfähigkeit vollständig verloren hatte. Ausserdem zeigte sich das Gehirn von auffallend weicher Beschaffenheit, die Gehirnhäute waren stark injicirt, das Serum in abnorm grossem Maasse vorhanden; die Erscheinungen im Unterleibe dagegen gleich Null.

Dieses Vorkommniss erhielt erst eine allseitige Würdigung, als am 5. des Monats Januar a. c. auf einem zweiten, von dem obigen circa 200 Schritte entfernten Gehöfte der Wittwe P. eine Kuh erkrankte und constatirt war, dass am 19. December vorigen Jahres ein Knecht von diesem Geböfte mit jener kranken Kuh zu schaffen gehabt hatte. Die zur Feststellung einer sicheren Diagnose dieses, unter so verdächtigen Umständen stattgehabten, neuen Erkrankungsfalles gleichzeitig am 7. Januar in Begleitung des Königlichen Kreislandrathes von G. hinzugekommenen Kreisthierärzte R. aus K. und M. aus G. erklärten, da weder das lebendige klinische Krankheitsbild, noch das nach der Abschlachtung der Kuh erhaltene pathologisch-anatomische Resultat mit der in loco et in natura verglichenen Beschreibung der Rinderpest, woran wegen der Nähe Hollands, wo dieselbe seit längerer Zeit grassirte, und ihres bereits erfolgten Ausbruches am Niederrhein zunächst gedacht werden musste, übereinstimmten, dass in concreto eine Krankheit der Schleimhäute, zumal der Respirationsorgane voräge, und behauptete der erstere Sachverständige, Herr K., eine auffällige Aehnlichkeit sämmtlicher Krankheitssymptome dieser Kuh mit denen der Kühe auf dem ersten Gehöfte. Gerade in dem Augenblicke, als man auf diesen Urtheilsspruch hin sich anschickte, das Corpus delicti wegzuschleifen und zu verscharren, trat der höheren Orts delegirte Departements-Thierarzt Herr L. aus O. hinzu, auf dessen Veranlassung der Cadaver von Neuem exenterirt und die Eingeweide einer abermaligen Revision unterworfen wurden. Das Resultat derselben war jetzt, nach einer weitläufigen, jedoch zur Einigung führenden Discussion, eine Diagnose auf Rinderpest, welche zur Folge hatte und haben musste, dass am folgenden Tage, am 8. Januar, mit der Tödtung der noch übrigen 5 Kühe des Stalles auf diesem

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