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Holzhändler R., bei welchem der L. die letzten 7 Jahre hindurch arbeitete, kam er so vor, als sei derselbe, wenn er etwas angetrunken war, „nicht recht bei sich", als sei er „im Taumel“. Zeuge D. sagt aus: „Uebrigens habe ich den L. in letzter Zeit eigentlich nie vollständig nüchtern gesehen und seine Gespräche sind mir immer nicht vollständig klar vorgekommen."

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Die Frau des L. berichtet, dass ihr Mann, wenn nicht völlig betrunken, sondern nur angetrunken nach Hause gekommen sei, viel mit sich selbst, aber auch mit ihr und dem Kinde gesprochen habe. Was er sprach, war ganz vernünftig, aber er wusste am anderen Morgen nie mehr, was er gethan oder gesprochen hatte." Oft ass er das ihm hingestellte Essen und machte ihr am folgenden Morgen Vorwürfe, dass sie ihm nichts aufbewahrt hätte. Einmal zerschlug er im Jähzorn sämmtliche Teller; ein anderes Mal sperrte er sie aus dem Hause aus und wusste dann am folgenden Morgen nichts davon. In der Woche vor der incriminirten That ist er täglich mehr oder weniger betrunken gewesen.

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Dr. G., welcher den L. ab und zu behandelt hat, hat denselben zwar für ziemlich beschränkt", aber doch für geistig gesund gehalten, erinnert sich jedoch, dass sein Schwiegervater S., bei welchem L. früher gearbeitet hatte, sich über denselben dahin geäussert habe, „er sei ein toller oder närrischer Kerl."

Dr. X. fand bei seiner Exploration das Benehmen des L. ruhig und anständig, seine Physiognomie ruhig; in Betreff der intellectuellen Kräfte gab sich etwas von der Norm Abweichendes nicht zu erkennen.

„Er liest und schreibt mangelhaft, leichte RechnenAufgaben löste er mit geringer Schwierigkeit. Seine Kenntnisse und Begriffe in der Religion werden als gut bezeichnet.

Sein Gedächtniss zeigte sich gut, die ihm gestellten Fragen fasste er richtig auf und beantwortete sie vernünftig. Der Ideengang erschien als ein vollständig geordneter, Auffassungs-, Denk- und Urtheilsvermögen in keiner Weise gestört. Seine Ausdrucksweise war richtig, die Sprache geläufig."

„Körperlich erschien er mittelgross, regelmässig und ziemlich kräftig gebaut, die Schädelform normal, die Gesichtsfarbe fahl, gelblich weiss. Die Augen öffnete er beim Sprechen weit, so dass der Blick etwas Stieres hatte, die Haltung war gerade, der Gang etwas gespreizt, breitbeinig." Dr. N. hat den L. zwar gleichfalls mehrmals explorirt, berichtet jedoch über seine eignen Wahrnehmungen gar nicht, sondern giebt sein Gutachten nur nach dem Acteninhalt.

Was nun das Verhalten des L. zur Zeit der That und nach derselben betrifft, so erhellt hierüber aus den Acten Folgendes:

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L. war am 18. Juli v. J. mit dem Fuhrmann G. auf dessen Wagen Mittags 1 Uhr von U. nach T. gefahren, und auf der Rückfahrt waren sie gegen 11 Uhr Abends in dem an der Strasse gelegenen Gasthof St. in M. eingekehrt. Im Laufe des Tages war es sehr heiss gewesen, Mittags 26,8°, Nachmittags 3 Uhr 24,3° R., und L. hatte wieder mehrfach getrunken im Ganzen etwa 6 Schoppen Apfelwein und 2 Gläser Bier. Auf der Rückreise hatte er meistens geschlafen und war erst kurz vor M. erwacht, und hatte angefangen zu singen, auch unverständliches Zeug für sich gesprochen, wie er das auch sonst manchmal that. Dass er betrunken gewesen sei, hat ihm G. weder während der Fahrt, noch als sie am Gasthof abstiegen oder nachher angemerkt. Im Gasthause liess sich jeder einen Schoppen Apfelwein geben, und L. trank den seinen sofort aus. Er

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sass still am Tische und hat, seit er vom Schlafe erwacht war, nicht mehr gesprochen. In der Stube befanden sich mehrere Leute und unter diesen auch der Strassenwärter T.

da.

L. kam mit Niemandem in Berührung, sondern sass still

Auf die Anfrage G.'s, ob er noch etwas essen wollte, antwortete er nicht und verliess das Zimmer, in welchem er sich überhaupt nur kurze Zeit aufgehalten hatte, während G. am Tische sitzen blieb. L. machte sich, als er das Zimmer verlassen hatte, mit dem Fuhrwerk zu schaffen und gab, wie er selbst erzählt, dem Pferde zu saufen. Er wurde von mehreren Personen beobachtet. Der Oeconom H. ging zufällig an dem Wirthshause vorüber und es fiel ihm die sonderbare Weise auf, in welcher L. mit dem Pferde sprach. Derselbe sagte: „du arm Pferdchen, gelt du willst ein bischen Heu oder du willst kein Heu, ich will dir ein bischen Wasser geben. Ach du willst auch kein Wasser; ach ich bin dir doch gut." H. blieb stehen und hörte zu, da aber erblickte ihn der L. und sagte: „was stehst du da, mach dass du nach Haus kommst, du Läusbub." H., dem der L. den Eindruck eines betrunkenen Menschen machte, ging nun fort. Auf dem übrigens durch die hellen Fenster des Wirthshauses ziemlich erleuchteten Platze vor demselben sassen auf einer Bank der etc. E. und der etc. F. Sie sahen, dass L. bald auf den Wagen, bald wieder von demselben herunterstieg, sich mit dem Pferde zu schaffen machte, und hörten, dass derselbe dabei vor sich hinmurmelte. Bald darauf trat T. mit mehreren Andern aus der Thür des Wirthshauses und begaben sich auf den Heimweg. T. ging Arm in Arm mit dem etc. R., seinem Neffen. Sie blieben etwas zurück und etwa 8 Schritt von dem Wirthshause blieben sie stehen, weil T. sein Wasser abschlagen wollte. Während dies geschah, stieg L. vom Wagen, ging direct auf die beiden zu und versetzte dem T. mit den Worten: „du brunzest auch nicht lange

mehr", einen Stich in den Hals, wobei auch der rechte Arm des R. leicht geritzt wurde. T. sank mit einem kurzen Ausruf, der seine übrigen Genossen herbeirief, zu Boden und starb alsbald. L. ging sofort zu dem Fuhrwerk zurück, fasste das Pferd beim Zügel und lief mit demselben im Trab die Chaussee entlang, oder wie F. aussagt, er ging mit demselben im Schritt fort. R. und E. liefen ihm nach, worauf er das Pferd stehen liess und allein weiter lief. Nun verfolgten ihn mehrere und holten ihn in Kurzem noch innerhalb des Dorfes ein. R. versetzte ihm mit einem Stocke mehrere Schläge ins Gesicht, so dass er zu Boden fiel. Man führte ihn nun zur Leiche zurück, hier setzte er sich auf die Erde nieder und betheuerte, er habe den T. nicht erstochen, dem wäre er ja gar zu gut. E. fragte ihn, ob er ein Messer habe, dies leugnete er gleichfalls, als er jedoch visitirt werden sollte, griff er in die Hosentasche und gab sein Messer heraus. Es war ein Zulegemesser und an der Klinge wie dem Griff mit Blut besudelt. Er wurde nun zur Wache gebracht und in einem Nebenzimmer derselben eingesperrt. Der Zeuge B. bekundet, L. habe hier unverständliches Zeug gesprochen. Er habe ihn nicht verstanden und glaube auch, dass ihn Keiner verstanden habe. Er wisse nicht, ob L. zu sich selbst oder zu den Anwesenden gesprochen habe. Auch der Zeuge P., welcher dabei anwesend war, sagt aus: „er sprach allerhand für sich hin, wovon ich verstanden habe: Herr vergieb ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun", und „sie thun mir zu viel". Einige Zeit darauf wurde er nach U. transportirt, hat aber auf der Fahrt fast nichts gesprochen.

Zur Ermittelung des Motivs, welches den L. zu der That getrieben haben könnte, sind vielfache Erhebungen gemacht worden, jedoch ist etwas Bestimmtes nicht festgestellt worden. Zahlreiche Zeugen, welche mit dem T.

und L. genauer bekannt waren, wussten von einer zwischen Beiden bestehenden Feindschaft oder einem Grunde zu einer solchen nichts anzugeben. L. und dessen Sohn N. sind mehrmals wegen Strassenfrevel oder kleiner Felddiebstähle denuncirt worden, aber meistens durch den Feldhüter C., gegen welchen auch L. einen Groll geäussert hat. T. hat nachweislich den L. nur einmal vor 15 Jahren wegen eines Diebstahls an Klee denuncirt, ohne dass derselbe jedoch, soviel zu ermitteln, bestraft worden wäre. Trotzdem bezeugt der Kreisbereiter K., dass T. einmal gelegentlich zu ihm geäussert habe, der L. sei ein Feind von ihm und habe ihm schon mehrmals nachgestrebt, weil er ihn wegen eines Diebstahls an Gras denuncirt habe. Etwas Aehnliches bekundet der Wegewärter R. Dieser entsinnt sich vor 3 Jahren mit T. zusammen gegangen zu sein. Ihnen sei der L. begegnet und habe den T. eigenthümlich scharf angesehen, so dass er, R., eine Aeusserung darüber machte. T. habe darauf gelächelt und gesagt, er habe den L. einmal angezeigt.

Die Angaben, welche L. selbst bei den verschiedenen Vernehmungen in Betreff der ihm zur Last gelegten That macht, widersprechen vollständig dem, was sämmtliche Zeugen bekunden. Gleich bei der ersten Vernehmung am 20. Juli pr. behauptet er, er sei, als T. das Gastzimmer verlassen habe, noch in demselben sitzen geblieben, G. dagegen sei gleich nach jenem hinausgegangen und nach etwa einer Viertelstunde zurückgekehrt. Dann habe er ihn hinausgeschickt, um dem Pferde Wasser zu geben. Das habe er gethan, draussen aber Niemanden mehr bemerkt. Als er wieder in die Stube zurückgekehrt sei, sei Jemand gleich hinter ihm hergekommen und habe gesagt, dass T. draussen erstochen sei. G. habe nun sofort ihn, den L., der That beschuldigt, die Leute seien über ihn hergefallen und hätten

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