Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

den Gliedmaßen nach. Die Wahrnehmung keit in höherem Grade auf die Mundbe

irgend welcher Bewegungen oder Laute steht insbesondere beim Menschen in sehr intimer vererbter Beziehung zur Ausführung der gleichen Bewegungen.

Alle Nachahmung hängt aber von zwei Momenten ab, einmal von der richtigen Auffassung des Gehörten oder Gesehenen und dann von der getreuen Wiedergabe resp. Ausführung der Bewegungen. Die Vollkommenheit der Auffassung ist bedingt durch eine normale Entwickelung der Sin nesorgane, die entsprechende Ausführung dagegen sezt einerseits eine genügende Ausbildung des betreffenden Muskel- und motorischen Nervenapparates und andererseits die centrale Verbindung der Empfindungs- und Bewegungscentren voraus.

wegungen des Sprechenden. Sie bleiben freilich in der Lautnachahmung gar bald hinter den hörenden Kindern zurück, denn das Nachahmen einer Mundstellung, die ohne den dazu gehörigen Laut vorgemacht wird, bereitet dem Kinde die größten Schwierigkeiten, während es doch dieselbe Mundstellung mit dem gehörten Laut ganz leicht zu stande bringt. Die Nervenbahnen zwischen den Gehör- und Sprachcentren sind offenbar gangbarer wie diejenigen zwischen den Seh- und Sprachcentren, weil die ersteren mehr in Thätigkeit kommen. Bei Anhörung einer Rede merken wir ja nur auf die gehörten Worte, nicht auf die Bewegungen des Mundes. Das vorher Gesagte gilt aber auch nur für die Bewegungen der Sprechwerkzeuge; andere Bewegungen, wie das „Winken“,

Taubgeborene Kinder schreien nicht nur und machen die Ausdrucksbewegungen des Vergnügens und des Schmerzes gleich „Patschefuchenmachen“ 2c., werden sehr hörenden, sondern sie bilden auch wie frühzeitig und leicht nachgemacht. Von diese all die verschiedenen oben genannten allen gehörten Lauten unterscheidet das Laute und Silben, welche durch subjektive Kind zuerst die Vokale; die Konsonanten Empfindungen und Triebe hervorgerufen werden zum Teil sehr spät richtig aufgewerden. Und in der ersten Zeit sind so- | faßt und noch später richtig nachgeahmt. wohl blinde als taube Kinder von gesun- Ist das Gehör auch der wichtigste Sinn den wenig oder gar nicht in ihren Lebensäußerungen zu unterscheiden. Aber Taubgeborene können keine Laute und Blinde keine Bewegungen nachahmen, weil hier die erste Bedingung, die Wahrnehmung derselben, fehlt. Sobald deshalb die Periode der Nachahmung kommt, verhalten sich sowohl taub- als blindgeborene Kinder anders wie gesunde.

[merged small][ocr errors]

bei der Sprachentwickelung, so hilft doch der Gesichtseindruck der Sprachbewegun= gen sehr viel mit. Diejenigen Laute, bei deren Zustandekommen die entsprechenden Bewegungen der Sprachwerkzeuge nicht gesehen werden können, also die Kehl- und manche Zungenlaute, kann das Kind erst viel später richtig auffassen und nachahmen als etwa alle Lippenlaute, bei denen die entsprechenden Bewegungen gut sicht= bar sind.

Sehr auffallend und für die Erziehung äußerst wichtig ist die Thatsache, daß ein Kind oft nicht im stande ist, auf Befehl ein Wort nachzusprechen, was es doch von selbst schon oft nachgesprochen hat. Durch den Befehl wird die Aufmerksamkeit des Kindes zu sehr auf den Befehlenden, auf dessen Laute und Gebärden konzentriert, wohl auch leicht ein Gefühl in ihm erweckt, das sonst nicht mit der Äußerung des Wortes associiert war; genug, das Kind muß sich erst orientieren und wird leicht

verwirrt. Es ist dann nicht gut, wenn | gelassen oder falsch angewendet. Statt g, die Eltern, wie dies so oft geschieht, durch- k, st gebraucht es in der Regel t, sagt aus auf die Nachahmung bestehen und sich tieb statt gieb, Tind statt Kind, Torb statt von ihrer Ungeduld zur barschen, Angst Korb, Tein statt Stein 2c. Das sch wird erweckenden Anrede und gar zu Drohun vielfach ausgelassen oder das s an dessen gen hinreißen lassen. Denn je mehr dies Stelle gesezt, so in abneiden statt abschneileztere geschieht, desto weniger vermag den, Tiß statt Tisch, Hirß statt Hirsch 2c. das Kind den Bewußtseinsprozeß auf die Da das Kind im zweiten und dritten LebensNachahmung zu lenken. Nervöse Eltern jahre und später sowohl alle gesehenen können durch solche Behandlung ihrer Bewegungen wie die gehörten Worte vielleicht auch nervösen Kinder geradezu nachzuahmen sucht und diese ersten Eindas Stottern bei denselben erziehen. drücke aus Angewohnheiten sich sehr tief einprägen, ist es von der größten Wichtigkeit, darauf zu achten, daß das Kind immer in guter Gesellschaft ist. Dienstboten haben leider oft ein besonderes Vergnügen daran, daß das Kind unanständige Laute

Worte, die das Kind oft hört, spricht es von selbst sicher nach, noch bevor es dieselben versteht. Besonderes Vergnügen findet es auch daran, die Geräusche, welche irgend welche Gegenstände, rollende Kugeln, läutende Glöckchen 2c., verursachen, und häu- | und Gesten nachmacht. Gerade in den fig gehörte Tierlaute nachzuahmen, und ersten Jahren sollten die Mütter ihre dies hat für die Sprachentwickelung des Kinder so wenig wie möglich aus den Kindes deshalb eine besondere Bedeutung, Händen geben. weil es, wie Preyer sehr richtig hervor hebt, die Gegenstände anfangs durch die Nachahmung der entsprechenden Laute bezeichnet. Den Hund nennt es „Wauwau“, die Kuh heißt „Mumu“, der Singvogel Piepiep", die Kaze „Miau", die Kugel „Rollo" 2c.

[ocr errors]

Vorgesprochene Worte ahmt das Kind dann am leichtesten nach, wenn dieselben gleichsilbig sind, wie z. B. papa, mama, anna, tata, otto. Ja, das Kind liebt es sogar, die Silben zu verdoppeln und so aus einer Silbe ein gleichsilbiges Wort zu machen. Soll es ta nachsprechen, so sagt es tata, statt em spricht es emem 2c. Es erinnert dies ganz an die weniger entwickelten Sprachen der meisten Naturvölker, in denen Silbenverdoppelungen ungemein häufig sind. Ungleichsilbige Wörter, wie etwa Zwieback, Halstuch 2c., vermag das Kind erst viel später richtig nachzusprechen. Daß es beim Vorsprechen mehrsilbiger Wörter dazu neigt, nur die lezten Silben zu wiederholen, hat seinen Grund darin, daß es die zulezt gehörten Laute am besten im Gedächtnis hat. Viele Konsonanten, wie g, f, sch, st, ch und andere, werden selbst im dritten Jahre noch vielfach unrichtig nachgesprochen, aus

|

Mit der Bezeichnung einzelner Objekte durch irgend welche Laute oder Worte tritt das Kind allmählich in die dritte Periode der Sprachentwickelung: es beginnt absichtlich und mit Verständnis, das heißt mit Verbindung der Laute mit bestimmten Vorstellungen, zu sprechen.

Es ist bisher eine allgemeine Annahme gewesen, daß sich Geist und Sprache deckten, resp. die Begriffe und das Denken erst mit der Sprache komme. Preyer hat nun in überzeugender Weise dargethan, daß sich das Verständnis für die gehörten Laute und Worte viel früher entwickelt wie das Vermögen, die Vorstellungen durch Worte wiederzugeben. So unterscheidet das Kind die Worte Mund und Mond, Ohr und Uhr und zeigt ganz richtig auf die genannten Dinge, lange bevor es im stande ist, die Worte zu sprechen. Dies ist auch ganz natürlich, denn die Verbindung eines Lautes mit einer bestimmten Vorstellung und die Wiedergabe des Lautes bei Entstehung der Vorstellung sind ja zwei ganz verschiedene Prozesse, von welchen der lettere den ersteren in der Regel vorausseßt. Es ist gewiß auch falsch, wenn man meint, die höheren Tiere könnten keine begrifflichen Vorstellungen

horchte er auf sehr verschiedene Befehle meist sofort, so auf „trink“, „iß“, „mach zu“, „mach auf“, „heb's auf“, „dreh dich um“, „seß dich“, „lauf“.

haben, weil sie nicht zu sprechen vermögen. | nimm den Hut und lege ihn auf den Stuhl“ Kein Hund vermag ein einziges Wort und im dreiundzwanzigsten Monat genachzuahmen, aber daß manche Hunde viele Worte ganz gut verstehen, ist gewiß. In Jena kennt jedermann den Hund Bruno auf der Ölmühle. Sobald man ihm sagt: Bruno, hol den Bierhobel", so geht er in die Küche oder ans Büffett und holt ein Aufwischtuch, auch wenn man beim Befehl alle Gesten vermieden hat. Ich habe ihm oft mit dem gleichen Ton fall einen anderen Befehl erteilt, etwa: „Bruno, ruf den Kellner", ohne daß er darauf reagiert hätte. Der Hund versteht das Wort „Bierhobel“ ganz gut und verbindet, sobald er es hört, auch die entsprechende Vorstellung damit. Wie gut die meisten Hunde ihre eigenen Namen, sowie die Worte „Käßchen," "Häschen“ und andere verstehen, ist allgemein genug bekannt.

Das Kind versteht in der Regel viele Worte schon vor Ablauf des ersten Jah res, aber die Nachbildung eines Wortes, sowie das Verlangen resp. Bezeichnen eines Gegenstandes durch Aussprechen des betreffenden Wortes entwickelt sich erst im zweiten Lebensjahre.

Neben dem Verständnis der artikulierten Sprache und der Wortnachahmung findet aber auch in dieser Zeit noch eine Weiterentwickelung der unartikulierten Ausdrucksbewegungen statt. Begehren, Betrübnis, Freude, Hunger, Eigensinn und Furcht sind leicht an der Stimme des Kindes erkannt, das durch Schreien, Krähen, Jammern, Wimmern, Weinen, Grunzen und Quieken seine verschiedenen Stimmungen deutlich zu erkennen giebt.

Erst jest, nachdem das Kind gelernt hat, Worte nachzusprechen und zu verstehen, das heißt mit einer Vorstellung zu verbinden, tritt das Kind allmählich in das Stadium, in welchem es von selbst eine Empfindung oder ein Begehren durch einzelne Worte ausdrückt. Im dreiundzwanzigsten Monat sagte Preyers Junge zum erstenmal selbständig das Wort „heiß“, als ihm die zu heiße Milch zum Munde geführt wurde. Das Kind hatte demnach acht und einen halben Monat dazu gebraucht, um den Schritt von dem nach= geahmten „heiß“ zu dem selbständigen heiß“ als Ausdruck seiner Empfindung und seines Urteils die Milch ist zu heiß" zu thun, denn schon im fünfzehnten Monat hatte es das Wort „heiß“ nachgesprochen.

"

"

Etwa im vierzehnten bis sechzehnten Monat zeigt nach Preyer das Kind auf die Fragen „wo Papa?“ „wo Mama?“ die erhobene Hand mit gespreizten Fingern nach denselben. Es hat gelernt, das Wort mit der entsprechenden Person zu verbinden. Ebenso werden etwa um dieselbe Zeit irgend welche ihm öfter genannte Körper- Ebenso wie die Worterwerbung viel früteile, wie Nase, Mund, Augen, Ohren 2c., her entsteht als wie die Wortverwertung, von dem Kinde richtig mit der Hand er- so entwickeln sich auch die Gedanken, resp. faßt, wenn das entsprechende Wort ge- Vorstellungsverbindungen viel früher als nannt wird. Statt „Ohr“ genügt aber „O“, statt „Auge“ „Au“, ein Beweis, daß die Worte noch hauptsächlich oder allein durch die Vokale unterschieden werden. Wenn das Kind dagegen in diesem Alter den Befehlen „bring", "hole", "gieb" 2c. nach kommt, so scheint es dieselben mehr aus den Mienen und Gebärden des Sprechen den zu erraten, als die Worte zu verstehen. Preyers Junge verstand im ein undzwanzigsten Monat den Befehl Geh,

wie die Fähigkeit, das Gedachte durch einen ganzen Saß wiederzugeben. Jeder Gedanke wird zuerst durch ein einzelnes Wort, meist durch ein Substantiv, ein Verbum oder ein Adjektiv, ausgedrückt; ja, mit einem einzigen Wort giebt das Kind oft sehr verschiedene Wünsche zu erkennen. „Tuhl“ z. B. kann bedeuten 1) Mein Stuhl fehlt, 2) Der Stuhl ist zerbrochen, 3) Ich möchte auf den Stuhl gehoben werden, 4) Hier ist ein Stuhl zc.

Die Gedanken die Milch ist heiß“, „das Licht ist heiß", der Ofen ist heiß" 2c. drückt das Kind mit dem Adjektiv „heiß" aus. Bald verbindet das Kind ein Substan tiv mit einem Verbum oder einem Adjek tiv, sagt z. B. „Mama, nehmen“, „Er mann tut“ (Hermann ist gut), und dann wird die Wortverbindung zu ganzen Säßen allmählich immer vollkommener. Es dürfte aber hier kaum Raum dazu sein, um auf all die interessanten Einzelheiten der weiteren Entwickelung der Sprache einzugehen, und es genügt uns, gezeigt zu haben, wie das Kind überhaupt allmählich dahin gelangt, sich der artikulierten Laute zum selbständigen Ausdruck seiner Gefühle und Gedanken zu bedienen, resp. in menschlicher Weise zu sprechen.

Nur auf eine auffallende Erscheinung möchte ich die Aufmerksamkeit des Lesers noch lenken. Nach den Preyerschen Beobachtungen sind die Laute, welche das Kind schon frühzeitig von selbst, aber unabsichtlich und ohne Verständnis bildet, in den verschiedenen Stimmungen des Kindes andere. Mämä, ämmä, örrö, apa, gaau-a, acha werden immer nur in sehr angenehmer Stimmung geäußert. Das sehr häufige und energisch ausgesprochene nana drückt allemal ein Verlangen aus; und atta, tata, hödda, hatta, tai, attai spricht das Kind in etwas späterer Zeit, wenn irgend etwas verschwunden, etwa jemand zur Thür hinausgegangen ist. Diese Laute entstehen aber nicht etwa durch Nachahmung, sondern die Wahrnehmung der bestimmten vom Kinde geäußerten Laute veranlaßt erst die Mutter, in einem anderen entsprechenden Falle gerade diese Laute dem Kinde wieder vorzusprechen.

Da liegt in der That die Vermutung nahe, daß wir es hier mit den vererbten Resten einer Gefühlssprache früherer Vorfahren zu thun haben.

Zur Beruhigung mancher Mütter, deren Kinder nicht frühzeitig zu sprechen anfangen, will ich noch bemerken, daß bei den Kindern, welche frühzeitig sprechen lernen, zwar das Gehirn am schnellsten wächst, aber auch am frühesten zu wachsen. aufhört, während es bei den Kindern, welche spät sprechen lernen, in der Regel umgekehrt ist. Nicht die ersteren, sondern die lepteren Kinder werden in der Regel die intelligenteren, während die ersteren in ihren geistigen Fortschritten bald nachlassen.

Zum Schluß möchte ich nun noch auf die höchst interessante Thatsache hinweisen, daß eine Parallele zwischen der Entwickelung der Sprache und den Sprachstörungen besteht. Das, was das Kind zulet lernt: die Bildung ganzer Worte, geht bei den Erkrankungen der Sprachorgane zuerst wieder verloren; der unartikulierte Gefühlsausdruck, die interjektionelle Sprache dagegen, die beim Kinde zuerst entsteht, bleibt auch bei den Sprachstörungen am längsten bestehen. Nach Verlust der Willenssprache können Aphatische oft noch vorgesprochene Wörter nachsprechen. Diese Nachahmung entwickelt sich aber beim Kinde vor der Ausbildung der selbständigen Sprache.

Es ist dies ein allgemeines Geseß, das, wie ich in meinen Werken „Der tierische Wille“ und „Der menschliche Wille" nachgewiesen habe, auch für alle anderen psy= chischen Leistungen des Menschen und der Tiere gilt.

Eine hundertjährige Erziehungsanstalt.

13 ist eine pietätvolle Sitte unserer Zeit, die Säkularerinnerungen großer Männer, welche ihren Namen mit goldenen Lettern in die Geschichte der Menschheit oder doch ihres Volkes eingegraben haben, festlich zu begehen. Mit noch größerer Berechtigung verdienen die Erziehungsanstalten, welche seit einem Jahrhundert bestehen und innerhalb dieses Zeitraumes unendlich viel Gutes gestiftet | und auf dem Gebiete der Pädagogik bahn brechend gewirkt haben, daß man des Säkularjahres ihrer Begründung pietätvoll gedenkt. Eine solche hervorragende Stiftung ist diejenige von Schnepfenthal bei Rödigen, zwei Kilometer südöstlich von Waltershausen im Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha. Von allen derartigen Bildungsanstalten, welche im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die philanthropischen | Grundsäße Basedows praktisch zu verwirklichen strebten, hat nur die eben genannte sich als lebensfähig erwiesen: die im Jahre 1784 von Chr. G. Salzmann ins Leben gerufene Erziehungsanstalt Schnepfenthal. Weder Basedows Philanthropin in Dessau, noch die von Bahrdt geleiteten Anstalten in Marschlins und Heidesheim, noch auch die von Campe ins Leben gerufene Anstalt in Hamburg haben das | Jahrhundert überdauert, während Schnepfenthal in diesem Jahre das Fest seines hundert jährigen Bestehens gefeiert hat. Indem wir aus Anlaß dieses Säkularjubiläums einige Worte über die Entstehung, den Begründer, die Lehrer und die Eigentümlichkeit des Schnepfenthaler Instituts zu sagen uns anschicken, bemerken wir zugleich, daß eine kürzlich in Kommission bei F. A. Brockhaus in Leipzig erschienene, sehr umfassende und mit trefflichen Illustrationen versehene „Festschrift zur hundertjährigen Jubelfeier der Erziehungsanstalt Schnepfenthal“ uns das Material zu der nachstehenden Schilderung geboten hat.

[ocr errors]

|

|

Wie Richard Bosse in einem sehr lesenswerten Abschnitt des Festberichtes über Christian Gotthelf Salzmann erzählt, wurde dieser berühmte Pädagog der Aufklärungszeit — ge= boren am 1. Juni 1744 zu Sömmerda im Erfurtschen als Sohn eines Predigers — zum Theologen erzogen, amtierte 1768 als Pfarrer in Rohrborn bei Erfurt und wurde 1772 Diakonus und bald darauf Pastor in Erfurt. Aber sein Beruf lag auf einem ganz anderen Gebiete: auf dem der Erziehungskunde; daher verließ er 1781 sein geistliches Amt und wurde zuvörderst Religionslehrer in Basedows Philanthropin in Dessau. Dieses von dem hochgebildeten und edelmütigen Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt, der die Erziehung der Jugend und die Bildung des Volkes für die erste Pflicht eines Regenten erkannte, ins Leben gerufene und von Basedow geleitete Institut wurde am 27. Dezember 1774 eröffnet. Da nach Basedows Ausspruch der Zweck der Erziehung sein müsse, einen Europäer — Kosmopoliten zu bilden, dessen Leben so unschädlich, so gemeinnüßig und so zufrieden sein müsse, wie es durch die Erziehung veranstaltet werden könne, so traf er folgende Einrichtungen im Philanthropin: der Körper wurde durch einfache Speisen genährt, durch Fasten und Entbehrungen, durch Reisen und leichte Kleidung abgehärtet, durch Gymnastik, Voltigieren, Tanzen, Reiten und Fechten und durch reinliche Handarbeit gekräftigt. Der Geist dagegen sollte nur auf angenehme Weise gebildet werden. Die Zöglinge sollten die natürliche Religion, welche allein gelehrt wurde, und die Tugend so lieb gewinnen, daß sie nach eigenem Antrieb nach deren Forderungen handelten. In diesem Philanthropin nun wirkte Salzmann drei Jahre lang als Religionslehrer. Er verstand es ausgezeichnet, durch den warmen, väterlichen Ton seines Vortrags und durch die Liebenswürdigkeit seines Wesens das Ver

« ZurückWeiter »