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s ist vorzugsweise wohl die Eigenschaft des Reichskriegshafens, welche die Kieler Bucht von besonderen Reizen umgeben in die Vorstellung des Binnenländers treten läßt und ihn zum Besuche der Seebäder und Sommerfrischen an der Fjörde auffordert. Er freut sich angesichts der hohen Bedeutung, welche unsere Seestreit macht für den Schuß des Reiches und auch für das Ansehen der deutschen Flagge in Friedenszeiten erhalten hat, einmal den Blick auf die Pflanzstätte und auf den Hauptschuß- und Truzort der Flotte werfen zu können. Dieser Bedeutung jedenfalls in erster Reihe haben die zahlreichen Bäder und Strandvillen, welche kranzartig den malerischen Spiegel der Bucht umkleiden, ihr Entstehen zu verdanken.

Indessen abgesehen von dem waffenstarrenden Gewand der Marinestation, bietet Kiel auch für den Naturfreund

manche Vorzüge, denn die große Bucht mit ihren steigenden und fallenden, waldbeschatteten oder im Gold der Saatfelder prangenden Höhen und Hügeln ist reich an Schönheiten, welche die Stadt umgeben.

Aber wie der moderne in Lurus gesät tigte Geschmack gern zu romantisch-freundlichen einfachen Erinnerungen zurückkehrt, so halten die Villen, Gartenscenerien und Baumanlagen an der Kieler Bucht eine Thalsenkung am Ufer umschlossen, aus der uns wie ein Stück aus alter vergangener Zeit in dieser modernen Umgebung romantisch-freundlich anheimelnd das uralte Fischerdörfchen Ellerbeck anblickt. Ellerbeck ist berühmt durch seinen Sprottenfang und die Fischräucherei, die schon seit vielen Jahren ein blühender Erwerbszweig dieser kleinen Gemeinde gewesen, in neue rer Zeit aber einen Aufschwung genommen hat, der den Namen des Ortes in alle Teile des Reiches, ja sogar weit über die

Landesgrenzen hinausgetragen hat. Die sogar annehmen, daß es existierte, bevor

Sprotte und der Bückling, diese goldglänzende Ware, sind Leckerbissen geworden, über deren Genuß selbst ein Franzose seinen Groll gegen den Kieler Hafen vergessen kann.

in seiner Nachbarschaft sich die Stadt Kiel aufgebaut hat. Und troß dieses langen Lebens ist das Örtchen immer das gewesen, was es heute ist: das rührige fleißige Fischerdorf. Fischfang und Räucherei sind. die ausschließlichen Erwerbszweige; die geringe Vieh- und Gartenwirtschaft, welche man in den sauber gehaltenen Gärten hinter den schmucken Häuschen bemerkt, dient nur zur Ergänzung des Hausbedarfs. Der Männer und Söhne Beruf ist der Fang, der Frauen Aufgabe, nebst Sorge um Haus und Herd, mit den Kindern zusammen den glücklich heimgebrachten Fang zu sortieren, ihn zum Rauche vorzubereiten, die Räucherkammern zu unterhalten und die fertige Ware nach Kiel auf den Markt zu fahren. Im Hause der Ellerbecker Fischer herrscht Rührigkeit und Fleiß vom Tagesanbruch bis zur Neige. Und sein Inneres hat ganz das Aussehen, um den Glauben hervorzurufen, daß ohne Fleiß kein Preis, daß Arbeit aber glücklich, zufrieden und auch wohl= habend macht. Äußerlich wie auch in der inneren Einrichtung stimmen sie alle überein. Wenn sich dem Besuch, der stets die freundlichste Aufnahme zu erwarten hat, das zweigeteilte grüne Hausthor öffnet, nimmt ihn zunächst die geräumig große,

Unberührt von dem Änderungsdrange seiner Umgebung hat sich das Dörfchen, das sich eines so weiten Rufes in seinem Gewerbe erfreut, in seinem alten Aussehen und den hergebrachten Formen und Sitten aus alter Zeit erhalten. Es hat noch seine alten strohbedeckten, im Stil der niedersächsischen Bauernwohnungen gehaltenen Häuser, die im sechzehnten und sieb zehnten Jahrhundert entstanden und das Erbteil der angestammten Familiengene ration hindurch geworden sind. Noch heute schaut man durch den Rosen- und Nelkenflor der kleinen Fenster, die in ihren braungestrichenen Rahmen der Sonne freundlich zunicken, auf die See und auf den Strand hinaus, wo zahlreiche ausgespannte Neße und die aufgezogenen hochkieligen Boote von dem Beruf der stillen Bewohner Zeugnis ablegen; noch heute sieht man zwischen ihnen die Gruppen jener wettergebräunten Männer mit den starken Nacken und Armen und den ner vigen Fäusten, die sich ehedem an allen gefahrvollen, aber weniger friedlichen Un- | ternehmungen zur See versuchten, in der lehmausgeschlagene Tenne auf. Die Ziege kurzen wolligen Jacke, den teerigen Südwester tief in den Nacken gedrückt, im gemütlichen Genuß ihrer Pfeife von dem eingebrachten Fange plaudernd oder an den Booten und Neßen beschäftigt. Und auch die Frauen und Mädchen, die sich vor dem Hause mit der Reinigung von Geschirr und Gerät der Küche zu schaffen machen oder im wohlgepflegten Garten hinter dem Hause emsig und still für die Bedürfnisse des Herdes sorgen

auch sie zeigen in dem biederen ehrenfesten Wesen ihrer ganzen Erscheinung, daß sie ihr Leben und Wirken genau nach den Überlieferungen ihrer Vorfahren weiter führen.

Ellerbeck hat urkundlich schon im drei zehnten Jahrhundert bestanden, man kann

rechts in einem Stalle mustert den fremden Ankömmling, und friedliche Rinder geben kopfschüttelnd ihren Unmut über die verursachte Störung auf der anderen Seite kund. Bis man am Ende des kühlen, eigentümlich duftenden Raumes am Herde, dem Mittelpunkt des ganzen Hauses, angelangt ist, sind die Bewohner aus den angrenzenden Räucherkammern oder dem Garten herbeigeeilt und treten freundlich grüßend und knixend in Begleitung des schnurrenden Hauskaters uns entgegen. über dem Herde, der stets Feuer hat, schaukelt sich unter dem Rauchfang und den allezeit mächtigen Schinken und Speckseiten an langer sägeförmig gestalteter Stange ein Kessel, in dem immer etwas brodelt und schmort, nur keine Fische, denn

die Zeiten, wo sich die Fischer vorzugs bloß lohnenden Erfolg, sondern reichen weise von der Beute ihrer Neße nährten, ist längst vorüber. Zur Rechten und Linken vor diesem Altar des Hauses laden kleine braune oder auch grün gestrichene Thüren zum Eintritt in die niedrigen, aber in blendender Sauberkeit prangenden Wohnund Schlafzimmer ein. Die Einrichtung der Zimmer ist einfach, aber ungemein traulich. In die Augen fallen an Fäden sich drehende und von den Deckbalken herabhängende getrocknete Fische, Krabben, Seesterne und ähnliche Bewohner der Kieler Fjörde als ganz absonderlicher Zimmerschmuck. Ein ungeheurer Kachelofen ruht auf hohen eisernen Füßen, und darunter bemerkt man säuberlich ein Kissen für „Perle“, den Hund. Der gefiente, wie das Deck eines Schiffes erglänzende Fußboden ist mit seinem weißem Sande bestreut. Die Wände sind mit allerlei Bildern, meist noch Scenen aus den dänischen Kriegen und Seegefechte darstellend, geschmückt.

Das freundliche Dorf ist in Straßen angelegt, die geradeswegs auf den Strand herabführen. Am Strande schaukelt sich eine Flotte von Kähnen und Booten, während andere Fahrzeuge aufs Trockene gezogen sind und sich mit den ausgespannten Negen, Hamen und vielerlei Gerät zu einem malerischen Saum des Dorfes vereinigen. Einen eigenartigen Anblick gewährt es, allmorgendlich die kleine Flotte jener einfachen, nur aus Baumstämmen gezimmerten Handkähne von der Art und Beschaffenheit, wie sie Tacitus nicht anders beschrieben hat, nur von Frauen geführt über die Bucht mit vollen Segeln nach Kiel hinüberrudern zu sehen. Die schönen Ellerbeckerinnen verstehen sich indessen auf Ruder- und Segelfahrt ebensogut, wie sie sicher und selbstbewußt in ihrer kleid samen Tracht mit der kleinen grünen Bütte" am Arm, in der ihre goldblin kende Ware unter sauberem Leinen verborgen ist, sich in den Straßen Kiels und auf der Promenade bewegen.

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Gewinn findet. Die Fischerei wird von Genossenschaften gehandhabt, zu welchen sich die arbeitsfähigen Männer mit kleinem und großem Gezeug vereinigen. Jede Genossenschaft beschafft und unterhält ihre Neze, Fahrzeuge und sonstigen Fischereigeräte, arbeitet gemeinschaftlich und verteilt ebenso den Fang. Es ist dies eine Einrichtung, welche sich in den meisten der größeren Fischerdörfer unserer Ostseeküste gebildet hat, seitdem das Fischereigewerbe geseßlich organisiert ist und nicht jeder auf eigene Hand eine Raubfischerei betreiben darf — eine Einrichtung, die, abgesehen von der Gemeinsamkeit der Interessen in socialer Beziehung, sich auch in speciell gewerblicher heilsam erwiesen hat dadurch, daß sie der Durchführung aller zur Hebung des Fischerstandes geseßlich geschaffener Maßregeln einheitlicher entgegenkommt und andererseits der Absag des Fanges sich mit größeren Vorteilen für die Produzenten sowohl als auch für die Konsumenten bewirken läßt, als dies in der Hand des einzelnen liegen könnte.

Die Kieler Bucht in ihrer ganzen Ausdehnung, sowie die angrenzenden Seeküsten sind die Befischungsreviere von Ellerbeck, deren Erträgnisse es nur mit einzelnen längs des Strandes angesiedelten Fischerfamilien und einigen wenigen, aber bedeutend kleineren Fischerdörfern an der Ausrandung der Bucht teilt. Die außerordentliche Prosperität der Fischerei der Fjörde mit ihren Nachbargebieten, wie solche weder in irgend einem anderen Küstenrevier der Ostsee noch der Nordsee gefunden wird, erklärt sich einmal aus der wegen des geringeren Salzgehaltes und des Reichtums an festen steinigen Gründen in dem westlichen Ostseebecken, speciell in der Kieler Bucht, am meisten entwickelten Flora und Fauna, sodann im allgemeinen aus der steigenden Nachfrage nach Fischen im Binnenlande, im besonderen der Kieler Sprotte als eines geschäßten. Leckerbissens.

Ellerbeck ist also ausschließlich ein Während früher die Fischer von der Fischerdorf, das mit seinem Gewerbe nicht | Obrigkeit gezwungen waren, ihre Fänge

gegenwärtig nicht bloß in allen Städten unseres Landes finden, sondern auch auf den Menüs großstädtischer Hotels in Frankreich, England, Rußland, Österreich, selbst Italien figurieren sehen.

Der mächtigste Hebel für den Aufschwung des deutschen Fischereiwesens ist die stramme Organisation desselben seitens der Regierung gewesen. Ebensosehr wie sich die wissenschaftliche Forschung den deutschen Meeren, ihrer Flora und Fauna; die volkswirtschaftliche Sonde sich dem Fischereibetrieb noch wird weiter zuwenden müssen, ebensoviel Aufmerksamkeit und Sorgfalt wird aber auch ferner noch die Regierung seiner Ausübung schenken müssen.

an bestimmten Orten zu Markte zu brin- deutendste Seehandelsstadt des Reiches gen, sie gewichtweise zu einem von der ist weitaus den bedeutendsten ExportBehörde bestimmten Preise zu verkaufen, zweig bilden. Kieler Sprotten kann man und erst nach vollständiger Befriedigung des Lokalbedarfs daran denken durften, ihren Überfluß an Händler abzugeben; während daher in den dem Wasser nahegelegenen Städten die Fische gewöhnlich reich-| lich vorhanden und ebenso billig waren, sucht jezt der Fischer den besten Markt für seine Ware. Die Erleichterungen der Verkehrsverhältnisse haben mit der Verbesse rung der Transportvorrichtungen auf den Eisenbahnen zusammengewirkt, um die Nachfrage nach Fischen auf den binnenlän dischen Märkten und damit auch ihren Preis fortdauernd zu erhöhen; und mehr noch als die Bewirtschaftung der Binnengewässer hat die Ertragsfähigkeit der Hochseeund Küstenfischerei infolgedessen in einem solchen Maße zugenommen, daß derselben ohne Zweifel gegenwärtig eine wichtige Stellung in der Volkswirtschaft einge räumt werden muß. Noch vor wenigen Jahrzehnten war es vorgekommen, daß beispielsweise bei besonders reichlichem Fange in den östlichen Bezirken der Ostsee Lachse zu Hunderten vergraben werden mußten, weil die Nachfrage hinter dem Angebot weit zurückgeblieben war; und Prof. Dr. Beneke macht uns die interessante Angabe, daß im August 1827 bei Sfirwieth (Ostpreußen) an einem Tage 1500 große Lachse gefangen wurden, von denen Hunderte nicht verwertet werden konnten, obgleich man das ganze Exemplar von ca. dreißig Pfund Schwere für eine Mark angeboten hatte. Ähnliches geschah früher in Ellerbeck; oft mußte die kostbare Beute der Neße zum größten Teil die unwürdige Verwendung als Viehfutter finden. Diese Verhältnisse haben sich jetzt aber von Grund aus geändert. Der Marktpreis des Lachses schwankt heute zwischen einer bis zwei Mark per Pfund. Und die Fischerei im Kieler Hafen hat einen so hohen wirt schaftlichen Aufschwung genommen, daß ihre Produkte im Handel der Stadt Kiel - die, wenn ich nicht irre, die fünftbe

Um noch ein hier vielleicht interessierendes Wort von der volkswirtschaftlichen Bedeutung der deutschen Fischerei im allgemeinen zu sagen, so hat man angesichts ihres steigenden Wertes Vergleiche angestellt zwischen den Ernten aus dem Wasser und denen des Ackerlandes und dabei die Ertragsfähigkeit einer bestimmt großen Fläche des Bodengrundes einer ebensolchen an Ackerland bei rationeller Bewirtschaftung als gleichwertig oder noch überlegen anerkannt. Indessen, so richtig es auch ist, daß die Ernten des Wassers sicherer gewonnen werden, weniger schädlichen elementaren Einflüssen ausgeseßt sind, daß ferner unter Umständen der wirtschaftliche Ertrag einer Wasserbodenfläche bei weitem größer sein kann als der einer gleich großen Ackerfläche, so ist damit die größere Ertragsfähigkeit des Wassers doch noch nicht erwiesen. Nach den wissenschaftlichen Untersuchungen der Kieler Ministerialkommission kann man einstweilen annehmen, daß auf den Hektar Wasser im Fischereibezirk vor unserer Ostseeküste im Durchschnitt 23,7 kg Fischertrag kommt, so daß 1532250 ha Fischereigebiet an der Ostseeküste 18387000 kg Fische liefern oder, in Geld ausgedrückt, das Kilo mit 50 Pfennig als Durchschnittspreis

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tigkeit", wie man die Befugnis zum ge- zur Familie des Herings gehörig, ist werbsmäßigen Fischfange nennt, bindet ein kleiner Fisch von dunkelblauer Farbe sich außer an Gewerbesteuer an die geseß auf dem Rücken und starkem Silberglanz mäßigen Beschränkungen der Schonzeit, am Bauche, erreicht nur eine Länge von Minimalmaße der Fische und Verbote 10 bis 13 cm, je nachdem sie ihren Standschädlicher Fangmittel und Fangarten. ort in und vor der Kieler Bucht oder in Unsere Regierung handhabt die Kontrolle den übrigen Teilen der Ostsee hat, wo sie streng, seitdem es sich bemerkbar gemacht stets von geringerer Größe ist. Sie lebt hat, daß der Seefischbestand in seinen wie der Hering in der Tiefe und unterErträgnissen hinter dem Marktbedarfe nimmt zur Laichzeit große Züge in das zurückzubleiben beginnt. Neße, Säcke, flache Wasser. Ihre Hauptlaichzeit fällt Reusen, Aalkasten, Speere und Angeln in den Mai, eine zweite in den Oktober,

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