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Treiben herrscht, ist davon auch das Leben dieser Hafenstadt infiziert. Das beweisen die zahllosen Wirts- und Kaffeehäuser, welche vom Hafen ab an beiden Seiten der großen Straße bis nach dem Bazar sich hinziehen und die stets mit herumlungernden Taugenichtsen gefüllt

sind.

Ein großer Übelstand ist, daß Djedda bis auf den heutigen Tag sein Trinkwasser nur aus den Cisternen entnimmt, die vom Regen gespeist werden. Wenn es auch alljährlich im Dezember, manchmal auch schon im November, regnet, so können doch Fälle eintreten, daß der feuchte Niederschlag sehr spärlich ist und wirkliche Wassersnot herrscht. Es wäre daher not wendig, dafür zu sorgen, daß eine Wasser leitung eingerichtet würde. Da in der Nähe außerhalb im Süden der Stadt Süßwasserquellen sind, würden die zu be siegenden Schwierigkeiten nicht einmal allzu groß sein. Und die Wichtigkeit des Verkehrs gebietet das schon, ganz abgesehen vom gesundheitlichen Standpunkte. Denn man denke nur an die Hunderttausende von Pilgern, die Djedda durchziehen. Im Jahre 1881 kamen in Djedda 251 Dampfer mit 245 608 Tonnengehalt an und dazu kamen noch 1033 Segler mit 44836 Tonnen.

schen Sultan eher das geistliche Oberhaupt als das weltliche. Eigentlich fest normierte Abgaben, wie sie von Ägypten an die Pforte entrichtet werden, leisteten jene Staaten nicht, sondern nur Geschenke.

Die wirkliche Autorität im westlichen Arabien, folglich auch in Djedda, geht aber, selbst heute noch, vom Scherif in Mekka aus. Die Beamten der Pforte, selbst der Pascha von Mekka, sind doch in gewissem Sinne abhängig von diesem obersten Würdenträger der mohammedanischen Religion. Und wenn die Pforte z. B. augenblicklich nicht in so vorzüg= lichem Einvernehmen mit dem Scherif von Mekka stände, würde für sie das Regieren, selbst in den Städten, ganz unmöglich sein.

Die Bevölkerung der Stadt besteht, abgesehen von den umwohnenden eingewanderten Arabern aus Djemen, Hadramaut und Hedjas, nur aus wenigen Familien, welche behaupten, von Anbeginn an in Djedda gewesen zu sein. Dazu kommt, daß auch Familien aus Ägypten, Syrien und der Türkei sich dort niedergelassen haben, wodurch mit der Zeit ein ungemein gemischter Menschenschlag hervorging. Und dann bedenke man die alljährlichen Pilgerscharen, welche die Stadt durchziehen und oft genug Spuren ihrer Anwesenheit zurücklassen. Bruce wundert sich darüber, daß eine so überwiegende Zahl von Frauen in Djedda sich befände. Er wußte nicht, daß dort eine Menge von Frauen lebt, gerade wie es auch in Mekka der Fall ist, die nur durch Verheiraten auf Zeit ihre Existenz fristen. Sie verheiraten sich mit den Pilgern nur für die Pilgerzeit und erhalten nach Beendigung derselben einen regelrechten Scheidebrief. Die große Mehrzahl dieser Pilgerfrauen verbleibt dann in Djedda oder in Mekka.

Djedda ist seit 1840 direkt der Pforte unterstellt wie Mekka, Medina, Hodeida, Mokka und einige kleinere Städte Arabiens. Eine Zeit vorher war die Stadt ägyptisch; unter Mohammed Ali sogar direkt. Zu jener Zeit, das heißt in den dreißiger Jahren, war ein Deutscher, Baron v. Katte, dort im Dienst Mohammed Alis angestellt, und von hier aus unternahm er seine Reise nach Abessinien. Noch früher war Djedda abhängig vom Scherif von Mekka, obschon auch damals dem Namen nach alle diese Städte dem Sultan der Türken unterthan waren. Eine eigentümliche Industrie hat Djedda Aber das Verhältnis war sehr locker, kaum. Wenigstens exportiert man von etwa in der Art, wie Tunis, Algerien den dort verfertigten Gegenständen nichts. und Tripolitanien im Anfang dieses Jahr- | Doch haben die Tischler eine solche Fertighunderts gegenüber Konstantinopel gestellt keit in Holzschnißerei erreicht – und die waren; das heißt, man erblickte im türki- | wundervollen Muscharabiehn legen davon

Aber Knaben waren doch noch da, um uns nach dem größten Wunder Djeddas zu führen, nach dem Grabe unserer Urgroßmutter Eva, von den Arabern Lella Haua genannt. Ja, sie liegt wirklich bei Mekka auf dem mohammedanischen Friedhof begraben, und gegen ein „Bakschisch"

Zeugnis ab, daß man schon von Kunstgewerbe sprechen kann. Es scheint, als ob dies schöne Handwerk sich aus Kairo, Damaskus und anderen Städten hierher geflüchtet hätte. Außerdem verstehen die Damen in Mekka höchst reizend gearbeitete Goldstickereien herzustellen. Die Diwans, die niedrigen Site, sind mit schönen ge- sind die frommen Hüter des Friedhofes

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die Thatsache widerlegt, daß die beiden stalt muß das gewesen sein! Aber was ersten Menschen nach der Vertreibung schadet es, im Glauben ist ja alles unaus dem Paradiese verheiratet blieben, verhältnismäßig. Kinder zeugten und diese miteinander verheirateten. Die Mohammedaner sagen allerdings, im späten Alter habe eine Trennung stattgefunden, aber das brauchen doch wir nicht zu glauben.

Wir begaben uns also zur Stadt hinaus, und etwas nördlich davon fanden wir bald darauf den mit einer niedrigen Mauer umgebenen Friedhof. Das Auge wird erfreut durch etwas Grün, dem einzigen in der Nähe der Stadt. Nament lich sahen wir häufig blühende Hennehbüsche; und als wir dann den Friedhof betraten, sahen wir das Kopfende des langen ummauerten Grabes durch einige verkrüppelte Dattelpalmen gekennzeichnet.

Ja, sie muß sehr lang gewesen sein, diese gute Mutter Eva, eine wahre alte Pappel! Hundert Meter lang ist das Grab,* und die Breite desselben inklusive der Mauer ist etwas mehr als 1,5 m. Welche entsetzlich unverhältnismäßige Ge

Die Länge des Grabes der Eva wird sehr verschieden angegeben. William Perry Fogg in seinem anziehenden Buch „The land of the arabian nights jagt Seite 132: Ihre Statur war die eines Palmbaumes, das Grab ist sechzig Ellen lang und zwölf Ellen breit." Andere geben andere Maße. Herr v. Malzan, welcher Djedda mehreremal besucht, löst uns das Rätsel. Als er 1870 zum leztenmal zur Stadt der Eva fam,

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jagt er in seinem Buche „Reise nach Südarabien" Seite 78: Alle Europäer in Djedda jagten mir übrigens, daß die Größenverhältnisse des Eva-Grabes sehr wandelbarer Natur seien. Auch mir war

das so vorgekommen. Es scheint, daß man nach jeder Restauration je nach Willkür oder vielleicht nach dem Überfluß oder der Spärlichkeit des Baumaterials ein paar Schuh zugiebt oder wegnimmt, und da diese Mauer den Körperumriß der Älter: mutter beschreiben soll, so verändert Mutter Eva jetzt noch, so viel tausend Jahre nach ihrem Tode,

von Zeit zu Zeit ihre Gestalt. Bald wächst sie, bald wird jie kleiner. Ihre gegenwärtige Länge beträgt nach der Messung, die ein englischer Ma schinist anstellte, dreihundertundsechzig englische Fuß, ihre Breite kaum achtzehn Fuß. Man sicht, Körpermaß hat Mutter Eva nicht gewonnen. ist noch immer dieselbe obeliskähnliche Gestalt u. j. w.

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Ungefähr in der Mitte des langen Grabmals erhebt sich ein kleiner Dom, den man ebenfalls gegen eine Abgabe in klingender Münze betreten darf. Darin befindet sich ein kleiner Sarkophag, daneben noch andere Gräber vornehmer mohammedanischer Frauen. Und öffnet man nochmals seine Hand, dann erschließt dafür der fromme Mislim, der Hüter des Grabes, ein kleines Thürchen, nachdem er vorher die Hülle des Sarkophags gelüftet hatte. In demselben soll man nun das Herz der Eva erblicken. Aber man sieht nichts. „Ein Ungläubiger ist ja aber mit Blindheit geschlagen," sagt der Priester und hält abermals seine offene Hand hin, um den Lohn für dies schmeichelhafte Kompliment einzuheimsen.

Darauf ließen wir uns aber nicht ein. Wir wanderten nach der Stadt zurück, nach Djedda, der Großmutter,* und schifften uns bald darauf wieder ein, dem mohammedanischen Fanatismus den Rückenkehrend.

In Djedda giebt es Konsuln, besonders der christlichen Mächte, welche mohammedanische Unterthanen haben: England, Holland und Frankreich. Auch einige europäische Kaufleute leben daselbst, aber stets in Angst vor Ausbrüchen des fanatischen Hasses der Gläubigen. Wann werden diese werden diese religiösen Wutausbrüche, welche jezt seit fast zweitausend Jahren die Menschheit beunruhigen, aufhören? Doch erst dann, wenn die centralen Stellen des religiösen Wahnsinns ihres Nimbus beraubt sein werden. Und für den Islam kann das nur bewerkstelligt werden durch den Marsch einer christlichen Armee von Djedda nach Mekka.

* Djedda ist der arabische Name für Großmutter, und die Stadt hat ihn also erhalten, weil Eva dort begraben liegt.

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man einen der jungen Herren, welche mitunter hier erschienen, eilig aus einer Thür in die andere rannten und für geschwärzte Hände, verbrannte Finger und durch Säuren befleckte Röcke eine besondere Vorliebe zeigten, nach dem Zwecke dieser Vorrichtung, so rief er mit einer gewissen mitleidigen Miene, welche der Unwissenheit des Publikums im allgemeinen galt, die Worte: Foucaultsches Pendel!" und wenn man gerade einen sehr liebenswürdigen traf, so fügte er wohl hinzu: „Beweist die Erhaltung der Schwingungsebene" murmelte etwas von Erdachse, geographischer Breite u. dergl. und verschwand dann unaufhaltsam in der nächsten .Thür.

s war ein Haus voller Luft und Licht und doch geheim nisvoll für jeden, der ihm nicht nahe vertraut war. Die Fenster zeigten sich groß, die Korridore weit und hell, hoch und geräumig die Zimmer; überall aber traf man auf verdächtige Vorrichtungen, deren Zweck niemand erraten konnte. Zwar die Thermometer, die man von der Straße aus an den Fenstern bemerkte, waren noch verständlich, obgleich es immerhin eine eigen tümliche Ängstlichkeit des Besizers schien, daß er sie alle durch Schirmdächer gegen Sonne und Regen geschüßt und die Kugeln einzelner mit Musselin umwickelt hatte. Wenn man aber in das hohe Treppen haus eintrat, mußte man notwendigerweise verwundert vor einer blanken Messingkugel stehen bleiben, welche an einem langen Draht vom Dache bis zum Fußboden durch sämtliche Stockwerke frei herabhing und über einem sorgfältig eingeteilten Amtswohnungen. Dieselben waren gegenKreise, rings geschüßt durch ein Gitter, langsam hin und her pendelte. Fragte

Dieses Haus war das physikalische Institut der Universität. Außer den weiten Räumlichkeiten für die Aufbewahrung der Instrumente, den Laboratorien und Hörsälen enthielt es im zweiten Stock einige

wärtig benust von dem Direktor des physikalischen Instituts, dem noch jungen

Professor Zädler, und von den beiden ersten Bibliothekaren der Königlichen Bibliothek, Eibeling und Krisas. Denn das Haus grenzte ganz nahe an das ältere Bibliotheksgebäude, mit welchem es durch einen gedeckten Gang verbunden war.

Jezt lag die Dämmerung des Abends über dem Gebäude. Die Zimmer der unteren Stockwerke standen dunkel und verlassen, nur in der zweiten Etage waren mehrere Fenster erleuchtet, und über den Abfäßen der breiten Treppen brannten einzelne Gasflammen.

In seinem geräumigen Arbeitszimmer, dessen Wände von dicht gefüllten Bücher gestellen umgeben waren, saß Professor Eibeling. Früher hatte er über Philo sophie gelesen, aber er hatte kein Glück in der Charakterfestigkeit seiner Zuhörer gehabt. Je weiter das Semester und das mit das Begriffsgebäude des Professors vorrückte, um so leerer wurden die Bänke.

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,,,Die an vierundachtzig Orten beob= Als diese Erscheinung sich so oft wie- achteten Werte für die Richtung und Größe derholt hatte, daß sie Eibeling nicht mehr der erdmagnetischen Kraft“...so, so, hm! überraschte, verlor er allmählich die Lust...,Gauß berechnete dieselbe und erhielt am Dozieren und überließ sich mehr und eine Reihe geordnet nach steigenden Potenmehr seinem Forschungsdrange in tiefsinni zen der - trigonometrischen - Funktiogen Spekulationen. Mit Freude nahm er nen von U... Um Himmels willen, dann die ehrende Aufforderung an, der Betty, wie kommst du denn darauf? Und Oberleitung der Bibliothek sich zu widmen; verstehst du denn das alles?" er fühlte sich wohler in der Einsamkeit seines Studierzimmers als im frischen Leben des Hörsaales.

Eibeling saß in seinem Lehnstuhl. Das Buch, in welchem er gelesen, hatte er auf den Tisch neben die Lampe gelegt. Der Blick seiner hellen Augen hing im Unendlichen. Die Sinne hatten mit seiner Gedankenrichtung nichts zu thun, sein Geist weilte im Absoluten, wo er sich der in tellektuellen Anschauung mit Wohlbehagen hingab. Erfreulich mußte die erlangte Erkenntnis sein, denn ein zufriedenes Lächeln zuckte über den feinen Mund und die Züge des geistvollen Gesichtes, denen man es ansah, daß der Philosoph zwar die Freuden des Materiellen zu schäßen wußte, aber ihnen stets überlegen blieb. Jezt griff er nach Feder und Papier, um seine Gedanken festzuhalten. Dazwischen

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„Das von der Reihe ist mir nicht ganz klar, die Rechnungen überschlag ich immer. Aber hier, das von dem Magnetismus und von den 8464 Trillionen

„Ja, ja, schon gut!"

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