Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

die Eisenbahn läuft, ein neuer Bevölkerungsmittelpunkt gebildet, welcher im Januar 1882 die Gerechtsame einer Stadt erhielt, einen eigenen Namen bekam, näm lich Port Tewfik. Hier sind große Trockendocks, schöne Bassins und steinerne Staden errichtet, und hier befinden sich die großen auf die Schiffahrt bezüglichen Anstalten. Durch eine gute Straße verbunden, zwei feln wir indes nicht, daß einstmals Tewfik und Suez eine einzige, durch nichts geschiedene Stadt bilden werden.

Suez hatte in den lezten Jahren das Aussehen einer richtigen Provinzialstadt gewonnen. Von Leben und Bewegung, namentlich vom Getriebe einer Hafenstadt war nichts zu bemerken. Die Bevölkerung, welche wir, wie schon erwähnt, auf 10000 Seelen schäßen, besteht der großen Mehrzahl nach aus Ägyptern und etwa 600 bis 700 Europäern, während 1868 allein an Europäern 4288 in Suez lebten. Von diesen sind die meisten Griechen, dann Italiener, Franzosen und Engländer. Deutsche und Österreicher sind nur durch einige Individuen vertreten. Obschon die Eingeborenen nicht nur aus Städtern und Fellachin, sondern auch aus Beduinen der Umgegend zusammengesezt sind, kann man keineswegs sagen, daß sie in ihrem Wesen unruhig, fanatisch und unzuverläßlich sind. Im Gegenteil, Suez hat die ruhigste Bevölkerung aller Städte am Roten Meere, und von jenen gesetzlosen Zuständen zur Zeit des Kanalbaues hat sich nichts auf die Eingeborenen vererbt. Ja, man kann wohl angesichts der Thatsache, daß auch zur Zeit des Arabi der Friede nie gestört wurde, behaupten, Suez sei die ruhigste Stadt und habe die friedliebendste Bevölkerung von allen Städten in Ägypten.

Der Süßwasserkanal versorgt nicht nur die ganze Bevölkerung in ausreichendster Weise, sondern ist auch Anlaß gewesen, daß Gärten und Baumanlagen entstanden, und statt der staubigen und unreinlichen Straßen hat man jezt wohlgepflasterte oder makadamisierte Wege, welche alltäglich mit Wasser besprengt werden.

Das so oft gelobte Suez-Hotel, welches vordem als das beste in ganz Ägypten galt, existiert immer noch; daneben noch einige minderwertige. Ebenso findet man Restaurationen und Bierhallen, in welchen deutsches Bier verschenkt wird. Auch sonst ist der Markt gut versehen, und man kann sich mit fast allen in Europa gangbaren Luxusartikeln versehen. Besonders findet man in Suez alle Gegenstände, welche jemand zu einer Reise nach Indien nötig. hat.

Suez hat sieben Moscheen; für den christlichen Kult sorgen eine römische (französische) Kirche, eine protestantische Kapelle, im Suez-Hotel gelegen, und ein griechisches Kirchlein, welches auch von den Kopten oft besucht wird. Zwei Hospitäler, eins davon ein französisches, dienen der leidenden Menschheit. Mehrere arabische Schulen, eine französische Knabenschule, eine Töchterschule, ebenfalls von französischen Nonnen geleitet, beweisen, daß auch die Jugend nicht vernachlässigt wird. Auch zwei Freimaurerlogen sind in Suez: die vom „Sinai-Berg“, welche abhängig ist vom großen Orient in Florenz, und „Die Liebe der Wahrheit“, von Frankreich aus geleitet. Alle Seestaaten Europas haben konsularische Vertretung in der Stadt, die Vereinigten Staaten Amerikas natürlich auch.

Daß Suez und Port Tewfik in diesem Augenblick wieder das äußere Gepräge erhalten haben wie zur Zeit der britischen Expedition gegen König Theodoros, erhellt aus allen Berichten, die von dort einlaufen. Regimenter kommen und gehen. Kommissariate sind errichtet, Proviantmagazine eröffnet, und die Örtlichkeit nimmt immer mehr den Charakter einer englischen Stadt, eines englischen Hafens an. Es brodelt und siedet jedoch an allen Orten am Roten Meere, überall unfertige Zustände. Welcher Ort aber am Erythräum wohl für lange Zeit hinaus den ersten Rang einnehmen wird, ist leicht vorherzusagen: Suez-Port-Tewfik als Endpunkte des Kanals und schon jetzt gesegnet mit Süßwasser, ohne das der

[merged small][merged small][merged small][merged small][graphic][merged small]

Erythräischen Meeres. Das ist vollkommen in Arabien, wer die Küsten dieser Halb

flar. England glaubt den Augenblick für gekommen und geeignet, sich dieses Landstriches zu bemächtigen. Und troß der geheimen Gegeneinflüsse Frankreichs wird England voraussichtlich sein Ziel erreichen. Eine sonstige Macht, dies zu hindern, giebt es ja auch nicht. Die deutsche Regierung behauptet, fein näheres Interesse an dieser Angelegenheit zu haben, Rußland erst recht nicht, und die anderen Mächte kommen gar

insel, folglich das Innere, beherrschen wird. Wir dürfen uns darüber gar keiner Täuschung hingeben. Der Zerbröckelungsprozeß der Türkei geht, ohne auch nur einmal anzuhalten, stetig weiter. Seitdem Bosnien, Serbien und die Donaufürstentümer frei wurden, Bulgarien seine Unobhängigkeit fast ganz errang, seitdem Cypern englisch, Tunesien französisch geworden ist, ganz Ägypten im Begriffe steht, englisch

[merged small][merged small][graphic][merged small]

denke nur, daß Arabien fast sechsmal so gends vorgelagerte sandige Ufer zeigt, ist groß ist wie Deutschland, denn Arabien hat 3156554 qkm, während Deutschland nur 540 107 qkm hat. Die Türkei herrscht aber in Wirklichkeit nur in einzelnen Küstenstädten, sowie im Inneren nur in den Städten Mekka, Medina, Taif und einigen anderen kleinen Orten. Das übrige Land untersteht entweder kleinen Fürsten, Sultanen, oder gehorcht Schichs, welche durch Erblichkeit an der Spize ihrer

das Gegenteil der Fall auf der anderen Seite. Alle sogenannten Häfen sind derart flach, daß man oft stundenweit mit dem Dampfer abliegen muß, weil näher heran nicht die genügende Tiefe für größere Schiffe ist. Es ist das bei fast allen Meeren im kleinen wie im großen der Fall, die sich hauptsächlich in nordsüdlicher Richtung hinstrecken. Aber es ist deshalb kaum der Schluß zu ziehen, daß dies mit

der Rotation der Erde etwas zu thun hätte. Sehen wir z. B., wie die östliche Seite des Roten Meeres flach und sandig, die entgegengesetzte Seite steil und felsig ist, so finden wir bei dem doch in derselben Achse liegenden Adriatischen Meere den umgekehrten Fall. Hier ist die östliche Seite des Meeres von steilzackigen Ufern umgrenzt und die westliche, die italienische Seite, hat weit vorgelagerte Sandbänke. Die das Rote Meer umgebenden Gebirgsketten zeigen aber auf der afrikanischen wie auf der asiatischen Seite dieselbe äußere Gestaltung, vielleicht auch dieselbe geologische Beschaffenheit. Ich muß jedoch gleich hinzufügen, daß das Gebirge der asiatischen Küste viel zu wenig auf seine Zusammensetzung untersucht ist, als daß man schon jezt ein Urteil darüber abgeben könnte.

Der sogenannte Hafen von Djedda oder vielmehr die Reede ist weit und geräumig; aber troßdem man eigentlich im offenen Meere sich befindet, ist man ziem lich sicher vor Anker. Denn der Hafen ist derart mit Sandbänken und unterseeischen Untiefen Korallen, zwischen denen Sand geschwemmt ist, und Tafelfelsen, die oft nur wenige Zoll unter der Seefläche liegen angefüllt, daß die Wellen auch beim stärksten Sturme sich überall brechen und hoher Seegang gar nicht entstehen kann. Auch bemerkt Bruce schon mit Recht, daß, je gefährlicher ein Hafen, desto geschickter und aufmerksamer in der Regel die Lotsen seien, weshalb man auch in Djedda niemals einen Unglücksfall zu beklagen gehabt habe. Dies leztere Urteil möchten allerdings wohl wenige unter schreiben.

Als ich Djedda oder, wie man auch schreibt, Djidda oder Dschidda erreichte, legte sich unser Dampfer weit ab von der Stadt vor Anker, aber an Booten und Schiffen fehlte es nicht, uns ans Land zu seßen.

Bald betraten wir den Boden der Stadt, wo am 15. Juni 1858 jenes entseßliche Blutbad angerichtet wurde, aus welchem heraus von allen Europäern sich

nur das tapfere Fräulein Emerald retten konnte, sie und mit ihr der Kanzler des Konsulats. Damals war sie ein junges Mädchen von sechzehn Jahren, Tochter des französischen Konsuls. Mit dem Revolver in der Hand bahnte sie sich und dem Kanzler den Weg, tötete mehrere Mohammedaner, die sich ihr entgegenwar= fen, erhielt selbst eine gehörige Schmarre durchs Gesicht, hatte aber die Genugthuung, sich und den Kanzler ihres Vaters, welch letterer getötet wurde, retten zu können. Diese sonderbare Thatsache gab der Kaiserin Eugenie in Paris die Veranlassung, diese beiden einzigen christlichen Überlebenden der Mezelei von Djedda miteinander zu verheiraten. Gefragt wurden sie nicht. Weshalb auch? Mademoiselle Emerald war ja in mohammedanischen Landen geboren; vertraut mit den Sitten der Muselmanen, glaubte die Kaiserin natürlich, sie würde sich leicht mit dem Gedanken versöhnen, wie eine Mislemate verheiratet zu werden. Bei den Mohammedanern, wenigstens bei den Städtebewohnern, werden bekanntlich die zu Vermählenden um ihre Meinung nicht gefragt, namentlich nicht die schönere Hälfte. Die Hochzeit fand also statt, und Schreiber dieses hat in dem gastlichen Hause dieses dem Tode so merkwürdig entronnenen Ehepaares oft geweilt. Jezt leben, wie man sagt, beide für sich; die mohammedanische Ehe hat also bei diesen Christen nicht angeschlagen.

Weniger bekannt ist, daß schon Jahre. vorher ebenfalls eine Christenmehelei in Djedda stattfand. Beim Mittagessen wurden vierzehn Engländer in ihrer Faktorei vom Pöbel Djeddas ermordet, ohne daß die geringste Genugthuung gegeben wurde. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß ein drittes Blutbad erst vollkommen den religiösen Fanatismus der Bewohner bre= chen wird. Denn 1858 war von einer Genugthuung nicht die Rede. Die paar Kriegsschiffe, die vor Djedda erschienen, konnten den Bewohnern von Mekka keine Furcht einjagen. So weit die Schiffsfanonen der Europäer auch trugen, bis

durch Größe oder Schönheit hervorragte, aber die hübschen Privathäuser haben sogar alle zahlreiche Fenster; eigentlich würde dies bei den eifersüchtigen Muselmanen ungewöhnlich erscheinen, wenn nicht alle mit den reizendsten und überaus reich.

den Reichen sogar doppelt angebracht werden, versehen wären. Ein Hineinsehen in die Fenster ist also völlig unmöglich. Glasscheiben sind in Djedda ganz ungebräuchlich, sie sind gar nicht zu haben, selbst die Konsulate sind-ohne solche. Oft ist das bei plößlichem Witterungswechsel sehr unangenehm. Nicht, daß man die Kälte zu fürchten hätte; aber die Muscharabiehn schüßen nicht gegen die heißen Winde und noch weniger gegen den oft damit verbundenen feinen Sandstaub.

nach Mekka reichten sie nicht. Bevor aber Mekka von den christlichen Mächten nicht betreten wird, werden die Mohammedaner von ihrem religiösen Wahnsinn nicht geheilt werden. Man bedenke nur, daß im Jahre 1882 in einer der gebildetsten Städte des Islam noch eine Megelei stattfinden geschnitten Muscharabiehn, welche bei konnte, welche am meisten und innigsten mit den Christen in Verbindung stand: in Alexandria. Wie viel mehr hat man daher für die Städte zu sorgen, welche dem Centrum der mohammedanischen Welt so nahe liegen. Und mögen die mohammedanischen Fürsten und Völker den christlichen Mächten noch so sehr ihre Ergeben heit beteuern: sie heucheln und reden nicht die Wahrheit. Denn Mohammed selbst verbietet ihnen die Freundschaft mit den Christen:* „ ihr Gläubige, nehmet weder Juden noch Christen zu Freunden, denn sie sind einer dem anderen Freund. Wer aber von euch sie zu Freunden nimmt, der ist einer von ihnen," sagt Mohammed in der fünften Sure, die den Namen „Der Tisch" führt. Und mögen Mohammedaner noch so gebildet seinhalten. An der Südseite Djeddas ist ein einerlei ob Türke, Araber oder Perser: gratez-le, et le muselman fanatique paraîtra."

"

So standen wir denn auf geweihtem Boden, und mit uns waren Hunderte von Pilgern gelandet, meistens Javanesen, die gekommen waren, um sich in Mekka das Prädikat „Hadj", das heißt Pilger, schlechtweg zu verdienen. Aber angenehm über rascht war ich, eine verhältnismäßig schöne Stadt vor mir zu haben. Die Straßen, freilich ungepflastert, also meist staubig, sind doch hinlänglich breit. Alle Häuser in der Stadt sind aus Stein errichtet, die meisten haben mehrere, viele sogar vier bis fünf Stockwerke. Das Palais des Gouverneurs, das Zollgebäude, die Wohnungen der Konsuln sind wirklich ansehnliche Gebäude, und Djedda hat jest Konsulate von Großbritannien, Niederland, Frankreich und Griechenland. Von den Moscheen ist keine einzige, die irgendwie

Nach der Landseite ist Djedda durch eine steinerne Mauer abgeschlossen, welche auch hinlänglich stark ist, um Versuche der Beduinen, die Stadt nachts zu brandschaßen, abzuhalten. Im übrigen kann. aber die Mauer keiner Belagerung stand

kleines Fort, das aber gegen europäische Geschüße ebenfalls nur wie ein Kartenhaus sein würde.

Die Stadt ist stets gut mit-Waren versehen. Man kauft hier wundervolle Korallen, außerdem sieht man Kaffee, Datteln, Balsam, Thonwaren, Getreide, Reis, Moschus, Effenzen, Oliven, Tabak, Butter, europäische Manufakturwaren und überhaupt fast von allen europäischen Gegenständen etwas auf dem Markte. Der Import beträgt jezt durchschnittlich für 10000000 Maria-Theresien-Thaler (ca. 40 Millionen Mark), während für ca. 2500 000 Maria Theresien- Thaler (10 Millionen Mark) Gegenstände ausgeführt werden. Leider ist Deutschland so gut wie gar nicht bei diesem Handel beteiligt, wie überhaupt in den Städten am Roten Meere die Beteiligung der Deutschen bei dem Handel gleich Null ist.

=

Obgleich oder, besser gesagt, weil Djedda in der Nähe der heiligen Stadt Mekka * Der Koran, übersezt von Ullmann, Seite 84. liegt, in welcher Stadt das zügelloseste

« ZurückWeiter »