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unter dem, lang hingestreckt, regungslos, es auf ihr, Liebe zu geben, Geduld zu ein stummer, toter Mann im tauenden Schnee lag.

Der Schlag, der den alten Randolph hingestreckt, war kein tödlicher gewesen. Seine kräftigen, gesunden achtzig Jahre spotteten des Todes, und abermals wieder holte sich das grausame, rätselvolle Naturschauspiel, daß ein unnüßes Leben bewahrt blieb, wo manch thatenreiches Leben wäre abgeschnitten worden. Nur weniges hilfloser war er geworden nach diesem kurzen, schweren Lager. An seinem Bette hatte ein Weib gewacht, aus deren hage rem Antlig thränenlose brennende Augen Tag und Nacht sorgsam auf ihn schauten. Nach seinen Wünschen hatte eine Stimme gefragt, deren Klang ihn tief bewegte. Wenn Liebe, wenn Reue sich ganz in eine Menschenstimme verwandeln könnten sie würden solche Töne haben. Eine Hand lockerte des Greises Kissen, eine Hand, die er halb in Ehrfurcht, halb in Schmerz oft ergriff, um sie lange, lange und stumm zwischen seinen zitternden Fingern zu halten. Der Abgrund des Jammers in Cor neliens Seele war so tief, daß der Greis mit keinem Fragewort hinabzudringen wagte. Ihr herber Mund entließ nie eine Silbe, die von dieses Abgrunds Tiefe gesprochen hätte. Nur einmal, da ihre magere falte Hand kühlend auf des Greises Stirn lag, sagte jener leise unter Thränen:

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haben nicht nur für ihren eigenen Lebensinhalt. Nein, sie mußte auch noch ersehen, was die Welt verloren an einem Manne, der nun tot war; mit für ihn mußte sie liebend, gut, geduldig sein. Sie ward zur Märtyrerin und quälte mit Wollust ihre Seele mit selbstanklägerischen Gedanken. Solche Gedanken aber sind die feurigen Zangen eines unsichtbaren Schmiedes, der mit ihnen in der Glut aus der Seele ein neu und edler geformtes Gefäß schweißt.

Geheimnisvolle und erhabene Frucht der Schuld! Auch hier ward sie gezeitigt. Kleinliche Umstände hatten einen tugendhaften Menschen vorbereitet, daß er in einer Minute wahnsinniger Selbstvergessen= heit in Sünde und Tod geriet; die Liebe zu dem einen Nächsten war gekränkt worden, und die große herrliche Menschenliebe gewann aus dem Schiffbruch eine Priesterin, welcher göttliche Barmherzigkeit aus trauervollen Augen glühte.

Der Frühling zog ins Land, und mit seinem warmen Wehen kam auch der alte Randolph wieder so weit, daß er an seiner Tochter Arm hinausschreiten konnte an die Stätte, wo der ruhte, den der Greis, je länger er ihn verloren hatte, desto mehr zu lieben schien. Verschüchtert ging das kleine, einst so fröhliche Mädchen nebenher, dem das Lachen und Springen ganz vergangen war ob all dem Ernst im Hause. Ach, seit damals der Papa gestorben und zugleich der Gustav in die

Und Cornelie antwortete, mit leeren Fremde gegangen, seit damals schien das Blicken vor sich hinsehend:

Leben nur zum Weinen bestimmt!

Sorglich und schweigend leitete Frau Cornelie den Greis. Des Friedhofs stille Flur nahm sie auf, sie gingen langsam durch die Hügelstraßen, denen noch der

„Die Schuld war mein." Denn in schlummerlosen Nächten gedachte sie ihrer Klagen über des Greises Geschwäßigkeit, ihrer Beschwörungen, ihrer Furcht vor dem Ruchbarwerden von ihres Sohnes | Blumenschmuck fehlte. Laublose TrauerUnthat. Und sie war gewiß, daß ein Wort von unseren Lippen geht wie ein Samenkorn von eines Säemanns Hand auf guten Boden. Fürchterliche Saat war aufgegangen aus dem Wortsamen, den ihr Mund gejät. An Geduld und Liebe hatte es ihr gebrochen, und nun lag

weiden senkten ihre knospenden Zweige herab auf die kahlen oder epheuumrankten Gräber. Auch Frau Cornelie hatte für ihres Geliebten leßtes Ruhebett die immergrüne Epheudece statt des unbeständigen Blumenschmuckes gewählt, und so tauchte die tastende Hand des halbblinden Greises,

der die Stätte, die er nicht genau sehen fonnte, wenigstens genau fühlen wollte, in dichte, glatte, feuchte Blätterfülle.

,Sprich, meine Tochter."

„Sage mir, daß kein Gedanke des Zornes mehr in deinem Herzen wohnt

„Schon grünt es auf seinem Grabe,“ | gegen ihn, der hier schläft, gegen ihn, der flüsterte der Greis. „Mein Sohn in einer Minute seines ganzen Lebens Ehre und Tugend selbst zerschlug, gegen ihn deinen Sohn der die Hand erhob wider dich."

mein Sohn, läge ich statt deiner hier. Lange Jahre noch, mir ist es, als fühle ich es mit prophetischer Gewißheit, lange kann ich noch hierherwandern, ehe ich neben dir liegen darf."

Müde sezte er sich, wie ein Kind, auf seines Sohnes Hügel und sah empor zu der hohen schwarzen Frau, deren Gestalt für ihn nur wie ein Schattenriß vor hellem Himmel stand.

„Meine Tochter," sprach er, „laß mich dir hier an diesem teuren Grabe danken für die Engelsliebe, mit der du mich um- | giebst. Die ganze Stadt fängt an, deinen Namen als den einer gütigen Segenspenderin zu preisen ich aber vor allen genieße deine Wohlthaten.“

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Sie sank neben dem Greise nieder, und weinend an seinem Halse, flossen ihr die Thränen der Wehmut.

Er aber drückte ihr Haupt fest an sich; ein Schein von Milde und Hoheit ging von seinem verwitterten Angesicht aus, und er sprach:

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Meine Tochter Gott richte uns! Wir sind allzumal Sünder, und keines Menschen Herz ist so stark, daß es nicht einmal erschüttert werde von der finsteren Macht, die wir das Böse nennen. Ewig wacht die Schuld, daß sie sucht, ein Leben zu beflecken, aber auch ewig wacht die Cornelie neigte schwer das Haupt und Liebe, welche den Weg findet, alle Schuld faltete in Demut ihre Hände.

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„Meine Lebensjahre, seien sie noch so lang bemessen, sind zu kurz, um gut zu sein für ihn und mich! Nie genug kanu ich thun, nie genug."

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„Kind," sprach der Greis zu dem klei nen Mädchen, dessen lautes Schluchzen er vernahm, du weinst, ohne genau zu wis sen, warum. Sei wieder heiter, sei immer heiter, deine Mutter erlaubt es dir. Sie weiß, daß das Leben schwer werden kann wie eine Centnerlast, sie will, daß du lächelst, solange es dir leicht ist.“

Käthchen verstand nicht den Sinn von des Großvaters Worten, es verstand nur, daß es wieder heiter sein solle, und es weinte heftiger, als sollte mit stärke ren Thränenfluten schneller die unbegriffene Trauer hinweggeschwemmt werden.

Frau Cornelie legte ihre Hand auf des Greises Silberhaar. ,,Vater," begann sie mit zitternder Stimme, willst du mir ein Geschenk machen ein großes übermenschliches ?"

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zu fühnen. Mein Sohn war ein guter Mensch jener, der einmal seine Hand gegen mich aufhob, ist wie ein Schatten an mir vorübergegangen. Ich, ich allein bedarf der Verzeihung. Weine mit mir, Cornelie, um meinen guten Sohn."

Sie saßen auf dem Grabe und weinten, das bleiche Weib über sein und ihr und aller Los; des Greises Thränen versiegten bald, sein Geist entschwebte zur Grenze der Vergessenheit; halb schlummernd wie immer, wenn Cornelie ihn nicht wachrüttelte, daß seine Gedanken auf kurze Weile mit alter Kraft auflebten saß er friedlich im Ephen und genoß die Wärme des Apriltages, indes unfern das lächelnde Kind einen Schmetterling jagte, der in der Frühlingsluft gaukelte. Und die Sonne des Frühlings, welche die Sonne der Hoffnung und die Sonne der Liebe ist, schien strahlend auf den weißhaarigen Greis, auf das milde weinende Weib, das grüne Grab und das lachende Menschenkind.

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auf den Feldern Böhmens und Frankreichs seine großen Schlachten schlug, sich in dieser Dichtform poetisch ausgären und seine ideale Kraft gewissermaßen vorahnend manifestieren. Seitdem ist auf dem deutschen Parnaß der frische Quell epischen Dichtens nicht wieder versiegt. Das Zeitalter der Massenbewegung ver= leugnet sich nicht im Spiegelbilde der Dichtung von heute.

Aber nicht nur unsere im mehr äußerlichen Sinne nationalen Großthaten, die eigentlichen deutschen Waffenthaten, haben

as oft citierte Wort: das Schrifttum sei ein Spiegelbild der Zeit, hat sich wohl niemals augenfälliger bewahrheitet als in unseren Tagen. Das beweist ein auch nur flüchtiger Blick auf das geistige und sociale Leben der Gegenwart im allgemeinen und auf das Leben unserer Litteratur im besonderen. In der realen Welt der Völker und Staaten sind heute auf allen Gebieten die Massen in erhöhter Bewegung. Dem entsprechend tritt gegenwärtig in der imaginären Welt der Litteratur diejenige Dichtgattung am kräftig- | einen kräftigen Wiederhall im deutschen sten hervor, welche am meisten geeignet ist, ein Abbild solcher Massenbewegungen zu sein — das Prosa-Epos, das heißt der Roman. Neben ihm aber ringt um den Preis des Tages die sich in zweiter Linie für die Schilderung breiter Massenbe wegung qualifizierende Form poetischen Schaffens das Epos im engeren Sinn des Wortes. Wer der Entwickelung der deutschen Dichtung der lezten Decennien aufmerksam gefolgt ist, der wird sich der Erkenntnis nicht verschließen können, daß das heutige Epos im engsten Zusammenhange steht mit dem geistigen und nationalen Leben unserer Tage.

Bevor die großen kriegerischen Ereig nisse von 1866 und 1870 bis 1871 über uns hereinbrachen, nahm unsere Poesie eine energische Richtung auf das Epos hin, als wolle der nationale Geist, ehe er

Epos der Gegenwart gefunden — mehr noch gilt dies in betreff dessen, was die Nation im Inneren bewegt, in betreff unserer socialen, religiösen und sittlichen Fragen, die ja auch, und zwar im vollen Sinne des Wortes, die Massen in Bewegung setzen.

Als der epische Dolmetscher par excellence für die kämpfenden und ringenden Ideen der Gegenwart darf aber in Deutschland ohne Frage der Dichter betrachtet werden, dessen Name an der Spitze dieser Zeilen steht; denn muß Hermann Lingg, der Schöpfer der „Völkerwanderung“, als der genialste Repräsentant der historischen, muß Julius Wolff, der Dichter des Rattenfängers von Hameln", als der eigenartigste Träger der romantischen Epik gelten, so ist Robert Hamerling der berufenste Bertie

ter der heutigen psychologischen und social- | Schaffens bin ich bis heute nicht gelangt. politischen epischen Dichtung in Deutsch- Kränklichkeit und andere Umstände zwinland. Seine Epik läßt sich nicht genügen gen mich, zurückgezogen zu leben.“ Hameran der Entfaltung groß angelegter Zeit- ling wurde in Kirchberg am Walde bei und Völkergemälde; sie sucht hinter dem Zwettl in Niederösterreich am 24. März Schleier das Wesen, indem sie dem Dich 1830 geboren. In der romantischen ten das Denken gesellt; sie steigt hinab Waldeinsamkeit seines Heimatsortes traten in die Tiefen des Menschengeistes und schon früh von dem nahen Kirchberger der Geschichte, und vor ihrem Zauber Schlosse her, welches eine Zeit hindurch wort zerreißt der Vorhang zwischen dem von der Familie des vertriebenen franSonst und dem Heute: wir glauben mit zösischen Königs Karl X. bewohnt wurde, dem Dichter in dem Rom der augustei Einflüsse klassischer Bildung an den lebschen Kaiser, in dem Münster der Wieder haften Knaben heran, der bald ein Liebtäufer zu wandeln, und doch sind es die ling der Schloßherrschaften wurde. Mit Fragen und die Kämpfe unserer Tage, neun Jahren kam er in das Stift Zwettl, die religiösen, die socialen, die politischen, wo er seine Gymnasialstudien begann. welche uns hier im Spiegel einer gedan- Bei der Mittellosigkeit seiner Eltern sezte kenvollen Dichtung entgegentreten. Was er die Studien später unter Beihilfe beuns in der unmittelbaren Nähe der Gegen- güterter Gönner, namentlich der Prinzessin wart hart und abstoßend berühren würde, Luise von Frankreich, nachherigen Herhier erscheint es uns verklärt, aber darum zogin von Parma, zuerst an der Schule, nicht minder wahr in dem milderen Lichte dann an der Universität zu Wien mit des Geschichtsbildes; der Dichter hat es dem vollen Eifer seines jugendlichen Streuns menschlich näher gebracht, indem er bens fort. Hier trieb er besonders fleißig es in eine zeitliche Ferne rückte und es linguistische und naturwissenschaftliche Stumit seinen Gedanken tiefsinnig umspann. dien, ohne sich einer eigentlichen FachSo wird das Epos Hamerlings, gemäß wissenschaft zu widmen. Das Revolutionsder Richtung unseres Jahrhunderts auf jahr 1848 riß den schon damals poetisch. die Reflexion, zu einer den geistigen Inhalt schaffenden jungen Studenten in den Sturm des modernen Lebens widerspiegelnden, und Drang der allgemeinen Bewegung großartigen Gedankendichtung. Hamer- und machte ihn, der schnell entschlossen lings Muse hat einen düsteren, dämonischen die Feder mit dem Schwert vertauschte, Zug, aber es wohnt doch Hoheit, Größe und eine geheimnisvolle Schönheit auf ihrer Stirn; sie entrollt uns wolkenverhängte Nachtgemälde, aber an ihrem Himmel blizen durch die Wolken die ewi gen Sterne menschheitlicher Ideen auf.

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zu einem begeisterten Mitgliede der „Wiener akademischen Legion". Was indessen über seine Teilnahme an den Kämpfen während der Belagerung Wiens geschrieben worden, beruht auf Irrtum. „Im Oktober des Jahres 1848," schreibt Das äußere Leben unseres Dichters Hamerling an den Verfasser, während sei hier nur mit wenigen Zügen skizziert; der Belagerung der Stadt, befand ich es ist ein vielfach hart geprüftes Leben. mich nicht, wie fälschlich berichtet worden, Hamerling selbst schreibt an den Verfasser,mitten unter den Kämpfenden, sondern dieser Zeilen: „Meine Tage verflossen krank im Bette. Verborgen halten' mußte bisher äußerst einfach; zu sagen wäre ich mich aber nach der Besetzung Wiens nur, daß die beiden ersten Decennien durch die . f. Truppen allerdings, aber meines Lebens mir in bitterer Armut, nur, weil gewesene Mitglieder der,Akadas dritte in Krankheit und Vereinsamung demischen Legion' als solche vor den hingingen, und daß seither immer ein Kroaten ihres Lebens nicht sicher waren." Dämon den anderen ablöste. Zu einer Erst als die Feuer der Revolution erEpoche ruhig behaglichen Daseins und loschen, kehrte er zu den Studien und zu

lenden Wein bezeichnen in der dichterischen Entwickelung Hamerlings das kleine Epos „Venus im Exil“ (Prag, 1858) und die Sammlung von Jugendgedichten „Sinnen und Minnen" (Prag, 1860).

Die erstgenannte Dichtung, eine in schwungvollen Oktaven sich ergießende Apotheose der Sehnsucht, darf als präludierender Accord nahezu der ganzen nachfolgenden Poesie Hamerlings betrachtet werden, die fast durchgehends auf dem Kothurn der elegischen Ideendichtung einherschreitet. Der Dichter beabsichtigt, wie uns ein hinzugefügtes Nachwort ausdrücklich auseinanderseßt, in diesem Gedicht

seiner Muse zurück und gab sich beiden vollendeten Klärung, vom Most zum permit erneuertem Eifer hin, bis er, durch Rücksichten der Pietät gegen seine dürftigen Eltern bewogen, sich zur Annahme einer Lehrerstelle an einem Gymnasium zu Wien entschloß, von wo er später in gleicher Funktion nach Graz versezt wurde. Im Jahre 1855 folgte er von dort aus einem an ihn ergangenen Rufe als Professor an das Gymnasium zu Triest, wo ihn schon im nächsten Jahre ein sich schnell verschlimmerndes Unterleibsleiden, an welchem er noch heute leidet, zwang, um Enthebung aus seiner Stellung zu bitten, ein Gesuch, welches ihm in gerechter Würdigung seiner dichterischen Leistungen mit verdoppeltem Ruhegehalt gewährt die Versöhnung des Einzellebens mit wurde. Eine zu dem Gnadengehalt in zwischen hinzugetretene, nicht unbedeutende Schenkung seitens einer für Hamerlings Poesien begeisterten Dame in Wien sezte ihn in den Stand, ausschließlich seinen dichterischen Arbeiten zu leben. Er hat seitdem seinen Wohnsiz in Graz.

In Hamerlings Dichtungen gewinnt der philosophische Zug, der seit Lenaus unklarer Skepsis durch die gesamte öster reichische Lyrik geht, zuerst einen abgeklärten, nicht selten monumentalen Ausdruck. Das gilt freilich noch nicht von seinen frühesten Schöpfungen, die mehrfach eine gewisse verschwommene Sentimentalität atmen; in der äußeren poetischen Form und der inneren Gliederung weisen sie zwar oft wahrhaft vollendete Schönheitslinien auf, aber ihrem geistigen Gehalt, ihrer Empfindungsweise nach erinnern sie noch allzu stark an die Zwielichtpoesie Grüns und Lenaus.

dem Allleben poetisch zu verherrlichen; er will „das Bild menschlichen Strebens in seinem Verlaufe" darstellen; er will zeigen, wie der strebende Mensch, Schönheit und Liebe ersehnend, sich allmählich vom Banne „kreatürlicher Beschränktheit“ losreißt und im Tode endlich in die Harmonie des Allseins übergeht. Aber diese Idee liegt hinter einem Wust romantischen Beiwerkes leider so tief verborgen, daß die Dichtung es zu einer künstlerischen Wirkung nicht zu bringen vermag. Gedankenwolken in bengalischer Beleuchtung! Das Bild der Göttin tritt hinter diesen Wolken nicht prägnant genug hervor.

Jst Venus im Exil" allegorisch, so sind die in „Sinnen und Minnen“ zusammengefaßten lyrischen Gedichte vorwiegend symbolisch gehalten; sie variieren in immer neuen Liederblüten das Thema der „Venus im Exil“: die Sehnsucht nach einer versöhnenden Lösung der tausend großen Lebensrätsel; diese Sehnsucht tönt uns aus den Liedern, aus den Oden, den Sonetten und Elegien entgegen. Aber es ist, wie gesagt, nicht mehr die in den Irrgängen der Mystik tappende Allegorie der „Venus im Exil", es ist vielmehr eine schon wesentlich geklärte, echt symbolische Poesie, welche sich hier in den mannigfachsten lyrischen Metamorphosen offenbart. Diese Gedichte lehnen sich dem Den Übergang von der Gärung zur | Inhalt nach an die Schiller-Hölderlinsche

In diese Kategorie gehört vor allem Hamerlings Erstlingswerk „Ein Sangesgruß von der Adria“ (Triest, 1857), mit dem er, siebenundzwanzig Jahre alt, vor das Publikum trat. Nur in einigen der hier zusammengestellten Lieder ahnen wir die Bedeutung ihres Verfassers. Im ganzen betrachtet, gemahnen sie noch an den unausgegorenen Most einer leiden jchaftsvollen Lyrik.

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