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auf dem Terryschen Tricycle ganz an genehm fahren, tritt aber hoher Wellengang ein, so möchten wir nicht dafür ein stehen, daß es nicht kentert oder daß der Fahrer nicht über Bord gespült wird.

Von dem Velociped zur Lokomotive ist nur ein Schritt. Wir scheuen vor dem selben nicht zurück, um dem Leser eine absonderliche amerikanische Maschine im Bilde vorzuführen (S. 67), wie sie das Bedürfnis der leichten Feldbahnen gezei tigt hat. Es gilt hier besonders, geschlagene Holzstämme aus dem mehr oder weniger entfernten Walde nach der Säge mühle zu befördern, was bei uns noch immer meist unter Anwendung von Zugtieren auf ausgefahrenen Wegen geschieht. Die neue Holzbahn-Lokomotive erinnert insofern an unsere Gebirgslokomotiven, als auch hier das ganze Gewicht zur Erhöhung der Adhäsion der Räder auf den Schienen ausgenutzt wird. Dies wird jedoch in ganz anderer Weise erreicht. Die Einrichtung der Lokomotive erinnert an die der Maschine bei den Schraubendampfern. Die Kolben drehen nämlich, wie aus dem Bilde ersichtlich, eine lange Welle, welche den Lokomotivrädern gegenüber mit konischen Getrieben versehen ist. Die Verzahnungen der letteren greifen nun in entsprechende Verzahnungen der Laufräder der Maschine und bewirken deren Drehung und damit die Fortbewegung des Ganzen. Ein englischer Professor, Namens Fle ming Jenkins, ist übrigens vor kurzem mit einem neuen System für Feld- und Grubenbahnen hervorgetreten, welches in mancher Hinsicht vor den in Amerika und der alten Welt üblichen den Vorzug verdient. Bisher fahren die Wagen meist in altmodischer Weise auf Schienen, die auf der Erde ruhen und allen Unebenheiten derselben folgen müssen, es sei denn, man planiere den Boden vorher mit großen Kosten. Bei Jenkins werden die Wagen nur von einer Schiene oder gar einem bloßen Kabel unterstüßt, das an starken Pfosten hoch in der Luft befestigt ist. Man denke sich auf Telegraphendrähten dahinsausende Wägelchen, und man hat

einen ziemlich guten Begriff von der Sache. Welche Kraft treibt nun die mit Land- und Bergbauprodukten gefüllten Wagen? Selbstverständlich die nun einmal Mode gewordene Elektricität, welche wie bei den elektrischen Bahnen auf Stationen an dem Wege erzeugt und über die Schiene nach dem zu befördernden Zuge geleitet wird. Zu bedenken war aber hierbei, daß die Wagen nicht von Schaffnern und Bremsern begleitet werden und ihren Weg mit großer Geschwindigkeit allein verfolgen. Es war somit dafür zu sorgen, daß die Züge sich nicht etwa einholen, und das ist unter Anwendung des in unserem Aufsaß über elektrische Bahnen besprochenen Systems von Ayrton und Perry geschehen. Die Hängebahn" ist in Abschnitte geteilt, die abwechselnd Strom empfangen und für den Strom abgesperrt sind, so daß, da die Elektricität die alleinige Triebkraft bildet und die Wagen beim Betreten eines stromlosen Abschnittes sofort still stehen, zwischen den Zügen stets ein der Länge des Abschnittes gleicher Abstand vorhanden ist. Das Halten besorgt aber der Zug selbst, indem er am Endpunkte den Strom von dem Elektromotor absperrt und nach den Bremsen leitet. Höchst sinnreich, nicht wahr?

Professor Jenkins rühmt von seinen. „Hängebahnen“, die er „Telpherage“ (Telephorage) getauft hat, daß sie sehr billig sind, weil der Erwerb des Grund und Bodens wegfällt, daß sie allen Krümmungen des Weges, ohne jemals zu ents gleisen, zu folgen und die stärksten Steigungen zu überwinden vermögen, daß die größte Geschwindigkeit zulässig ist und endlich daß die vorgespannte elektrische Lokomotive im Verhältnis zu ihrem Gewicht eine viel größere Last schleppt als ihre ältere Schwester. Schade, daß Professor Jenkins nicht auch Passagiere befördert! Wir wären gern einmal zur Abwechslung „hängend" gefahren. Vielleicht kommt es später?

Ein anderer englischer Gelehrter, Professor Reynolds, hielt vor kurzem einen

Vortrag über die gerade jezt viel er aber dadurch so sehr verteuert, daß deren örterte Frage der Übertragung der Kraft, Verwendung nur noch in sehr wenigen in welchem er in origineller Weise die Fällen Plaz greifen kann. Kraft in GeKraft der Steinkohle mit anderen kaum stalt von Korn kommt dagegen täglich beachteten Naturkräften verglich. Wir aus gleicher Entfernung, nämlich aus dem haben, meinte der Genannte, uns all fernen Westen Amerikas, in ganzen Schiffsmählich daran gewöhnt, Steinkohle als ladungen nach Europa, und das Getreide die beinahe einzige Quelle der mechani- verträgt die Kosten dieses Transportes schen Kraft anzusehen, und beachten die sehr gut, eben weil verhältnismäßig viel übrigen Kraftquellen kaum noch. Und mehr Kraft in ihm steckt als in der Kohle. doch verschwindet die von den schwarzen Wir sind noch lange nicht so weit, daß Diamanten" erzeugte Energie geradezu der Niagarafall die Vereinigten Staaten gegen die Kraft, welche vom Getreide und mit Betriebskraft versorgt; das Korn anderen eßbaren Bodenerzeugnissen ent- dieses Landes hingegen treibt nicht bloß wickelt wird. Korn und Gras ernähren an Ort und Stelle, sondern weit über Menschen und Tier

unmittelbar oder

mittelbar, das heißt in Gestalt von Fleisch, und die Kraft, welche Menschen und Tier daraus ziehen, ist wahr. scheinlich zwanzigbis dreißigmal größer als die anderen Kräfte, einschließlich der Kraft der Steintohle. Gelänge es, die Bodenproduktion unserer Erde

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um nur zehn Prozent zu erhöhen, so würde sie die in Dampfkesseln verbrannte Kohle vollständig erseßen. Leider haben wir noch kein Mittel gefunden, die in dem Getreide steckende Kraft direkt zu erzeugen; wir bedürfen dazu immer der Vermittelung des Tieres, welches aber unglücklicherweise die Ausdauer der Maschine nicht besigt. Eine Lokomotive mit Tender ist im Verhältnis zu ihrer Kraft ein Fünftel schwerer als die entsprechende Anzahl Pferde, und sie würde demgemäß nie aufgekommen sein, wenn das Zugtier derselben in Bezug auf Schnelligkeit und Ausdauer gleich käme.

In einem ferneren Punkte steht die Steinkohle dem Getreide nach. Wir kön nen zwar eine Ladung Kohle zweitausend englische Meilen weit befördern, sie wird

den Ocean hinüber unzählige menschliche und tierische Maschinen, gegen deren Gesamtarbeit die der Dampfmaschine förmlich verschwindet.

Unseren Lesern sind die überraschenden Leistungen der Augenblicksphotographie sicherlich nicht unbekannt. Mit Hilfe der neuen verbesserten Apparate ist es gelungen, den Flug der raschesten Vögel, die Körperstellungen des galoppierenden Pferdes, mit voller Geschwindigkeit dahinfahrende Schnellzüge, ja den Flug gewisser Insekten zu fixieren, welche es troß ihrer Winzigkeit mit dem Dampfrosse aufnehmen. Neuerdings hat sich der französische Akademiker Marey besonders darauf verlegt, die Körperstellungen des Menschen beim Gehen, Laufen und Springen mittels photographischer Aufnahmen zu Nuz

und Frommen der Physiologen wie der Künstler darzustellen. Dies erreicht er dadurch, daß er einen ganz weiß geklei deten Menschen veranlaßt, die gewünschten Bewegungen vor einem schwarzen Schirm auszuführen. Nach diesem Verfahren brachte er es auf zehn Aufnahmen in der Sekunde. Die Zahl der Aufnahmen läßt sich aber gar verzehnfachen, wenn der be treffende Mensch schwarz gekleidet ist, seine Beine und Arme aber mit Schienen aus einem glänzenden Metall belegt werden. In den meisten Fällen genügen jedoch zehn Aufnahmen, und man erhält, wie unsere Abbildung Seite 69 zeigt, ausreichend deutliche Darstellungen der Körperlage eines Menschen in jedem Stadium eines Sprunges.

Praxis auf die Abschaffung der Panzerungetüme hinausliefe, da sie schwerlich das Gewicht einer vollen Bepanzerung von vierzig bis fünfzig Centimeter Dicke zu tragen vermöchten. Da aber die Flachköpfigkeit der Geschosse wiederum deren Geschwindigkeit beeinträchtigen würde, so versieht Krupp seine neuen Zerstörungswerkzeuge mit einer spißen Haube aus dünnem Blech oder dergleichen, die beim Aufschlag auf Platten oder Wasser abgeworfen oder zermalmt wird. Das Geschoß wirkt alsdann wie ein flachköpfiges.

Doch nicht bloß auf militärischem Gebiete feierte kürzlich die deutsche Industrie Triumphe. Noch bedeutsamer ist die neue Doppel-Rotationsmaschine der berühmten Firma König und Bauer in Oberzell bei Würzburg. Während die sogenannten Rotationsmaschinen, welche statt einzelne Bogen einen endlosen Papierstreifen bedrucken und zehn- bis zwanzigtausend Drucke in der Stunde liefern, bisher fast ausschließlich beim Zeitungsdruck Verwendung fanden, gelang es der Maschinenfabrik Augsburg zuerst, diese Pressen auch dem Illustrationsdruck dienstbar zu machen, was keine leichte Aufgabe war, weil nicht bloß die Stereotypplatten nach dem Schriftsat, sondern die galvanischen Abzüge nach den Bildern auf einem Cylinder befestigt und daher gekrümmt werden müssen, wodurch gewisse Teile der Zeichnung leicht verzerrt werden. König und Bauer sind aber noch einen Schritt weiter gegangen. Deren neue patentierte Presse ist nicht nur für den Jllustrationsdruck verwendbar, sondern sie bedruckt den Papierstreifen gleich mit zwei Farben, z. B. rot und schwarz. Dadurch erweitert sich der Wirkungskreis der Rotationsmaschine sehr bedeutend, und sie tritt immer mehr an die Stelle der sogenannten Schnellpresse, deren Erfindung der Firma König und Bauer die erste Stelle nach Gutenberg für immer gesichert hat.

Der berühmte „Kanonenkönig“ A. Krupp macht zwar den Patentämtern aller Länder nicht so viel zu schaffen wie der nicht minder berühmte Edison, er tritt aber auch häufig mit Erfindungen hervor, denen eine gewisse Zukunft nicht abzusprechen ist. So neuerdings mit seinen flachköpfigen Artilleriegeschossen. Bekanntlich hat seit etwa dreißig Jahren das Spizgeschoß die altehrwürdige Vollkugel ganz ver drängt. Spizgeschosse durchfliegen die Luft besser und besigen infolge ihrer Form wie der erhöhten Geschwindigkeit ihres Fluges mehr Durchschlagskraft. Dieser Saz gilt jedoch nicht für alle Fälle. Beim Aufschlag auf Panzerplatten unter starken Neigungswinkeln gleiten sie leicht ab oder zerbrechen gar, ebenso beim schrägen Aufschlag auf Wasser, weshalb es für unmöglich gilt, ein Panzerschiff unter der Wasserlinie zu treffen, und die untergetauchten Teile dieser Fahrzeuge daher nur den Angriffen der Torpedos ausgesezt sind, gegen die noch kein Kraut gewachsen ist. Dies soll nun anders wer den. Mit seinen flachköpfigen Geschossen hofft Krupp Kriegsschiffe auch unterhalb der Bepanzerung zu treffen, was in der

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In den alten Oceanus, den schaft, Schutz und Schirm anderer verVater der Sündflut, und an antwortungsvollerer Personagen zu stehen das heilige Töchtergeschlecht und im Notfall auch nach Hause geholt der dreitausend Oceaniden zu werden. würde vielleicht die hohe Julia durch die Güsse, welche stoßweise vom dunklen Abendhimmel herabkamen, erinnert worden sein, wenn sie jezt schon am Anfangs punkte dieser Geschichte anwesend gewesen wäre. Sie saß aber derweilen noch in Berlin, wo vielleicht andere Witterung war, strickte an einem schönen, langen, weißen, wollenen Strumpfe und sagte gar nichts; und das Töchtergeschlecht der Erde, was sich augenblicklich für uns, er fleckliche Meilen weit südwestwärts von der Weltstadt“, um einen runden Tisch reiht, drückte sich ganz und gar nicht gelehrt und mythologisch über das Wetter aus. Höchstens drängte es sich bei jedem neuen Wind- und Regenstoß am Fenster ein wenig mehr zusammen und rief: „O Himmel, wie sollen wir nach Hause kom men?" sämtliche junge Damen in dem behaglichen Gefühl, noch unter Vormund

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Es war ein netter Tisch voll Sechzehnjähriger (ein bißchen mehr oder weniger um das liebe Jahr herum verschlägt nichts), und sie wußten allesamt noch ihr Vergnügen bei jeder Witterung zu nehmen. und kicherten sich auch noch über mancherlei Elend, was nichts mit dem Wetter zu schaffen hatte, hinweg. Augenblicklich spielten sie das schöne Spiel Glocke und Hammer", nachdem sie zusammengekommen waren, um Torquato Tasso", ein Schauspiel von Goethe, mit verteilten Rollen" zu lesen. Um die beiden Leonoren war natürlich ein groß Reißen unter den kleinen Mädchen gewesen. Sie waren, „daß doch alle dran kamen", scenenweise an die jungen Idealistinnen um den runden Tisch verteilt worden, und ähnlich, doch nicht ganz so schlimm, war es Don Alphons II., Herzog von Ferrara, ergangen. Daß den lieben Antonio keine

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wollte, wußte ich schon im voraus; also nur her damit!" hatte Wittchen Hamelmann, die diesmalige Wirtin, gesagt, und also war es geschehen und das herzige Verbrechen an der deutschen dramatischen Muse von neuem begangen worden. Glücklicherweise nicht länger, als es die Kinder selber ausgehalten hatten.

Als im dritten Auftritt des dritten Aufzugs Leonore Sanvitale eben gesagt hatte:

So soll es sein! Hier kommt der rauhe Freund; Wir wollen sehn, ob wir ihn zähmen können hatte der ranhe Freund, statt sich auf die bekannte Kontroverse mit der schönen Dame einzulassen, gesagt: „Ich glaube, hier haben wir gerade die Hälfte. Ganz kommen wir doch nicht damit durch, und es ist immer hübsch, sich auch fürs nächste Mal noch was aufzuheben. Einem paar von den Prinzessinnen und Leonoren merkte man doch das veränderliche Wetter ein bißchen an meiner Rolle schadet es viel weniger, wenn ich auch mal hineinpruste oder sie mit dem Taschentuch an der Nase herlese; aber ich denke, wir geben fürs erste doch mal wieder den Apfeltorb herum. Es sind bald die letzten vom letzten Herbste."

Im Grunde schickte es sich für dies Alter (so ums sechzehnte herum) eigent lich gar nicht mehr recht, von der Höhe der deutschen Dichtung in das, wenn auch recht vergnügliche, kindliche Spiel „Glocke und Hammer" hinabzusinken aber die jungen Damen räumten mit einem Jubel und einer Eilfertigkeit den Klassiker vom Tisch, die sicherlich niemand besser behagt hätten als seiner Zeit dem Klassiker Wolfgang von Goethe selber.

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und den illustren übrigen geistlichen Damen. Und sie nannten es damals Campana e martello, und zu Anfang dieses Jahrhunderts hat es der damalige Abteirat, der berühmte Herr Geheimrat Friedrich Karl von Strombeck", unter dem Vorsitz der lezten Fürstin-Äbtissin Auguste Dorothea auch mitspielen müssen. Und wenn sie, die Frau Äbtissin, im Jahre 1801 den Schimmel gekauft hatte und damit hereingefallen und nicht auf ihre Kosten gekommen war wie Fräulein Wittchen Hamelmann heute abend, so war sie vielleicht um ein Erkleckliches bissiger und boshafter geworden als das gute Kind, die Witha.

Gnade Gott dem Herrn Geheimbderat, wenn er seiner Zeit allzuviel Glück hatte mit dem Wirtshaus, dem Hammer, der Glocke oder wohl gar mit der sonst ziemlich bedenklichen und nur selten profitabeln Karte Glocke und Hammer! Das „äußerst solide Backwerk“ und der Thee, die dazu herumgegeben wurden, mochten ihm dann wohl durch allerhand auf seine sonstige amtlich-diplomatische Stellung im Stifte bezügliche Spitfindigkeiten lieblicher gemacht werden; daß wir aber nicht bloß dieser einzigen kulturhistorisch interessanten Erinnerungen wegen, sondern auch noch einiger anderer halben eben gerade nach Gandersheim geraten sind, trauen uns hoffentlich wenigstens einige unserer Leser zu, ohne daß wir es ihnen zu sagen brauchen.

Es reichen noch zwei Namen aus den alten Pergamenten, Papieren und Überlieferungen des hochberühmten Frauenstiftes Gandersheim in diese ganz neue Geschichte hinein.

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Erstens der Vorname Wittchen, Witha
Hroswitha.

Zweitens der Familienname Hamelmann.

Es haben aber viele viel ältere, würdigere Damen das gute Spiel gern ge= spielt. Liegt ein Ding diesmal nicht gegenüber Frankfurt, sondern an der Bahn Wittchen Hamelmann verließ sich in von Kreiensen nach Börßum - heißt lezterer Hinsicht gänzlich auf ihren Vater. Gandersheim. Dorthin kam es in Nord- Für ihren in seinen Diminutiven so nieddeutschland zuerst, und zwar eingeführt | lichen und nur in seiner ursprünglichen durch eine „Gräfin vom Rheine" unter Form ihr etwas auf die Nerven fallenden durchlauchtigen Äbtissinnen und er den Taufnamen stand sie selber ein und lauchten Kanonissinnen mit sechzehn Ahnen sagte: hier!" auch wenn man sie wie

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