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lösen zu können glaubte, keineswegs gelöst geraten, wenn sich nunmehr nicht Gawaren, dürfte der hauptsächliche Grund gewesen sein, daß die Unterhandlungen, die er wegen Annahme desselben 1612 mit dem spanischen Hofe und fünf Jahre später mit den Generalstaaten anknüpfte, zu keinem Resultat führten. Die ersteren

lilei selbst, der, seitdem der Inquisition verfallen, durch Beziehungen zu einer protestantischen Macht dieselbe aufs neue zu reizen fürchten mußte, zurückgezogen hätte. So zerschlug sich auch diese Sache nicht lange darauf, ohne daß der Apparat

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Galileo Galilei die Methode angenommen, daß sie ein an einem dünnen Faden hängendes Gewicht mit der Hand anstoßen. und, indem sie die einzelnen Schwingungen desselben zählen, ebensoviel gleiche Zeitteile erhalten."

Die Idee dieser schönen Erfindung ist aus Fig. 3 ersichtlich. Wie bei der in Fig. 1 dargestellten Uhr sucht ein an a q hängendes schweres Gewicht die Seiltrommel und das Rad b, ferner die Räder f, r, s und endlich e zu drehen, welches lettere ebenfalls, wie bei jenen alten Uhren, nur fortrücken kann, solange es

Fig. 2.

genden Pendel war nämlich ein aus Pappe geschnittenes Rädchen so aufgestellt, daß sich dasselbe um eine horizontale Achse drehen fonnte. In seinen Rand waren dreieckige Zähne eingeschnitten, deren eine Seite steil, die andere allmählich gegen die Achse abfiel. Über diese Zähne wurde eine am einen Ende befestigte Borste gelegt, deren an deres Ende bei jedem Hingang von dem schwingenden Pendel über die allmählich ansteigende Seite des Zahnes geschoben und beim Hergang vom Pendel mit dem Rade zurückgeführt wurde und dadurch einen sich vor einer Teilung bewegenden Zeiger um ein entspre= chendes Stüc fortbewegte. Bei dem folgenden Hingang legte das Pen= del die Borste wieder vor den Zahn, und indem sich diese Vorgänge immer wiederholten, konnte man aus dem Fortrücken des Zei gers die Anzahl der vollführten Pendelschwingungen entnehmen. Die genaue Beschreibung seines Apparates hatte Galilei nur in Briefen, nicht in Publikationen auseinandergesezt. In die Öffentlichkeit und zu Huygens' Ohren gelangte lediglich die Nachricht, daß es Galilei gelungen sei, ohne weitere Hilfs mittel die Pendelschwingungen behufs genauer Zeitmessung zu zählen. Das geht mit aller Evidenz aus der Einleitung der Schrift hervor, in welcher Huygens im Jahre 1657 seine im vorhergehendeu Jahre gemachte Erfindung der Pendeluhr veröffentlichte: Unzweifelhaft," heißt es da, „wegen der Ungenauigkeit der Wasser und sonstigen anderen Uhren, welche die Astronomen bei ihren Beobachtungen anzuwenden gewohnt waren, haben sie nun nach dem Vorgange des scharfsinnigen

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Wirkung der Hemmung einer Pendeluhr.

gelassen wird. Um das ge= wöhnliche Pendel anbringen zu können, ist noch oberhalb des Rades c

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In dieses greifen die Zähne des kleinen auf der Achse d befestigten Zahnrades 1 ein, so daß die durch das Gewicht vermittels des Rades e in Bewegung gesetzte obengenannte Achse bei ihren Schwingungen das Rad m immer mitnimmt. Da nun aber diese Achse bei n umgebogen ist und bei o in eine Gabel endet, welche das bei u an einem Faden aufgehängte Pendel up umfaßt, so erhält dasselbe jedesmal, wenn es erlahmend seine Schwingung verkürzen will, einen kleinen Stoß und fährt also in seinen Schwingungen so lange fort, als das Gewicht die Umdrehung der Seilrolle q bewirkt. So wurde das so unsichere Horizontalpendel durch das isochron schwingende gewöhnliche Pendel ersetzt. Die Räder r und s, welche den Zug des Gewichtes auf die Achse von c

übertragen, haben nur den Zweck, die Be- und Ideen mit ausgezeichnetem Erfolg wegung weicher zu machen.

weiter zu bilden bestrebt war. Diese erhielt Kunde von Huygens' Erfindung durch die Beschreibung derselben, welche im Oktober 1658 sein Freund, der Mathematiker Boulliau, an ihren fürstlichen Protektor einsandte. Die Antwort darauf vom 9. Mai 1659 war sofort die Reklamation des neuen Zeitmessers für Galilei.

Fig. 3.

Der Leser möge die ermüdende Be schreibung der Apparate verzeihen, die selbe ist die notwendige Grundlage der folgenden Erörterungen; aber er wird auf die Beschreibung der weiteren schönen Verbesserungen, die Huygens an dieser Uhr bereits 1656 und namentlich auch 1673 vorschlug, um so lieber verzichten, als sie für den Prioritätsstreit zwischen diesem und Galilei bedeutungslos find. Im Vorübergehen wollen wir aber anzuführen doch nicht unterlassen, daß er die Seiltrommel durch einen Mechanismus erseßte, welcher erlaubte, das Gewicht in die Höhe zu winden, ohne daß die Uhr dadurch in ih rem Gange aufgehalten wurde, und daß es ihm ferner gelang, in der Unruhe der Taschenuhren ein Bendel herzustellen, das in allen Lagen isochron schwingen konnte und da= durch die Frage nach der Möglichkeit genauer Längen Bestimmungen auf der See endgültig löste.

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Von der Richtigkeit dieser Reklamation war Boulliau ohne weiteres überzeugt, wie aus dessen Schreiben vom 9. Mai 1659 hervorgeht, welches Huygens mit den Ansprüchen der Florentiner bekannt machte. „Ich habe Seiner Durchlaucht geantwortet," heißt es da, daß Ihnen wohl an Anerkennung liege und daß Sie der Ansicht sein würden, solche zu verdienen, weil Sie auf dieselben Gedanken gekommen wären wie Galilei, daß ich Sie aber zu sehr als Ehrenmann und als viel zu aufrichtig kenne, als daß Sie jemals einen anderen seines Ruhmes berauben würden, um sich denselben anzueignen. Sie besigen überdies außer gewöhnliches Genie, fruchtbar für die schönsten Erfindungen, und haben also zur eigenen Genugthuung oder zur Erlangung von Ruhm die Erfindungen an derer nicht nötig." Genau kann sich Boulliau freilich die Sache nicht an= gesehen haben, da sich der Prinz nur auf das oben beschriebene Zählwerk berief, an dem eine das Pendel in Bewegung haltende Kraft nicht angebracht war. Aber da Huygens jenes Zählwerk nicht kannte, so mußte ihm Boulliaus Ansicht zunächst als richtig erscheinen. Ganz ohne

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Huygens' Pendeluhr.

Der Prioritätsstreit um die Erfindung der Pendeluhr, zu dessen Betrachtung wir uns nunmehr wenden, wurde von Florenz aus angefacht. Dort hatte 1657 der Bruder des regierenden Großherzogs von Toscana Ferdinand II., Prinz Leopold von Medici, die Schüler des seit fünfzehn Jahren aus der Reihe der Lebenden geschiedenen Galilei zu einer Akademie für experimentelle Arbeiten, der berühmten Accademia del Cimento, vereinigt, welche während ihres zehnjährigen Bestehens die von Galilei hinterlassenen Arbeiten

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Zweifel war er freilich nicht. Das Wesen Bitte dem Schüler und Freunde Galileis, Viviani, der bis zu des Meisters Tode getreulich bei dem Erblindeten ausgeharrt hatte, auf, einen Bericht über den Galileischen Entwurf zu verfassen, und sandte den am 20. August 1659 voll= endeten unter Beifügung der Zeichnung zweier Uhrwerke an Boulliau. Dieser

Fig. 4.

seiner Erfindung beruhe darauf, bemerkt
er, daß die Bewegung des Pendels
durch die Kraft des Uhrwerks unterhalten
werde"; dann fährt er bescheiden fort:
„Man muß indessen auf die Versicherung
eines so großen Fürsten hin wohl glauben,
daß Galilei vor mir diesen Gedanken ge-
habt hat." Aber
er hält auch seine
Bedenken nicht zu=
rüd. „Wenn der
Apparat Gali-
leis," so äußert er
sich weiter, nicht
Unvollkommenhei
ten gehabt hätte,
so ist es doch durch-
aus unglaublich,
daß er nicht eine
in so vielen Din-
gen nüßliche Er-
findung ausge-
führt hätte, oder
nach ihm der durch-
lauchtigste Fürst
Leopold, als er
von diesem Gedan-
ken erfuhr. Wenn
ich die Ehre hätte,
mit Sr. Durch-
laucht näher be-
kannt zu sein, oder
mehr Kühnheit be-
säße, so würde ich
um Übersendung
einer Zeichnung
bitten, damit ich

Pendeluhr Galileis.

den Unterschied der Galileischen Erfindung von der meinigen ersehen könnte. Beruht derselbe nur in der Anordnung der Räder, so bedeutet er nichts. Aber wenn das Pendel anders angebracht ist als bei mir, wenn es sich vielleicht um einen Bolzen dreht, so würde der Effekt lange nicht so gut sein." Das maßvolle Auftreten Huygens' verfehlte seine Wirkung nicht. Leopold, dem es auch in erster Linie nur um Feststellung des wahren Sachverhaltes zu thun war, trug infolge der von Huygens geäußerten

meldete am 19. Dezember, daß er die Zeichnung an Huygens geschickt habe; er würde den Bericht Vivianis beigefügt haben, wenn es ihm erlaubt gewesen wäre. Warum ihm dies nicht erlaubt worden war, wissen

wir nicht. In der That schickte er die Zeichnung erst am

9. Januar 1660 ab, und es findet sich dieselbe noch in Huygens' Nachlaß, den die Universitätsbibliothek zu Leiden aufbe= wahrt.

Sie stellt nur den Entwurf Galileis dar, daneben aber ein zweites Uhrwerk älterer Konstruktion, bei welchem in ähn

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licher Weise, wie es Huygens vorgeschlagen hatte, ein gewöhnliches Pendel angebracht worden war. Das erstere, welches uns hier zumeist interessiert, zeigt Fig. 4, die nach jener Zeichnung entworfen ist. Wie bei den oben dargestellten Uhrwerken sucht ein (nicht gezeichnetes) Gewicht ein Räder= werk in Bewegung zu sehen und dadurch das Rad E, welches wie das Kartonrad des Galileischen Zählwerks dreieckige Zähne hat, zu drehen. Für gewöhnlich greift ein Haken, C, der drehbar am Gestell

befestigt ist, in die Zähne dieses Räd chens und verhindert, indem er dessen Bewegung hemmt, ein Herabsinken des Gewichtes. Die Achse des Pendels A A trägt außer diesem zwei lange Dornen, deren einer, B, wenn sich das Pendel gegen die Räder hinbewegf, den Haken emporhebt, so daß das nunmehr freigelassene Rad sich anschickt, dem Zuge des Gewichtes zu folgen. Davon wird es aber durch den zweiten Dorn D sogleich wieder ab gehalten, gegen den sich einer der auf E angebrachten Stifte legt, den er erst ganz furze Zeit vorher wieder frei läßt, ehe B den Haken C auflegt. Dabei rutscht aber der cylindrische Stift in heftiger Bewegung an dem abgerundeten Ende von B ab und erteilt so dem Pendel einen Stoß, der gerade groß genug ist, das, was es während einer Schwingung an Bewegung verloren hat, ihm wieder zu er sezen. Bei jeder Pendelschwingung rückt also das Rad E um einen Zahn weiter. Die Brauchbarkeit des Apparates hat man vor mehreren Jahren in Florenz dadurch bewiesen, daß man ihn genau nach der Zeichnung anfertigen ließ und in Gang sezte. Er blieb im Gange wie jede andere Uhr auch.

Das richtige Verständnis für diesen Apparat, welchen Huygens denselben als eine Pendeluhr erkennen ließ, überzeugte ihn, daß in der That Galilei die Priorität in deren Erfindung gebühre. Bei der Bereitwilligkeit aber, wie er dieselbe dem berühmten Italiener zugesteht, scheint es zunächst unbegreiflich, warum er sich fortwährend gegen den Vorwurf des Plagiats verteidigen zu müssen glaubt. „Wie aber," schreibt er an seinen Pariser Freund am 14. April 1660, „soll ich es machen, um jenem Fürsten die Meinung, welche er gefaßt zu haben scheint, daß ich mir fremdes Verdienst aneigne, zu nehmen. Wahrlich, ich würde mich in diesem Falle für unwürdig halten, zu leben. Aber da das Gegenteil schwierig zu beweisen ist, so sehe ich nicht ein, wie ich mich Sr. Durch laucht gegenüber auf andere Weise verteidigen soll, als indem ich mit aller Auf

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richtigkeit versichere, daß weder ich selbst noch irgend jemand anderes in diesem Lande, soweit ich weiß, früher von dieser Erfindung hat reden hören, ehe ich sie. veröffentlichte." Und noch im Jahre 1673 verwahrt er sich gegenüber dem Prinzen selbst gelegentlich der Übersendung seiner zweiten Schrift über die Pendeluhr gegen den häßlichen Vorwurf, den ihm die Accademia del Cimento mache, daß er sich das Werk Galileis und seines Sohnes habe aneignen wollen.

Es ist nun aber nicht schwer, die Gründe für diese Gereiztheit Huygens' aufzudecken. Der erste liegt darin, daß der Bericht Vivianis, welchen dieser jener Zeichnung beigegeben hatte, von Boulliau nicht an Huygens gesandt worden war. Wäre das geschehen, so hätte dieser sehen müssen, daß niemand ihm einen solchen Vorwurf gemacht hatte, daß auch die Florentiner Akademiker der Ansicht waren, die sich jedem aufdrängt, welcher die Galileische und Huygenssche Uhr nebeneinander sieht: daß die Erfindung des lezteren völlig originell ist. Diese Unterlassung ließ aber den anderen jener Gründe nur um só schwerer wiegen. Da ja die zweite Figur der Huygens übersandten Zeichnung ein Uhrwerk älterer Konstruktion vorstellte, an welches nach seinem Vorgange ein Pendel angebracht worden war, so mochte Huygens bei dem Mangel jeglicher Erflärung dies auch für ein Werk Galileis halten und also annehmen, daß derselbe in der That die Erfindung früher gemacht habe. Wir, denen jener Bericht Vivianis vorliegt, müssen ganz besonders bedauern, daß derselbe Huygens niemals zur Kenntnis gekommen ist, und doch ist es für uns eine Genugthuung, zu sehen, wie seine Verehrung für Galilei nicht im mindesten dadurch beeinflußt wurde. Noch im Jahre 1687 oder 1688 schrieb er die folgende nur zu eigenem Gebrauch bestimmte Notiz gelegentlich einer geistreichen und eleganten Erfindung, die er am Pendel angebracht hatte, nieder: „Wenn dies doch Galilei gesehen hätte!" eine Bemerkung, die anderen Äußerungen zufolge, welche er in

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