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erwerben kann. Sie wird in eine Fülle von Abenteuern, Intriguen, Gefahren und Attentaten verwickelt, aus denen sie siegreich hervorgeht, um einem edlen, schönen Manne, Dankmar von Gohr, die Hand zu reichen. Mit Recht bemerkt Gottschall, daß die leidenschaftlichen Thaten und Attentate des Romans rasch hintereinander erzählt. werden und der Handlung einen Anflug von Schauerromantik geben, so daß ein derb stoffliches Interesse in den Vordergrund zu treten scheint. Das sei aber in dem

dankbar, indem er seinen schriftstellerischen | tieferer Lebenserfahrung zu geben, als sie Einfluß dem immer reicher erblühenden dieselbe in ihren vornehmen Verhältnissen Talente Schückings zu gute kommen ließ. Eine Rheinfahrt mit letterem, dessen Frau, Luise v. Gall, und Roderich Benedix hat Guzkow in seinen Erinnerungen „Am Lethestrom" geschildert, die sich in der Sammlung In bunter Reihe" (Breslau, 1878). finden. Hier ist auch jener für die „Gartenlaube" geschriebene Litteraturbrief wieder abgedruckt, der sich mit einem der besten Romane Schückings Schloß Dorn egge oder Der Weg zum Glück" (1868) beschäftigt und troß vielfacher und warmer Anerkennung dem romantischen Grundton | Roman selbst nicht der Fall, wo diese desselben mit heiterer Ironie begegnet. Ereignisse nur die Knotenpunkte einer graGuzkow macht sich nämlich den Scherz, den Inhalt dieses Romans in der Sprache des Märchens wiederzugeben und damit auf die vielfachen Unwahrscheinlichkeiten hinzuweisen, die der Muse des Dichters eigentümlich sind und im innigsten Zusammenhang mit seiner Natur stehen. Wenn der allzu strenge Kritiker von dem ihm befreundeten Autor sagt, daß er seine Leser gleichsam in eine dunkle Kammer einlade, dort einen zinnernen Teller voll Spiritus anzünde und uns in seinen Romanen und Novellen blaue Wunder vorführe, so ist die auch von uns betonte Schwäche Schückings doch arg übertrieben. Wenn auch die innere Motivierung in seinen Dichtungen nicht immer die überzeugendste ist, so bilden doch allein seine historischen und landschaftlichen Kenntnisse einen festen Boden, der die völlige Auflösung der Dinge zur bloßen Phantastik von vornherein unmöglich macht. Gerade in Schloß Dornegge" hat der Autor nicht nur ein fesselndes Seelenproblem künstlerisch gelöst, sondern auch mehr Respekt vor der Wirklichkeit bewiesen, als es sich von manchen anderen seiner Bücher sagen läßt. Die Heldin desselben, Eugenie von Chevaudin, ist die Tochter eines Millionärs, die trot ihres Geldes, ihres Geistes, ihrer Schönheit, mit einem Worte troß aller auf die Welt und die Männer wirkenden Eigen schaften sich in bescheidene Verhältnisse begiebt, um ihrem Charakter die Weihe

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ziösen psychologischen Entwickelung und zwar geistig bedeutsamer Charaktere bildeten. Die frische Lebendigkeit der Darstellung schließe die innere Vertiefung nicht aus. Dieses Lob ist durchaus wohlverdient, denn der Roman enthält ein umfassendes Zeitbild, dem man ebensowenig geistige Perspektive wie treffende Detailmalerei abstreiten kann. Weniger erfreulich will uns das Talent des Dichters den kirchlichen Fragen gegenüber erscheinen, die er in seinen Romanen „Luther in Rom“ (1870) und „Die Heiligen und die Ritter“ (1873) zu beantworten versuchte. Wir vermissen darin die Unmittelbarkeit des Wurfes und die Frische der Darstellung, an die uns der Dichter sonst gewöhnt hat. Auf der langen Reise von Westfalen nach Rom ist das Talent Schückings etwas müde geworden, und die Kardinäle und Bettelmönche stehen seinem Herzen bei weitem nicht so nahe wie die Grafen und Bauern seines Heimatlandes. Das darf uns jedoch nicht hindern, die Fülle interessanter Situationen anzuerkennen, in welche der Dichter den deutschen Reformator bringt, indem er ihn in der ewigen Stadt dem Papst, Raphael und dem bunten, auf die Erregung der Phantasie berechneten Sinnenzauber gegenübertreten und gerade von ihm eine Abneigung gegen diese Äußerlichkeiten und eine Vertiefung seiner inneren Natur empfangen läßt. Nur will uns der Zug zum Abenteuerlichen,

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die Vorliebe für Sensationsmotive zu weder als Abfall eines unermüdlichen stark ausgebildet erscheinen. In dem Talentes oder als direkt mißlungene Roman Die Heiligen und die Ritter" Schöpfungen anzusehen sind, der Biblioerhalten Menschen und Dinge in einem graphie. Man darf keinen Augenblick etwas wirren Durcheinander und auf dem daran zweifeln, daß bei diesem Dichter Boden von Schückings Heimatlande durch die Zahl der vergänglichen Erzeugnisse die Stellung zur neukatholischen Kirche viel größer ist als die der bleibenden, ihrer ihre eigentümliche geistige Beleuchtung. Nachwirkung sicheren Arbeiten. Wenn es Nach Rom hatte der Dichter auch in sei selbst einem Voltaire unmöglich erschien, nem legten, erst nach seinem Tode heraus mit dem Gepäck seiner sämtlichen Schrifgegebenen Roman Große Menschen" die ten den anstrengenden Weg in die UnAugen gerichtet. Es ist Papst Leo X., sterblichkeit zurückzulegen, darf ein moderder uns inmitten der Pracht der Re- nes Talent, dessen Lorbeer durch keine naissance und der überhand nehmenden litteraturgeschichtlichen oder biographischen Sittenlosigkeit, von den vornehmsten Ver- Forschungen vor dem Verwelken geschüßt tretern der Kunst und Wissenschaft jener ist, auf ein besseres Los gewiß nicht AnZeit umgeben, im Kampf gegen die In- spruch machen. Aber Schückings Vorzüge triguen eines Kardinals vorgeführt wird. sind so echte, daß wir für das Schicksal Zwischen den feindlichen Parteien spielt seiner besseren Romane keinen Augenblick eine Gräfin Ortenburg, der letzte Sproß etwas zu fürchten brauchen. Er ist phanaus hohenstaufischem Geschlecht, eine aben- tasievoll, geistreich und beweglich, er beteuerliche Rolle. sigt einen natürlichen Sinn für das Geschmackvolle und hat durch Studien, vielseitige auf Reisen gewonnene Erfahrung und einen ruhelosen Fleiß sein Ta= lent zu achtunggebietender Höhe zu steigern gewußt. Wenn seine Romane auch keinen Markstein in unserer Litteratur bedeuten, so sprechen sie doch für deren gesundes Leben und halten die Phantasie und den Geist des Lesers mit Umgehung alles Zweifelhaften und Rohen in wohlthuender Anregung.

Wir haben von den Romanen des interessanten Schriftstellers nur den Teil in unsere Betrachtung mit hineingezogen, in welchem sich nach unserem Gefühl das Besondere seines Talentes am schärfsten ausdrückt. Das litterarische Porträt macht, namentlich bei einem so produktiven Dichter wie Schücking, auf keine vollständige Aufzählung der Titel Anspruch, sondern überläßt alle jene Bücher, die ent

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Die Erfindung der Pendeluhr.

Eine Episode aus der Zeit der Erfindungen im siebzehnten Jahrhundert

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enn es ein tiefgehendes Be- | würdiger Zeugen hin. So aber sehen wir dürfnis der modernen Mensch einen der größten Mathematiker und heit ist, den Genien, deren Physiker, den Niederländer Christian Huyschaffende Kraft ihr neue gens (sprich Heughens), handeln, obwohl Bahnen gewiesen hat, die herzlichste Ver- der Preis nichts Geringeres als eine seiner ehrung entgegenzubringen, ein Bedürfnis, schönsten Erfindungen, die der Pendeluhr, welches heutzutage ja vielfach die wunder war. Durch Briefe und Tagebuchnotizen, lichsten Blüten getrieben hat, so ist es die von ihm herrühren, sind wir genau über unserer ebenso unablässig wie objektiv die Widerwärtigkeiten unterrichtet, welche forschenden Zeit auch nicht vorenthalten ihm infolge der Ansprüche, die man zu geblieben, manche Schattenseiten im Cha- gunsten Galileis auf jene eminent wichtige rakter und Leben jener großen Männer Erfindung machte, verursacht wurden. ans Licht zu ziehen. Wir wollen mit nie- Aber da ist keine unlautere Regung in mandem rechten, dem diese Menschlichkeiten Huygens' Denken und Thun zu bemerken, zur besonderen Freude gereichen, wollen und dadurch ist die Geschichte der Pendelaber unsererseits denselben nicht mehr Be- uhr, die um des wichtigen Gegenstandes deutung einräumen als die, jene Geistes willen allein schon erzählenswert sein heroen uns menschlich näher zu bringen. würde, zu einer der erhebendsten Episoden Und namentlich wollen wir uns an denen aus der Geschichte der Naturwissenschaften unter ihnen erheben, denen kein Makel geworden. anhaftet, deren große Verstandeskräfte mit ebenso großer Gesinnung gepaart

waren.

Dazu müssen wir sie denn freilich in Verhältnissen betrachten, aus denen niedriger denkende Menschen so leicht nicht unversehrten Geistes hervorgehen, und das sind wohl in erster Linie solche, welche die Eigenliebe auf eine harte Probe stellen. Nicht leicht wird der Mann zu finden sein, der ruhigen Geistes den Ruhm, auf den er unzweifelhafte Ansprüche hat, zu gunsten eines Nebenbuhlers aufgiebt, nur auf die Versicherung allerdings glaub

Sehen wir uns zunächst die Person des Mannes an, der dabei die Hauptrolle zu spielen hatte! Entsprossen aus einem edeln wohlbegüterten Geschlecht der jungen niederländischen Republik, ist Christian Huygens, Herr von Zuhlichem niemals durch Sorgen um seine Existenz gehemmt gewesen. Er war in der Lage, durch mannigfache Reisen nach Frankreich, Deutschland und England seinen Geist früh nach allen Seiten hin auszubilden, und als er 1666 vom König von Frankreich als eines der ersten Mitglieder der neugebildeten Akademie der Wissen

schaften in Paris dorthin berufen wurde, nahm der Siebenunddreißigjährige diese Stelle im Interesse seiner wissenschaftlichen Arbeiten an, legte sie aber sofort nieder, als die Aufhebung des Ediktes von Nantes ihm, dem Protestanten, den Aufenthalt in Frankreich verleidete. Er zog sich in seine Vaterstadt Haag zurück, wo er bis zu seinem Tode, durch kein Amt abge zogen, nur seinen wissenschaftlichen Arbeiten lebte, denen es auch zu gute kam, daß er unverheiratet blieb. Auch jezt noch wissenschaftlich von der größten Bedeu tung, erstrecken sie sich hauptsächlich auf Optik, Mechanik und Astronomie und zeigen eine harmonische Abrundung, die wir für gewöhnlich nur bei Kunstwerken zu bewundern gewohnt sind. Die Herausgabe gerade der wichtigsten hat er nicht mehr erlebt; diejenigen aber, welche er selbst zum Druck brachte, waren schon geeignet, ihm die allgemeinste Anerkennung zu sichern und ihn mit den größten Forschern seiner Zeit, so namentlich mit Leibniz, in enge Verbindung zu bringen. Nie auf seinen Vorteil bedacht, bewahrte er sich den freien Blick, und er war stets bereit, das Verdienst anderer voll anzuerkennen. So konnte ihn nichts ärger treffen als die Insinua tion, ein Plagiat an dem hochverehrten Galilei begangen zu haben, als er 1658 eine Arbeit herausgab, die zum Gegenstand die Verwendung des durch die Wir fung der Schwere schwingenden Pendels als Zeitmesser hatte.

gen zu benutzen. Diese Uhren waren mit einem Schlagwerk versehen, welches vom Uhrwerk aus getrieben wurde. Eine solche Uhr stellt Fig. 1 vor; sie wurde nach einer noch vorhandenen alten Turmuhr, welche, in der Schweiz hergestellt, fünf Jahrhunderte lang (von 1348 bis 1872) in Dover Castle die Stunden zählte, ge= zeichnet. In einem schmiedeeisernen Gestell sind zwei eiserne Achsen gelagert; die untere trägt ein großes Zahnrad b von gewöhnlicher Form und damit fest verbunden eine Seiltrommel, welche beide ein an a hängendes schweres Gewicht fortwährend zu drehen sucht. Würden Rad und Trommel diesem Antrieb folgen, so müßten sie das auf der oberen Achse befestigte Getriebe f, in welches das Zahnrad b eingreift, und das mit ihm auf der nämlichen Achse sißende Rad e in entgegengeseztem Sinne drehen. Das kann aber nur geschehen, wenn das Rad e das Hindernis aus dem Wege räumt, welches ihm zwei an der senkrechten Achse d befestigte eiserne Plättchen abwechselnd entgegenstellen. Die Bewältigung dieses Hindernisses fordert aber nicht unbedeutende Kraft, weil die Achse d einen horizontalen Querstab e e trägt, der mit zwei an seinen Enden hängenden, etwas verstellbaren Gewichten. gg in Bewegung gesezt werden muß. Die Art, wie dieses geschieht, ergiebt sich aus Fig. 2. Diese stellt in vergrößertem Maßstabe (in drei verschiedenen Stellungen), von oben gesehen, die Achse d mit dem oberen und unteren Plättchen h und k dar, welche mit dem Arme e e und seinen Gewichten die sogenannte Hemmung bilden. In der Stellung 1 werden die Plättchen durch den am unteren Teil des Rades befindlichen Zahn 1 in der Richtung des Pfeiles fortgedrängt. Hat der= selbe die Stellung 2 erreicht, so kommt 1 an die abgerundete Endfläche von k und

Wichtig genug war der neue Apparat. Außer den Sonnenuhren hatte man im Altertum und Mittelalter für die Zeit messung Sand- und Wasseruhren zur Verfügung gehabt, und diese waren auch in den Tagen Galileis noch vielfach im Gebrauch, trogdem daß ihre Genauigkeit sehr gering war. Daneben benußte man namentlich, um sie auf Türmen anbringen zu können, Gewichtsuhren mit horizon- | rutscht daran, die Hemmung zum Weitertalem Pendel, deren Erfindung dem Deutschen Heinrich von Wyck (de Vico) zu geschrieben wird, obwohl derselbe höchst wahrscheinlich in der Lage war, eine Reihe anderer, namentlich italienischer Erfindun

schwingen antreibend, ab, während gleichzeitig der Zahn m in entgegengesezter Richtung sich bewegt. Indem dieser aber nunmehr gegen h stößt, wird er in seiner Bewegung gehemmt, ja, wie die

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brennendes, weil dem Seefahrer kein anderes Mittel zu Gebote stand, die so notwendigen Längenbestimmungen auf hoher See vorzunehmen, als Zeitmessungen. Das hatte schon Kolumbus erkannt, als er den Kompaß und die Kunst des Astronomen für die notwendigsten Hilfsmittel des Seefahrers erklärte. Noch präciser hatten die Konquistadoren das Problem der Längenbestimmung als das wichtigste der Seefahrtskunde bezeichnet; aber da seine Lö

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sung ohne genaue Beitmesser nicht

möglich war, so war mit ihm das Problem einer genauen Uhr nicht wieder.

von der Tages-Ordnung verschwun den, namentlich nachdem Galileis Entdeckung, daß ein an einem langen Faden aufgehängtes schwingendes Gewicht zu jeder seiner Schwingungen genau die nämliche Zeit

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braucht wie zu jeder anderen, das heißt isochron schwingt, die Lösung der Frage zu ermöglichen schien. Der große Entdecker gab sich denn auch alle Mühe, dieses Ziel zu erreichen. Die Hauptschwierigkeiten aber, welche entgegenstanden, waren einmal der Umstand, daß das Pendel, wenn es nicht fortwährend wieder angestoßen wurde, zur Ruhe kam, und sodann die Unmöglichkeit, auf dem schwanfenden Schiffe es dauernd schwingen zu lassen.

Daß diese Schwierigkeiten in dem Entwurse, mit dem der große Entdecker sie

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