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bwohl der großartige Auf schwung der Elektrotechnik der jüngsten Vergangenheit angehört, hat sich bereits in verjchiedenen Ländern das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung der Materie und namentlich nach Sicherung des Publifums vor den übrigens stark übertriebenen Gefahren aus leichtsinnig ausgeführten elektrischen Anlagen herausgestellt. England ging auf dem ganz neuen Gebiete zuerst vor, und das Parlament erteilte einem Geseze seine Zustimmung, welches einerseits das Konzessionsverfahren bei elektrischen Beleuchtungsanlagen regelt, andererseits aber ziemlich strenge Bestimmungen über die bei Zuleitung von Elektricität in größeren Mengen erfor derlichen Sicherungsmaßregeln enthält. Österreich folgte diesem Beispiele, ebenso einige Staaten der nordamerikanischen Union, während die FeuerversicherungsAnstalten der meisten Länder die Bedingungen bekannt machten, unter denen sie bereit seien, elektrisch beleuchtete Gebäude zu versichern.

Die bisher erlassenen gesetzlichen Bestimmungen bieten indessen, wie zu erwarten stand, viele Lücken; sie sind nicht um fassend genug und berühren gerade die wichtigste Frage: die der elektrischen Kraftübertragung im eigentlichen Sinne des Wortes, mit keiner Silbe. Gerechtfertigt ist somit das Vorgehen der wissenschaftlichen Kommission der Wiener Ausstellung,

welche gleich nach ihrer Konstituierung bei dem österreichisch- ungarischen Handelsministerium die Einberufung einer internationalen Konferenz zur Aufstellung gemeinsamer Grundsäße für die Behandlung der jüngsten Großmacht, der Elektricität, in Vorschlag brachte.

Die erste Frage, welche die Konferenz zu erörtern hätte, wäre die der staatlichen Konzession für elektrische Anlagen. Neuerdings hat Arthur Wilke in Berlin, seiner Zeit etwas vorauseilend, in einer besonderen Schrift die Frage des Elektromonopols angeregt. Er verlangt, daß der Staat, welcher bekanntlich Geld stets gut brauchen kann, das gesamte Flußnez des Landes, soweit die Wasserkraft zur Erzeugung von elektrischem Strom ausgenutzt werden soll, mit Beschlag belege und entweder den Engrosverkauf der Elektricität selbst übernehme oder gegen eine entsprechende Abgabe an Private überlasse. So weit geht allerdings die Wiener Kommission nicht. Aus dem von ihr ausgearbeiteten Fragebogen geht aber hervor, daß sie der staatlichen Konzessionierung von elektrischen Anlagen zuneigt und dem Gedanken der Überlassung der Sache an die Gemeinden widerstrebt. Zum wenigsten verlangt sie, daß der Staat die Gemeinden zwingen. könne, elektrische Beleuchtungs- und Kraftübertragungsanlagen auf ihrem Gebiete ausführen zu lassen, wenn die ehrsamen Stadtväter aus Unkenntnis oder aus Sonderinteressen, z. B. wenn die be

treffende Stadt Gasanstalten besißt, der Unternehmern binden. Sie sollen sich Elektricität den Eintritt verwehren wollen. stets das Recht vorbehalten, die EinDas Konzessionsrecht des Staates besteht führung von Verbesserungen beanspruchen übrigens, soweit Wasseroder Dampfkraft zur Fabrikation von Elek tricität zur Verwendung gelangt, bereits im Princip, und es handelt sich eigentlich nur noch um die Zulassung von Ka= nalisationsarbeiten und Drahtleitungen innerhalb der Ortschaften und auf dem platten Lande.

Die weiteren von der Kommission angeregten Fragen betreffen das Expropriationsrecht zu gunsten von elektrischen Unternehmungen, die Sicherung des Publifums vor schlechten Anlagen und die nicht min

der wichtige Sicherung

Elektrische Hochbahn für Wien.
Durchschnitt.

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zu können. Bei den Riesenfortschritten der Elektrotechnik und den täglich auftauchenden neuen Systemen ist allerdings eine solche Vorsicht dringend geboten. Nicht minder geboten erscheint der Schuß des Publikums vor Behörden und selbst „Fachleuten" von allzu beschränktem Verstande. Davon gab kürzlich ein elektrisches Fachblatt ein ergögliches Beispiel zum besten. Im Jahre 1848 schreibt ein gewisser Schmidt, Inspektor der Gesellschaft der optischen Telegraphen, an den Hamburgischen Korrespondenten":

Die Bewohner vieler Ortschaften im

der durch die Nähe elektrischer Lichtleitun- Hannoverschen beklagen sich, daß Personen

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Endlich hat die Kommission sich sehr treten, auf hohen Stangen durch ihre Gerichtig dahin ausgesprochen, daß es nicht filde Drähte zu ziehen, um solche als ratsam sei, wenn sich Gemeinde oder Private durch längere, auf ein bestimmtes System lautende Verträge mit elektrischen

Leiter elektromagnetischer Strömungen zu telegraphischen Zwecken zu verwenden. Da jene Drähte den Bliz plötzlich an

zögen und nicht starf genug wären, selbigen
fortzuführen, so würde dadurch ihr Leben
und Eigentum gefährdet. Viele Fälle, wo
durch solche Drähte Unglück angerichtet,
wären allgemein bekannt; zögen sie doch
bei aufkommenden
Gewittern die Elek-
tricität in solchem
Grade ab, daß die
Gewitterwolfen sich
des fruchtbringen-
den Regens nicht
entladen könnten,
Schaden

welcher

nicht zu ersehen sei.

kurrenz. Vor zwei Jahren erklärte der Direktor einer Londoner Gasgesellschaft feierlichst:

„Der große Fehler der Elektricität ist, daß eine dauernde Beleuchtung unmög

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Ich behalte es mir vor, darzuthun, daß die leichtsinnigen Wege, die man zur Errichtung des projektierten Telegra= phen einschlägt, nicht auf Vernunft und Billigkeit begründet sind und die triftigen Gründe, warum man an anderen Orten elektrische Telegraphen wieder eingehen ließ, durchaus nicht berücksichtigt." Folgen Protesterklärungen seitens einer Reihe von hannoverschen Gemeindevorständen. Hoffentlich werden unjere unmittelbaren Nachkommen diejenigen in ebenso gerechtfertigter

Gondel von Tissandiers elektrischem Luftschiff.

Weise an den Pranger stellen dürfen,
welche 1884 noch von den ungeheuren
Gefahren der elektrischen Beleuchtung und
Kraftübertragung fabeln.

lich... Was aber die Einführung des elektrischen Lichtes in die Häuser betrifft, so steht nichts zu befürchten; ich meine, den zu überwindenden Schwierigkeiten sei das menschliche Wissen nicht gewachsen."

Selbst Direktoren von Gasanstalten verschließen sich ja der Ansicht nicht mehr, es erwachse dem Gaslicht mit der elektrischen Beleuchtung eine gefährliche KonRonatshefte, LVI. 331. April 1884. Fünfte Folge, Bd. VI. 31.

Im Jahre 1883 hat derselbe Direktor den Ton bereits erheblich herabgestimmt: „Was die Lage der Gesellschaft betrifft,"

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Projektiert sind leichte zweigeleisige Viadukte (deren Bau aus den Abbildungen S. 64 ersichtlich ist), welche die darunter liegende Straße nur wenig beengen und die Perspektive kaum beeinträchtigen

heißt es in seinem Bericht, so glaube ich,
daß die Hauptgefahren in der Konkurrenz
des elektrischen Lichtes und in dem Preise
des Rohstoffes liegen. Wir müssen durch
Ermäßigung der Gaspreise und Verbesse-
rung der Fabrikation dieser Konkurrenz dürften.
mit allen Mitteln entgegentreten."

Nicht so gewaltig wie die Fortschritte der elektrischen Beleuchtung sind die der womöglich noch wichtigeren elektrischen Kraftübertragung; immerhin sind doch einige Errungenschaften von Belang zu verzeichnen. Dr. Werner Siemens gedenkt die Kaiserstadt Wien mit einem vollständigen Netz von elektrischen Bahnen auszustatten, wie er sie ursprünglich für Berlin und dann für Paris projektiert hatte. Daß solche auf leichten Pfeilern ruhende Bahnen die beste Lösung der Verkehrsfrage in großen Bevölkerungscentren bilden, darüber herrscht unter den Elektrikern nur eine Stimme, und es haben sich auch viele andere Leute zu der Ansicht bekehrt. So schrieb kürzlich die „Deutsche Bauzeitung" bei Besprechung des Wiener Projektes:

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Die Pferdebahnen sind als einziges Beförderungsmittel für große Städte ein so großer Notbehelf, daß es wirklich wunder nimmt, wie man im Zeitalter der rationellen Ausnutzung der Naturkräfte mit solcher Zähigkeit an dieser ziemlich primitiven Einrichtung festhalten kann, welche gegenüber den gerechten Anforderungen des Verkehres auf allen frequenteren Routen sich in mehr als einer Beziehung längst als ungenügend erwiesen hat."

Die elektrische Hochbahn macht den Verkehr in der That von allen Straßensperrungen und Witterungseinflüssen unabhängig und verdreifacht die Geschwindig keit der jeßigen Verkehrsmittel, während sie andererseits durch die sehr rasche Aufeinanderfolge sehr kurzer Züge das zeit raubende Warten in Wegfall bringt.

Die Wiener Bahnen werden in den hochliegenden Stadtteilen unterirdisch, je doch nur im Zuge der Straßen, in den niedriggelegenen aber oberirdisch angelegt.

In der Nähe von Wien wurde übrigens noch während der Ausstellung eine kleine elektrische Bahn eröffnet, welche sehr starke Steigungen aufzuweisen hat und den Beweis erbringen soll, daß dies neue Transportmittel sich auch für Gebirgsgegenden eignet.

Die Elektriker haben übrigens auch den Fall der Ersetzung der tierischen durch die elektrische Kraft bei gewöhnlichen. Straßenbahnen ins Auge gefaßt. Hier sollen Accumulatoren, das heißt Apparate, in denen elektromotorische Kraft zu beliebiger späterer Verwendung aufgestapelt wird, in Anwendung kommen. Die Accumulatoren werden wie bei den elektrischen Booten unter den Sißen angeordnet und geben ihre Kraft an eine zwischen den Radachsen angebrachte Dynamomaschine ab. In London und Paris vorgenommene Versuche mit Accumula= toren haben ein technisch wie ökonomisch im ganzen befriedigendes Resultat ergeben.

Zur Fortbewegung von Luftschiffen sollen hingegen nach den Vorschlägen der Gebrüder Tissandier in Paris, weil Accumulatoren zu schwer sind, gewöhnliche elektrische Batterien zur Anwendung gelangen. Diese Luftschiffer haben lezten Sommer einen spindelförmigen Ballon gebaut, mit welchem sie im Oktober die erste Auffahrt unternahmen. Der neue Ballon trägt eine Gondel (siehe Abbild. Seite 65), auf deren Boden zunächst mit doppeltchromsaurem Kali gefüllte, tonnenartige Gefäße angeordnet sind. Die Gefäße stehen mit der etwas höher befestigten eigentlichen Batterie in leitender Verbindung, welche ihrerseits eine über der Schraubenwelle angebrachte kleine Dynamomaschine speist. Diese Maschine macht 1200 Umdrehungen in der Minute und ist mit der leichten Schraube durch

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bauten Wasservelociped, indem er

über die Meer

enge von Calais

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Die

schwamm. Entfernung von zweiunddreißig Kilometern legte

er in acht Stun= den zurück; in der Wirklichkeit war aber die Geschwindigkeit eine größere, weil das Gefährt durch die Strömung abge= trieben wurde. Das Terrysche Velociped besteht, wie aus der nebenstehenden Abbil= dung ersichtlich, aus zwei großen, durch eine Achse

bisherigen Luftschiffe sämtlich den Strö | verbundenen hohlen Gummirädern, die mungen der Atmosphäre willenlos preisgegeben waren. Vielleicht sind die Gebr. Tissandier bei Verwendung einer stärkeren Maschine ein andermal etwas glücklicher.

eine erhebliche Schwimmkraft besigen. An ihrem Umfang sind die Räder mit zahlreichen Schaufeln versehen, welche die Fortbewegung des wie ein Landvelociped

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