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Plöglich blickte sie auf, sah mich mit ihren dunklen Augen durchdringend an und sagte:

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die späteren, wenn sie ihr eigenes Leben erleben und neue Blicke in die Welt thun, nichts davon und dazuzudenken hätten. Was aber jenes aristotelische Wort betrifft, von dem ich im Augenblick nicht weiß, in welchem Zusammenhang es steht, so begreife ich nicht, was Sie so lebhaft dagegen aufbringt. Auch ich glaube in diesem Punkt einige Erfahrung zu haben und bin ganz Ihrer Meinung, daß es thöricht ist, Freundschaft aus der allgemeinen menschlichen Bedürftigkeit, dem Trieb nach Anlehnung und Verbrüde

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Was halten denn Sie von der Freund schaft? Sind Sie auch der Meinung Ihres Philosophen, das Gefühl, das wir so nennen, wurzele in dem Geselligkeitstriebe, in jenem Jnstinkt, der Bienen und Ameisen und Vogelschwärme zusammenführt und die Menschen dazu treibt, Vereine zu stiften und Staaten zu gründen? Und wie denken Sie über den Ausspruch des großen Aristoteles: nur unter Guten sei Freundschaft möglich? Sie mögen rung herzuleiten. Gerade daß man mich nun im stillen eine hochmütige alte einen unter Tausenden sich zum Freunde Närrin schelten ich behaupte dennoch: wählt wenn Ihre Philosophen nichts Klügeres von der Freundschaft zu sagen wissen, so sprechen sie wie Blinde von den Farben. Ich wenigstens ich habe so wenig Geselligkeitstrieb, daß, wenn es auf mich angekommen wäre, die Menschen noch heut in lauter einzelnen Hütten über die ganze Erde zerstreut wohnten, und gleichwohl und eben darum glaube ich besser als die meisten, denen ihre sogenannten Freundschaften eben nur zu dem übrigen Komfort des Lebens gehören, zu wissen, was Freundschaft sei. Gerade diejenigen, die von allgemeiner Menschenliebe über fließen und in den Ruf einstimmen: Seid umschlungen, Millionen! haben die geringste Anlage, das schwächste Bedürfnis nach dem, was ich allein dieses hohen Namens würdig finde. Ein sogenannter Menschenfreunder mag sehr respektabel sein, vielleicht weit edler, sittlicher, wohlthätiger als der Freund eines einzigen. Aber man sollte verschiedene Dinge nicht mit demselben Namen bezeichnen, Freundschaft nicht mit Freundlichkeit verwechseln. Sie schweigen? Sie sind nicht meiner Meinung? Oder meinen Sie, daß eine kleine alte Frau nicht mitsprechen dürfe, wo der große alte Aristoteles gesprochen hat?"

„Durchaus nicht, verehrte Freundin!" erwiderte ich. „Ich glaube nicht daran, daß irgend ein Denker irgend einen Gedanken je zu Ende gedacht habe, so daß

„Wählt!" unterbrach sie mich wieder. „Wie Sie dies Wort nur brauchen können, wo es sich um eine Naturmacht handelt, die alles Wollen und Wählen ausschließt! Man kann allenfalls einen Beruf wählen, eine Konfession, eine Gattin — obwohl auch in all diesen Fällen, wenn es immer mit rechten Dingen dabei zuginge, nur von einem Müssen die Rede sein sollte. Hier aber können Zweckmäßigkeitsgründe den Ausschlag geben. Und freilich aus eben solchen Gründen wählen die meisten Menschen auch ihre Freunde, wegen dieser oder jener nüßlichen oder angeneh= men Eigenschaften, deren Mitgenuß ihnen durch eine vertraute Verbindung gesichert wird. Mir aber erscheint eine Freundschaft, die aus solchen Quellen entspringt, so wenig als die echte und rechte, wie ich das Wort Liebe entweihen möchte, wo es sich um eine Wahl aus irgend welchen Rücksichten handelt, und seien sie der edelsten Art. Solche Bündnisse können sehr segensreich werden; die Macht der Gewohnheit und der Dankbarkeit für vieles Gute und Schöne kann sie mit der Zeit mehr und mehr adeln: immerhin bleibt in ihnen ein Erdenrest kühler und kluger Überlegung, im besten Falle die Frucht wahrer Hochachtung und sittlicher Würdigung. Was sich aber in Wahrheit Liebe und Freundschaft nennen darf, muß auf einem Grunde wurzeln, der mit dem Verstande nichts gemein hat, auf einem

dunklen, unerforschlichen und unergründ| sprungen sei. Da ich aber sah, wie tief

die Erinnerung sie aufregte, wagte ich nicht weiter zu forschen. Und obwohl es mir auf der Zunge schwebte, zu sagen, dies alles sei nur insofern wahr, als man etwa auch die Art und Eigenheit einer Pflanze in ihrer höchsten Blüte finde, während sie doch auch auf allen Stufen ihrer Entwickelung schon dieselbe Pflanze

lichen Zuge der Natur; nur der ist so stark, daß er, wie es in der Bibel heißt, stärker ist als der Tod und die Pforten der Hölle. Solange ich einen Menschen nur liebenswürdig finde in dem üblichen Sinne des Wortes, darf ich noch nicht sagen, daß ich ihn liebe. Solange ich an einem anderen nur eine Reihe treff licher Gaben und Tugenden bemerke, darf | sei, hütete ich mich doch, die wundersame ich mir nicht anmaßen, sein Freund zu Stimmung, in die meine alte Freundin sein. Er selbst, sein verhülltes undurch versunken war, mit klügelnden Einwürfen dringliches Wesen, seine Persönlichkeit zu stören. Sie aber, als hätte sie in mit all ihren Rätseln, Schwächen und meine verschwiegenen Gedanken hineinStärken muß mich anziehen, bis ich mich gehorcht, sagte auf einmal mit ganz vernicht mehr dagegen wehren kann und nach änderter Stimme, sanft und heiter, wie schrankenloser Hingebung verlange. Und nach einem überstandenen Sturm: so ist im Grunde Liebe und Freundschaft ein- und dasselbe, nicht etwa durch einen höheren oder geringeren Grad von Leidenschaftlichkeit unterschieden, so daß Freundschaft eine zahmere Liebe wäre, die allen falls auch eine Teilung des geliebten Gegenstandes ertrüge, sondern nur darin | liegt der Unterschied, daß Liebe nach einer Hingabe mit Leib und Seele trachtet, Freundschaft nur unter den gleichen Geschlechtern besteht. Im übrigen ist sie ganz so eigensinnig und unzurechnungsfähig beim Ergreifen ihres Gegenstandes wie die verliebte Liebe selbst, ebenso aus schließlich, so eifersüchtig, so völlig unbekümmert, ob ihr Gegenstand gut oder böse sei.

Nur daß im letzteren Falle Freundschaft ebensosehr wie Liebe, die sich an einen Unwürdigen gefesselt fühlt, zu einem traurigen Verhängnis wird, wovon freilich die schönen Seelen, die bei der Wahl ihrer Freunde auf einen guten Charakter und reine Sitten sehen, nicht die leiseste Ahnung haben!"

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Sie schwieg hierauf wieder eine ganze Weile. Es war so still im Zimmer, daß ich die Atemzüge vernehmen konnte, die sich nach dem gewaltsamen Ausbruch ihres Inneren nur langsam beruhigten. Keinen Augenblick war ich im Zweifel darüber, daß diese im Munde einer Frau doppelt seltsam klingende schroffe Doktrin einer eigenen schweren Lebenserfahrung ent

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Sie haben recht, wenn Sie sich wundern, daß ich so alt geworden bin und noch immer alles auf die Spize treibe. Man hat mir das schon in meinen jüngsten Jahren vorgeworfen und mich getröstet, mit der Zeit werde sich's geben. Die Zeit hat auch mir vieles gebracht und genommen über gewisse Axiome meines Herzens hat sie keine Gewalt gehabt. Noch heut, wenn ich an die einzige Freun din meines Lebens zurückdenke was werden Sie sagen, lieber Freund, wenn ich Ihnen gestehe, daß ich von allen Menschen, die der Tod mir genommen, keinen einzigen lieber auferweckte als dieses ewig unvergessene und unverschmerzte Wesen, das gar kein Ausbund trefflicher Eigenschaften war und mir viel Herzeleid gemacht hat? Werden Sie nicht an mir selbst irre werden, wenn Sie hören, daß die, die ich am leidenschaftlichsten geliebt und betrauert habe, eine schlechte Tochter war, eine schlechte Mutter, eine bestrafte Diebin, eine zügellose Landstreicherin, ja etwas Schlimmeres das Schlimmste, was ein Weib werden kann und was ihr von ihrem eigenen Geschlecht am bittersten verdacht zu werden pflegt? Seßen Sie sich dort auf den Stuhl meiner Kamilla. Sie müssen diese Geschichte hören; wenn sie Ihnen mißfällt, nehmen Sie es hin als Buße dafür, daß Sie mir eine Abhandlung über die Freundschaft empfohlen

haben, in der von all diesen Abgründen des Menschenherzens auch nicht das leiseste Wort zu lesen ist.

Sie wissen, daß ich nicht gerade eine glückliche Jugend gehabt habe: unschön, frühreif, von nachdenklicher Gemütsart, die alles viel zu schwer nahm und mich in den Augen der Menschen, die Kinder als lebendige Spielsachen betrachten, nicht eben liebenswürdig erscheinen ließ. Und so verschloß ich mich früh in mir selbst und gelangte bald zu einer vorzeitigen, altklugen Resignation, in der ich mich endlich fast behaglich fühlte, zumal ich wohl bemerkte, daß ich dadurch über gewisse Täuschungen und kindische Leiden hinausgehoben wurde, die der ganz naiven, in den Tag hineinlachenden Jugend nicht erspart bleiben.

Ich war fünfzehn Jahre und eben eingesegnet worden, als ein alter Dheim meiner Mutter starb und ihr ein Landhaus vermachte, von dem wir bisher viel hatten reden hören, ohne es je zu betreten. Der alte Herr hatte dort ganz zurückgezogen die lezten Jahre seines Lebens zugebracht; es war seine Marotte gewesen, aus diesem kahlen Stück Land etwas zu machen, was er als seine eigenste Schöpfung, einen Triumph der Kunst über die Natur betrachten durfte. Doch immer noch war ihm sein Park nicht ansehnlich genug erschienen, im Garten fehlte es immer noch an dem und jenem, womit er die Freunde, die ihn wegen seines Eigenfinns verspottet hatten, überraschen wollte, und so überraschte ihn endlich der Tod, ehe er das seit Jahren verheißene Fest der Einweihung hatte veranstalten kön nen. Seine Nächsten betraten den großen Gartensaal erst, als der Sarg des Besizers unter den schönsten Gewächsen des Treibhauses darin aufgebahrt war.

Nach der Beerdigung, die auf dem ärmlichen Kirchhof des nahen Dorfes stattfand, blieben nur meine Eltern und ich in den verödeten Räumen zurück. Es

war zu Ende April, die Witterung noch nicht zu einem längeren Landaufenthalt verlockend. Sie wollten nur von dem ererbten Gut Besit ergreifen und für ein späteres Wiederkommen allerlei Anordnungen treffen.

Als ich zum erstenmal allein durch den Garten schlenderte, den nach allen Seiten. hohe Heckenwände gegen das umliegende flache und unbewaldete Land abgrenzten, bemerkte ich an einer Stelle, wo die Sträucher noch kein Laub angesezt hatten, ein hohes Staket, das unseren Grund und Boden gegen jedes Eindringen von außen schüßte. Ich trat ohne sonderliche Neugier näher und spähte durch die schlanken Stämmchen, aus denen der Zaun zusammengefügt war, auf das nachbarliche Gebiet hinaus. Es gehörte, wie ich wußte, einem Handelsgärtner, der sich klugerweise hier angesiedelt hatte, weil die Lage neben dem herrschaftlichen Besitztum allerlei Vorteile, besonders in wasserarmen Sommern, versprach. Denn der Onkel war ein guter Mann gewesen und hatte von seinem Überfluß gern seinen Nebenmenschen zu gute kommen lassen.

Der lange, schmale Streifen Landes, in Gemüsebeete abgeteilt und hier und da mit Fruchtbäumen bepflanzt, sah in dieser frühen Jahreszeit dürftig genug aus, und das Häuschen vollends, das am Ende des Grundstückes unter einem schweren grauen Strohdach fast in den Erdboden zu versinken schien, machte den Eindruck großer Verwahrlosung. Ich wollte mich darum schon wieder abwenden, als eine Mädchengestalt, die eifrig mit dem Umgraben eines Beetes beschäftigt war, auf einmal sich aufrichtete und den Kopf nach mir umwandte. Unter dem zerrissenen, durch manchen Regenguß unförmlich gewordenen Strohhut sahen mich zwei Augen an, die bei dem ersten Blick eine sonderbare Gewalt über mich ausübten.

Das übrige Gesicht konnte ich bei meiner Kurzsichtigkeit nicht sogleich unterscheiden. Ich sah aber, daß die junge Gärtnerin aufs armseligste gekleidet war. Troß des rauhen Aprilwindes trug sie

nur ein ärmelloses Leibchen und einen geflickten rotwollenen Unterrock, der nur eben über die Kniee reichte, die nackten Füße steckten in Pantinen Sie kennen diesen Ausdruck für jene groben Lederschuhe mit Holzsohlen, die bei uns in der Mark getragen werden ihre Arme waren bis über die Ellbogen bloß. Und doch war etwas in der schlanken, rüstigen Gestalt, was mich fesselte und zu einem freundlichen Nicken bewog.

Dieses Nicken wurde nicht erwidert; aber da in dem dunklen Gesicht plöglich etwas schimmerte wie eine Reihe blanker Zähne, merkte ich, daß das Mädchen mich nicht mit feindseligen Augen betrachtete. Einsam und müßig, wie ich war, fühlte ich die größte Lust, mit meiner jungen Nachbarin nähere Bekanntschaft zu machen. Ich winkte ihr daher herablassend zu, daß sie an den Zaun herankommen möchte, worauf sie sich mit dem bloßen Arm den Schweiß von der Stirn wischte, so daß der Hut ihr in den Nacken fiel; darauf warf sie einen forschenden Blick nach dem Häuschen zurück und kam behutsam mit ihren schweren Schuhen zwischen den frischbepflanzten Beeten zu mir herangestapft.

Nun konnte ich sie genauer betrachten und fand sie weit hübscher, als ich aus der Ferne geglaubt. Ihre Farbe war auffallend braun, Haar und Augenbrauen kohlschwarz, aber die funkelnden kleinen Augen von einem ganz hellen Grau, und das Weiße um den Augenstern hatte einen bläulichen Glanz. Ihr Obergesicht mit der schlanken geraden Nase war vollkom men schön, nur die untere Hälfte, wenn sie lachte, verdarb den Eindruck trotz der schönen Zähne, da der Mund dann einen. breiten, wilden und sinnlichen Zug bekam, der sofort verschwand, wenn sie im Troß oder Unwillen die Lippen zusammenpreßte. „Du bist die Tochter des Gärtners?" fragte ich.

Sie nickte, indem sie, beide Hände auf den Spaten gestemmt, mir gegenüber stand und mich ruhig vom Kopf bis zu den Füßen musterte.

„Wie heißest du?“

„Jakobine. Die Mutter nennt mich Jakobe, der Vater,seine Schwarze'; im Dorf heißen sie mich die schwarze Jakobe. Und wie heißest du?“

Ich hatte mir als junge Aristokratin nichts dabei gedacht, sie zu duzen. Daß sie sich aber ebenso unbedenklich dieselbe Freiheit nahm, verlegte mich ein wenig. Doch konnte ich ihrem ruhigen Blick nicht ausweichen und sagte ihr nach einigem Zögern meinen Namen.

Wirst du länger hier bleiben?" fragte sie weiter.

Ich sagte, daß wir für diesmal nur einige Tage uns aufhalten würden, aber später im Jahr wiederzukommen gedächten.

Sie schüttelte den Kopf. „Warum wollt ihr wiederkommen?" sagte sie. „Hier ist es nicht schön. Wenn ich in der Stadt wohnen könnte, käme ich nie wieder heraus, auch nicht, wenn ich in eurem schönen Haus wohnen könnte. Hier ist es nicht schön!" wiederholte sie und stieß den Spaten mit einer verächtlichen Gebärde in den harten Grund.

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„Im Juni werd ich sechzehn. Geschwister hab ich keine, ich möcht auch keine haben. Es ist genug, wenn ein Kind im Haus es schlecht hat. Und die im Dorf -"

Sie rümpfte verächtlich die Lippen. Ihr seltsames Wesen nahm mich mehr und mehr gefangen.

„Jakobine," sagte ich, ich habe auch keine Geschwister und bin hier ganz allein. Wenn du manchmal ein bißchen Zeit hättest, möchte ich gern mit dir plaudern, du müßtest aber zu mir herüberkommen, denn ich darf nicht allein aus dem Hause oder gar ins freie Feld. Willst du?“

Ich sah, wie sie überlegte. „Ich muß den ganzen Tag arbeiten," sagte sie, und jezt erst fiel mir auf, welch eine rauhe Stimme sie hatte. „Wenn ich zu früh

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und verbittere ihm das Leben mit ganz grundloser Eifersucht; ja sogar die eigene Tochter mißhandle sie, weil sie es nicht ertragen könne, daß dies einzige Kind des Vaters Liebling sei. Das Mädchen wachse wild auf und müsse den Knecht erseßen, da es keiner auf die Länge in der elenden Wirtschaft bei der schlimmen Frau aushalte. Es sei schade um die schwarze

würde, könne eine ganz brave und ge= scheite Frau aus ihr werden. So aber sei sie zu stolz, mit irgend jemand umzugehen, da sie sich ihres armseligen Aufzuges schäme.

Sie vollendete den Satz nicht, sondern Jakobe; wenn etwas an sie gewandt hob den Spaten mit ihrem fräftigen braunen Arm und schleuderte ihn weit von sich. In diesem Augenblick hörte ich eine Weiberstimme vom Hause her rufen: Jakobe! Wo steckst du denn? Bist du schon fertig ?" Ich sah nur undeutlich ein kleines Weibchen, das aus der Thür des Gärtnerhauses getreten war und heftig mit den Armen durch die Luft fuhr. „Hörst du wohl?" sagte das Mädchen. „Nicht einmal die paar Augenblicke gönnt sie mir. Aber übermorgen ist Sonntag da komme ich nachmittags zu dir in den Baumgarten (sie meinte den Park) - da, wo die weiße Figur an dem Teiche steht. Aber du du wirst bis dahin die Schwarze längst vergessen haben."

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Ich beteuerte ihr, daß ich getreulich auf sie. warten würde, und sah noch, wie ein Lächeln über ihr Gesicht flog, das ihr vollends mein Herz gewann. Dann nickte sie mir flüchtig zu, ging ihren Spaten aufzuheben und kehrte langsam zu ihrer Arbeit zurück, ohne der Mutter, die noch eine Weile fortkeiste, ein einziges Wort zu erwidern.

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Dies alles bestärkte mich nur in mei ner Teilnahme für die junge Nachbarin. Als der Sonntag kam, huschte ich gleich nach dem Essen, wo ich sonst Klavier zu spielen pflegte, aus dem Hause und lief mit einem Herzklopfen, als handle sich's um ein viel bedenklicheres Stelldichein, in den einsamen Park hinein nach der Stelle am Weiher, wo eine zopfige Flora unter einer Traueresche stand und eine steinerne Bank, die der Lieblingssiß des toten Oheims gewesen war.

Ich entsinne mich noch deutlich, wie gekränkt ich mich fühlte, als ich mich dort ganz allein fand und eine gute Stunde allein bleiben mußte. Es schien mir fast meiner unwürdig, daß ich auf das Bauernkind warten sollte, bis es ihm beliebe, sich einzufinden. War es nicht schon fast zu viel der Herablassung, daß ich überhaupt mich so pünktlich eingefunden, statt mich ein wenig kostbar zu machen? Ich nahm mir vor, ziemlich kühl zu thun, wenn sie endlich käme. Aber kaum hörte ich ihren festen, raschen. Schritt durch den Laubgang herankommen, so waren alle meine hoffärtigen Vorsäge wie weggeweht, und ich ging ihr mit ungeheuchelter Freude, daß sie endlich doch Wort gehalten, entgegen.

Sie hatte ein wenig Toilette gemacht für diesen Besuch, so gut der arme Narr eben konnte. Statt des Strohhutes hatte sie ein rotes Tuch über ihre schwarzen Flechten geknüpft, das in zwei Zipfeln

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