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Zin bezeichnendes Merkmal unserer Zeit | schmack der Auftraggeber. Durch solche

Ein

ist die scharfe Ausprägung der Indi vidualitäten. Gilt diese längst anerkannte Wahrheit von allen Beziehungen des Lebens, so macht sie sich auf besonders her vorstechende Weise in den bildenden Künsten und innerhalb dieser wiederum am auffälligsten in der Malerei bemerkbar. Die Architektur, schon ihrem ganzen Wejen nach an strengere Geseze gebunden, ist überdies in ihren Einzelerscheinungen mehr oder minder abhängig nicht nur von man nigfachen Bedürfnisfragen, sondern in der Mehrzahl der Fälle auch von dem Ge

Vorbedingungen wird in architektonischen Werken die Ausprägung der Künstlerindividualität wenn auch nicht lahm gelegt, doch innerhalb ziemlich bestimmt gezogener Grenzen gehalten. Etwas freiere Entfaltung gestattet ihr die Plastik. Immerhin aber ist der Bildhauer mit seinen. Hauptaufgaben, den Monumentalgebilden, teils an die Architektur gekettet und dadurch naturgemäß schon bis zu einem gewissen Grade den für die Baukunst gültigen strengeren Gesezen mit unterthan gemacht, teils nach einem in unserer Zeit

mehr als je üblichen und bisweilen recht verhängnisvollen Gebrauch von den Beschlüssen amtlicher Kommissionen abhängig, in denen nicht selten die zu einem echten Kunsturteil befähigten Stimmen in der Minderheit sind. So kommt es, daß solche Kommissionen gemeinhin von dem Grundsaße geleitet zu sein pflegen, keinen Entwurf gut zu heißen, für den sich nicht unter den bereits ausgeführten und be kannten Werken möglichst genaue Analogien finden. Die unmittelbare Folge davon ist, daß hier den nach eigenartiger Entfaltung verlangenden Künstlernaturen der Raum für ihre Bethätigung arg verkümmert wird. Alle diese Hemmnisse kommen der Malerei gegenüber um so weniger zur Geltung, als dieser Kunst heutzutage die Teilnahme an monumen talen Aufgaben ohnehin mit geringen Ausnahmen versagt zu sein pflegt. Ihre Wirksamkeit ist der Hauptsache nach auf Tafelgemälde beschränkt, die der Künstler in seiner Werkstatt ausführt, unabhängig von irgend welchem fremden Willen sofern er nicht selbst einem solchen in mehr geschäftsmännischer als künstlerischer Weise sich unterordnen will ganz dem eigenen Gestaltungstrieb anheimgegeben. Nun ist ja ohnehin die Malerei die beweglichste unter den bildenden Künsten. In ihrer Verschmelzung zweier Hauptelemente, der Form und der Farbe, von denen bald der einen, bald der anderen das Übergewicht zuerteilt wird, besigt sie die Anlage zu einer unendlich mannigfachen Abstufung der Mischungsverhältnisse. Nehmen wir hinzu die vielfältigen reichen Stoffgebiete, die ihr für ihre Darstellungen zur Verfügung stehen, die Freiheit, mit der sie sich innerhalb dieser Gebiete bewegen und eines in das andere hineinspielen lassen kann, so ist es gewiß nicht zu verwundern, wenn das Bestreben unserer Zeit nach entschiedener Ausprägung der persönlichen Besonderheit nirgends unverhohlener und ausschlaggebender zu Tage tritt als in der Malerei. Selbstverständlich ziehen sich andererseits auch bei Beurteilung ihrer Werke die individuell betonten Anschau

ungen nicht in den Hintergrund zurück, und so finden wir unter den namhaften Malern der Jehtzeit eine ganze Reihe von solchen, die auf der einen Seite begeisterte. Anhänger, auf der anderen ebenso heftige Widersacher finden. Kaum an einen zweiten Künstler aber sehen wir diesen Gegensat in so entschiedener Weise herantreten wie an Arnold Böcklin. In ihm haben. wir eine jener außergewöhnlichen Erscheinungen vor uns, an denen niemand gleichgültig vorübergehen kann, für deren Thun und Treiben vielmehr ihre Gegner troß alles Scheltens sich kaum weniger lebhaft interessieren als ihre Verehrer; Grund genug, um dem bisherigen Leben und Wirken des viel umstrittenen Meisters an dieser Stelle eingehendere Beachtung zu schenken.

Arnold Böcklin ist am 16. Oktober 1827 in Basel als Sohn eines dortigen Kaufmanns geboren. geboren. Eine umfassende Gymnasialbildung, die er in seiner Vaterstadt empfing, weckte und nährte in seiner Seele die Vertrautheit mit den geschichtlichen und sagenhaften Erscheinungen des klassischen Altertums - eine Vertrautheit, die auf sein späteres Wirken nicht ohne unmittelbaren, vielfach sich aussprechenden Einfluß geblieben ist. Schon früh erwachte in ihm die Vorliebe für die bildende Kunst, der Wunsch, ihr sein Leben. zu widmen. Auf welche Weise beides in seiner Seele geweckt wurde innerhalb einer Stadt, die ihrem heutigen Wesen nach wohl mit gutem Recht als ein Inbegriff nüchtern-hausbackenen Wesens gilt, in einer Umgebung, deren Sinn und Streben lediglich den praktischen Interessen des täglichen Lebens zugewandt war, darüber hat bis jezt niemand einen einigermaßen klaren Aufschluß zu geben gewußt. Ebenso sind die ohnehin sehr dürftigen Berichte aus seiner Knabenzeit uneinig darüber, ob die ausgesprochene Neigung Arnolds bei seinen Eltern auf schwer zu überwindenden Widerspruch stieß oder nicht. Gewiß ist nur, daß Böcklin im Jahre 1846 die Düsseldorfer Akademie bezog und daß der in seinem neunzehnten Lebens

zeiten in ihrer ganzen Herrlichkeit vor seinem geistigen Auge sich neu beleben sah. Gleichzeitig verbrüderte er sich hier mit geistes- und strebensverwandten Männern, zunächst namentlich mit Heinrich Dreber, genannt Franz-Dreber, der, um reichlich fünf Jahre älter als Böcklin, bereits in Rom eingesessen war, sowie

jahr stehende Jüngling dorthin schon eine ganz achtbare künstlerische Vorbildung mit brachte, die er sich in seiner Vaterstadt angeeignet. Sein Hauptlehrer und besonderer Gönner in Düsseldorf wurde Johann Wilhelm Schirmer, der bedeutende Pfleger der historischen Landschaft, der bereits seit 1839 eine Professur an der dortigen Akademie bekleidete. Es ist ein schöner | mit Oswald Achenbach, dem er als seinem Beweis der selbstlosen Einsicht dieses Altersgenossen wohl schon in Düsseldorf Meisters, der liebevollen Teilname und Fürsorge, die er der bestmöglichen Entwickelung seines Schülers zuwandte, daß Schirmer dem legteren ziemlich bald empfahl, sich zur weiteren Verfolgung seiner Studien nach Brüssel zu wenden, wo er namentlich nach Seite der Koloristik hin weit bessere Anregungen finden werde, als Düsseldorf sie zu bieten im stande sei. Der junge Böcklin ließ sich diesen so sehr wohlmeinenden Wink nicht entgehen. Er wanderte geradeswegs nach der belgischen Hauptstadt und hielt sich namentlich an die dortige Galerie älterer Meisterwerke, in deren Wesen und Technik er durch eifriges Kopieren einen möglichst tiefen Einblick zu gewinnen suchte. Dabei übte er gleichzeitig Auge und Hand und erzielte durch Veräußerung seiner Kopien einen kleinen Ertrag, der es ihm ermöglichte, zu Anfang des Jahres 1848 nach Paris weiter zu pilgern. Kaum hatte er den Fuß in die französische Metropolis gesezt, als die Februar-Revolution daselbst ihre Stürme entfaltete. Böcklin blieb, ihren Schrecknissen tropend, in der Seinestadt und setzte im Louvre sein Studium der alten Meister auf ähnliche Weise fort, wie er es in Brüssel begonnen hatte. Von sehr langer Dauer sollte sein Aufenthalt in Paris gleichwohl nicht sein, da Böcklin nach der Heimat zurückkehren mußte, um daselbst seiner Militärpflicht zu genügen. Sobald das geschehen war, brach er auch wieder auf, diesmal Italien zum Ziel seiner Wanderung erlesend. Es war um das Jahr 1850, als er seinen Fuß zum erstenmal nach Rom sezte und hier, angesichts der ans Licht geförderten Denkmäler einer versunkenen Welt, die alten Römer

begegnet und freundschaftlich nahe getreten sein mochte. Die beiden Landschafter sezten sich womöglich Tag für Tag draußen in der Campagna oder im Sabinergebirge vor diese oder jene anziehende Partie, um mit unermüdlichem Eifer Studien nach der Natur zu malen. Böcklin that dies verhältnismäßig selten. Er schweifte lieber ab und zu, ließ die Eindrücke des Erschauten auf sich wirken und sich in seinem Vorstellungsvermögen fixieren, indem er der Natur vor allem ihre bemerkenswertesten Stimmungsmomente, die zugleich auch die am schnellsten vorübergehenden zu sein pflegen, im Fluge abzulauschen suchte. Kehrte er dann in sein „Studio“ zurück, so warf er mit leidenschaftlicher Glut und rascher Hand eine Farbenskizze auf die Leinwand, die zwar keine specielle Partie mit Porträttreue nachgeahmt zeigte, wohl aber den Charakter bald dieser, bald jener Seite der römischen Umgebungen mit so packender Kraft wiedergab, wie sie von den mühsamer nachbildenden Freunden kaum erreicht wurde. Nebenbei malte dann Böcklin wohl auch, dem Druck der Verhältnisse gehorchend, römische Ansichten für den Geschmack der Modeliebhaber, damit er durch den Ertrag dieser „Zwangsarbeit“ die nötigen Mittel gewinne, um sich wieder eine Zeit lang ungestört in jene Art des Studiums vertiefen zu können, die seinem eigenen inneren Drang entsprach. In solcher Weise hatte er bereits ein paar Jahre in der Siebenhügelstadt verbracht, als er sich durch zwei Augen von jenem seltenen Schmelz, wie er den Augen der Römerinnen eigen zu sein pflegt, unwiderstehlich gefesselt fühlte.

Angelina war eine mittellose Waise. Nie- | Ausführung dem Temperaverfahren nach mand erhob Einsprache, als der junge Böcklinscher Spielart den Vorzug vor der Künstler, der in Bezug auf Erhaltung Ölfarbe zu geben. So führte unser Künstseiner eigenen Person zur Stunde noch ler denn die bestellten Gemälde in seiner mit äußeren Schwierigkeiten zur Genüge Weise aus. Als er sie nun aber vollendet zu kämpfen hatte, dessen ungeachtet in hatte, fand der Herr Konsul dieselben ganz frischem Jugendmut beschloß, die Geliebte und gar nicht nach seinem Geschmack und zu seinem ehelichen Weibe zu machen. glaubte, sie dem Künstler einfach zurückEs war im Jahre 1853, als Böcklin mit | schlagen zu dürfen. Um sich dagegen nach Angelina den Bund fürs Leben schloß. Möglichkeit zu verwahren, sah sich Böcklin Bald darauf entführte er sein römisches genötigt, den Rechtsweg zu betreten, auf Weibchen ihrem Vaterlande, indem er sich dem er freilich erst nach schweren Kämpfen mit ihr nach Hannover begab, wo er einem und langem Harren zu dem Ziel gelangte, Rufe des dortigen Konsuls Wedekind Folge daß Konsul Wedekind verurteilt wurde, zu leisten gedachte. Der Genannte wünschte ihm das bedungene Honorar auszubeseinen Speisesaal durch unseren Künstler zahlen. Die betreffenden Gemälde fanden mit Wandgemälden ausgestattet zu sehen. nachgerade ihre Unterkunft in einem LandBöcklin, dem die Wahl der Stoffe, wie hause bei Kassel, wo sie sich wohl heute es scheint, ganz anheimgegeben war, stellte noch befinden. Ehe aber der erwähnte sich die Aufgabe, die Beziehungen des Prozeß sich zu gunsten des Künstlers Menschen zum Feuer zu veranschaulichen. entschied, hatte dieser einen harten Kampf In den Kompositionen, die er in diesem mit den Unbilden des Lebens zu bestehen, Sinne schuf, hielten, soviel sich aus den um so mehr, als zu den pekuniären Schwiefargen Berichten über diese Sache schließen rigkeiten, die ihm erwuchsen, noch Erkranläßt, Figuren und Landschaft einander kungen innerhalb seiner jungen Familie annähernd das Gleichgewicht, wie dies sich gesellten. Glücklicherweise fand er in mit später zu erörternder Begründung | München, wohin er nunmehr um das Jahr auch bei einem großen Teile seiner folgenden Werke der Fall ist. Ferner hatte er damals schon begonnen, sich ein eigenes Malverfahren zu schaffen, da er in der üblichen Öltechnik für die Wirkungen, die er zu erzielen wünschte, kein erschöpfendes Mittel sah. Besser behagte ihm die Temperamalerei der Alten, die wir freilich nur aus spärlich erhaltenen Werken kennen, ohne daß über die Einzelheiten des Verfahrens sich genügende Überlieferungen auffinden ließen. Versuche zur Erneuerung desselben waren schon im ersten Drittel unseres Jahrhunderts angestellt worden, und Böcklin bemühte sich, die damals zur Anwendung gebrachten Herstellungsweisen, namentlich in Bezug auf das Bindemittel, das noch mancherlei zu wünschen übrig ließ, zu verbessern. Im vorliegenden Falle nun handelte sich's darum, den auf Leinwand auszuführenden Gemälden eine gewisse Verwandtschaft mit Fresken zu verleihen; ein Grund mehr, um für ihre

1856 seine Schritte lenkte, an bemerkenswerter Stelle Verständnis und Förderung seines Talentes. Paul Heyse, dem Künstler schon von Rom her befreundet, führte denselben bei dem damaligen Freiherrn - jezigen Grafen — v. Schack ein, der seinerseits nicht ermangelte, die außergewöhnliche Begabung Böcklins zu erkennen und dessen schöpferische Kraft in ausgiebiger Weise für sich in Anspruch zu nehmen. Dadurch war gleichzeitig beiden in hohem Grade gedient: dem phantasievollen Maler, der nun endlich einmal seine Thätigkeit frei entfalten und, dem Druck mißlicher äußerer Verhältnisse vorerst entrückt, zeigen konnte, was in ihm schlummerte, wie dem feinsinnigen Kunstfreunde, dessen reizend angelegte Privatgalerie sich von Stunde ab um eine Reihe interessanter Schöpfungen bereicherte und für das Studium der bedeutsamsten Entfaltungsperiode unseres Künstlers eine in ihrer Art einzig dastehende Gültigkeit

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