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schmerzlicher Erstarrung, und das, weil | tionen schon für ausgezeichnet erkannt wor

es ihm gar zu wohl gefällt, die matte Seele, die ihr Bestes verloren hat und nicht weiß, weshalb sie bleiben soll, abhält, heimzukehren, das seine Gefährtin um die Erkenntnis ihres Elends täuscht und endlich zu sich bekehrt. Die fängt dann sachte an und ahmt ihm nach, freut sich mit ihm mitten in Trostlosigkeit über einen guten Schluck und Bissen zur rech ten Zeit und ist gelehrig. Erst thut sie vornehm mit, kühl wie ein Fürst unter Bauersleuten. Doch nicht lange, und sie ist von der gesunden Niedrigkeit, in der sie sich bewegt, durchdrungen. Da tritt an Stelle einer verlorenen, höchsten Hoffnung, vielleicht für einen Augenblick erst nur, die Befriedigung, die eine behagliche Umgebung, eine Lieblingsspeise bietet, und dann währt es nicht allzu lange, daß die stolze gekränkte Seele dumpf mit ihrem Tier zusammenhockt, und alles, was ihr einst eine übermenschliche Qual erschien, hat sich unmerklich nach und nach in sanftes Wohlleben gelöst. Es ist ihr wieder heimisch und gemütlich auf Erden geworden. Sie hatte sich ihren Play unter der Menschheit vielleicht mit höchsten Mitteln und Opfern erobern wollen, hatte gelitten, mutig gekämpft, alles daran gesezt und hoffnungslos verloren. Und nun, fast ohne zu wissen, wie sie dazu gekommen, steht sie hübsch fest, hat, was sie braucht, und denkt | an ein unverständliches, übermäßiges Wollen, das sich einst in ihr regte, als an etwas längst Überwundenes lächelnd zurück.

den ist, so trägt die Hausfrau, die ihn in solchem glücklichen Stadium erlangt hat, etwas Wertvolleres mit heim, als sie bezahlte. Die Möglichkeit liegt da, daß dieses harmonisch vollendete Käschen, doch will das wohl verstanden sein, von grö ßerer Wirkung werden kann als Recht, Gesetz und Menschenwürde, als das, was uns in Schranken und Sitte hält. Es repräsentiert gewissermaßen für den, der sich einen Bissen davon auf der Zunge zerfließen läßt, das, was man Wohlleben nennt. Er genießt eine kleine Anreizung starker Empfindungen. Vielleicht trägt er sich mit allerschwersten Gedanken. Leidenschaft zehrt an ihm, Trostlosigkeit, tiefer Überdruß, verlockendes Unrecht blendet ihn. Etwas von diesem allen erregt ihn, und er ist nahe daran, zu verder= ben, alles hinter sich zu werfen, um auf Gnade und Ungnade zu leben, zu genießen und zu enden. Was ihn bewegt, ist mächtig, steht in großen Zügen. Er sieht den Tod, sieht sein Glück und sein Verderben, weiter nichts. Da schluckt er von dem Käschen oder sonst von einem guten Bissen, und es drängt sich in sein tragisch starkes Empfinden allerlei Kleinzeug. Der nicht erwähnenswerte Genuß, der, von ihm kaum beachtet, auf der Lippe prickelt, weckt die Erinnerung an tausend andere, an eine Macht, die aus solch kleinen, angenehmen Unbedeutendheiten besteht. Diese Macht hebt sich, stellt sich verderbenbringenden Entschlüssen entgegen und schafft dem über Sitte und Gewohnheit Hinausstrebenden unbemerkt. den sicheren Halt. Gesetz, Vernunft und alles, was der Menschheit Schuß verleihen sollte, hatte nichts ausrichten können, das Verderbliche war unaufhaltsam gewachsen. Der Mensch hatte sich und andere vielleicht Da ist ein vorzüglicher Käse, saftig, preisgeben wollen; da zur guten Stunde zart, von angenehmstem Aroma und ge- schlich sich ein Bote des Behagens ein. würziger Kraft. Steht dieser auf einem Der kam dem Tier im Menschen zu paß, gewissen Punkte seiner Vollendung, das es dehnte sich und verlangte gestärkt dopheißt, ist er in dem Prozeß der Zerseßung pelt eifrig nach seiner Behäbigkeit zurück. gerade so weit vorgeschritten, nicht weniger So ist mancher gerettet und gezwungen und nicht mehr, als wie er seit Genera- | worden, an den alltäglichsten Annehmlich

Und in diesem Sinne ist unser solides, vertrauenerweckendes Lädchen ein wichtiges und gutes Ding, und die Miene der Hausfrau, die dort ein- und ausgeht, ist mit Recht bedeutungsvoll, und der Einkauf im Lädchen ist keineswegs leichtsinnig zu betreiben, sondern voller Würde und Hingabe.

feiten von schwerem Leiden zu gefunden. Daher ist solch ein wohlgehaltener Laden, wie der des Händlers Balduin Häberlein, von tieferer Bedeutung, als es dem harmlosen Beobachter erscheint. Und es ist die Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß er seinen Mann, wenn der die Sache versteht, reichlich und überreichlich ernährt. Dieser und jener mag aus dem alten Spezereigewölbe ein mächtiges Lebenselixir, das gegen Trübsal und Jammer ihn standhalten ließ, gewonnen haben, ohne zu wissen, was ihn erhielt. Der alte Balduin Häberlein ahnte auch nicht, daß seine Kundinnen gar tief bei ihm in Schuld steckten. Der einen hatte er den Mann durch muntere gute Bissen, die er flug in Vorrat hielt, von Trübsinn gerettet. Und dem Sohn einer anderen, der auf schlechte Wege geraten war, hatte die vorzügliche Küche seiner Mutter und die auserwählt guten Zuthaten, die sorg lich und reichlich beschafft wurden, die Ehrenhaftigkeit und gute Stellung des Hauses dargethan, mehr als Liebe und jedes würdige Gefühl, so daß er angesichts der wohlbestellten Tafel nicht den Mut gewinnen konnte, abzufallen. Im Hause einer anderen trug sich einer mit Todesgedanken und kam nicht zu deren Ausführung, weil es im Februar Lachs, in jenem Monat Austern gab, im folgenden Krebse, dann wieder Wildbret. Jeglicher Monat brachte sein Gutes, und keiner wollte kom men, der frei von jeder Lockung gewesen wäre. Der alte Balduin aber wußte nichts davon, daß er ein Helfer und Retter war, nahm all die verschiedenen Verlangen, Nöte und Sorgen, von denen die Kunden ihm in den Laden getrieben wurden, in bare Münze umgeseßt, zufrieden ein, lebte mit seiner kleinen Frau im Ladenstübchen und brachte seine Tage in Thätigkeit und größter Ehrbarkeit hin. Er war ein echter und würdiger Spießbürger, hatte seine erprobten Eigenheiten in Kleidung und Ausdrucksweise, trug das straffe graue Haar starr in die Schläfen hineingekämmt, jahraus jahrein ein karriertes Halstuch unter der Weste, und an

Markttagen, wo das Geschäft besonders rege ging, hielt er es für notwendig, eine blaue Schürze vorzubinden. Die Mägde betitulierte er durchweg mit Jungfer Köchin, behandelte sie jovial und etwas herablassend und sah ihnen gehörig auf die Finger. Gegen die Frauen und gnädigen Frauen aber blieb er unveränderlich von größter Höflichkeit. Er war ein Mensch, der so sehr hinter seinen Ladentisch zu gehören schien wie die Schnecke in ihr Haus. Wer ihn kannte und gewohnt war, ihn zu sehen, wie er zwischen. seinen Tonnen und Tönnchen, seinen Käseaufschnitten mit Kisten und Näpfen han= tierte und von einer Atmosphäre umgeben. war, die mit der eigentlichen Luft feine nähere Verwandtschaft hatte als ein frischer Waldbach mit einer Burgundersauce, der konnte sich den Händler Balduin Häberlein nicht in Gottes freier Natur vorstellen; und wäre er ihm an einem schönen Frühlingstage unter blühenden Bäumen am Flußufer auf sich schlängelndem Wiesenpfade mit der kleinen Frau Häberlein am Arme begegnet, er hätte seinen Augen nicht getraut über die närrische Ungereimtheit der Erscheinung inmitten der frischen Frühlingspracht. Balduin Häberlein war von den Eigenschaften seiner Umgebung durchdrungen und durchzogen. Und selten genug kam es vor, daß die beiden fleißigen und geduldigen Leute in ihrem Sonntagsstaat aus dem Ladenstübchen gingen, um sich eine kleine Erholung zu gönnen. Sie lebten so hin wie viele Tausende; vom Morgen bis zum Abend thaten sie ihr Tagewerk, das ihnen vom Schicksal auferlegt war, ohne darüber nachzudenken. Schon viele Jahre miteinan= der verheiratet, waren sie kinderlos geblieben, und die Zeit hatte nichts weiter an ihnen vollbracht, als dazu gehört, aus ein Paar würdigen, wohlangesessenen jungen Leuten ein Paar gerade solche alte zu machen. Sie brauchten nicht viel bei diesem Wandel von jung zu alt zu beklagen, im Gegenteil waren sie dabei in aller Muße und Solidität zu dem, was ihnen in jungen Jahren in besonders verständnis

innigen Stunden als Wünschenswertestes | kommenen Gaben einen Hauch von Komik vorschwebte, gekommen.

an sich trägt, der den wohlwollenden Beobachter fast schmerzlich berührt. So war es bei der kleinen Frau. Hurtig, flink und sicher bediente sie jahraus jahrein neben ihrem Balduin die Kunden, immer freundlich und hingebend, und verschwendete bei dem Formen einer Tüte oder dem Aufschneiden eines Schinkens einen Überfluß an Zierlichkeit, welcher der Kundin ein Lächeln ablockte.

schrieb er einen guten Teil seines Wohlstandes der Zuvorkommenheit und dem adretten Wesen des Frauchens zu und war ihr stets ein guter und nachsichtiger Ehemann. Sie bekam kein hartes Wort von ihm zu hören, nur in aller Ruhe und Gelassenheit suchte er ihr manchmal begreiflich zu machen, daß sie einem Hange nach Festlichkeit und allerlei Lebensauspuß zu sehr nachgäbe, daß sich derlei nicht für ihre Stellung schicke und unnütz sei.

Sie hatten ihr Geschäftchen miteinander zu einer einfachen, von Grund aus sicheren Vorzüglichkeit gebracht, kannten die besten Quellen, standen mit ältesten, wohlbewähr ten Häusern in Verbindung und betrieben ihre Angelegenheit mit einer gewissen Weihe und Hingabe. Balduin Häberlein und seine Frau paßten im Alter gut zu einander und sahen aus, wenn sie hinter ihrem Ladentische standen, als wären sie Dem Händler aber war das Benehmen füreinander geschaffen, so daß es nicht seiner Frau von jeher gerade recht, und er gut anging, sie sich einzeln vorzustellen; glaubte an ihr einen Ausbund von Manur that die kleine Frau es dem Händler | nierlichkeit zu besigen, und da er eine nicht ganz in Ruhe und Gemessenheit gerechte und dankbare Natur war, so gleich. Er war längst schon in seinen Gewohnheiten, Liebhabereien, in Gang und Redensarten ein Bürgersmann geworden, an dem die Jugendjahre ihre Arbeit gethan hatten, als an ihrer klei- | nen Person sich jedes Lebensalter noch zu schaffen machte. Es hatte sich alles bei ihr zusammengefunden; das Kindische und Kindliche und die Jugend hatten sich bei ihr dauernd einzuschmeicheln gewußt, und als das Alter kam, fand es eine ziemlich muntere Gesellschaft, die sich nicht so ohne weiteres vertreiben ließ, und es mußte sich ein Eckchen suchen und ganz bescheiden bei denen zu Gaste siten, die sonst in tausend Fällen aus Haus und Hof von ihm verjagt werden. Wäre dies kleine bewegliche Geschöpf nicht sehr bei Zeiten die Frau Häberlein geworden, hätte sie das Schick sal in ein vornehmes und reiches Haus gesteckt, wer weiß, welch Wunder von eleganter Schelmerei und artiger Liebenswürdigkeit sich in ihr ausgebildet haben würde. Vielleicht hätte sie zu den Reizenden ihres Geschlechts gehört, bei denen alles Anmut und Heiterkeit ist. Aber das Leben paßt nun einmal seine Gelebte, eine Annehmlichkeit. Ihr Mann schöpfe mit den Jahren ihrer Umgebung an und läßt einen gewissen überflüssigen Reiz in Bewegung und Gebärde bei bür gerlicher Arbeit nicht aufkommen. Und was das Beklagenswerte ist, daß ein verkümmerter reichbegabter Mensch mit sei nem unfertigen, nicht zur Perfektion ge

Dieser Hang war da, doch hatte er sich bei ihr durch lange Jahre hindurch nicht ausgebreitet, sondern sich stets ungefährlich und harmlos verhalten. In anderen Verhältnissen hätte er, der Begleiter von Reiz und Anmut, sich wie diese zu einer Höhe entwickeln können. Leichtsinn, Freude an Schönheit, mächtigster Trieb nach Heiterkeit und leichtem Leben wären dann wohl in der Delikateßhändlerin erwacht und hätten sie zu tausend Thorheiten verlockt, so aber war sie mitsamt ihren Anlagen bis in das Alter hinein ein rechtes Kind geblieben und den bescheidenen, anspruchslosen Menschen, unter denen sie

konnte sich gar nichts Besseres, als in ihrer Pflege zu stehen, denken und ließ sie im Grunde ungestört ihren kleinen Schrullen nachhängen, die ihm nicht ganz verständlich waren und in denen er in den ersten Jahren ihrer Ehe den schon erwähn= ten besorglichen Trieb nach Wohlleben

gewittert hatte, dessen mögliches Wachs- | und das mochte sie an ihm leiden; die tum ihm bedrohlich erscheinen wollte, so Köchin, weil sie die Güte des Händlers unschuldig auch ihre Liebhabereien waren und seines Liqueurs überraschte, und und blieben. Herr Balduin, weil es ihm in Wahrheit, wie seine Frau es ihm angesehen, wohl zu Mute war und Angenehmes sich für ihn schon belebt hatte. Ein blühendes Geschäft, ein gutes, tüchtiges Weib, unbedingte Achtung seiner Kunden, eine Kiste ganz vorzüglicher Sardines à l'huile, die vor einer Stunde angekommen war und mit deren Inhalt er sein Gewölbe lockend ausstaffieren wollte. Er war in bester Stimmung.

Als er aber an diesem Tage gegen abend in das Ladenstübchen trat, da sah er seine Frau an dem tiefnischigen Fenster sißen, das hinaus auf eine Quergasse blickte. Es stand ein Korb voll Federn neben ihr, und sie hielt einen Kapaun, an dem sie verständnisvoll gerupft hatte, um ihn zum Verkauf vorzubereiten, nachlässig in den Händen, bemerkte das Eintreten ihres Gatten nicht und schaute so ganz verloren zum Fenster hinaus mit einem Ausdruck, daß, wenn selbst ein dummer Tropf vorübergegangen wäre und sie beachtet haben würde, er bei sich gedacht hätte: Da sißt eine und sehnt sich. Der Herr Balduin sah sie erstaunt an und wußte nicht recht, was er denken und wie er sich benehmen sollte.

Zu dem schmalen altmodischen Hause, das der Händler besaß und das er von seinem Vater ererbt hatte, gehörte ein enger Hof, der von hohen Hintergebäuden rings eingeschlossen war, so daß man von ihm aus weiter nichts von der ganzen Welt als nur ein winzig Stückchen Him mel sah, und dazu mußte man sich mitten in das Höschen stellen und über sich schauen. Diese kleine Ecke aber war von Frau Häberlein sehnsuchtsvoll ausersehen, um hier einige überflüssige Lebensfreude zu gewinnen. Sie hatte als ganz junges Weib Tag und Nacht davon geträumt, in dem Hof sich ein Pläßchen zu schaffen, wo sie nach ihrer Tagesarbeit und in einer freien Stunde mit ihrem Strickstrumpf sizen könne. Jhr Mann, als sie ihm zum erstenmal beim Abendessen schüchtern ihren Plan mitgeteilt hatte, mußte darüber lachen und sagte: „Was fällt dir ein? Das wäre ein schönes Vergnügen, in dem dunklen Loche zu sizen. Das darf man der Nachbarsleute wegen schon nicht thun." Da sah er, daß seiner Frau die Thränen in die Augen traten, schüttelte den Kopf und bekam, weil er diesen Vorgang in ihr nicht begriff, einen kleinen Ärger über sie. Als er sie aber am anderen Morgen geduldig und zierlich im Laden hantieren sah, „Ja, was hast du denn?" fragte der da fühlte er sich so hübsch sicher und gebor- Händler noch einmal ganz bewegt und gen durch die Wahl der Frau, daß er ganz verwirrt. Sie waren damals schon ein vergnügt und übermütig wurde und einer paar Jahre miteinander verheiratet, und alten Köchin, der die Kleine eben ein Tütlein es war immer ruhig bei ihnen zugeganPfeffer für den Dreier abwog, ein Spiß- gen. Die Frau mochte wohl hin und glas guten Liqueurs wohlwollend schmun- wieder ihre trüben Gedanken still für sich zelnd entgegenreichte, so daß alle drei sich gehabt haben, sonst wäre der schmerzliche, mit angenehmen Empfindungen lächelnd wehmütige Zug, der Herrn Balduin in gegenüberstanden: die Frau, weil sie sich Erstaunen gesezt hatte, nicht so klar auf bei dem Benehmen ihres Gatten eine Vor- ihrem Gesichtchen zu lesen gewesen, aber stellung machte, als müsse es ihm außer sie hatte noch keinerlei Trost oder Zuspruch ordentlich wohl zu Mute sein; auch erschien von ihrem Gatten beansprucht und war er ihr in diesem Moment etwas komisch, | jederzeit munter und freundlich geblie

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„Na, Anna," sagte er, was hast du denn ?" und legte ihr die Hand auf die Schulter. Da machte sie Augen wie eine arme Seele und lächelte verlegen.

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ben, und nun war ihm der sanfte traurige | lassen, da kommen doch mitunter Gefühle Blick der Frau eine neue Erscheinung. über einen, die gerade wie eine Sehnsucht Als er sie noch einmal, schon etwas un- sind." - „Nun, was willst du damit," frug geduldig, darauf anredete, was ihr fehle, er etwas gereizt, „bist du nicht mehr zuda brach sie in Thränen aus, legte den frieden? Willst du Änderungen haben. Kapaun auf das Fensterbrett, lehnte ihren immer zu! Troßdem es kein gutes ZeiKopf an die Schulter ihres Mannes und chen ist, wenn das Weib oben hinaus sagte: „Es wäre so hübsch von dir, wenn will. Aber nur zu!“ Da lächelte du mir erlaubtest, daß ich mir im Hof die junge Frau, schüttelte den Kopf ein Sizpläßchen herstellen dürfte." und sagte: „Was bist du nur gleich so „Was meinst du?" fuhr Häberlein halb böse?" Dann seßte sie leise hinzu: „Es erschreckt und halb belustigt auf, als hätte war nur wegen der Dämmerung, daß mir er nicht recht gehört; „und darum heulst es ein bißchen schwer ums Herz wurde." du?",Darum?" - Nun, Gott sei,Gut, dann schlag auch nicht Lärm, Dank, daß wir keine Kinder haben, das wäre eine schöne Geschichte. Mit fünf Jahren wären die gescheiter als ihre Mutter, und ich hätte die ganze Bande mitsamt Dir auf dem Hals. — Na, sei nur ruhig." Er gab ihr einen Kuß; als sie aber immer heftiger weinte, schüttelte er verblüfft den Kopf und sagte: „Meinet wegen, da kehr dir in der Spelunke einen Plaz und tanz darauf; mir soll's recht sein. Sei nur ruhig." — Und er klopfte ihr besänftigend auf die Schulter, dünkte sich väterlich und weise und meinte bei sich, daß ein Mann wie er doch etwas ganz Gehöriges bedeute gegen so eine Frau. Hätte er geahnt, daß er in dem Augenblicke dem tiefsten Geheimnis der Philosophie in der Erkenntnis ebenso nah und so weit entfernt sei wie den Vorgängen in der Seele des kleinen verweinten Weibes, er würde sich nicht schlecht gewundert haben.

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daß man meint, alles ginge darunter und darüber," unterbrach sie mit Würde Herr Balduin, faßte sie am Kinn, hob ihr den Kopf, lachte trocken auf, indem er sie ansah, und sagte: „Was seid ihr Frauensleute doch durchweg für Narren. Da stellt man sich vor, wenn einmal eine ihre Sache gut macht und vom Geschäft etwas versteht, es wäre Vernunft hinter der Geschichte, aber Gotts Wunder, wenn man das Ding bei Lichte besieht, da fällt alles unter den Händen auseinander, und man begreift nicht, wie ein Frauenzimmer irgend etwas Vernünftiges zusammenbringen kann vor lauter Kinderei und Verworrenheit. Sißt eine Frau, die sich in die Zeiten doch endlich schicken sollte, in der Dämmerung und heult. Und weshalb? Es ist nicht zu sagen." Balduin lachte im Gefühl seiner Bedeutung, trat mit dem Fuß auf und ging einmal heftig Die Frau stand auf und nahm ihren im Zimmer auf und nieder, blieb vor seiKorb mit Federn in die Höhe, sezte ihn ner Frau stehen und sagte: „Schaff du dir aber wie in Verwirrung wieder nieder, deinen Plaß, wenn es dich glücklich macht, öffnete die vollen, vom Weinen heißen ich lege dir nichts in den Weg; aber nun Lippen, als wollte sie etwas sagen, und ist's gut und kein Gejammere mehr. Du sah zu Herrn Balduin auf. Dieser trom- kannst doch, weiß Gott, zufrieden sein. melte mit den Fingern auf einer Kiste, Such dir einmal einen Mann, wie ich bin, die auf dem Tische stand, und schaute nicht du würdest dich schön umgucken.“ ganz behaglich vor sich hin. Noch einmal In diesen Worten lag Überzeugung, öffnete sie die Lippen und begann beschei- | die keiner Begründung weiter bedurfte. den und mit vom Weinen noch zitternder Das gute Weib blickte so voller VerStimme: Wenn man so denkt, daß es auf Erden so viele Dinge giebt, die unsereins nicht kennt, und gar viele Freuden, die auf andere Leute kommen und uns aus

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trauen und mit einem leichten Zug lieblichster Schelmerei zu ihm auf, daß sie in diesem Augenblicke ihres Lebens in vollster Blüte stand, in ungetrübter An

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