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notiz vorgestellt zu werden pflegt: „Postmuseum im Reichs- Postamt, Leipziger straße 15, Montags und Donnerstags von elf bis ein Uhr, nach Meldung beim Portier."

Zu diesem Museum ist anfangs der siebziger Jahre durch den damaligen General-Postmeister, jezigen Staatssekretär des Reichs-Postamtes, Dr. Stephan, der Grund gelegt worden. Ausgehend von dem Gedanken, die Geschichte des Verkehrswesens, in specie die Geschichte des Hauptfaktors des Verkehrs, der Post, in einer wissenschaftlich angelegten und geordneten Sammlung zu verkörpern, hatte der Begründer des Weltpostvereins es verstanden, auch das Ausland zur Bethätigung eines praktischen Interesses für die Sammlung zu bewegen, während schon von Anbeginn, als die Entstehung und der Zweck des Werkes kaum bekannt geworden war, Staats- und städtische Behörden, Gelehrte, Künstler und zahlreiche Private in allen deutschen Gauen darin wetteiferten, der Sammlung wertvolle Beiträge zuzuführen.

Nach der Vereinigung der Telegraphie mit der Post wurden die von der früheren Telegraphenverwaltung mit Eifer und Verständnis gesammelten Telegraphenapparate, Modelle u. s. w. dem älteren Schwesterinstitute einverleibt, und jezt bietet das Postmuseum dem Techniker und der gesamten physikalischen Wissenschaft eine reichhaltige Quelle für ernste Studien, während der postalische Teil immer mehr ein plastisches Bild des Verkehrslebens von den Uranfängen des Geselligkeits- und damit des Verkehrstriebes der Menschheit an bis auf die heutige staunenswerte Entwickelung in unterhal tender Weise vor dem Auge entrollt, zu gleich aber auch in belehrender Weise dem Gedächtnis einprägt.

Wir dürften kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, daß dem Schöpfer des Museums eine der vorstehenden Auffassung im all gemeinen entsprechende Tendenz vorge schwebt haben mag, und wir glauben nicht besser thun zu können, als unserer Wan

derung durch die Räume des Museums einen jener Tendenz folgenden Ideengang zu Grunde zu legen. Wir werden daher, gleichwie wir vor dem förperlichen Auge die systematisch geordneten Schäße vorbeipassieren lassen, so auch dem geistigen. Auge eine kurze Wanderung durch die gesamte geschichtliche Entwickelung des Verkehrslebens in Post und Telegraphie zumuten.

Das Postmuseum beginnt in seinem ersten Raume damit, den Besucher mit der Grundlage des Fernverkehrs: mit der Entwickelung der Schrift und der Geschichte des Schrifttums in seinen Leistungen und Hilfsmitteln, bekannt zu machen.

Ägypter und Affyrer, Perser, Hebräer und andere Kulturvölker der grauen Vorzeit stellen sich hier mit den Beweisen ihrer Berechtigung zur Teilnahme an der Geschichte des Verkehrs dar. Neben einzelnen Papierabdrücken und Facsimilenachbildungen altägyptischer Hieroglyphen auf Denkmälern, Papyrusblättern und anderen Stoffen fesselt ein vom Britischen Museum herausgegebener Band mit neunundsiebzig Tafeln in Chromolithographie unsere Aufmerksamkeit. Dieser Band enthält die genauen Nachbildungen eines ägyptischen Papyrus mit hieratischer Schrift aus der Zeit des Königs Ramses III. (etwa 1270 v. Chr.) nebst Übersehungen und Erläuterungen. Besonders interessant sind ferner drei Terrakottatäfelchen mit ninivitisch kursiver Keilschrift und in der semitisch-assyrischen Sprache verfaßt, die nach den gleichfalls im Britis schen Museum befindlichen Originalen von Robert Ready in London meisterhaft nachgebildet sind. Nach der von Prof. Dr. Schrader (Berlin) im „Archiv für Post und Telegraphie" vom Jahre 1880 veröffentlichten Abhandlung über diese Täfelchen stammen dieselben zweifelsohne aus der Bibliothek zu Ninive oder vielmehr aus dem Archiv des Königs Assurbani-abla, d. i. vermutlich des Sardanapal der Griechen, der seit 668 v. Chr. auf dem Throne Assyriens saß.

Einen Schritt weiter in der Entwicke- | die spartanischen Ephoren bei geheimen lung des Verkehrswesens zeigt uns der Aufträgen bedienten. Sollte eine Botnächste Raum, der Beweisstücke auf diesem Gebiet aus der klassischen Zeit Griechen lands und Roms enthält.

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Auf einem zweiten solchen Frageplättchen wünscht ein „Sokrates“ Auskunft darüber, was er betreiben solle, damit es ihm und seinem Geschlecht besser gehe. Andere wollen ein Rezept von den Göt tern, um sich untereinander besser zu vertragen. Leider vermißt der Forscher, und zwar nicht im Postmuseum allein, den Nachweis darüber, welche Auskunft das Drakel den gläubigen Seelen zu erteilen für gut befunden hat. Der französische Archäologe Carapanos, auf dessen ver dienstliches Werk „Dodone et ses ruines" die Aufnahme dieser Beweisstücke altgriechischen Schrifttums in das Museum sich stüßt, hat zwar noch neuerdings, im Herbst 1883, der französischen Akademie eine Abhandlung überreicht, nach welcher er auf der Rückseite eines solchen Plätt chens die Antwort entdeckt haben will; die von ihm citierte Antwort ist aber gleichfalls so orakelhaft, daß ihre Verewigung auf einem der Beweisstücke des Postmuseums sicherlich wenig zur Aufklärung wißbegieriger Besucher beitragen würde.

schaft ergehen, so schlang man einen schmalen weißen Riemen, fest und genau schließend, um den Stab, schrieb das Nötige in der Längsrichtung des Stabes querüber auf die durch den aufgewickelten Riemen gebildete Schreibfläche, löste den Riemen wieder und schickte ihn so an den Staatsmann oder Feldherrn, für den die Botschaft bestimmt war. Dieser vermochte die jedem anderen unverständlichen zerstreuten Zeichen nur dadurch zu entziffern, daß er den Riemen um den in seinen Händen befindlichen Stab von genau den gleichen Dimensionen schlang. So stellt der Stabbrief wohl die älteste Form eines Feldpostbriefes dar.

Aus der römischen Zeit sind mehrere wohlgelungene Nachbildungen von den heutzutage höchst selten gewordenen Exemplaren der „tabellæ duplices und triplices" vorhanden; auch einen etruskischen Schreibgriffel aus der Nekropole von Orvieto hat das Postmuseum in kunstvoller Bronzenachbildung zu erwerben gewußt, der gerade an dieser seiner Aufbewahrungsstätte einen doppelten historischen Wert dadurch gewonnen hat, daß unser Reichskanzler mit ihm seinen Namenszug eigenhändig einem der vorerwähnten Wachstäfelchen einrigte.

Wie diese Täfelchen im alten Rom auch zarteren, mit dem modernen Briefgeheimnis in gewissem Zusammenhange stehenden Zwecken gedient haben, kann der Beschauer aus ein paar Kopien pompejanischer Wandgemälde entnehmen, in denen schreibende Mädchen dargestellt sind.

Sehr verschieden von diesen kleinen diskreten Täfelchen sind die großen, mit kostbarer Elfenbeinarbeit verzierten Diptychen, welche die römischen Konjuln beim Antritt ihres Amtes auszuteilen pflegten. Von diesen sind gleichfalls einige Exemplare vorhanden neben sonstigem römischem Schreibgerät, Griffeln, Farbebehältern

Klarer schon liegt der Zweck des getreuen Modells einer griechischen Skytale mit Pergamentstreifen zu Tage. Dieser Briefstab oder Stabbrief, den nament- | u. s. w. lich Plutarch (Lykurgos, 30) näher be- Dicht neben diesen Erinnerungen an schreibt, war der Schlüssel, dessen sich die alte klassische Kultur mahnen uns die

Zeichen des Wiederauflebens menschlicher menhang mit dem eigentlichen VerkehrsGeistesbildung an die Zeit, als unter den wesen zeigt. endlich verlaufenden Wogen der Völkerwanderung in der beschaulichen Ruhe der Klöster auch die edle Kunst des Schreibens wieder ans Tageslicht kam.

Die berühmtesten Klosterhandschriften: der Codex argenteus zu Upsala, das Wesfobrunner Gebet, die Vergamenthand schriften des Heliand, Ottfrieds Evange lienharmonie, das Leben der Jungfrau von Wernher von Tegernsee, sind in Einzelproben, die den Charakter der Werke selbst trefflich wiedergeben, vorhanden; daneben zieht das orientalisch farbenprächtige Bild eines im Original auf Papyrus geschriebenen arabischen Passes aus dem Jahre 750 n. Chr. das Auge auf sich.

Vorüber an der Darstellung einer Schreibstube im sechzehnten Jahrhundert, neben der ein Produkt dieser zünftigen Thätigkeit in Gestalt einer geschriebenen Zeitung aus dem Jahre 1536 (Episode aus dem zweiten Zuge Karls V. gegen Franz I.) ausliegt, gelangen wir zur eigentlichen postmäßigen Gestaltung des Schriftwesens: zum Brief in seinen. verschiedenen Formen und schließlich zur modernsten Erscheinung im offenen Gewande der Postkarte.

Brief und Postkarte! Hier schlägt das Herz des Philatelisten (schreckliches Wort!) höher, denn welcher Gedanke liegt näher, als daß das Postmuseum auf diesem Lieblingsgebiete von Männlein und Weiblein, von jung und alt Mustergültigstes in reichster Fülle aufzuweisen haben werde! Nur noch einige Augenblicke Geduld, und wir führen den Besucher zurück an die Tafeln und Kasten, an die Mappen und Schränke, die das Begehrenswerteste in seltenen Briefmarken, Karten und anderen Postwertzeichen aller Art bergen.

In den lichten weiten Sälen, die ein bewegtes Bild internationaler Posteinrichtungen darbieten, treffen wir noch auf Ergänzungen unserer modernen Briefform, denen man auf den ersten Blick kaum ansehen möchte, daß sie auf dem Gebiete einer hochentwickelten Postverwaltung der Jeztzeit sich bewegen.

Den bemerkenswertesten Beweis der da maligen hochstehenden Schreibekunst aber liefern die in demselben Zimmer unter Glas und Rahmen aufgestellten Kopien aus den hervorragendsten alten Handschriften der ehemaligen Hamilton-Sammlung. Diese mit Genehmigung des Kultus-Ministeriums eigens für das Postmuseum angefertigten Nachbildungen sind von der Reichsdruckerei auf heliographischem Wege hergestellt und von dem Maler Hoffacker koloriert worden, dessen künstlerische Begabung in der Feinheit der Zeichnung und im Feuer der Farben vortreff lich zum Ausdruck gekommen ist. Da diese Reproduktionen für das Postmuseum den weiteren Zweck erfüllen sollen, aus den berühmten alten Dokumenten, denen sie entnommen sind, Beiträge zur Geschichte|_tisch-indischen Postbeamten der Landschaft des Nachrichten - Vermittelungswesens zu liefern, so läge eigentlich an dieser Stelle die Versuchung nahe, auf die Fortent wickelung dieses Verkehrswesens im Botendienst, der fast ausschließlich in den Blät tern dargestellt ist, überzugehen; der freund liche Leser mag uns aber zunächst noch in einige ferner liegende Räume begleiten, um die einmal begonnene Geschichte des Schrifttums bis zu ihrem heutigen kosmopolitischen Standpunkt zu verfolgen, in welchem sie zugleich den innigeren Zusam

Dieser unscheinbare Knäuel aus trocke nen Palmblattstreifen wird von dem bri

Orissa als ein vollwichtiger Brief angesehen und behandelt, obwohl Adresse und Inhalt nur mit einer Nadel, dem Auge kaum sichtbar, in das Palmblatt eingerißt sind. (S. nebenstehende Abbild.) Gummi oder Siegellack waren dem Schreiber un bekannt, wegen des heißen Klimas wohl auch ein unnötiger Lurus; eine zähe Faser des Palmblattes zum Knoten verschlungen dient als einzig angemessener Verschluß.

Ein ähnliches Stück Palmblatt, gleich falls mit eingerißten Zeichen versehen, ist

eine Originalabrechnung zwischen zwei Bankiers; daneben liegt das eiserne In strument, mit dessen einem Ende die Zei chen eingerigt werden, während das an dere Ende dazu dient, die an beiden Enden des Palmblattes befindlichen Löcher zu bohren, die zum buchförmigen Zusammenheften der einzelnen Blätter bestimmt sind.

Nach diesem kleinen Ausflug auf das internationale Gebiet der Geschichte des Briefes und der Briefverschlußmittel keh ren wir zurück und beschreiten nun den jenigen Raum, dem alle Jünger der Philatelie nur mit heiligem Schauer nahen.

In der Mitte des Zimmers ragt eine Säule mit fünfundzwanzig Flügeln empor. Auf den beiden Seiten der Flügel sind unter Glas und Rahmen je neun mit den verschiedenen Briefmarken beklebte Blätter eines Brief

darstellen, und solche von den höchsten vorkommenden Wertbeträgen (5 Pfd. Sterl. in England und 60 Dollars in Nordamerika), fast alles in tadellosen, unent= werteten Exemplaren.

Das Frankieren der Korrespondenz ist verhältnismäßig neuen Datums. Es war der Neuzeit vorbehalten, zu erkennen, welche Bequemlichkeit für das Publikum und welche erhöhte Sicherheit für das Kasseninteresse der Postverwaltungen in der Verwendung von Wertzeichen zur Zahlung der Postgefälle liegt. Der Postverwaltung des Königreichs Sardinien gebührt das Verdienst, den Reigen er

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markenalbums angebracht. Diese Marken, ferner die in Schränken aufbewahrten Brief umschläge, Postkarten, Kreuzbänder u. s. w. bilden eine der reichhaltigsten Sammlungen der Welt. Hier finden wir die ersten Postwertzeichen, welche überhaupt verwendet wurden; wir sehen die verschiedenen Herstellungsarten der Mar ken (Handstempel, Kupferdruck, Stahl stich, Buchdruck, Holzschnitt u. s. w.), die Umrandungsarten (gezähnt, ungezähnt) und alle Markengattungen, als Brief-, Telegraphen-, Zeitungs-, Nachporto- und Refommandationsmarken u. s. w., ferner Marken mit Aufdruck versehen zum Zweck der Wertherabsezung oder Erhöhung; sodann Versuche und Entwürfe, die schön sten und primitivsten, die größten und kleinsten Marken, solche, die den Wert betrag eines Bruchteils von einem Penny

öffnet zu haben. Die von ihr im Jahre 1819 ausgegebenen zu Briefumschlägen bestimmten Wertzeichen bestanden aus farbigen Stempeln, die auf die Mitte von Viertelbogen weißen Papiers aufgedruckt waren. Das Papier selbst trug an den Rändern ringsum den Wasserstempel: Direzione Generale delle Regie Poste." Die Wertstempel, einen blasenden Genius zu Pferde darstellend und in Beträgen zu 15, 25 und 50 Centesimi angefertigt, wurden im nächsten Jahre durch farblose Trockenstempel ersetzt und blieben bis zum Jahre 1836 in Gebrauch.

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Dem Vorgange der sardinischen folgte zunächst die englische Postverwaltung, die 1840, zugleich mit Einführung des Pennyportos, ebenfalls gestempelte Briefumschläge anfertigen ließ, und zwar solche zu einem Penny in Schwarzdruck und zu zwei Pence in Blaudruck, deren für die Aufschrift bestimmte Vorderseite die Mulreadysche Illustration (Verherrlichung des

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