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das Verkleinern oder gar das Herunterlassen der Segel aus der Not.

wird der frühere Kurs wieder eingeschla gen. Hilft aber das Luven nicht, so werden die Segel auf Kommando etwas los- Es seien uns bei diesem Anlaß einige gelassen, und das Boot richtet sich sofort Bemerkungen über das Verhältnis der wieder auf. Bei einiger Aufmerksamkeit Wind zur Fahrrichtung gestattet. Bei ist durch diese Manöver jede Gefahr leicht Laien begegnet man häufig der Ansicht,

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zu beseitigen. Die zu begegnende Gefahr ein Schiff könne nur mit dem Winde, verringert sich übrigens sehr erheblich, das heißt nahezu in derselben Richtung, sobald man nicht mehr so fährt, daß der Wind von der Seite her in die Segel fällt, sondern von hinten weht. Bei einer solchen Fahrt muß es schon arg kommen, wenn die Böen dem Boote etwas anhaben können. Zu guter Leßt, das heißt sobald der Wind zu einem Sturm ausartet, hilft

fahren, wie der Wind weht. Diese Ansicht ist eine ganz irrige. Der Segler vermag zwar nicht direkt gegen den Wind zu fahren; es ist jedoch ein Leichtes, den Ort zu erreichen, von welchem der Wind weht; es dauert nur erheblich länger und ist bisweilen etwas langweilig.

wird durch das sogenannte Kreuzen er reicht, welches die beikommende Abbildung besser veranschaulichen wird, als Worte es zu thun vermögen. Bei einer solchen

Boote ist in der beikommenden Abbildung veranschaulicht. Sie besteht aus einem leichten Mast, an dem ein trapezförmiges Rahesegel hochgezogen wird,

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dessen unterste Ecke rechts der Steuermann in der Hand behält.

Noch einfacher und praktischer ist fol gende Takelung, die in England neuerdings auffam, insofern als die Rahe wegfällt und Segel und Mast eins bilden. Der Mast besteht bei den Engländern in der Regel aus einer Bambusstange, welche Leichtigkeit mit Biegsamkeit und Widerstandskraft vereinigt.

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Im allgemeinen ist es anzuraten, sich mit einem kleinen, leicht beweglichen Boote von etwa 4 m Länge die Sporen zu verdienen, mit einem Boote, welches nur ein Segel trägt und erforderlichenfalls ohne Beschwerde gerudert werden kann. Erst wenn man eine gewisse Übung erlangt hat, greife man zu einem größeren Fahrzenge, gehe aber darin, namentlich auf Binnengewässern, nicht zu weit, weil man sich sonst leicht festfährt, nirgends ohne Schwierigkeit anlegen kann und einer ge= Die gebräuchlichste Takelung für größere schulten Mannschaft bedarf, deren Unter- Boote ist die in der Abbildung S. 468 halt die Kosten erheblich erhöht. Nur zur Anschauung gebrachte und wird den wohlhabende Leute dürfen sich den Luxus meisten Lesern wenigstens aus Büchern einer seetüchtigen größeren Jacht gönnen, oder illustrierten Zeitungen bekannt sein. mit der sich längere Fahrten unternehmen Die sogenannte Kuttertakelung besteht, lassen. wie ersichtlich, aus einem gewaltigen Die gebräuchlichste Takelung für kleine Segel hinter dem Mast, dem bei schönem

Wetter ein sogenanntes Topsegel aufgesezt wird, und aus einem oder zwei Klüvern, die vor dem Mast angeordnet sind. Diese Klüver wirken nebenbei beim Wenden als Hebel und bringen ein Boot in kürzester Zeit herum, wenn man deren Handhabung versteht

Für das Segeln auf Binnengewässern bevorzugen hingegen die Franzosen die sogenannte „Houaritakelung“, welche sich allmählich auch in Deutschland einbürgert (siehe Abbildung S. 469). Einmal ist sie entschieden schöner und graziöser, so dann besitzt sie den Vorzug der leichteren Handhabung und verleiht den Booten in gewissen Fällen eine größere Geschwindigfeit. Sie besteht aus einem oder zwei Klüvern, welche dieselbe Rolle spielen wie bei den Kuttern, und aus einem großen spiz zulaufenden Segel hinter dem Mast.

Sehr beliebt sind in England auch die sogenannten Yawls, die sich von den Kuttern durch die Anordnung eines kleinen Mastes mit entsprechendem Segel hinten am Steuerruder unterscheiden (siehe Abbildung S. 470). In England, Frankreich und Amerika kommen außer dem zwei- und dreimastige Jachten vor, die für längere Seereisen bestimmt sind und als wandelnde Wohnungen angesehen werden können. Die berühmteste ist der „Sunbeam", die dem steinreichen eng lischen Eisenbahnunternehmer Braffey gehört. Auf dieser Jacht hat er gar mit Kind und Kegel eine Fahrt um die Welt gemacht, die von seiner Gemahlin höchst anmutig beschrieben worden ist.

Wir sprachen oben von dem bösen Winter, welcher den Segler zu unfreiwilliger Muße verurteilt. Dies ist jedoch nicht buchstäblich zu nehmen. Amerikaner und Russen, denen ein recht strenger Winter beschert ist und die über ausgedehnte Wasser flächen verfügen, find früh auf den Gedanfen geraten, eigens gebaute Schlitten mit Segeln zu versehen und damit über die weite Eisfläche dahinzufliegen. Diese Mode ist jezt auch zu uns herübergedrungen, und der Seglerklub am Wannsee bei Berlin,

beabsichtigt, Regatten mit Segelschlitten zu veranstalten.

Wie ein solcher Segelschlitten aussieht, zeigt die Abbildung S. 471. Er besteht aus einem langen Querholz, welches zwei Kufen trägt, einem Sizraum für die Segler und einer daran angebrachten, wie ein Steuerruder um die Achse drehbaren dritten Kufe, welche ebenso gehandhabt wird wie das Ruder bei Segelbooten. Die Kufen müssen sehr scharf sein, damit sie sich in das Eis einbohren; sonst würde das Fahren mit Seitenwind unmöglich sein und der Schlitten bloß abtreiben.

Bei heftigem Winde und geschickter Führung erreichen die Segelschlitten eine ungeheure Geschwindigkeit, und es hat sich schon öfters auf dem Hudsonfluß ereignet, daß sie die auf den Bahnen am Ufer entlang fahrenden Schnellzüge einholten. Dieser Sport ist jedoch nicht ungefährlich und nur geschickten Seglern bei sehr dickem. Eise anzuraten. Einmal kippt ein Segelschlitten ziemlich leicht, was bei großer Schnelligkeit für die Insassen nicht unbedenklich ist; zudem ist es bei der Geschwindigkeit unmöglich, etwaigen offenen Stellen im Eise und dann einem sehr unfreiwilligen Bade im eiskalten Wasser auszuweichen.

Mit diesem Eissport eng verwandt ist das namentlich in Dänemark viel geübte Segelschlittschuhlaufen, bei welchem der Läufer die Rolle des Mastes übernimmt. Er schnallt sich nämlich hinten auf den Rücken ein leichtes Segel, welches von zwei Rahen unterstügt wird, während zwei Stäbe, die der Läufer in den Händen hält, zur Stellung des Segels dienen, dessen oberer Teil bei zu heftigem Winde heruntergeklappt werden kann. Der Segelschlittschuhläufer vermag nicht bloß mit dem Winde zu laufen, sondern in derselben Weise wie der gewöhnliche Segler bei halbem Winde (Wind von der Seite) zu fahren. Weht es ordentlich, so läßt der Segelläufer die gewöhnlichen Schlittschuhläufer sehr bald hinter sich.

Wir bemerkten oben, daß die Gefahr

fahrt.

mit einen Hauptreiz des Segelsports bil- amerikanischen Dampfer der Dampfschiffdet, daß man sich aber diese Gefahr unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zu groß vorstellen dürfe. Unter gewöhnlichen Verhältnissen, das heißt, wenn man ruhig zu seinem Vergnügen segelt und sich von der Eitelkeit nicht zu Bravourstückchen hinreißen läßt. Anders liegen die Dinge jedoch bei den in Seglerkreisen sehr be liebten Regatten, sobald es an dem festgesezten Tage sehr frisch weht. Bei einem

Das Regattafahren ist, wie man sich denken kann, ein sehr aufregendes Vergnügen. Es gilt, um jeden Preis den Mitbewerbern zuvorzukommen, und hierzu gehört neben einem Boot, welches viele Segel trägt und dem Wasser möglichst wenig Widerstand bringt, geschicktes Manövrieren mit den Segeln und dem Ruder, die gespannteste Aufmerksamkeit.

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Preissegeln gilt es, die Mitbewerber um jeden Preis zu schlagen, zuerst am Ziele anzulangen, und so lassen sich die mit fahrenden Bootsbesizer leicht dazu ver leiten, viel mehr Zeug herauszustecken, als ihr Fahrzeug bei der Windstärke verträgt. Jedes Quadratmeter Leinwand er höht die Geschwindigkeit des Bootes, vermehrt aber auch die Gefahr des Kenterns, und so sind die Regatten reich an Unfällen aller Art: Kentern, Bruch der Masten und Rahen und dergleichen. Diese Unfälle dürfen jedoch dem Segelsport ebensowenig zur Last gelegt werden wie etwa die unsinnigen Wettfahrten der

des Steuermanns und eine zum Sprunge stets bereite kräftige Mannschaft, da das Anholen der meist sehr großen Segel der Jachten einen ungemeinen Kraftaufwand erfordert. Auf der Abbildung S. 473, welche den Sizraum eines amerikanischen Bootes während der Fahrt darstellt, sind eben drei Matrosen mit dem Großsegel beschäftigt und haben trop der Hilfe, welche die Blöcke am Baum gewähren, damit vollauf zu thun, während der Steuermann zum Drehen des Steuerrades seine volle Kraft einseßen muß. Die anderen Mitfahrenden sißen sämtlichauf der Windseite und dienen als lebender Ballast.

Ein prachtvolles Schauspiel gewährt aber auch ein solches Wettfahren von Segelbooten, namentlich bei einer „steifen Brise“, wenn die Boote sich graziös auf die Seite legen und das Waffer am Bug hoch aufsprigt. Die Abbildung* S. 476 stellt ein Wettsegeln um die Insel Wight zwischen den großen Jachten „Hildegard" und „Alice“ dar. Die Schiffsrumpfe er scheinen hier nur als unbedeutende Anhängsel zu der darüber aufgebauten rie jigen Segelfläche, und man begreift kaum, wie die Boote eine solche Last zu tragen vermögen. Das macht alles die vielen Tonnen Eisen oder Blei, die im Raume oder am Kiel untergebracht sind. Hilde gard" hat, dank ihrer größeren Segelfläche, bereits einen nicht unbedeutenden Vorsprung und dürfte, wenn ihre Masten und Rahen nicht brechen, den Siegespreis erringen.

sonst nicht gerade als sportlustig zu bezeichnen ist, bei weitem überflügelt. Was wir in Deutschland namentlich vermissen, das sind große feetüchtige Jachten, wandelnde Wohnungen, auf welchen Familien, statt sich in irgend einem Badeorte zu langweilen, im Sommer weite Vergnügungsreisen unternehmen. Dazu sind wir nicht reich genug, wird man einwenden, und dergleichen vornehme Vergnügungen sind für uns daher eine verbotene Frucht. Dies möchten wir denn doch bestreiten. Von den Leuten abgesehen, die ohne den Kurszettel nicht leben können und daher für Seefahrten untauglich sind, giebt es im Deutschen Reiche unter den Großgrundbesißern und Fabrikanten, in den Hansestädten, in Berlin und anderen Orten, doch viele Familien, welche eine Ausgabe von jährlich einigen tausend Mark für Reisen im vornehmsten Stil, für die ein zige Art des Fahrens, wohl opfern könn=. ten, die vollen Genuß neben absoluter Unabhängigkeit von Abfahrtszeiten, schlechten Gasthöfen, zudringlichen Kellnern und dergleichen gewährt. von dergleichen gewährt. Wir würden uns glücklich schäßen, wenn wir durch unsere schwache Schilderung der Reize der Segelschiffahrt die Anregung zu einem Sport gegeben hätten, welcher nebenbei auf die Entwickelung des einheimischen Schiffsbaues nur fördernd einwirken

Wir sind zu Ende. Deutschland hat in Bezug auf den Segelsport einen er freulichen Anlauf genommen; es fehlt aber noch sehr viel, daß wir uns mit der imposanten englischen Flotte von über viertausend Segeljachten in irgend einer Weise messen können, und es hat uns selbst Frankreich, dessen Bevölkerung

* Wir entnehmen die Abbildung dem in Berlin erscheinenden „Wassersport“, einem Organ, welches wir allen Ruder- und Segelfreunden nur bestens empfehlen können.

könnte.

Monatshefte, LVI. 334.- Juli 1884. - Fünfte Folge, Bd. VI. 34.

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