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us den vergitterten, aber hin- | Wassers erhellte. Die vordere Gondel

ter dem Gitter offenen Fenstern im Erdgeschoß eines schmalen Hauses, das am Rio della Veisericordia stand, fiel trüber Lichtschein auf die dunkle Flut des engen Kanals. Die nächstgelegenen Kirchen San Marziale und Santa Maria dell' Orto hatten ein Uhr nachts verkündet; in dem menschenleeren Nordviertel der Stadt erscholl zu dieser Zeit kaum ein Schritt, und die feuchte Wärme einer fast schwülen Aprilnacht strich durch stille, schlummernde Gassen. An erhöhten Stellen der Ufer und namentlich auf den kleinen Bogenbrücken leuchteten, seltsam genug in so som merlicher Nacht, halb herabgebrannte Feuer. Der scharfe Duft verglühenden Wachholderreisigs stieg mit dem lang sam hinziehenden graugelben Dampf von ihnen auf. Sie schienen den beiden Gondeln, welche in mäßigem Abstand von einander dem Hause am Rio zufuhren, bis dahin den Weg gezeigt zu haben, wo der vereinzelte Lichtschein eine Stelle des Monatshefte, LVI. 334. Juli 1884.

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war ein ungewöhnlich breites, hoch überdachtes Fahrzeug, welches die beiden selt= sam gekleideten, mit breiten Schifferhüten und dunklen Gesichtsmasken bis zur Unkenntlichkeit verhüllten Gondoliere nur mühsam fortbewegten. Die hinter ihr dreinkommende war von hundert anderen schlanken und spißschnäbeligen Gondeln nicht zu unterscheiden, sie schien völlig leer zu sein und gehorchte dem einen an Bord stehenden Ruderer mit aller Leichtigkeit. Das große Fahrzeug hielt dicht unter den Fenstern, aus denen der Lampenschein glänzte, einer der Gondoliere schwang sich leicht ans Ufer und erhob sich auf den Zehen zu dem Gitterwerk. Mit einem rohen Lachen rief er seinem auf dem Fahrzeug zurückgebliebenen Genossen nur die Worte,,Noch nicht!" zu und sprang mit einem Sage auf seinen Standort zurück. Dann stieß er die Stange kräftig auf den Grund. Sein Vordermann machte eine brummende Bemerkung, die hinter seiner Ledermaske verklang, und mit neuer sicht

- Fünfte Folge, Bd. VI. 34.

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licher Anstrengung führten beide ihre hoffnungslos an der giftigen Seuche

plumpe, schwerbelastete Gondel durch den engen Kanal in die breitere Flut der Sacca della Misericordia hinaus. Der zurückgebliebene Gondolier brachte währenddessen sein Fahrzeug bis zu der Stelle, wo die anderen vorhin gehalten hatten, legte an und befestigte die Kette an einem der bereitstehenden Pfähle. Er hatte eben die Worte, welche der Verhüllte rief, vernommen, trat jezt an das gleiche Fenster wie sein Vorgänger und rief, ehe er noch wahrgenommen haben konnte, was drinnen in dem Gemach vorging: Du lebst, Andrea, und Fra Paolo ist bei dir?"

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Von drinnen heraus ward eine Stimme hörbar, die noch stark, aber hohl erklang und an der Mauer jenseits des engen Kanals seltsam wiederhallte: „Ich lebe, Daniellobin aber allein. Der Theatiner ist vor drei Stunden hinweggegangen; er meinte, es zieme ihm, in seinem Kloster und nicht hier zu sterben."

„Also auch er!" seufzte der Gondolier, und der Kranke im Zimmer hätte hören können, daß er seine Zähne gewaltsam zusammenpreßte, um sie am Schlagen zu hindern. Ich werde zu dir hineinkommen, Andrea; nur ein Narr wähnt heute noch in Venedig dem Tode zu entlaufen. Mir liegt nichts mehr daran, zu leben, wahrlich nichts mehr, und wüßte ich ganz gewiß, daß wir dem von San Erasmo nicht drunten begegneten, ich wartete nicht erst ab, bis es der Pest gefällt, mich heranzuwinken."

Das alles sagte Daniello schon mehr für sich als für den Kranken im Gemach drinnen. Er hatte sich dem Eingang des Hauses zugewandt. Im Lichtschein erblickte er auf der Thür ein frisch gemaltes rotes Kreuz. Unwillkürlich sah er nach den anderen Thüren des Rio hinüber, die er von hier zu erkennen vermochte, jede trug das gleiche Zeichen. Daniello murrte vor sich hin: „Sie sollten die Farbe sparen und die paar Häuser zeichnen, die noch verschont sind." Aber ohne weiter zu zögern, trat er in das Haus und demnächst in das gewölbte, aber niedrige Gemach ein, in welchem sein Kamerad Andrea

daniederlag, die in diesem Jahre des Herrn 1630 seit vielen Wochen Venedig in Furcht und Trauer verseßte. metallene Lampe, die nach außen hin schien, stand auf einer niederen Säule aus farbigem Marmor, welche aus irgend einem verfallenen Palazzo in dies dürftige Gemach geraten sein mußte. An der hinteren Wand stand das Bett des Kranken, der in heftiger Fieberhiße, doch vollkommen. klaren Bewußtseins, dem Eingetretenen zurief: „Du hättest nicht kommen sollen, Daniello, ich werde es bald überstanden haben, und dir wollten Gott und die Heiligen vielleicht das Leben gönnen.“

„Wollen sie mir's gönnen, so werde ich auch gesund von hier gehen, Andrea!“ versezte der Gondolier, indem er dem dürftigen Lager näher trat. Der auf demselben Ausgestreckte schien eine so mächtige Gestalt als der Aufrechtstehende, welcher den Kopf neigen mußte, um nicht gegen die Rippen der Steinwölbung anzustoßzen. Auch sonst waren die beiden. Männer einander ähnlich: der runde Kopf mit buschigem schwarzem Haar und ein. gewisser Ausdruck der dunklen Augen war ihnen gemeinsam, selbst ihre Gesichter würden sich geglichen haben, wäre nicht dasjenige Andreas von der Krankheit ent= stellt, fieberisch gerötet und eigentümlich geschwollen, dasjenige Daniellos aber bleich und so hager erschienen, daß Stirn und Backenknochen beinahe eckig hervortraten. Der Gesunde beugte sich furchtlos über den Todkranken und sagte: „Begehrst du noch irgend etwas, Andrea?“ „Doch doch!" versezte eifrig der Kranke. „Das Wasser im Krug ist zu Ende ich fürchte, auch das in der Cisterne. Wüßtest du mir einen letzten. frischen Trunk zu schaffen, Daniello!"

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„Und warum nicht?" rief der Gesunde mit einem plößlichen Aufzucken von Troß in Mienen und Stimme. „Hier herum müssen manche Cisternen noch gefüllt sein, in Häusern, wo sie längst kein Wasser mehr brauchen! Hab eine Viertelstunde Geduld, und es soll dir nicht fehlen!"

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Und damit nahm Daniello entschlossen | den leeren Krug und trat in den Hof des Hauses, wo er sich zunächst überzeugte, daß die runde Cisterne bis auf den Grund ausgeschöpft sei. Dann schwang er sich entschlossen über die nicht allzu hohe Mauer, die diesen Hofraum von einem nächsten trennte, in dem gleichfalls ein Regenbrunnen vorhanden war. Als er sich an den selben herantastete, fand er den hölzernen Deckel geschlossen, doch beugte er nur den Stiernacken ein wenig, seßte beide Hände fest an und brach die dicken Bretter ohne große Anstrengung entzwei. Indem Daniello dabei ein wenig ausglitt, stieß sein Fuß im Dunkeln an einen Gegenstand, welcher dem Stoße nachgab. Über den Leib des starken Mannes ging plößlich ein Frostschauer, er brauchte nicht mit der Hand nachzufühlen, um zu wissen, daß dort, wo er hinstarrte, ein menschlicher Körper liege. Er wußte zugleich, daß der Tote auf dem Wege zur Cisterne umgesunken und verschieden sei, und sagte vor sich hin: Dem Andrea hätte es ebenso ergehen können gut, daß ich kam! Wer wird mir morgen oder über morgen den lezten Trunk reichen? Und die Schufte, die neugebackenen Becchini, thun ihre Pflicht schlecht, schauen nicht einmal in die Höfe. Andrea darf nichts davon erfahren!" Er hatte während dieser Worte den Krug gefüllt, warf noch einen scheuen Blick in den dunk len Raum zurück und machte sich auf den Rückweg. Das Überklettern der Hofmauer zeigte sich jezt schwieriger als vor hin, aber er entwickelte ein Geschick und eine Sorgfalt dabei, die man der übergroßen Gestalt faum zugetraut hätte. Kein Tropfen des schwer gewonnenen Was sers ward verschüttet, und zwei Minuten später stand er wieder am Lager seines Genossen, der mit vollem Fieberdurst den Steinkrug an seine Lippen sezte, ihn aber nicht zu fassen vermochte, jo daß Daniello ihn halten mußte. Die Augen Andreas richteten sich mit einem so dankbaren Ausdruck auf den Helfer, daß dem rauhen Mann die eigenen Augen feucht wurden.

„Man meint schon Höllenglut brennen zu fühlen,“ sagte der Kranke, als er endlich den Krug von seinen Lippen ließ. „Fra Paolo hat meine Beichte gehört und schwört mir, daß Gott barmherzig sein wird; ich aber kann ihm nicht glauben, Daniello, wie gern ich's auch möchte. Wenn Leute wie wir dem Teufel nicht zufallen, so geht er immer leer aus. Ich fürchte, daß ich dort schmachten werde, wo du mir keinen Tropfen Wassers zur Erquickung reichen darfst."

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Daniello sezte den halbleeren Krug so heftig auf die Steinfliesen nieder, daß er klirrte. Und warum willst du unserem Theatiner nicht glauben?“ rief er leidenschaftlich. „Warum sollten wir verdammt. sein, die wir nichts gethan haben, als was unsere erlauchten Herren uns geboten? Ist unrecht geschehen, so falle es auf ihre Seele; wir sind niedrig geboren und haben die Ratschlüsse der Gebietenden nicht zu verantworten!"

Mit Anstrengung richtete sich Andrea auf seinem Lager so weit empor, daß er sich auf beide Hände stüßte und Daniello ins Gesicht zu sehen versuchte. „Das dünkt uns wohlfeiler Trost, solange wir mit allen Lebendigen auf der großen Flut schwimmen. Wenn wir aber hinabsinken. und sterbensallein sind, Daniello, dann wissen wir mit einemmal, daß wir für uns selbst stehen müssen. Und wenn der ganze Rat der Zehn heute mit mir zugleich stürbesie lassen mich doch allein vor den höchsten Richter treten, und ich kann mich auf ihre Befehle nicht berufen!"

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Befehl wohl hundert Menschen in den Lagunen verschwinden lassen. Dort unter der Säule liegt ein Beutel mit mehr als tausend Zechinen; ich würde nicht ebensoviel Silbergulden besigen, wenn ich fortgefahren hätte, die Leute vom Rio San Felice den großen Kanal hinauf- und hinabzuführen. Gesteh es ein, Daniello, daß es bei dir nicht anders ist! Ich muß dir den Schatz zurücklassen; wollte Gott, du wüßtest etwas damit zu thun, daß meine Seele Ruhe fände!"

„Ich werde Seelenmessen abhalten lassen bei den Theatinern und den Karmelitern dazu!" beteuerte der Angerufene. Doch Andrea, der schon längst wieder in die Kissen zurückgesunken war, entgegnete äch zend: „Messen thun es nicht! Du müßtest das Ärgste gut zu machen trachten, was wir gethan haben. Nimm all mein Geld. dazu und schone das deine nicht, wenn dir Gott Zeit zu solcher Buße läßt.“

gelassen, so schreckte ihn die Stimme seines sterbenden Genossen wieder auf. Andrea rief nach Wasser. Daniello hob den Krug zum zweitenmal an den Mund des Dürstenden. Wieder schlürfte der Kranke in gierigen Zügen, bis er mit einemmal innehielt und mit einer Gebärde hilflosester Verzweiflung das Gefäß so heftig von sich stieß, daß der Rest des Wassers über seine grobe Decke und auf den Boden herabfloß. Dabei griffen seine Arme in die Luft wie die eines Ertrinkenden, und er rief in kläglichem Tone: „Sie sind um mich, Daniello alle, alle! Sie ziehen mich hinab da ist Orlando Cornaro er fleht nicht mehr um sein Leben, Daniello — er packt mich und will das meine! Erbarmen, Herr - Erbarmen!"

Daniello unterschied deutlich die Worte und die röchelnden Laute dazwischen. Andreas Augen öffneten sich noch einmal Die Worte des Kranken hatte Daniello und bohrten sich in eine Ecke des Gemaches, nur verstanden, indem er sich zu ihm | in der Daniello nichts erblickte als die leeren herabbeugte. Jezt blickte er düster auf | Wände und aus der ihn doch ein Schauer den Gefährten, dessen Augen geschlossen anwehte. Der Sterbende hatte durch waren und dessen lezte Kraft in dem lan- den Namen Cornaro ein Bild beschworen, gen Gespräch erloschen schien. Daniello das nun auch vor seinen Blicken stand öffnete die Lippen zwei, dreimal nur zu und nicht weichen wollte. Eine Frage an unverständlichen Lauten und stöhnte zuletzt den Kranken erstarb auf Daniellos Lippen, mit einem Atemholen, als ob er Nacken die gebrochenen Augen und der starr ge= und Rücken unter einer ungeheuren Last streckte Körper Andreas belehrten in diebeuge: Gut machen, was wir auf Geheiß sem Augenblick den Frager daß sein unserer edlen Herren gethan haben? Nicht Kamerad in dem Aufschrei von vorhin er noch ich wüßten die Namen der Meisten seine Seele ausgehaucht habe. Seine erste zu nennen, welche mit unserer Gondel hin- Regung war die unwillkürliche um Erausfuhren und nicht wieder heimkamen. haltung des eigenen Lebens. Er wich mit Fra Paolo hätte ihn kräftiger trösten unsicheren Schritten von dem Bett des müssen ich wollte es ihm danken! Die Geschiedenen bis an die Thür zurück, dort elende Pest macht uns alle matt, selbst stand er ein paar Minuten still und lauschte, den Glauben und die Zunge eines so ob Andrea nicht wieder erwachen wolle. wackeren Mönches, als der Theatiner Aber kein Laut drang von dem Lager her war." zu ihm. Da besann er sich auf den leßten. Willen seines Gefährten, ging nach der Säule, von welcher die Lampe noch leuchtete. Er schob die Säule kräftig zurüc und nahm ohne viel Mühe die Platte im steinernen Fußboden wahr, unter der Andrea seine Ersparnisse geborgen hatte. Was auch mit denselben geschehen mochte

Daniello fühlte sich in diesem Augen blicke selbst unsäglich müde, er sah sich in dem Gemache um und trug einen hölzernen Schemel dicht bis an das Lager Andreas, wobei er sich doch so seßte, daß ihn der Hauch des Schweratmenden nicht treffen konnte. Kaum hatte er sich nieder

- in die Hände der Pestknechte, welche am Morgen hier ihre Arbeit thun würden, sollten sie nicht fallen. So hob Daniello den schweren ledernen Beutel auf, in welchem der Tote seinen Schaß geborgen hatte, und nahm sich nicht einmal die Mühe, die Säule wieder an ihren Plaz zu rücken. Er eilte, aus dem Gemach zu kommen. Indem er die Thür hastig öffnete, drang von draußen ein Strom schwüler Luft, und die Lampe, welche schon zuvor unruhig geflackert hatte, erlosch in dem Zuge zwischen Thür und Fenster. Daniello ließ das dunkle Gemach mit der Leiche Andreas hinter sich, draußen leuchtete ihm von ferne das verglühende Feuer auf der Bogenbrücke bei San Marziale entgegen. Aber bevor er eiligen Schrittes bis dort hin gelangt war, besann sich der erschütterte Mann. Er wandte sich um und ging langsam, unschlüssig Fuß vor Fuß sehend, dahin zurück, von wo er eben entflohen war. Er trat in seine Gondel und warf sich todmatt auf den Boden derselben, so daß der eine Siß des Fahrzeugs seinem Kopfe zur Stüße diente. Ein dunkler Gedanke, hier schlafen zu wollen, schien ihn beherrscht zu haben. Doch schloß er weder seine Augen, noch machte er einen Versuch, die marternden Gedanken zu verscheuchen, die so gut ein Vermächtnis seines toten Kameraden waren als der Beutel, den er eben klirrend auf den Boden der Gondel geworfen hatte und über dem er jegt ruhte.

Ein dumpfer Druck lag auf Daniellos Hirn, er mußte sinnen und sinnen, wo Andreas Seele nun weile und ob die Verzweiflung, in welcher der Arme dahingefahren, der Anfang viel schwererer Qualen sei. Sieben Jahre hatten sie gemein sam dem Rat der Zehn und den Staatsinquisitoren gedient, ihre Gondel hatte vom Dogenpalast aus so manchen zum Tode getragen, und nicht ihm noch Andrea war es je eingefallen, nach Schuld und Unschuld der Armen zu fragen, die aus ihrem Fahrzeug in die Flut versanken. Und so fuhr er auch jezt mitten aus seinem finsteren Hinbrüten noch einmal troßig

auf: „Wer sind wir, daß wir die Thaten der Häupter Venedigs verantworten sollen? Wissen wir, ob nicht alle Verurteilten des Todes schuldig waren?" In dem nachtstillen Kanal und an den verlassenen hohen Häusern hallte sein wildes kurzes Selbstgespräch seltsam wieder, der hohle Klang seiner Stimme ließ ihn alsbald verstummen. Doch wenn er meinte, die Schatten verscheucht zu haben, welche ihm der verstorbene Kamerad in seinen leßten Augenblicken heraufbeschworen, so empfand er alsbald, daß dies nicht mög lich sei. Der Name Orlando Cornaro trat wieder und wieder auf seine Lippen, und während seine Gondel hier zwischen hohen Brandmauern im schmalsten Streif Wassers festlag, trieb dieselbe in seinen Gedanken weit draußen auf der offenen Lagune, das hohe Kastell von San Andrea dell' Lido zur Seite. Sein Genosse und er selbst hatten die Ruderstangen eingezogen und standen eines Winkes des Mannes mit dem unbeweglichen Gesicht, der in der Mitte der Gondel saß, gewärtig. Doch im gleichen Augenblick, wo der Wink gegeben ward, hatte sich ein junger. Mann, welcher gefesselt am Boden lag, seiner leichten Bande entledigt, war emporgesprungen und hatte die Knie nicht des bestürzten Würdenträgers auf der Gondelbank, sondern des rauhen Andrea umfaßt. Der Mond brach eben mit fahlem Licht durch die Wolkenschichten, die vom Eiland San Erasmo her, über die Flut hintrieben, und ließ das bleiche, angsterfüllte Gesicht des jungen Nobile wahrnehmen, welchen beide Gondoliere als den prächtigen Orlando Cornaro erkannten, der seit furzem aus der Reihe seiner fröhlichen Genossen verschwunden war. „Um meines Kindes willen, Erbarmen!" rief er Andrea zu und wandte einen flehenden Blick zu Daniello rückwärts. „Ich bin schuldlos, habe nichts verbrochen, als leichtfertig mein Erbe verschwendet! Um meiner Chiarina willen, habt Erbarmen!" Die beiden rauhen Gesellen standen erschrocken und wie gelähmt; das Mitglied des Rates der Zehn hatte sich von seinem Size

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