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Kann eine solche Summe bei einem Schiffe, dessen Bau zwei bis drei Millionen er fordert, in das Gewicht fallen? Die Sache stellt sich aber auch nicht einmal so teuer, denn für jedes Floß sind mindestens zwei Boote entbehrlich, welche schon über die Hälfte der Kosten decken. Und selbst wenn lettere zehnfach so groß wären, würden sie in Anbetracht der Zwecke bestritten werden müssen. Wenn sie den Reedern zu schwer fallen, dann beschränke man dafür entsprechend den mehr als fürstlichen Luxus, mit dem die Kajüten ausgestattet sind. In der Stunde der Gefahr nüßt dieser nichts, und die Passagiere werden ihn gern entbehren, wenn sie wissen, daß dafür ihr Leben gesichert ist, und ebenso gern würden sie sich eine Erhöhung des Passagiergeldes gefallen Lassen, wenn sie dafür die Aussicht auf Rettung bei einem Unfalle eintauschen.

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Auf der nautischen Ausstellung im Jahre 1882, wo es zuerst vor die Öffentlichkeit geführt wurde, erhielt es von den Preisrichtern, den Admiralen Hood und Boys und Sir Digley Murray, nautischem Berater des „Board of Trade“, den ersten Preis von hundert Guineen mit der Begründung zuerkannt, „daß dasselbe im Falle eines Schiffbruches die schnellsten und bereitesten Mittel darbiete, um eine große Zahl Menschen zu retten und sie für längere Zeit über Wasser zu halten.“ Ebenso wurde dem Floß auf der vorjährigen internationalen Fischerei-Ausstellung in London der einzige Preis unter vierundfünfzig verschiedenen Rettungsgeräten erteilt.

Auch die von einigen Seiten ausgesprochene Befürchtung, die Flöße beschwerten zu sehr das Oberdeck, trifft nicht zu. Ein Rettungsfloß für vierhundertundfünfzig Menschen mit sämt lichem Zubehör wiegt dreihundert Centner. Diese Thatsachen und die durchgängig Zwei Boote, welche dafür ausfallen kön- günstigen Urteile seitens der englischen nen, aber nur höchstens siebzig Menschen Presse zeigen zur Genüge, daß der Wert tragen, wiegen mit ihren Kränen u. s. w. der Erfindung von kompetenten Autorizweihundertundfünfzig Centner, und da so täten voll gewürdigt und anerkannt wird. wie so eine Kommandobrücke vorhanden Es ist jetzt Sache des Volkes sowohl wie sein muß, so bleibt eher noch ein Weniger der Regierung, auf ihre allgemeine Einzu gunsten des Floßes. Für kleinere | führung auf den Passagierschiffen zu drinSchiffe kann man ja auch kleinere und gen, damit solche furchtbare Unfälle wie demgemäß leichtere Flöße bauen. auf der Cimbria“, an denen nur der Mangel an geeigneten Rettungsmitteln die Schuld trug, nicht wiederkehren.

Die ausgeübte Kritik kann deshalb nicht vor den Thatsachen bestehen und verdient keine Beachtung. Mögen wir Deutsche uns noch so hoch schäßen, immerhin werden wir einräumen müssen, daß die Engländer im nautischen Können und Wissen uns mindestens ebenbürtig sind, und sie sind mit der Einführung der Flöße bereits vorgegangen. Das Panzerschiff „Polyphemus" ist mit zwei der letteren und das Truppenschiff „Orontes“ mit einem ausgerüstet. Ebenso ist ein Floß augen blicklich für eine englische transatlantische Linie im Bau. Eine abfällige Kritik hat

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Eine andere, fürzlich von deutscher Seite gemachte Erfindung, die ebenfalls von großem Werte für Rettung von Menschenleben bei Schiffbrüchen ist, verdient hier noch Erwähnung und Empfehlung. Es ist dies Martens' patentiertes Rettungsboot. Im Laufe dieser Abhandlung ist mehrfach darauf hingewiesen, daß Boote dadurch leicht kentern, weil die Passagiere sich massenhaft in dieselben stürzen und dadurch die eine Seite bedeutend mehr als die andere auf einmal

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Martens' verlängerter Kiel heruntergelassen. Seitenansicht und Querschnitt.

Stabilität des Bootes sein, welche bei der plößlichen Beschwerung einer Seite, wie sie bei Unfällen durch den Andrang der Passagiere fast stets eintreten wird, das Kentern hindert. Dauert diese Belastung

Fig. 10.

A H

Martens' verlängerter Kiel aufgeholt. Quer schnitt.

es freilich dennoch möglich, daß die eine Bordwand unter Wasser gedrückt wird und das Boot vollläuft, aber die Luftkasten werden es vor dem Sinken bewahren und der Fächerkiel jedenfalls nicht gestatten, daß es sich um sich selbst dreht. Die angestellten Proben haben diese That

Wie Fig. 9 zeigt, besteht sie der Hauptsache nach aus einem in der Mitte des Bootes und dessen Schwerpunkte verlängerten Kiel. Derselbe ist jedoch beweglich und besteht aus Blechplatten, die so durch Gelenke miteinander verbunden sind, daß längere Zeit und ist sie sehr groß, so ist sie sich fächerartig aufeinander. legen und für den Nichtgebrauch in einem Schlitz des in entsprechender Breite fonstruierten eigentlichen Kieles hinaufziehen Lassen (Fig. 10), was durch eine über Rollen laufende Kette im Hinterteil des Bootes geschieht. Ist das Boot zu Wasser gelassen, so wird die Kette losgeworfen, der Fächer fällt durch seine eigene Schwere aus dem Schlit, entfaltet sich zu dem verlängerten Kiel und wird durch die von den Bordwänden des Bootes ausgehenden und bis zu seiner unteren Kante rei chenden Ketten so gestüßt, daß ein seitlich gegen ihn geübter Wasserdruck ihn nicht aus seiner senkrechten Lage bringen kann. Der Querschnitt des Bootes (Fig. 9) zeigt die Stellung der Ketten bei heruntergelassenem Kiel. Die Wirkung dieses beweglichen Kieles ist doppelter Art. Bei einem Durchschnittsgewicht von 250 kg

sachen ergeben, und somit kann man die Martenssche Erfindung als eine ganz wesentliche Verbesserung der Rettungsboote ansehen, welche ebenfalls auf den Passagierschiffen zur Einführung kommen sollte, da Ropersche Flöße wohl einen Teil der Boote erseßen können, aber Schiffe eine gewisse Zahl derselben immer mit sich führen müssen und bei Unfällen auch auf sie stets zurückgegriffen werden wird.

In dem Vorstehenden ist von wirk samen Rettungsgeräten die Rede gewesen,

welche bei einem Unglücksfalle auf See in Thätigkeit treten können, um denselben in seinen Folgen für die an Bord befindlichen Personen so weit abzuschwächen, wie dies überhaupt in menschlicher Macht liegt. Von ungleich größerem Werte würde es jedoch sein, wenn man Mittel auffände, um solchen Katastrophen vorzubeugen oder wenigstens ihre bei den gegenwärtigen Schiffahrtsverhältnissen stets wachsende Zahl zu vermindern. Diese Vermehrung der Unfälle wird hauptsächlich durch Kolli sionen herbeigeführt. Strandungen von gut bemannten, stark gebauten und mit großer Maschinenkraft ausgestatteten Passagierdampfern sind verhältnismäßig selten, meistens eine Folge elementarer Wirkungen bei schweren Stürmen, und sie bleiben in einem ziemlich konstanten Verhältnis zu der Zahl der Schiffe. Kollisionen da gegen mehren sich unverhältnismäßig, namentlich in belebten Fahrwassern, weil die modernen Dampfschiffe mit großer Geschwindigkeit fahren und auf entgegen gesezten oder sich kreuzenden Kursen sich einander so schnell nähern, daß sie nachts und namentlich bei trübem Wetter sich zu spät entdecken, um sich rechtzeitig aus dem Wege gehen zu können.

ken und sofort beide die Maschinen umkehren, so sind sie dennoch 300 bis 400 m aneinander vorbeigeschossen, ehe sie zum Stillstand kommen, und da sie nur wenig mehr als eine halbe Minute Zeit haben, um mit Hilfe des Steuerruders auszubiegen, so ist stets ein Zusammenstoß zu fürchten. Bei Nebel, der so häufig in der Nordsee und dem englischen Kanal auftritt, sieht man oft die Laternen kaum auf 150 m, und wenn dann keine Kollision erfolgt, so ist es Gottes Wille, denn in solchem Falle ist jedes wirksame Manöver ausgeschlossen. Dann haben beide Schiffe nur acht bis zehn Sekunden, und in dieser Zeit läßt sich weder die Maschine umsteuern, noch gehorcht das Schiff bei seinem gewaltigen Moment dem Steuerruder, selbst wenn dieses sich so schnell zu Bord legen läßt.

Die einzige Art, die Kollisionen zu verringern, wäre deshalb die Auffindung von Mitteln, um einerseits die Schiffe schneller zum Stillstande zu bringen und sie andererseits manövrierfähiger zu machen, um prompter ausweichen zu können, als dies mit Hilfe des Ruders allein möglich ist. Zu diesem Zwecke sind schon früher, besonders aber nach dem „Cimbria“-Falle, die verschiedensten Vorschläge gemacht, deren praktischer Durchführung sich indessen mannigfache und meistens unüberwindliche Hindernisse in den Weg stellten.

Es giebt jedoch solche Mittel, und zwar bietet sie der Hydromotor. Er ist die Erfindung eines Deutschen, des Dr. Emil Fleischer, und seine nähere Beschreibung dürfte auch von anderen Gesichtspunkten aus den Leser interessieren.

Die vorgeschriebenen Laternen, welche Schiffe nachts führen müssen, sollen nach den gesetzlichen Vorschriften so viel Licht stärke besigen, daß sie eine Seemeile (eine viertel deutsche Meile) weit zu sehen sind. Für gewöhnliche Witterungsverhältnisse und klare sichtige Luft reicht dies voll ständig aus, und auch die schnellsegelndsten Dampfer können sich auf 1850 m (eine Seemeile) Entfernung ohne Schwierigkeit ausweichen. Sehr oft sind jedoch bei dikkem Wetter die Laternen auf kaum 500 m zu sehen, und dann tritt schon die Gefahr der Kollision ein. Ein Dampfschiff gebraucht bei vierzehn bis fünfzehn Seemeilen Fahrt, wie sie heutzutage bei Passagierschiffen gebräuchlich ist, vier- bis fünfmal seine eigene Länge, um zum Still stande gebracht zu werden. Wenn des halb auch beide Gegensegler bei einer solchen Entfernung sich gleichzeitig erblik- | entgegengeseßter Richtung forttreiben. Die

Während Dampfschiffe sonst entweder durch Schraube oder Rad fortbewegt werden, geschieht dies beim Hydromotor durch hydraulische Reaktion oder Wasserprall, das heißt, es werden in ununterbrochener Reihenfolge Wasserstrahlen von großer Geschwindigkeit durch Röhren ausgestoßen, welche das Schiff nach demselben. Princip, wie dies bei Raketen durch das Ausströmen der Pulvergase geschieht, in

hydraulische Reaktion als solche ist keine Entdeckung der Neuzeit, sondern schon sehr lange bekannt, ihre Anwendung auf Schiffe jedoch neueren Datums und etwa zwanzig Jahre alt. Die großen nautischen Vorteile, welche sie Schraube und Rad gegen über bietet, bewog die englische Regierung, auch ein Panzerschiff, die „Waterwitch“, damit auszurüsten und vergleichende Versuche mit Schraubendampfern gleicher Dimensionen und gleicher Maschinenkraft anzustellen. Der Wasserprall wurde in folgender Weise erzeugt.

In der Mitte des Schiffes war dessen Boden durchlöchert und um diese Öffnun gen eine eiserne Cisterne von entsprechen der Höhe gebaut, in der das Wasser ebenso hoch stand wie außenbords. Vermittels einer in der Cisterne laufenden und von einer Dampfmaschine getriebenen Centrifugalpumpe wurde das sich stets ergänzende Wasser aufgenommen und durch Röhren, welche auf beiden Seiten quer durch die Schiffswände gingen, mit großer Geschwindigkeit hinausgeschleudert. Diese Röhren teilten sich außen in zwei Äste, von denen der eine in der Richtung nach hinten, der andere nach vorn parallel dem Schiffe wies. Durch einen Hebel, der sich auf der Kommandobrücke befand und einen Dreiweghahn in den Röhren in Bewegung seßte, war man im stande, mit einem Druck die Wassersäulen ganz nach hinten oder vorn, oder halb nach hinten und vorn ausströmen zu lassen, ohne daß dabei der Gang der Maschinen irgendwie verändert zu werden brauchte. Im ersteren Falle bewegte sich das Schiff voraus, im zweiten ging es rückwärts, im letzten stand es still, da die Strahlenhälften gleichmäßig gegenein ander wirkten. Es drehte sich endlich auch ohne Hilfe des Steuerruders nach der entsprechenden Seite, wenn man die eine Wassersäule rückwärts und die andere vorwärts ausströmen ließ, was alles sich durch einen Hebeldruck bewerkstelligen ließ. Bei den Vergleichsproben traten alle durch eine solche Einrichtung erzielten nautischen Vorzüge klar zu Tage; die

Schnelligkeit blieb jedoch, wenn auch nur um eine Kleinigkeit (fünf Prozent) hinter den Vergleichs - Schraubenschiffen zurück, und ebenso war der Kohlenverbrauch um ein Geringes größer. Immerhin zeigte sich die erzielte Leistung für den ersten Versuch als eine sehr große, und wie jede neue Erfindung verbesserungsfähig ist, so wäre es auch diese gewesen. Auf irgend welche Weise würden die kohlenfressenden und den Nugeffekt beeinträchtigenden Reibungskoefficienten sich haben vermindern lassen, allein man gab sich damit keine Mühe und ließ die Sache fallen. Sie fand namentlich in Kreisen der Maschinenfabrikanten, die ihre für Herstellung von Schrauben und Wellen mit bedeutendem Kostenaufwand eingerichteten Etablisse= ments bedroht sahen und in England eine große Macht bilden, zu viele Gegner, und da die Marine mit der Einführung der neuen Kraft nicht weiterging, so sahen auch die Privaten davon ab.*

Dr. Fleischer nahm vor einigen Jahren. die Sache wieder auf und erfand den Hydromotor, der bei allen Vorzügen der früheren Wasserprallschiffe einen großen Teil von deren Nachteilen vermeidet und vor allen Dingen die Sicherheit der Dampfschiffahrt in einer Weise erhöht, welche der allgemeinsten Beachtung wert ist.

Der Hauptunterschied beider Arten Reaktionsschiffe beruht in der Art der Erzeugung des Wasserstrahles. Bei der älteren Methode geschah dies durch die von Maschinenkraft getriebene Pumpe, beim Hydromotor fällt jedoch jede Zwischeninstanz fort. Hier wirkt der Dampf direkt auf das Wasser; Pumpe und Maschine sind beseitigt. Damit ist nicht nur eine bedeutende Vereinfachung des Treibapparates gewonnen, sondern der ungemein wichtige Vorteil erzielt, daß die

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