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lagten Frauen begegnen, sind es meistens Fürstinnen, welche schon durch ihre hohe Stellung vielen sonstigen Bedingungen der weiblichen Natur entrückt sind.

Daß wir, wenn wir zurück in die Geschichte blicken, die ersten philosophieren den Frauen in Griechenland antreffen, ist sehr erklärlich. Als geringste Voraussezung für eine allgemeinere Teilnahme der Frauen an philosophischen Bestrebungen muß es sicherlich gelten, daß die Philosophie ein Gemeingut der Öffentlich keit geworden sei, während dort, wo die Weltweisheit eine Geheimwissenschaft bevorzugter Kasten blieb, wie in Indien oder Ägypten, sie bis zu den Frauen natürlich nicht herabdringen konnte. Aus demselben Grunde finden wir aber auch in Griechenland erst Philosophinnen, nach dem die starre Gebundenheit der Sitte, welche die Frauen von jeder höheren geistigen Beschäftigung zurückhielt, wenig stens in betreff der Hetären durchbrochen war und gleichzeitig die Sophisten angefangen hatten, die Philosophie zu einem allgemeinen Bildungsgegenstand der Zeit zu machen. Dieser Betrachtung entspricht es denn auch, daß die erste aller Frauen, von der uns ausdrücklich mitgeteilt wird, daß sie der Philosophie zugeneigt war, uns in Aspasia, der Geliebten des Perifles, entgegentritt, mit der Sokrates häufig und gern über philosophische Fragen sich unterredete, und es bleibt nur lebhaft zu bedauern, daß wir von der Art dieser Unterhaltungen zwischen dem überlegenen Meister der Dialektik und der anmutigen späteren Gattin des Perikles nichts Nähe res wissen. Aber auch noch mit anderen Hetären wird uns Sokrates von den Schriftstellern philosophierend vorgeführt, so mit der Theodote beim Xenophon. Ferner dürfen wir in diesem Zusammenhange nicht unerwähnt lassen jene Prieste rin Diotima im platonischen Symposion, von welcher Sokrates jene herrlichste Lobrede des genannten Dialogs auf den Eros vernommen haben will. Ist diese Diotima nun auch aller Wahrscheinlichkeit nach nur eine fingierte Person und jene

Rede sicherlich durchweg ein erhabenstes Erzeugnis des platonischen Geistes selbst, so zeigt doch der Umstand, daß Platon einer Frau eine tiefsinnige philosophische Rede in den Mund legen durfte, ohne befürchten zu müssen, daß man ihm allgemein Unwahrscheinlichkeit vorhalten würde, zur Genüge, daß damals das Philosophieren unter Frauen nicht mehr ungewöhnlich war. Noch bestimmter steht mit dieser Diotima in Verbindung, daß uns unter Platons philosophischen Zuhörern ausdrücklich auch zwei Frauen namhaft gemacht werden, Lastheneia von Mantinea und Axiothea von Phlius, welche in Mannskleidern an Platons Vorträgen teilnahmen. Damit ist die Reihe der Frauen aus dieser Zeit, von denen uns ausdrücklich mitgeteilt wird, daß sie zur Philosophie in Beziehung standen, zu Ende, wenn auch sicherlich noch mehrere existiert haben werden, die nicht zu unserer Kenntnis gelangt sind.

Von neuem begegnen uns namhaft ge= machte Philosophinnen, wie bereits im Eingang bemerkt, in der späteren römischen Kaiserzeit, die jedoch, leicht begreiflich, ohne Ausnahme Griechinnen oder griechisch gebildete Frauen waren. Diese standen sogar in noch engerer Verbin dung mit der Philosophie als früher die Frauen in Athen zur Zeit der höchsten Blüte antiker Weltweisheit. Es begegnen uns jezt Frauen, welche an Akademien dieser Disciplin thätigen Anteil nehmen, und endlich sogar eine, welche regelmäßig Vorlesungen über Philosophie hielt, also ein wirklicher weiblicher Professor der Philosophie, wie wir sagen würden. Von den Frauen in ersterer Stellung wollen wir hier nur Aspligeneia, die Tochter des Neuplatonikers Plutarch des Jüngeren in Athen, erwähnen. Eine wirkliche Lehrerin der Philosophie war aber die durch ihren tragischen Tod berühmt gewordene schöne und sittenstrenge Hypatia, welche in Alexandrien im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebte und lehrte und in mehr als einer Beziehung die interessanteste Erscheinung

der philosophierenden Frauen des Alter-Widerstrebenden sah. Infolgedessen hezte tums ist. Zunächst ist ihre ausgespro- der Bischof den Pöbel von Alexandrien, chene Befähigung für Mathematik und vor dem er sie der Zauberei beschuldigte, Aftronomie, die doch womöglich dem gegen sie auf; bei einer vom Zaun geWeibe noch ferner liegen als Philosophie, brochenen Gelegenheit entfesselte sich der bemerkenswert. Selbst Tochter eines be- Tumult gegen sie, und der Pöbel be= rühmten Mathematikers, des Theon von reitete ihr ein zu schaudervolles Ende, als Alexandrien, hatte sie die Begabung des daß es hier wiedererzählt werden könnte. Baters in so hohem Grade geerbt, daß Daß von dieser Zeit ab eine lange sie den ehrenden Beinamen die Geo- Pause im Auftreten weiblicher Philometrische" erhielt. Zur Charakteristik sophen zu verzeichnen ist, kann beim Daihres persönlichen Wesens mag vor allem zwischentreten des Mittelalters, das in der eigentümliche Umstand dienen, daß sie seiner unfreien, gebundenen Sitte die zeitlebens unvermählt blieb, ja der Ehe Frauen von neuem aus der Öffentlichkeit geradezu abgeneigt war, während sie für gänzlich zurückdrängte, nicht wunder nehFreundschaft im hohen Grade sich em- men, und es begegnen uns vereinzelt erst pfänglich zeigte, was auf einen gewissen wieder Philosophinnen in und nach der männlichen Zug ihrer Natur schließen Zeit der Renaissance. Als eine aufläßt. Ihre Studien hatte die Philosophin fällige Thatsache, die für unseren Zweck, in Athen bei dem vorhin erwähnten eine Darlegung der Bedeutung zu geben, Plutarch absolviert und las dann in ihrer welche die Frauen für die Philosophie Vaterstadt über die Philosophie des Neu- haben, eminent bemerkenswert und unseres platonismus, dem sie leidenschaftlich er- Wissens noch kaum berührt worden ist, geben war. Diesen Vorlesungen muß die tritt uns gleich beim Eingang in die bedeutendste Anziehungskraft innegewohnt neuere Zeit das merkwürdige Faktum haben, da nicht nur die angesehensten entgegen, daß fast alle bedeutenden WeltKreise der alexandrinischen Gesellschaft, weisen der nächsten Jahrhunderte, ein sondern auch der kaiserliche Statthalter Descartes, Spinoza, Leibniz, Voltaire, Orestes, ja durch ein sonderbares jeder mit einer philosophierenden Frau in Spiel der Ereignisse - ein christlicher engster Verbindung stehen und erst bei Prälat, der Bischof Synesios von Cyrene, unserem strengen nüchternen Kant bricht zu ihren eifrigen Zuhörern zählten. dieser Zusammenhang der höchsten VerIhr persönliches Wesen im Verkehr muß treter der Philosophie mit den Frauen ab. bezaubernd gewesen sein, da sich nur so die schwärmerische Freundschaft erklären läßt, welche Synesios der Denkerin widmete, von der uns noch einige Dokumente in Form mehrerer Briefe, die der Bischof an fie richtete, erhalten sind. Wo viel Liebe ist, ist aber auch viel Haß; diese Wahrheit sollte leider auch Hypatia zu ihrem vollsten Schaden erfahren. In verhängnisvoller Weise stand sie an der Schwelle des Übergangs der heidnischen Welt in die christliche einsam in ihrer an tiken Anschauung da. Dadurch reizte sie den Haß eines anderen vielvermögenden christlichen Bischofs, des Cyrillus von Alexandrien, der in ihr den stärksten Anhaltspunkt für alle dem Christentum

Was zunächst Cartesius betrifft, so ist dessen Verhältnis zur Königin Christine von Schweden und wie diese nicht ruhte, bis sie den Philosophen zu sich nach Stockholm gezogen hatte, allbekannt. Christine hatte hier für den Verkehr mit Descartes die frühesten Morgenstunden festgesezt, um nicht durch Regierungsgeschäfte ge= hindert oder gestört zu werden, und ließ sich von ihm zunächst methodisch in seine Philosophie einführen. Sie zeigte hierbei einen so geweckten offenen Geist, daß sie den subtilsten Fragen folgen konnte, was freilich bei dieser Fürstin, welche ja in allem einen mehr männlichen Geist zeigte und unter anderem selbst griechische Reden gehalten haben soll, kaum wunderbar

ist.

einen Nebenbuhler eines kostbaren Brillantschmuckes wegen, welchen dieser ihr schenkte, Spinoza vorgezogen haben würde. Doch könnte bei dieser Gelegenheit die Frage allerdings sehr wohl berechtigt sein, wie viele Mädchen denn überhaupt, wenn

losen, unscheinenden Philosophie und glänzenden äußeren Gütern, wohl die erstere vorziehen und unerschütterlich treu an ihr festhalten würden.

Im Zusammenhang hiermit wollen wir gleich, Spinoza einstweilen über schlagend, die nahen Beziehungen Leibnig zu der geistreichen Sophie Charlotte vorausnehmen. In diesem Verhältnis einer philosophisch veranlagten Frau zu einem berühmten Vertreter sie zu wählen hätten zwischen der schmuckdieser Disciplin finden wir auch zum erstenmal eine direkte Einwirkung einer Frau auf eine bestimmte philosophische Produktion. Hauptsächlich auf die Anregung Sophie Charlottens hin und als das Resultat der mit ihr gepflogenen Unterhaltungen ging die Theodicee her vor, jene berühmte Rechtfertigungsschrift des Übels und des Bösen in der Welt, die eine epochemachende Produktion bleibt, wenn sie in lezter Zeit durch die scharfen Angriffe Schopenhauers allerdings auch einiges von ihrem früheren Glanze ein gebüßt hat. Die Zusammenkünfte des Philosophen mit der Königin in Char lottenburg sind so vielfach besprochen und gefeiert worden, daß wir uns hier jeder näheren Ausführung entschlagen können. Nur die schönen Worte möchten wir an dieser Stelle noch einmal wiederholen, welche sie vor ihrem nahen Ende an eine sie bejammernde Hofdame richtete, die mehr als alles andere die echt philosophische Gesinnung dieser Königin bekunden: „Beklagen Sie mich nicht, denn ich gehe jezt, meine Neugier zu befriedigen über die Urgründe der Dinge, die mir Leibniz nie hat erklären können, über den Raum, das Unendliche, das Sein und das Nichts." Ganz anderer Art als die Verbindung dieser beiden Philosophen mit hohen Gönnerinnen war die Liebe Spinozas zu der philosophisch begabten Tochter seines Lehrers van der Ende, die uns in dem Leben des hoheitsvoll entsagenden Denkers als eine so anmu tige Jugendepisode entgegentritt. Freilich scheint Klara Maria in dem bekannten Roman Auerbachs führt sie den Namen Olympia — vom Geiste der Philosophie bei diesen Unterredungen mit dem jugend lichen Denker nicht allzuviel in sich auf genommen zu haben, da sie sonst nicht

Das glänzendste aller dieser Verhält nisse eines modernen Philosophen zu einer gleichgesinnten Frau ist aber ohne Zweifel dasjenige Voltaires zur Marquise von Chatelet-Lamotte. Diese eigenartige Frau sehen wir unter den modernen Philosophinnen eine ebenso hervorragende Stellung einnehmen wie im Altertum Hypatia, und sie bietet wie diese eines der auffälligsten Beispiele für die ganz entschiedene Begabung einer Frau für abstrakte Untersuchungen und exakte Wissenschaftlichkeit. Den Beweis hierfür haben wir diesmal nicht nur in den Nachrichten anderer über sie, sondern in ihren eigenen vorzüglichen Schriften. Hierher gehört vor allem ihre bekannteste Produktion, die Übersetzung und mathematische Erläuterung von Newtons Hauptwerk „Principia philosophiæ naturalis mathematica". Eine andere physikalische Schrift von ihr: „Traité de la nature du feu", wurde von der Akademie gekrönt. Besonders ist hier aber noch zu erwähnen, damit auch ihre Bedeutung als streng philosophische Schriftstellerin hervortritt, daß das erste Werk, durch welches sie sich in der litterarischen Welt einen Namen machte, eine philosophische Abhandlung über Leibniz' System war. Nicht minder spricht es wohl für den streng geschulten Geist dieser Denkerin, daß sie mit unserem deutschen Wolf in regelmäßigem Briefwechsel stand. — Berühmter freilich als durch ihre sämtlichen Schriften ist die Marquise durch ihre Freundschaft mit Voltaire und den Einfluß, den sie auf seinen geistigen und philo= sophischen Entwickelungsgang hatte, ge= worden. Es fehlt uns hier an Raum,

anderen sattsam bekannten Frauen.
Ein späterer Nachkömmling derselben ist
dann noch die berühmte Madame de
Staël, welche nicht nur in ihren ge=
samten ästhetischen Schriften, so nament
lich in der bekannten „Sur l'Allemagne",

aufzuweisen hat, sondern auch eine specifisch philosophische Schrift verfaßte. Höchst ergößlich ist auch über ihr persönliches Verhalten zur Philosophie in den Annalen Goethes nachzulesen, wo unser Altmeister zwar sehr anschaulich, aber doch in der etwas zugeknöpften Manier seiner späteren Jahre über die geistreiche Französin spricht.

um uns in jenes reizende Idyll zu vertiefen und es von neuem vor unsere Seele zu rufen, wie beide auf Schloß Cirey jenes vielbehandelte, zwischen Lie besfreuden und wissenschaftlichen Arbeiten geteilte, mit allem Zauber der Musen verklärte, wie durch streng arbeitsvolle so viele echt philosophische Reflexionen Pflichterfüllung geweihte zurückgezogene Leben führten. Der Einfluß der Marquise auf die philosophische Entwickelung Voltaires war ein sehr einschneidender, und er ist vielleicht am treffendsten in dem einen Wort bezeichnet worden, wenn sie die Urania Voltaires genannt wird, indem es ihrem Einfluß vorzüglich zuzu schreiben ist, daß der leicht bewegliche, mehr zur Satire und zum Scherz hinneigende Geist Voltaires sich auch zu ernsteren, tieferen Produktionen in der eigentlichen Philosophie und Geschichte angeregt fühlte. Zunächst für sie schrieb Voltaire die Anfangsgründe der Newtonschen Philosophie, sowie die Abhandlung über Metaphysik, welche dann später der Ausgangspunkt für seine ganze so folgenreiche, nur zu oft unterschäßte philosophische Schriftstellerei wurde. Und ebenso begeisterte sie ihn zu der Schöpfung seines gediegensten, von philosophischem Geiste durchwehten geschichtlichen Wer kes: „Versuch über die Sitten und den Geist der Nationen.“

Mit der Chatelet beginnt nun die Reihe der Frauen in der französischen Gesellschaft, welche ebenso wie früher zur Zeit der Sophisten in Griechenland zwar nicht direkt philosophische Produktionen aufzuweisen haben, aber an der Diskusfion über die philosophischen Fragen, welche damals die höheren gesellschaftlichen Kreise durchschwirrten, sich eifrig beteiligten. Hierher können wir also alle jene Frauen rechnen, in deren Salons die Encyklopädisten ihre geistdurchwürzten Zusammenkünfte hatten, wie Madame de Tencin, Geoffrin, die zum Beispiel jeden Mittwoch für die Philosophen eine Zusammenkunft festgesezt hatte, und jene

Schließlich bleibt uns nur noch übrig, um unsere Skizze zu vollenden, die schwächere Wiederholung dieser Zustände bei uns, zur Zeit der Romantiker, zu berühren. Hier ragt vor allen Frauen die Rahel hervor, in deren Reflexionen und Betrachtungen ja eine so unverkennbare philosophische Ader sich zu erkennen giebt. Ferner ist aus dieser Epoche noch als besonders bemerkenswert zu berichten, daß Schelling, wenn auch in romantisch verzerrter Weise, ein ähnliches Verhältnis zu einer Frau hatte wie die früheren großen Philosophen des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts: zu Karoline Schlegel nämlich, seiner späteren Gattin, die in der mächtigsten Zeit seines Schaffens das anregende Element bei ihm war.

Blicken wir jetzt zum Schluß noch einmal auf die vorgeführten Gestalten zurück, so haben wir uns überzeugt, daß die Frauen in dem Entwickelungsgange der Philosophie keine geringe Rolle spielen. Wenn ihre eigenen philosophischen Produktionen im allgemeinen auch nicht von großer Bedeutung sind, so haben sie doch indirekt zu den Fortschritten der Philosophie ihr Teil beigetragen, indem sie, auch hierin ihre persönliche Art bewahrend, von eingreifender Wirkung auf die philosophische Entwickelung mehrerer der bedeutendsten Denker waren.

Korrespondenzen.

Sir Josua Reynolds.

Don

Belen Zimmern.

1

Reynolds Porträts seiner Zeitgenossen ergeben weit mehr als bloß oberflächliche Reminis cenzen. Richtig erfaßt, lassen sie uns seine Zeit selbst erkennen und bergen viel Lehrreiches für unsere Tage. Allerdings waren die Beziehungen des Künstlers zu dem öffentlichen Leben seiner Zeit nur indirekter Art, aber in sein stilles Atelier sind dennoch Reflexe der Außenwelt gedrungen, die wir in seinen Bildern wiederfinden. Die den Zeitraum eines halben Jahrhunderts umfassende Liste aller derer, welche Sir Josua Reynolds gesessen haben, liefert einen fortlaufenden Kommentar zu der Geschichte jener Zeit.

Jie seit einiger Zeit in England' rein künstlerischen Ideenkreise liegen, hat dies Mode gewordenen Gesamtaus- | einen großen Reiz. Man muß sich beim Anstellungen der älteren Gemälde blick dieser Porträts in ein anderes politisches, unserer toten und lebenden Mei- sociales und künstlerisches Treiben versezt fühster erfüllen in ganz vortrefflicher len als dasjenige des heutigen England. Weise den Zweck, das Publikum gründlich mit dem Wesen und Schaffen dieser Maler bekannt zu machen. Und in der That ergiebt eine solche übersichtlich geordnete Sammlung der in verschiedenen Lebensperioden eines Künstlers gemalten Bilder den besten Anhalt, die Eigenart des Betreffenden zu erfassen. Wie alljährlich hatte London auch in diesem Frühling eine derartige Ausstellung, und dieselbe war gänz lich den Gemälden Sir Josua Reynolds gewidmet. Das Publikum zeigte eine ungemein rege Teilnahme, und die Idee einer ReynoldsAusstellung darf als eine besonders glückliche bezeichnet werden. Dieser Künstler erregt nicht | nur deswegen ein bedeutendes Interesse, weil Die tonangebenden Männer in der Politik, er mit Fug und Recht als der Begründer der der Litteratur, der Mode sie alle schlenderten englischen Schule zu bezeichnen ist, sondern auch in das fashionable Atelier, plauderten über wegen der Zeit, in welcher er lebte. Es erhöht dies und jenes, über das Theater vor und wahrlich das Interesse an einem Porträtmaler, hinter den Coulissen, über Kunst und Leben, wenn demselben die ersten Persönlichkeiten ihrer und ehe sie das Zimmer verließen, hatte Sir Zeit gesessen haben, und unser Interesse erreicht Jojuas Pinsel das treue Abbild ihrer Züge einen noch höheren Grad, wenn wir erfahren, auf die Leinwand gebannt. In der damaligen daß der Maler zugleich eine hochangesehene Zeit war von Politur nur äußerst wenig im Stellung unter diesen Persönlichkeiten einge- Verkehr zu bemerken; es war eine derbe, lustige, nommen und in vertrautem persönlichem Ver- biedere Zeit mit scharfer Klassensonderung und fehr mit ihnen gestanden hat. Und das Zu- starker Neigung zu materiellen Genüssen; eine sammenwirken dieser Umstände hat uns im Zeit, in der viel geschmaust, erzählt, gezecht vorliegenden Fall neben dem Genuß der Be- wurde und es in Klubs, Weinstuben und sichtigung von Kunstwerken, deren Wert un- Gartenlokalen lustig herging. Garrik stand auf bestreitbar ist, auch das seltene Vergnügen be- der Höhe seiner Popularität, Burke hatte sich reitet, eine Reihe von berühmten Leuten aus schon einen Namen gemacht, Johnson schrieb dem vorigen Jahrhundert in lebenstreuen Ab- | sein Wörterbuch, Richardson hatte den Gipfel bildungen beisammen zu sehen. Besonders für | seines Ruhmes erreicht, Smollet hatte „PereBeschauer, deren Lebensinteressen außerhalb der | grine Pickle“ geschrieben und Gray durch

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