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dieje Malayen wohl

habend, ja jogar

reich; sie besigen dann einen eigenen Kohlenschacht, und Dayaks müssen wie Sklaven jede Arbeit für sie verrichten. Den Handelssinn haben sie übrigens mit den Chinesen gemeinsam. Auch mit uns wollten sie sich in Kohlenspekulationen einlassen, und wir hatten ge= nug zu thun, uns ihrer zu erwehren. Zeit genug behielten wir noch übrig, ein in der Nähe im Betrieb befindliches Kohlenbergwerk zu besuchen. In Körben gelangten wir in den Schacht hinab, eine schreckliche Atmosphäre empfing uns. Die Luft ist hier unten erstickend heiß

und ganz mit dem für die Lungen so gefähr lichen Kohlenstaub gefüllt. Wir schritten einen Gang ein Stück hinunter, über uns gligerten die schwarzen Steinkohlenmassen. Die Steinkohlen Borneos sind von aner kannter Güte und werden nach der ganzen Welt verschickt. Die Arbeit in den Bergwerken verrichten die Dayaks, die Einge borenen Borneos. Ihre Kleidung bechränkt sich wegen der unerträglichen Hize

sowohl bei Männern als auch Frauen auf einen Lederschurz um die Hüften; so arbeiten sie von morgens bis spät abends, lang= sam dabei hinsiechend. Eine eigentliche Sklaverei besteht da, wo die holländische Regierung gebietet, nicht, aber es ist doch

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Teppanbaum (Polyalthea).

eine Art von Zwangsarbeit für die Dayaks eingeführt, um dieselben zu geregelter und nußbringender Thätigkeit anzuhalten. Wir waren froh, als wir das dumpfe, unterirdische Gefängnis verlassen konnten.

Nach zweitägigem Aufenthalt in Bandjermasin traten wir unsere so heiß ersehnte. Tour ins Innere an, um in den heiligen Urwald einzudringen. Wir hatten eine hübsche etwa zwanzig Fuß lange Prau

gemietet, die mit breiten Bänken, gutem Steuer und einer gemütlichen kleinen Ka jüte ausgestattet war. Unsere Besaßung, welche das aus einem Baumstamm gehöhlte Fahrzeug rudern sollte, bestand außer dem Führer, einem intelligenten Malayen, aus zehn Männern, lauter fried liebenden Dayaks. Dem Doktor und mir hatte sich noch der Sohn eines höheren Beamten aus Bandjermasin angeschlossen, den sein weißer Diener begleitete. Wir versahen uns noch reichlich mit kleiner Münze, verschiedenen Geschenken und frischen Lebensmitteln und lichteten dann, wenn man so sagen darf, die Anker.

Wir fuhren den mächtigen Barito hinauf. Zuerst sind seine Ufer flach und sumpfig, aber nach zweistündiger Fahrt sahen wir sie schon wellig und mit Bäumen bestanden; bald befanden wir uns in dem dichtesten, stillen Urwald. Hin und wieder schlug ein größerer Fisch in die Höhe, Wasservögel zeigten sich am Ufer und einsam schwebte ein mächtiger Raubvogel gerade über uns. Von Raubtieren, die etwa zum Trinken ans Wasser gekommen wären, sahen wir ebenso wie von Schlangen keine Spur, nur eine Herde Affen bildete über einen kleinen Nebenfluß eine langgestreckte Kette.

Gegen abend erreichten wir Marabahan, eine lebhafte Handelsstadt, bei welcher der Nagara in den Barito mündet. Auch in der Umgebung dieser Stadt befanden sich Kohlenminen, wie denn überhaupt Borneo über unerschöpfliche Kohlenlager verfügt. Die Nacht blieben wir hier und kampierten schlecht und recht in dem Hause eines angesehenen Chinesen. Gegen morgen sezten wir unsere Reise fort, um so bald als möglich in das Gebiet der unabhängigen Dayaks zu kommen.

Die zweite Stadt, die wir antrafen, war Marganari. Sie ist äußerst umfang reich und bevölkert, der ganze Distrikt soll sogar 300000 Einwohner zählen. Früher stand hier die Waffenfabrikation in voller Blüte, besonders wurden vortreffliche Schwerter angefertigt; seitdem aber die Holländer dieselbe verboten haben,

ist auch der Handel der Stadt bedeutend zurückgegangen.

Am anderen Mittag ruderten wir wei ter den Nagara hinauf. Beide Ufer waren von üppigem tropischem Walde bekränzt, ringsherum herrschte Totenstille. Wir hat ten bereits die äußerste Grenze der Civilisation überschritten und befanden uns im Gebiet der wilden Völkerschaften. Nach dreitägiger, anstrengender Fahrt gelangten wir zu einem kleinen Dorfe, dessen Name mir jet entfallen ist. Dies sollte der Zielpunkt unserer Wasserfahrt sein und von hier der Marsch quer durch den fast undurchdringlichen Urwald angetreten werden. Die Wohnungen im Dorfe stan= den öde und leer, die Bewohner mußten wohl den Fischfang schon beendigt haben. Wir quartierten uns in einer der Hütten ein. Die Nacht, die wir dort zubrachten, war schrecklich. Es wimmelt hier alles von Moskitos und Ameisen. Besonders war eine kleine weiße und eine ähnliche rötliche eine fürchterliche Plage für uns. Wo sie nur die bloße Haut berührten, entstanden Blasen, und es war das Gefühl, als würden wir mit Nesseln gepeitscht. Wir waren deshalb auch herzlich froh, als der Morgen goldig anbrach und wir unsere Weiterreise fortseßen konnten. Freilich mußte dieselbe von jezt an zu Fuß gemacht werden, da es auf Borneo keine eingeborenen Pferde giebt. Aber dafür wurden wir reichlich durch die kostbare Luft, die in allen Farben spielende echt tropische Vegetation und das muntere Gezwitscher der Vögel entschädigt. Wir rückten nur langsam vorwärts, weil oft erst der Weg durch die üppig wuchernden Schlingpflanzen mit dem Beile gebahnt werden mußte. Raubtiere und giftige Schlangen trafen wir ebensowenig an als Nashörner und Elefanten, und wir konnten jezt sehen, was von den Schilderungen auf Java zu halten sei. Wir bemerkten nur eine kleine, unschädliche Leopardenart. Desto mehr sind die Grasfresser vertreten : ganze Herden lustiger Affen schaukelten sich über uns in den Bäumen, und hübsch gefleckte Zibethkagen kletterten in unge

zählter Menge von einem Stamm zum anderen.

Wir fanden die herrlichsten und geschäßtesten Bäume, deren Produkte in Europa allgemein bekannt sind. So den Teppanbaum (Polyalthea), dessen Wur zeln sich weithin über der Erde verzwei gen und in dessen Gewirre die Vögel zahlreiche Nester gebaut haben; dann den Tabanbaum, von dem das beste Gutta percha gewonnen wird; ferner das spanische Rohr, den beliebten Sagobaum und die schlanken Baumfarn. Vor allem aber die Durianen, welche köstliche Früchte tragen, die aber die Malayen verachten, weil der Kern einen überaus unangenehmen, zwiebelartig scharfen Geruch besigt. Wir Europäer delektierten uns desto mehr an der aromatischen, melonenähnlichen Frucht. Die Nacht wurde in einem improvisierten Zelte zugebracht, und troß aller Insektenplagen und Affengekreisch schliefen wir bei der linden Tropenluft vortrefflich.

Vier Tage vergingen so unter mannig facher Abwechselung, am fünften kam uns das erste Dorf der Dayaks in Sicht. Unsere malayischen Führer zeigten einige Unruhe, denn sie wußten ebenso wie wir, daß die Dayaks zwar niemals Europäer, wohl aber bei jeder passenden Gelegenheit die Malayen und Chinesen, die sie als ihre Todfeinde ansehen, angriffen und, wenn der Sieg wie fast immer wegen ihrer Übermacht auf ihrer Seite war, ihnen dann ohne weiteres die Köpfe ab schnitten. Als unsere Führer und Diener hofften wir aber, daß sie von den Dayaks friedlich behandelt werden würden. Un gescheut betraten wir deshalb das Dorf und wandten uns zunächst der Behausung des Häuptlings, in der Dayakssprache Panglima genannt, zu. Nachdem wir ihm unsere Geschenke übergeben hatten, wurden wir auch freundlich willkommen geheißen und uns wie den Malayen, welche man von allen Seiten argwöhnisch beobachtete, eine Abteilung der ersten Hütte als Wohnung angewiesen. Uns allen, auch den Malayen, war der persönliche Schuß des Panglima zugesagt worden. Wir

trugen kein Begehren, sogleich in unsere enge Wohnung einzuziehen, und machten deshalb erst einen Gang durch den Ort.

Über übergroße

Das ganze Dorf bestand aus drei Hütten, jede etwa hundertundsechzig Fuß lang, welche vollständig auf Pfählen erbaut sind und zwar so hoch, daß ein mittelgroßer Elefant bequem darunter hinweggehen könnte. Die Form der Hütten ist rund, mit einem aus Palmenblättern bestehenden, spit zulaufenden Dache, statt der Thüren sind leichte geflochtene Matten aufgehängt. Das Gebäude hat etwa das Aussehen eines Leinewandcirkus auf unseren Jahrmärkten. Die ganze Hütte, in der eine Unmenge Menschen wohnen, ist in zwei Hälften geteilt, deren eine den Schlafraum und deren andere den gemeinsamen Arbeitsraum bildet; eben hier wohnt auch das ganze Geflügel: Hühner, Tauben und Enten, zu welchen auch wir ohne Umstände einquartiert wurden. Reinlichkeit konnten wir deshalb wenigstens nicht klagen. Als wir in das erste Zimmer wenn wir diese Schmutzhöhle euphemistisch so nennen dürfen eingetreten waren, sahen wir an beiden Wänden eine lange Reihe alter und junger Dayaksweiber sigen, alle mit Mattenflechten beschäftigt. Wir sahen ihnen eine Weile mit Interesse zu und wandten uns dann, den zweiten Raum zu besichtigen. Vor Schreck traten wir ein paar Schritte zurück, denn über der Thür hingen wie eine Guirlande etwa fünfzig getrocknete Menschenschädel, in deren Augenhöhlen weiße Muscheln eingesezt waren. Jezt kehrten wir voll Abscheu um und kletterten eilig die eingekerbten Baumstämme hinab, die zum Fußboden führten.

Was das Äußere der Dayaks anbetrifft, so sind sie geradezu, Männer wie Frauen, häßlich zu nennen. Der Mund ist groß, die Nase platt mit breiten Flügeln, die Lippen blaß und dick, oft durch das fortwährende Betelkauen verzerrt. Ihre Haut ist schieferartig und äußerst rauh, von hellbrauner Farbe, Augen und Haare find schwarz. Das Sonderbarste aber sind ihre Ohren. Von frühester Jugend an

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lichkeit hat und von furchtbarster Wirkung ist. Außerdem haben sie noch den Parang, einen kurzen, breiten Dolch. Man sieht, daß die Dayaks wohl ausgerüstet sind wie ein richtiges Kriegsvolk, und in der That leben sie in beständigen Fehden mit anderen Stämmen.

Das Kleid der Frauen bildet ein knapp anliegendes, ebenfalls geschmücktes, kurzes Tuchröckchen, das durch einen aus Bambusringen und blinkenden Messingstreifen bestehenden Gürtel zusammengehalten wird. Überhaupt behängen sie sich gern mit allerlei glizerndem Tand.

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Die Mädchen heiraten mit zehn und zwölf Jahren, machen also darin von den Javanerinnen keinen Unterschied. Die Sprache der Dayaks ist ein schlechter Dialekt des Malayischen.

Am Nachmittag hatten wir noch Gelegenheit, einem der beliebten Schwerttänze beizuwohnen. Zwei geschmückte junge Männer tanzten, die graziösesten Stellungen einnehmend, um ein paar kreuzweis auf dem Boden liegender Schwerter. Ihre Bewegungen waren wirklich kunstvoll, wie man es sonst bei so wilden Völkern selten findet. Zulegt ergriffen sie die Schwerter und fochten auf die geschickteste Weise, gleich den besten Fechtern.

um den Leib ein mit Perlen, Muscheln und Perlmutter reich verziertes Wams, an dem Fuße eine Art Sandalen. An Waffen führen sie einen Köcher, aus Rohr gearbeitete und mit einem scharfen Fischzahn versehene Pfeile, welche in ein furchtbares Gift getaucht sind, und ein Blaserohr, wel ches etwa fünf Fuß lang ist und aus dem sie ihre Pfeile mit nie fehlender Sicherheit abschießen. Da das Rohr auch mit einer scharfen Spize, gleichsam einem Bajonett, versehen ist, dient es ihnen außerdem zur Lanze. An der Seite tragen sie den Klewang, eine Art Schwert, das in seiner Form mit einem großen Rasiermesser Ähn

Was das Kannibalentum der Dayaks anbetrifft, über welches ich weiter unten noch eine kurze Schilderung geben will, so ist es vollständig mit in ihre Religion, ihr Leben und ihre Sitten verwach sen. Kein Dayak darf einen eigenen Hausstand gründen, bevor er nicht mindestens drei Köpfe in seiner Hütte hängen hat.

Um Panglima zu werden, muß der Aspirant erst mindestens hundert Köpfe erbeutet haben. Die Lebensweise der Dayaks steht noch auf der niedrigsten Kulturstufe. Sie konsumieren nur das, was Jagd und Fischerei ihnen darbieten, und auch dieses roh, höchstens mit etwas Salz bestreut. Alle nur irgend fangbaren Tiere werden verzehrt, sogar Schlangen, Eidechsen, Ratten, Mäuse und Krokodile. Sie gleichen hierin vollkommen den Chi

nesen. Kleinere Tiere werden nicht einmal erst ausgenommen, sondern einfach auf Kohlen ein klein wenig geröstet. Als Zukost haben sie Reis, der nie fehlen darf und, in Wasser gesiedet, als Lieblingsspeise dient. Ihre Gefäße sind meistenteils Menschenschädel, große und kleine, je nach Bedarf.

Abends machte ich der Behausung einer alten Frau einen Besuch, sie war der Arzt des Stammes. Ich sah auch ein hübsches Beispiel ihrer Heilkunst. Ein junger Dayak war ungeschickt gewesen und von einem Baume ge= stürzt, wodurch er sich wohl innerlich verlegt hatte. Das Weib machte ihm Kräuterumschläge, aber wunderbarer= weise um den Kopf, was jedoch leider keinen Erfolg hatte, denn der Patient stöhnte herzzerrei= Bend. Sie

rieb

ihm deshalb den ganzen Körper mit Schlangenfett ein, das die Dayaks durch Erlegen gro= ßer Riesenschlangen zu gewinnen wissen; auch dieses kostbare Mittel half nichts. Jezt sollte ich als Wunderdoktor eintreten. Ich gab ihm aus meiner Reiseapotheke eine gute Dosis Glaubersalz, was ihm auch zu bekommen schien. Unser englischer Arzt war leider gerade auf einem botanischen Ausfluge nach den nahen Bergen.

Schon acht Tage waren wir im Dayaksdorfe, alles war seinen gewohnten Lauf gegangen, und wir dachten bereits unsere Heimreise anzutreten, als ein Umstand eintrat, infolge dessen wir noch längere Zeit hier verweilten. Ein Bote vom Panglima Oppurna brachte uns die Ankündigung, daß nach drei Tagen ein großes Tiwah stattfinden werde, wozu auch wir freundlichst eingeladen wären.

Tiwah bedeutet „Totenfest"; es wird zu Ehren der Verstorbenen abgehalten und dauert gewöhnlich acht Tage. Da wohl erst wenige Europäer einem solchen Feste beigewohnt hatten, so war es uns natürlich sehr interessant, davon Augenzeuge zu sein. Große Vorbereitungen, wie wir es eigentlich erwartet hatten, trafen die Dayaks zu ihrer Nationalfeier nicht. In dem nächsten Felde wurden ungefähr zwanzig Pfähle fest in die Erde gegraben und einige lange Gräben gezogen, zu Sigen für die Zuschauer bestimmt.

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Bambusbrücke.

Am Tage vor dem Beginn des Festes kam eine Abteilung Dayaks von einem kleinen Kriegszuge heim. Fast sämtliche Krieger trugen abgeschlagene Köpfe, diejenigen, welche die meisten hatten, gingen voran. Alle daheim gebliebenen Dayaks zogen ihnen entgegen, um die Sieger im Triumph einzuholen. Am Schluß des Zuges wurden etwa dreißig Gefangene geführt, die jedenfalls zu einem jener schrecklichen Mahle bestimmt waren, deren Teilnehmer wir als Kannibalen bezeichnen.

Am folgenden Morgen begannen die Festlichkeiten. Die Liaus, das heißt die Priester des Stammes, riefen die Götter, besonders den Dewata Dugingang an, dann erschienen die Bliangs, sechs Prieste

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