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einer neuen Zeit und ihrer Bildung werden sollte; dann aber dadurch, daß die Städte als juristische Personen Siz und Stimme auf den Reichstagen: die Reichsstandschaft, erlangten, so daß das Reich, außer auf den Reichsfürsten, Reichsgrafen und Reichsfreiherren, auch auf den Reichsstädten als reichsunmittelbaren Trägern ruhte bis in die Tage seiner Auflösung (1803 und) 1806.

Erledigen wir zunächst das zuletzt Angedeutete. Ursprünglich waren und hießen alle Städte „königliche", da ja der ganze Reichsboden ursprünglich unmittelbar und ausschließend unter dem Könige stand, dessen Herzöge und Grafen lediglich als Beamte dessen Gewalt auszuüben hatten.

Urteil an das Schöffengericht der Mutter stadt als Oberhof eingesendet; oder auch die Schöffen der Tochterstadt wandten sich um Rechtsbelehrung an diesen „Oberhof“, wenn sie erklärten, „des Rechtes nit weise zu sein“, das heißt, ohne solche ein non liquet aussprechen zu müssen, was sie nicht durften. Wie viel stärker die neuen gemeinsamen Handels- und Standes, das heißt eben die specifisch städti schen Interessen und Bedürfnisse waren als die althergebrachten Gruppierungen, ja sogar als die Gliederung in Stämme, geht daraus hervor, daß solche Übertragungen von Stadtrechten nicht nur an Städte des gleichen, sondern selbst an solche anderen Stammesrechtes vorkamen. So wurde das Recht des niederrheinischen Allmählich aber unterschied man,,bischöf Köln (Uferfranken) auf das alamannische liche" Städte, in welchen der Erzbischof Freiburg und von diesem auf das ala- oder Bischof als solcher die Grafschaft, mannisch- burgundische Bern übertragen. mit der geistlichen Würde verknüpft, erSo wurde Köln Oberhof für Freiburg, warb, und,,königliche“ oder „Reichsstädte“, Freiburg dann für zweiunddreißig Städte. in welchen ein königlicher, nicht ein bischöfFrankfurt ward Oberhof für die Städte licher Vogt die Hoheitsrechte übte; beide der Wetterau. Andere Bewidmungen zusammen bildeten die freien“ Städte waren die von Lübeck auf Stralsund sowie im Gegensatz zu den einem weltlichen zahlreiche andere Städte, daß das Sprich- | Landesherrn untergebenen Territorialwort im Schwange ging: „Lübisch Recht und läbisch Geld regiert die ganze (nord deutsche) Welt"; aber Lübeck selbst war von Soest aus bewidmet worden. Zumal magdeburgisch Recht ward wie auf Brandenburg und Stendal, so auf Kulm und von da aus indirekt als Kulmer, Kölmer Recht auf viele Städte des Nordostens verpflanzt.

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städten. Die freien Städte" erlangten auch die Reichsstandschaft, doch schwankte der Sprachgebrauch. Freie Städte nannte man eine Zeit lang nur diejenigen bischöflichen Städte, welche sich von der bischöflichen Stadtregierung frei gemacht und Selbstverwaltung erlangt hatten; Reichsstädte hießen alle, welche Reichsstandschaft hatten. Seit dem siebzehnten (oder schon Die Städte gewannen nun aber, abge- dem sechzehnten) Jahrhundert aber nannte sehen davon, daß sie eigene Gemeinwesen der Kaiser auch die Städte der ersten mit einer besonderen Verfassung wurden, Kategorie „Reichsstädte“, und nun kam eine große Bedeutung wie für die wirt für alle, welche nicht Territorialstädte schaftliche und Kulturgeschichte, so auch waren, der Doppelname: „freie und für die politische und für die Verfassungs- Reichsstadt“ oder „freie Reichsstadt“ in geschichte einmal dadurch, daß innerhalb Übung. Nachdem zuerst die Reichsstädte ihrer Mauern, unter Verwischung der in Gruppen nach ihren großen „Konfödealten Ständeunterschiede, ein neuer Stand rationen", Städtebündnissen („Hansa“, sich bildete: der deutsche Bürgerstand, der „rheinischer“, „schwäbischer Städtebund") in Ersetzung und Nachfolge des auf dem eine anfangs nicht fest geregelte Vertreflachen Lande fast völlig ausgestorbenen tung auf dem Reichstag erlangt hatten, oder vielmehr in Hörigkeit herabgedrück- nahm diese Gliederung und Vertretung ten Standes der Gemeinfreien der Träger später eine durch Gewohnheitsrecht, zuletzt

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durch Reichsgesetz genau fixierte Gestal | meinsame Markt- und Meßrecht, gemein

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tung an; das „Kollegium der Reichsstädte“ als ein drittes neben dem der Kurfürsten und dem der Fürsten und Herren spaltete sich seit 1474 in zwei Bänke", die „rheinische" (mit 14) und die schwäbische" Bank (mit 37 Städten), also zusammen 51. Das Direktorium führte die Stadt, in welcher der — ursprünglich ja wie der Aufenthalt des Königs wechselnde Reichstag gehalten wurde; erst spät wurde Regensburg Siz des Reichstags und noch später (seit 1663) ward derselbe hier permanent.

Länger müssen wir verweilen bei der anderen durch die Städte und in ihren Mauern bewirkten Umgestaltung: der der Stände.

Wie wichtig auch für die Rechtsentwickelung das rein Thatsächliche der Umwal lung wurde, haben wir gesehen. Aber diese gemeinsame Mauer, wie sie nach außen den Bürger von dem Bauer schied (siehe oben), schloß auch nach innen alle, die hinter dieser Umhegung lebten, zu einer engen Gemeinschaft der Interessen zusammen. Zunächst Gemeinschaft der Sicherung: es war für den Edlen wie für den Gemeinfreien, ja auch für den Halbfreien und den Unfreien, für den Hauseigner wie für den, der zur Miete wohnte, für den Kaufmann wie für den Handwerker, für den Schöffenbaren wie für den Pfleghaften von gleichem Wert und Interesse, daß die schirmende Mauer verteidigt werde gegen die Fürsten oder gegen den Landadel der Nachbarschaft, welche gar gern die freie Stadt sich unter warfen, die reiche Stadt plünderten oder brandschaßten. So ward denn für alle Wehrfähigen gleich verpflichtend ein Reihendienst der Wache bei Nacht und Tag auf den Wällen, in den Türmen, an den Thoren eingerichtet, dem sich keiner entzie hen durfte; Waffen- und Wachtgemeinschaft verband so alle Einwohner. Dann Gemein schaft der wirtschaftlichen Grundlagen: auf Gewerk und auf Handel beruhte der Reichtum und mit diesem die Macht, der Einfluß der Städte; das ge

same Handelsfahrten, gemeinsame Verteidigung der Schiffe und Wagen auf den so wenig sicheren Wasser- und Landstraßen des Reiches und seiner Nachbarländer verknüpfte Angehörige der verschiedenen alten Geburtsstände; dazu kam die gemeinsam zu betreibende äußere Politik des vielgefährdeten Gemeinwesens, die gemeinsamen Interessen bei den Verhandlungen mit dem König, dem Bischof, dem Vogt, dem nächsten Landesherrn, den befreundeten oder auch feindlichen, nebenbuhlerischen Städten, endlich die gemeinsamen Interessen, welche die Nachbarschaft, das dichte Nebeneinanderleben in den engen Gassen der ursprünglich so schmalen Stadt mit sich brachte; Sicherung dieser Gassen und Plätze gegen Räuber, Diebe, Brand, bald auch die Anfänge einer Bau-, Feuer-, Straßen-, Markt-, Lebensmittel-, Sanitätspolizei, wie denn in den Statuten" der Stadt zu allererst, früher als in den Reichsgesehen und den Landrechten, ein polizeiliches Element hervortritt.

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Vor diesen sehr stark wirkenden gemeinsamen Interessen des praktischen, zumal des wirtschaftlichen Lebens der Gegenwart traten nun die älteren Unterschiede ständischer Gliederungen, mochten sie auf dem offenen Lande auch noch fortbestehen, innerhalb der Stadt ganz in den Hintergrund. Es bildete sich hier ein neuer Stand, der, an sich weder Berufs- noch Geburtsstand, lediglich auf dem Wohnort und der Zugehörigkeit zu der Stadtgemeinde sich gründete: der Stand der Stadtbürger, „cives“, „burgenses". Dies waren ursprünglich, der Bedeutung der Mauer gemäß, nur die innerhalb der steinernen Umwallung Wohnenden. Nun gab es aber eine Klasse von geringeren, ärmeren Leuten, welche zwar nicht hinter der Steinmauer, wohl aber unmittelbar vor derselben wohnten und innerhalb der äußeren vorgeschobenen Befestigung, welche nicht aus Stein, aber aus Pfahlwerk errichtet zu sein pflegte. Man nannte die hier Wohnenden, sofern sie auch als Bürger gelten sollten, Pfahl=

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bürger"; es waren Halbfreie oder meist Gerichte oft unleidlich durchbrochen und Schußhörige, Pfleghafte, homines advo- damit die Rechtssicherheit gestört, da diese catitii, welche als Winzer, Gärtner, Tag Pfahlbürger ganz wie die Mauerbürger löhner, kleine Bauern meist auf fremder sich auf das sehr vielen Städten zukom Scholle hier lebten und diese die Stadt mende Privileg beriefen, nur vor dem unmittelbar umgebenden Gärten und Fel- Rat ihrer Stadt Recht geben zu müssen, der bebauten. Ließ man aber einmal so daß der Kläger sein Recht wider sie jemand als Bürger gelten, den die fern von seiner Heimat und gegen alle Mauer nicht befing“, so konnte man nun Regeln über die Zuständigkeit der Gediese Überschreitung der ursprünglichen richte vor einem für den Pfahlbürger Voraussetzung leicht noch weiter ausdeh- | meist im voraus parteiisch eingenommenen nen, falls ein Bedürfnis der Stadt dies Richter zu suchen hatte. Reichsgeseße erheischte. Ein solches Bedürfnis oder hoben das Institut auf. doch lebhaftes Interesse bestand aber aller- Wenn so in den „Bürgern“ ein neuer dings; von hohem Wert war es den Stand erwuchs, trat ein Teil dieser BürKaufleuten, z. B. von Nürnberg, auf ihren ger in einen Stand ein, der sich im Lauf weiten und vielgefährdeten Handelsfahrten, des elften Jahrhunderts auf dem offenen etwa über den Brenner bis nach Venedig, Lande gebildet hatte: in den Stand der häufig an den unsicheren Straßen be- Ritter. Ursprünglich war dies ein reiner freundete Männer zu treffen, welche mit Berufsstand. Ritter war jeder, der sich Rat und That den Reisenden beistanden, der rittermäßigen Lebensweise befliß, das sie hausten und hoften", ihnen so die Ein heißt, nachdem er (nach voraufgegangener kehr in den meist unsauberen und oft un Lernzeit als Knappe) den Rittergürtel, sicheren Herbergen ersparend, etwa auch das cingulum militare, erhalten, in den gewaffnetes Geleit gewährend und bei Ritterwaffen, zu Roß, im Heerbann und jeder Fährlichkeit als Beistand, zumal als in den Fehden auszog, während der Bauer, Bürgen, eintretend, so von dem Gast dem die Waffen aus der Hand genommen. die Verhaftung abwehrend, welche über waren, zu Hause blieb, das Feld baute Fremde leicht verhängt ward auf Klage und eine Wehrsteuer entrichtete. Allmäh= eines Einheimischen. So suchten die Städte lich aber war dieser Stand ein Geburtsganz systematisch freie Landsassen, schöffen- stand geworden: man verlangte außer dem. bar Freie auf dem offenen Lande, auch cingulum militare des bisherigen Knapetwa Ritter in wichtig gelegenen Burgen, pen noch mindestens zwei rittermäßige oft viele hundert Stunden weit wohnend, Ahnen: das heißt, auch Vater und Großals Pfahlbürger Ehrenbürger würden vater mußten bereits Ritter gewesen sein; wir heute sagen zu gewinnen, welche man sprach jest nicht mehr von ritteralsdann reisende Bürger zu schüßen ein mäßigen, sondern von ritterbürtigen Leu(oft gut bezahltes) Interesse und eine aus ten. Manche Bürger in den Städten drücklich übernommene Verpflichtung er- traten nun ebenfalls in diesen Ritterstand hielten. Die Kaiser schritten später auf An- ein unter Erfüllung der beiden Voraustrag der Fürsten und Ritter durch Reichs- sezungen. Selbstverständlich konnten dies geseze gegen das Institut der Pfahlbürger nur die reicheren, und so erwarben die Gein diesem Sinn, das heißt fingierter oder schlechter, die Patricier", das heißt eben Ehrenbürger fern von den aufnehmenden die ältesten, angesehensten schöffenbarfreien Städten, ein; wenn auch Eifersucht und Sippen, also große Grundbesizer von HäuNeid der Städtefeinde hierbei mitwirkten, sern in und von Gütern vor den Mauern, so ist nicht zu bestreiten, daß die häufige diesen weiteren Vorzug, der sie von den und maßlose Anwendung solcher Fiktionen anderen ärmeren, neu angekommenen Bürschädliche Folgen hatte; insbesondere ward gern unterschied. Freilich ward den padadurch die Zuständigkeit der ordentlichen | tricischen Rittern, dem Stadtadel, von

den Schloß und Landrittern lange die volle Ebenburt, zumal die Turnierfähigkeit bestritten.

ihren Herren oder Schußvögten entlaufen, vermöge des Rechtssages: Stadtluft macht frei - ein Privileg, das viele Städte erwarben binnen Jahr und Tag (ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage) die Freiheit ersessen hatten, so daß die Vindikationsklage des Herrn nun abgewiesen ward.

Betrachten wir in Kürze auch die an deren Berufs- und Geburtsstände, deren Vertreter in bunter Abstufung die Stra Ben einer solchen Stadt erfüllten, so sind vor allem zu nennen die Welt- und die Ordensgeistlichen sehr verschiedener Arten, Diese Patricier wurden zum größten die mit ihren Klöstern zumal in den bischöf- Teil ritterbürtig, und als Schöffenbarfreie lichen Städten, wie z. B. Würzburg, sehr bildeten sie, wenn sie nur das erforder= zahlreichen Straßen und Pläßen ihre liche Minimalmaß von Grundbesitz in der Namen bis heute aufgedrückt haben. Als Stadt in ihrer Sippe behaupteten, das dann die Ministerialen, Dienstmannen des Material, aus welchem die Gerichtsschöffen Bischofs oder des Königs oder dessen genommen wurden, welche unter Vorsiz Vogtes, in deren Händen das Stadtregi- und Leitung des bischöflichen oder königment lag, indem alle wichtigen Ämter | lichen Vogtes im Civil- und Strafprozeß der städtischen Verwaltung durch bischöf- über Freie das Urteil fanden. Sie lebten liches oder königliches Lehen (Amtlehen, anfangs nur von dem Ertrag ihrer Güter, feudum officii) ihnen übertragen war, so welche sie, ganz wie die Schöffenbarfreien das des Zöllners, des Münzmeisters, des auf dem offenen Lande, durch Unfreie, Marktmeisters, des Brückenwarts, der Be- Halbfreie, Kolonen, Hinterfassen jeder Art fehl über die Reisigen der Stadtwache. bebauen ließen; seit aber zu Ende des Von irgend welchem Anteil der Bürger zehnten und im Laufe des elften Jahram Stadtregiment war ursprünglich in hunderts der Handel, wie in Italien, so keiner Stadt die Rede. War dies doch auch in den mächtig aufblühenden deutauch weder möglich noch nötig, da ja die schen Städten, die Grundlage des wirtStadt anfangs unter der Amtsgewalt des schaftlichen Lebens geworden, da waren Gaugrafen gestanden und auf dem es diese von Hause aus reichsten Geschlechflachen Lande nahmen die Freien an der ter, welche, allein über ein großes BeRegierung, der Verwaltung (wohl zu triebskapital und vermöge ihres Grundunterscheiden von der Urteilfindung im besizes über Kredit (eben Immobiliar-, Genossengericht) ja ebenfalls nicht teil - Realkredit) verfügend, den Großhandel und, als sie hiervon gelöst worden, unter in den einträglichsten Zweigen, auch den die ausschließende Amtsgewalt des Bischofs Geldhandel, das Bankgeschäft, seit es oder des königlichen Vogtes gestellt ward. aus Italien eingeführt war, an sich rissen Ferner die oben erwähnten Patricier und geraume Zeit ausschließend behaupoder Geschlechter, das heißt die ältesten, teten. Reichtum, Bildung, Weltkenntnis, ersten Geschlechter, welche ursprünglich Geschäftserfahrung, Verbindung mit ausfast allein als Schöffenbarfreie die Be- wärtigem Adel, mit den Prälaten, mit völkerung der Stadt gebildet, also selbst den stets geldbedürftigen Fürsten, daher verständlich von jeher Häuser innerhalb großer Einfluß, kam ihnen allein zu, nicht der Mauern, Gärten, Wiesen, Äcker im den Neubürgern, Kleinbürgern, den erst Weichbild besessen und zuerst allein den später und nicht mit Gleichberechtigung Namen Bürger geführt hatten im Gegen von auswärts her in die Stadt aufgesaz zu später angekommenen, welchen man nommenen, welche sehr oft nicht auf eigekeineswegs Gleichstellung mit den alten ner Scholle saßen, sondern Häuser, KramBürgern, Vollbürgern, den Geschlechtern läden, auch Garten-, Wiesen- und Ackerland gewährte, auch wenn sie persönlich frei von den Geschlechtern empfingen. Man waren oder, als Unfreie oder Halbfreie darf diese den Plebejern im alten Rom

vielfach vergleichen: sie waren oft Schuß hörige (obzwar persönlich freie) der Patricier, oft deren Schuldner, und hatten von dem Ertrag des mit geliehenem Kapital an Geld und Waren betriebenen Geschäftes Prozentfäße an die vornehmen und reichen Gläubiger zu entrichten. Sie lebten vom Kleinhandel und zumal vom Handwerk, meist nicht vollfrei, sondern halb frei, schußhörig. Außer Kram oder Werk statt in der Stadt besaßen sie wohl vor den Thoren einen Garten oder ein Stück Ackerfeld, von deren Ertrag sie lebten, unmittelbar oder durch Feilbieten auf dem Marktplage der Stadt.

Nicht viel tiefer als diese Neuangesie delten standen die alten Grundholden des Bistums oder des königlichen Vogtes oder der Patricier, die ebenfalls als Taglöhner, Gärtner, Ackerbauer, auch als Handwerker für ihre Schußherren auf deren Äckern oder in deren Fabriken, Werkstuben arbeiteten.

Nachdem wir so die ständische Gliederung der städtischen Bevölkerung kennen gelernt, betrachten wir zum Schluß die Entwickelung der Verfassung dieser Gemeinwesen; sie verläuft in drei Perioden: 1) die Zeit der Vögteregierung; 2) die Zeit der Geschlechterregierung; 3) die Zeit der gemeinsamen Regierung der Geschlechter und der Zünfte.

1) Ursprünglich und mehrere Jahrhunderte hindurch auch noch nach der Lösung der Stadt vom Gau, begegnet in derselben feine Spur von Selbstregierung oder Selbstverwaltung, oder auch nur von Anteil der Bürger am Stadtregiment, ja nicht einmal eine Kontrolle desselben.

Vielmehr lag die gesamte Regierung der Stadt in der Hand des Bischofs (oder des Königs), der sie durch den bischöflichen (oder königlichen) Vogt ausübte. Dieser, der Dingvogt, waltete der Gerichtsbarkeit in den casus majores, er handhabte die Polizei, gewährte Schuß und Hilfe gegen Verbrechen, erhob die herkömmlichen Abgaben, verteilte und

überwachte die Reihendienste (Fronden) und bot auf und befehligte das Fähnlein der Bürger, wenn es auszog in den Fehden des Bischofs oder in dem Heerbann des Königs, sowie bei Bewachung und Verteidigung der eigenen Mauern; manchmal aber stand für diese kriegerischen Aufgaben ein besonderer Schirm- oder Waffenvogt neben dem Dingvogt. Wie bemerkt, waren es die ganz von dem Bischof (oder dem König) abhängigen, weil persönlich unfreien bischöflichen (oder königlichen) Ministerialen oder Dienstmannen, deren sich der Bischof (oder König) und dessen Vogt bei dieser Handhabung des Stadtregimentes bedienten; alle städtischen Ämter, z. B. auch das des Untervogtes (subadvocatus), auch Vikarius genannt, waren diesen Dienstmannen zu Lehen gegeben, welche auch in der Burg oder in dem Palatium wohnten und die Person des Bischofs und des Vogtes unmittel= bar zu schüßen hatten: so war es in Magdeburg, in Osnabrück, in Köln, in Speier, in Trier, in Mainz, in Würzburg, in Straßburg, in Augsburg.

2) Aber allmählich gelang es einem Teil der Städter, selbstverständlich dem durch Reichtum und altvererbten Einfluß meist hervorragenden, Anteil an dem Stadtregiment zu erwerben.

Die Ausgaben und die Lasten, zumal die Waffendienste der Stadt, konnten bei stetem Anwachsen nicht mehr, wie dies ursprünglich der Fall gewesen, von dem Bischof oder königlichen Vogt aus seinen Einkünften und von den Dienstmannen allein getragen werden, man mußte die Bürger und zwar immer stärker mit heranziehen. Nun bestand aber keineswegs ein Besteuerungsrecht des Bischofs oder eine Befugnis des Vogtes, die Waffendienste der Einwohner einseitig, ohne deren Zustimmung zu steigern. Die Geldnot der Bischöfe und Könige ward immer stärker, immer häufiger; die Bürger ließen sich auch meist bereit finden, für Zwecke, die ihnen ja selbst im Interesse der Stadt notwendig oder nüßlich schienen, dem Bischof Geld zu leihen oder ihre bisherigen

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