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Taschentuch vor die Augen bei mich im | gehorsamer Diener Schönow einen neuen dummen Streich macht!

Daß ich in dieser Weise noch Bogen. ausfüllen könnte, ist Sie auch bekannt. Aber wozu? Konfus genug habe ich schriftlich mir und Ihnen für heute wahrscheinlich gemacht, und Sie verzichten gerne auf jeden frischen Anstich von diese Sorte. Mit die alte verwunschene Raritäten- und Bücherkammer hat es seine Richtigkeit, mit das junge verlassene Mädchen gleichfalls und mit meine komplette Perplexität zum dritten dito. Den jungen Menschen gar nicht mal gerechnet. Und wenn Sie seit zwanzig und mehr Jahren, Fräulein, nicht aus Berlin herausgekommen sind, so kann sich das ja gar nicht besser tresfen Sie müssen mich einmal eine andere Luft schöpfen und zwar hier. Melden Sie mich per Drahtbericht, wann ich auf die erste ruhige Nacht wieder werde reflektieren dürfen. Die jetzige Verantwortlichkeit ist zu jroß für meine Unerfahrenheit in Junge-Mädchen-Sachen; denn mit Sie vor dreißig Jahren und mehr war das doch ganz was anderes und mit meine Helene vor fünfzehn Jahren ebenfalls!!!

Sofa fizt und keine Ahnung davon hat, ob's hochlöbliche Schicksal es als 'ne Niete oder 'nen Hauptgewinn von mich selber in die Goffe gefundenen, unglückseligen Waisenknaben ziehen lassen will! Gucken Sie nur mal aus dem Fenster, Fräulein, und bedenken Sie, was das jego für'n Wetter zum Reisen ist. Und die Gegend hier herum so über alle meine Beschreibung angenehm. Und mal so ganz anders als wie die ewige Ausjicht in Berlin aus unseren Fenstern! Eine olle Ratsbibliothek und na, na, Fräulein Julie! - eine von die aus wärtige menschliche Gelehrtheit bis dato total vergessene oder gottlob pure für Ihnen und die Ratten alleine aufgehobene Kammer bis obenhin voll Bücher von unsere Sorte, und Skripturen auf Pergamenten und Globussen aus die auf gehobene Abtei ist auch vorhanden, und der einzige Mensch, der seit hundert Jahren hereingekommen ist, ist mein anderes verunjlücktes Menschenkind männlichen Generis, und er soll mit dem Schlüssel auf dem Bahnhofe stehen für Sie, wenn Sie uns telegraphisch bloß mit dem Kopp niden. Daß ich Ihnen mit meine neueste „Fräulein Julie, drei verlorene MenVerantwortlichkeit nicht sofort selber auf schenkinder heben Sie jedenfalls mit feudie Stube rücke, das hat natürlich nur rige Arme aus die Bredullje, wie der seine alten Gründe parterre, unter Dichter sagt, wenn Sie mich in diese Ihre Füße, Fräulein; Sie wissen schon, Kleinkinderschwulität nicht ohne Erbarwas ich meine! Daß dieses möglicher- mung sizen lassen, und das Gesicht von weise wieder vielleicht eine Verschönerung meine Alte wird für Ihr Pläsir auch des Daseins wird, für welche nicht jeder nich ohne sein, wenn Sie ihr auf Ummann im Hause Sinn und Verständnis wegen notifizieren: Jc verreise auf'n hat, das ist bei die ungezählte Millionen, paar Tage, Madam Schönow! die statistisch den Erdball bewohnen und die alle eine Nuance vom anderen verschieden sein sollen, nach Gottes Willen gar nicht anders als gewiß. Daß meine Olle parterre in verschiedener Hinsicht ein bißken von mir verschieden ist, ist, seit wir zwei uns näher kennen, Sie kein Geheimnis. Es ist eben wieder mal ein Privatvergnügen, was wir beide uns allein ,,P. Scr. Antwort ist mich sehr nötig machen müssen — vorausgesezt, daß Sie und erwünscht, aber lange nicht so als auch diesmal wie gewöhnlich mitthun wie im Notfall stumme Dreidrittelsmajori= wollen, wenn Ihr ofler Freund und ewig tätszustimmung in diese Barmherzigkeits

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So lacht der Mensch noch in seine Nöten, und somit verbleibe ich am Ende doch nur einfach Ihr Sie in alle Ewigkeiten dankbarer und treuergebener

W. Schönow, Berliner Hausbesizer, Provinzial - Steinbruchbesizer, k. k. Unteroffizier a. D. und noch allerlei Kurioses.

sache aus einer lieben barmherzigen Seele, als wie ich die Ihrige seit mehr als drei Big Jahren zu kennen die Ehre habe, hochverehrtestes Fräulein!"

Als Fräulein Julia Kiebiß so weit gekommen war, legte sie den Brief aus der Provinz zum zweitenmal sanft auf den Tisch, diesmal aber sich zurück in ihren Sessel und blickte eine geraume Weile nach der Stubendecke. Deutschlands klarstem Frauenzimmer war es in diesem Augenblicke durchaus nicht deutlich, was für ein Gesicht die gegebene Minute eigent lich von ihr verlange.

Es ist ein wahres Glück also, daß die Gesichter dem Menschen ganz von selber kommen, und der scharfen, alten, altberlinischen übergeschnappten“ Jungfer kam diesmal ein wahrhaft abschreckendes für alle, die sie zum erstenmal auf der Höhe ihrer weichsten Stimmungen er blickten.

Hübsch war sie schon als sechzehnjährig Jungfräulein nicht, wenn etwas ihr gutes Herz bewegte und rührte; aber in ihrer jezigen Lebensepoche war sie eigentlich bei derlei Gelegenheiten schauderhaft. Mit einem versteinerten Gewitter in den Zügen sprach sie:

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„Da hört doch alles auf! J, Dalldorf und kein Ende! Dies geht denn nun frei lich über allen Spaß, und es ist nur ein Glück, daß ich den Traum schriftlich und nüchtern durch die Post habe, um mich vor meinen eigenen fünf gesunden Sinnen dadurch rechtfertigen zu können! ... In unserem Alter? bei meinen Gewohnheiten, Schrullen und Grillen? bei unseren übrigen närrischen Zuständen und Umständen?... Imaginiere es dir in eines von den vier verlorenen Büchern des Paläphatos De incredibilibus hinein, würde unbedingt mein seliger Papa angeraten haben! Es geht nicht länger, es geht nicht länger: ich kann den Mann nicht mehr allein reisen lassen!... Daemels Ece! Du lie ber Himmel, Liebelotte die Tante Fie

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Sie hatte ihren Studierstuhl zurückgeschoben, und nachdem sie mit den Händen auf dem Rücken ihr Gemach mehreremal energisch durchmessen hatte, stand sie jezt am offenen Fenster und sah nach einem kurzen Blick in die Gasse lange und nachdenklich zu dem blauen Sommerhimmel empor. In diesem Augenblick gab es in der großen Stadt, alle ihre hunderttausend Kinder eingerechnet, nichts für das Märchen, das Ideal, die Welt jenseits der Alltagserscheinung mehr Stimmungsfähiges als wie dieses alte, wundervolle, von der Mama in der Wiege verlassene, vom Papa zu einer Närrin prädestinierte und vom gütigen Schicksal zu Schönows bester Freundin, Gönnerin und Schußbefohlenen gemachte Mädchen im obersten Stockwerk über dem laufenden Tage.

Es giebt berühmte Freundschaften in der Welt. Seit Anfang der Geschichte hat man dergleichen aufgezeichnet.

Fräulein Julie wußte aus der Bibliothek ihres Vaters eine ganze Reihe an den Fingern herzuzählen; aber

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Hand, wie wenn sie den Staub von einem der Folianten aus der Erbschaft ihres Vaters bliese.

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Das alte Fräulein blies sich über die | sterblichen Götter, was möchte aus meines Vaters Tochter wohl geworden sein, wenn ihr dem verwahrlosten, verstaubten, verschimmelten jungen Geschöpf nicht diesen verwahrlosten, ungekämmten, ungewaschenen, halbverhungerten närrischen Kerl und Straßenjungen in den Weg geführt hättet?... Ihr habt es doch wohl gut mit uns gemeint, ihr im ewigen Blau!... Und, bei den drei furchtbaren Schwestern, im Grunde war ich seiner Hilfe doch viel bedürftiger als er der meinigen! Er machte mich wieder zu einem Kinde dann und wann sogar zu einem wirklichen,

und ich ich konnte ihm nach des Papas Tode nur die dreitausend Thaler geben, die er brauchte, um sein Geschäft anzufangen. Schönow und Compagnie! Schönow und Compagnie! Durch Sauer und Süß, durch gute und schlechte Zeiten, durch Krieg und Frieden Schönow und sein stiller Compagnon! Zwölf Jahre sind es ja nun wohl schon her, daß er mich wieder unter den Kolonnaden bei einem Bücherhandel traf, den ich diesmal hinter seinem guten, dicken Rücken zum Abschluß bringen wollte. Ich habe niemals einen Menschen so wütend gesehen als ihn damals:,Schönow und Compagnie in alle Ewigkeit, Fräulein, und der selige Herr Vater würde sich doch in seinem Grabe umdrehen, wenn er heute hiervon eine Ahnung haben könnte! Und nach Lichterfelde wollen Sie obendrein ziehen, weil es Ihnen zu bunt in der gegenwärtigen neuen Weltstadt wird? Der Deubel soll mich frikassieren, wenn

‚Es wird fast zu viel Musik da drüben Haus bei Haus gemacht; aber wem habe ich es zu danken, daß ich heute die lezte bin, die sich darüber erbost? ... Lichtlos, farblos, tonlos alles damals - großer Gott, die Person läßt wahrhaftig noch das Kind aus dem Fenster fallen; und wie kommt denn der Kohlweißling aber auch hier mitten in die Stadt? - Grau, grau, grau alles, und wie es noch dazu regnete an jenem Novemberabend, als ich | fröhlichen, vergnügten, lachenden Kinde, ihn zum erstenmal die Treppe herauf winkte und er in des Papas Bibliothek in der Mittelstraße auf dem Stuhlrande hockte, und die Mine dazu kam und die Hände über dem Kopfe zusammenschlug, als sie uns so fand, und meinte: Julchen, wenn Sie ihm eine wirkliche Gutthat er weisen wollen, bringen Sie ihn mir das nächste Mal doch lieber in die Küche. Der Papa war in seinem Klub und kam erst um elf Uhr wieder nach Hause, und ich ging mit in die Küche und sah ihn essen, und nachher holte er den alten Nettelbeck, den ich ihm bei Danz unter den Kolonnaden gekauft hatte, heraus, und wir lasen den alten Nettelbeck und die Belagerung von Kolberg an Mines Küchenherd, und ich holte den Atlas aus des Papas Bibliothek und zeigte ihnen, wo Kolberg eigentlich liege, und der Regen schlug fortwährend dabei an die Scheiben, und die selige Mine meinte, dies sei das Merkwürdigste, was sie jemals erlebt habe, dem Papa sei's zwar wahrschein- | Sie dazu nicht doch ein bißchen zu tief in licherweise ganz einerlei, aber besser sei's vielleicht doch, wenn er nicht erfahre, was man heute abend für absonderliche Gesellschaft bei ihm gehabt habe. Das Haus ist nun auch abgebrochen; es schläft dort | niemand mehr unter der Treppe; ich bin gestern noch vorübergegangen - es geht alles vorüber; sie haben ein großmächtiges anderes Gebäude hingesezt und - vielleicht hat er selber einen Teil des Baumaterials dazu geliefert! D, ihr un

meine Bücher stehen, Fräulein! Schönow und Compagnie Schönow und Compagnie bis an das Ende aller Dinge, Fräulein, troß allem, was jedem sein eigen Schicksal dazwischen gesteckt und was er sich selber dazu eingebrockt haben mag! Schönow und Compagnie bis in den Tod, Fräulein Julie!" "

Der gelehrte altjungferliche stille Compagnon der Firma W. Schönow und Compagnie wendete sich von dem blauen

Sommertage da draußen in der Berliner Straße weg und sah sich mit merkwürdig zwinkernden Augen in seinem Zimmer um. Die verstaubten Bücherreihen der väter lichen Bibliothek, welche die Wände von oben bis unten bedeckten und die damals infolge von Schönows Veto nicht sich in alle Welt zerstreut hatten, mußten doch einen noch blendenderen Schein geben als die helle Mittagssonne vor dem Fenster. Sie redeten in diesem Augenblicke allesamt und zwar in einer Sprache, von der ihre Verfasser-Griechen und Römer, Hebräer, Germanen und Romanen nicht immer im geringsten eine Ahnung hatten. Sie sprachen jedenfalls alle miteinander in diesem erinnerungsvollen Moment ein vortreffliches Deutsch vielleicht das beste, was überhaupt zu haben ist, und Worte gab ihnen natürlich Fräulein Julie Kiebig von der sonderbaren Firma :

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Schönow und Compagnie!

vollen Buches rieb sich die wundervolle alte Berlinerin mit dem Rücken des Bandes die so sehr in das spigschnabelige Geschlecht der Grallen gehörende Nase und sagte von neuem:

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Hm, hm, hm! Es ist sonderbar! Er hat doch Zelter gekannt, wenn er auch Schönow nicht gekannt hat! Laß sehen Band I, Seite 102: Er kann bei der ersten Bekanntschaft etwas sehr derbe, ja mitunter sogar etwas roh erscheinen. Ich kenne kaum jemanden, der zugleich so zart wäre wie Zelter. Und dabei muß man nicht vergessen, daß er über ein halbes Jahrhundert in Berlin zugebracht hat. Es lebt aber, wie ich an allem merke, dort ein so verwegener Menschenschlag beisammen, daß man mit der Delikatesse nicht weit reicht, sondern daß man Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob sein muß, um sich über Wasser zu halten."

Mit ihrem Eckermann wie zum Schlage ausholend, neigte sich Fräulein Julie Kiebig horchend gegen ihre Stubenthür. Sie mußte ein eigentümliches feines Gehör und dazu die Gabe haben, ihre

Da ich ihn nicht zum zweitenmal unter der Treppe hervorholen kann, so bleibt mir wirklich weiter nichts übrig, als unter seinem Dache weg jedesmal sofort: Ich komme schon, Kindskopf! zu rufen, wenn er die alte verrückte Spinne im Oberstock | Aufmerksamkeit zu gleicher Zeit auf mehnötig zu haben glaubt. Daß er mich nötig hat, unterliegt keinem Zweifel, daß dieses sommerliche angenehme Wetter einige Dauer verspricht, gleichfalls! Hm!"

Sie rieb sich lächelnd die Stirn, schritt zu einem ihrer Bücherbretter und zog einen ziemlich abgegriffenen Band hervor: Gespräche mit Goethe in den lezten Jahren seines Lebens; von Johann Peter Eckermann.

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Band zwei, Pagina 333," murmelte fie. Mittwoch, den dreißigsten März achtzehnhunderteinunddreißig!" las sie halblaut vor sich hin. „Wir reden wieder über das Dämonische. Es wirst sich gern an bedeutende Figuren, sagte Goethe, auch wählt es sich gern etwas dunkle Zeiten. In einer klaren prosaischen Stadt wie Berlin fände es kaum Gelegenheit, sich zu manifestieren."

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reres zu richten. War etwas draußen geschlichen? hatte einer unvorsichtigerweise seinen Hut vor dem Schlüsselloch fallen lassen? Daß jemandem lezteres Malheur in der That passiert war, erwies sich sofort als ein Faktum; denn - ihre Thür aufreißend und auf gut Glück in den etwas dunklen Gang mit ihren leßten Gesprächen mit Goethe im Schwung hinfahrend, traf sie den sich soeben vom Bücken nach seiner Kopfbedeckung wieder emporrichtenden Horcher an sein Gehörorgan, und wenn ihm dasselbige nicht bis zum Abend nachklang, mußte es nicht nur sein, sondern auch von einer beneidenswerten Widerstandsfähigkeit sein.

„So, Giftge!... Wieder einmal?!... Nun, diesmal traf — trifft sich das ja ganz gut kommen Sie nur gefälligst ein bißchen mehr ins Licht; - du BarmMit dem Zeigefinger zwischen der herziger, wie dumm und verblüfft das 332sten und 333sten Seite des wunder- | Menschenkind aussieht! Na, na, an Ihrer

unsterblichen Seele thut Ihnen niemand | wahrscheinlicherweise am wenigsten gern an mir missen möchten, und so, Giftge, nun kurz heraus: was haben Sie diesmal gesehen? was haben Sie gehört? was habe ich gesagt? Giftge, Sie wissen, ich bin recht duldsam gegen den Instinkt im Menschen und gewöhnlich ganz stille, wenn ich in einem armen Tropf auf ihn treffe und mich frage: was kann denn der Halunke im Grunde dafür und dagegen? aber ich drehe Ihnen doch den Hals um, wenn Sie mir jezt nicht auf der Stelle beichten, was ich eben für das beste für

mehr einen nennenswerten Schaden, Giftge, und was Ihre rechte Backe anbetrifft na, so können Sie ja das nächste Mal die linke herhalten. Übrigens wahrhaftig, Sie feiner Athener, hätte ich Sie eben nicht an meiner Thür ertappt, so würde ich mir sicherlich erlaubt haben, an die Ihrige zu klopfen. D, Sie stören mich gar nicht, suchen Sie Ihre zerstreuten Gliedmaßen, Ihren Hut und Ihre geistigen Fähigkeiten wieder auf und schenken Sie mir für'n Moment das Vergnügen."

Das leztere wurde mit einem so ausgesprochen spree-athenischen Accent gesagt, daß es für jeden Kenner von solchem Tonfall und Gestus eine Freude und ein Entzücken sein mußte.

Herr Privatsekretär Giftge!

„Nur ganz ins Helle! so viel als möglich ins Helle, lieber Giftge!" hatte das Fräulein noch hinzugefügt, und ganz im hellsten Tageslichte haben auch wir nunmehr diesen Mitbewohner des Hauses Schönow und Compagnie vor uns.

Ein kleines dürres Männchen mit kränk lich roten, blinzelnden Augen, in schäbigem Schwarz, ein Schriftenbündel in blauem Umschlage unter dem Arm und einer Miene, als wäre er bei weitem lieber wo anders.

„Ich versichere Sie, Fräulein

Ich schenke Ihnen alle Ihre Versicherungen, Nachbar. Es ist ungefähr eine Stunde her, seit ich Sie drüben an der Ecke dem Briefträger eine Prise an bieten sah. Sie erkundigten sich natürlich nur, ob er eine Sendung für Sie abzu geben habe, und würden ihm gern das Treppensteigen erspart haben. Daß er nur einen Brief für mich mit sich führte, interessierte Sie selbstverständlich durch aus nicht, und es war nur Zufall, daß Sie dem Mann ein wenig scharf auf die Korrespondenz unserer Umgegend in den Händen sahen. Daß ich dann und wann ein wenig zu laut mit mir selber rede ich habe das von meinem Papa geerbt a parentibus habemus quod sumus ist eine Eigenschaft, die Sie, mein Guter,

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uns alle gehalten habe! Glauben Sie wirklich, daß ich — ich solch einen Ohrwurm wie Sie jahrelang ungequetscht um mich herumkriechen lassen werde, ohne jemals einen handgreiflichen Nugen aus ihm ziehen zu wollen?“

„Auf Ehre und Gewissen, Fräulein,“ stotterte der ertappte unglückselige Korridorhorcher und Privatsekretär, „Fräulein können überzeugt sein, daß es durchaus nicht meine Absicht -"

„Selbstverständlich nicht! Giftge, ich gebe Ihnen mein Wort, ich zähle jezt nur noch bis drei und warte keinen Moment länger auf den Schafskopf, den ich an Ihrer Stelle dem Gott der anständigen Menschen abgurgeln könnte!“ „Ich kam

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„Sah, horchte und bekam diesmal gerade zur rechten Zeit Eckermanns Gespräche mit Goethe um die Ohren! Jawohl, so pflegen die Götter dann und wann das Bestreben, seinen Nebenmenschen gefällig zu sein und sich ihnen angenehm zu machen, zu belohnen. Was hatte man. Ihnen denn heute da unten im Hause versprochen, wenn Sie möglichst rasch Nachricht bringen würden, was jener Brief dort auf dem Tische enthält ?"

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