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(1826 von Lappe ins Deutsche überseßt). Hierin finden sich vor Allem von Linné's eigener Hand 1) Aufzeichnungen über sich selbst, 2) eigene Nachricht über seinen Lebenslauf, 3) Annotationsbuch für die Jahre 1744 bis 1750, 4) Glückwünschungsschreiben an Rudbeck, 5) Auszüge aus den Protocollen der medicinischen Facultät, 6) Briefwechsel mit verschiedenen Schweden, 7) zwei Manuscripte über seine Arbeiten und dann noch verschiedene aus anderen Quellen zusammengestellte Mittheilungen.

Eine sehr erbärmliche und leichtfertige Compilation aus einigen Vorgängern ist A. L. A. Fée: Vie de Linné, Paris 1832 und noch schlechter ist das Leben Linné's in Firmin Didot frères: Nouvelle Biographie universelle (Bd. 31, 1840), das | fast so viele Falschheiten als Worte enthält. Wenn man bei den Franzosen, deren Oberflächlichkeit und Ignoranz in Allem, was nicht französisch ist, beinahe schon sprichwörtlich geworden ist, dergleichen Sachen wie bei Condorcet, Fée, Didotu. A. zwar nicht rechtfertigen, aber doch erklär lich finden kann, so darf man aber doch eine solche Sudelei, wie sie sich als Leben Linné's in einer Anmerkung zu Littrow's Uebersetzung der Whewell'schen Geschichte der inductiven Wissenschaften findet, die, ohne Stöver und Afzelius (die deutschen Quellen) zu kennen, nur Duinmheiten aus französischen Wischen zusammenstoppelt, als eine gegen Linné, gegen Whewell und gegen die deutsche Ehre gleich unverantwortliche Gewissenlosigkeit nicht ohne die verdiente derbe Züchtigung vorbeigehen lassen. Der Verfasser erhebt sich darin sogar zu der Ungeheuerlichkeit, daß er von Linné's Ehe mit Madame Fahlun spricht; mehr in brutaler Ignoranz hat auch nie ein Franzose geleistet.

Uebrigens gehören selbstverständlich zu den Quellen für die Kenntniß Linné's auch seine Briefwechsel, soweit dieselben schon veröffentlicht sind, z. B. mit Alb. von Haller, Burmann u. s. w.

In den folgenden Artikeln werde ich nun auf Linné's Charakter und wissenschaftliche Leistungen näher eingehen. (Fortsetung folgt.)

Ueber das Wasser

in feiner Bedeutung für die Bölkerwohlfahrt.

Von

F. Beuleaux.

Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.
Bundesgesez Nr. 19, v. 11. Juni 1870.

Das Herrlichste ist das Waffer!
Pindar.

Unter den Lebensbedürfnissen des Men-
schen nimmt das Wasser eine der ersten
Stellen ein. Wir wissen uns deshalb seine
Wohlthaten so mannigfach zu beschaffen,
daß wir zuweilen vergessen, wie Vieles im
täglichen Leben von ihm abhängt. Und doch
ist das Wasser ein Erhalter des Lebens,
sowohl des einzelnen Menschen, als ganzer
Völker. Von seinen Anwendungen scheint
am wenigsten naheliegend diejenige zur Be-
förderung des Pflanzenwachsthums in Gär-
ten und Feldern zu sein, und doch sind ge=
rade die Werke von Menschenhand, welche
die Verbreitung des nährenden Wassers
auf dem Boden bewirken sollen, von der
größten Bedeutung für die Völkerwohlfahrt.

Wenn man die Vorbedingungen unter sucht, welche zur Erhaltung eines Volkes oder einer Völkerfamilie auf einem bestimmten Erdflecke erforderlich sind, so kommt man neben gewissen von der Natur gegebenen Voraussetzungen zu einer einzigen, alle übrigen erhaltenden menschlichen Thätigkeit: es ist die Bebauung des Landes. Diese allein vermag dauernd Nahrung und Kleidung in der Fülle zu liefern, welche dem Geschlechte erst ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Die Erde ist, wie ein amerikanischer Denker * sehr bezeichnend gesagt hat, eine große Maschine, welche unbrauchbar gewordenen Stoff stets wieder in brauchbaren verwandelt, so oft man es von ihr verlangt. Darum ist der Landbau überall der Anfang der Cultur und ihr Erhalter. Darum sehen wir auch da, wo er nicht auszureichen scheint, ihm neue Hülfsmittel zuführen; ja, es hat sich bei uns ein Gefühl besorgter Spannung geltend gemacht. Ganze Flotten holen z. B. alljährlich den Guano für unsere Felder von vereinsamten Inseln des Stillen Oceans, und jetzt, wo diese Fundgruben sich zu er

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ben schlimmen Leidenschaften und Fehlern große Talente stehen, hat man seit einigen Jahrzehnten sein Augenmerk scharf auf die Bewässerungsfrage geworfen. Im südlichen Frankreich bestand aus alter Zeit in gewissem Umfange die Berieselung. Anknüpfend an diese, und angeregt durch die Beobachtungen der ägyptischen Expedition unter dem ersten Napoleon, hat man sowohl eingehende Studien gemacht, als auch Ausführungen daran geknüpft, welche sich jetzt bereits über ganz Frankreich erstrecken. Das Land hat sich inzwischen mit einer ausgezeichneten Gesetzgebung für das landwirthschaftliche Wasserrecht versehen und geht mit Schritten von zunehmender Schnelligkeit einer großen Zukunft auf landwirthschaftlichem Gebiete entgegen.

schöpfen drohen, bestrebt sich die Wissen- | klarsten erkannt unsere unfriedsamen Nachschaft, Ersatz im Mineralreiche aufzusuchen, barn, die Franzosen. In Frankreich, diewovon Bergwerke und Salinen zu erzäh- | sem Lande „der Contraste," wo dicht nelen wissen; unsere Chemiker, den Schöpfer der Bodenchemie an der Spite, warnen mahnrufend vor der Verschleuderung der Düngstoffe, welche aus großen Städten abfließen. Dahinter steht das Drohgespenst der Entkräftung des Bodens und der grausame, häßliche Ruf: Uebervölkerung! Als Gegenbild aber zeigt uns die Geschichte Länder, welche durch Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch die wundervollste Erzeugungskraft des Bodens bewahrten. Da sind Spanien, Sicilien, Numidien, Aegypten, welche die Kornkammern Europa's hießen; und dann bestehen auch vor unseren Augen Ackerbaustaaten von gewal tiger Ausdehnung, wie China und Japan, welche mit erstaunlicher Gleichmäßigkeit der Bodenergiebigkeit dahinleben, troßdem ihre Bevölkerungen rasch zunehmen. Sollte dort natürlich auftreten, was sich bei uns in eine Künstlichkeit voll Gefahren verlieren will? Das Klima könnte doch nur bei den südlichen Ländern den Ausschlag geben; jene asiatischen haben doch zum Theil dasselbe Klima wie wir!

Und thatsächlich ist es auch nicht die Natur, welche den Unterschied bedingt. Un sere Existenz ist überhaupt in vielen Beziehungen eine nicht mit der Natur, sondern gegen die Natur gehende. Im Kampfe mit ihr erringen wir erst unsereExistenz; die bezwungene Natur leiten wir dahin, unsere Existenz zu erhalten. Regen und Sonnenschein, Sturm und Schnee würden alles Menschenwerk immer nur zerstören, unsere Felder verwüsten, unsere Feldfrüchte zur Ungenießbarkeit verwildern. In der Leitung der Naturkräfte beruht unsere Stärke im Allgemeinen, und beruht auch die des Landbaues. Das Geheimniß jener fruchtbaren und fruchtreichen Länder der alten und der heutigen Welt ist ein gemeinsames. Es läßt sich zusammenfassen in das eine Wort: Wasserwirth schaft, oder mehr ausgeführt: die systematische, durch Sitte und Geset geregelte Benutzung der von der Natur unregelmäßig gelieferten, durch Menschenwerk allein geordneten Wasserzufuhr.

Diese bedeutungsvolle Wahrheit haben unter den heutigen europäischen Völkern am

Die wasserwirthschaftlichen Arbeiten sind mancherlei Art. Da sind Flüsse einzudämmen und mit Wehren zu versehen, Teiche oder Weiher klein und groß zur Aufnahme des Regens und der Hochwasserfluthen anzulegen, und dann Canäle zu bauen durch Thäler und weite Ebenen, und aus den Canälen Nebencanäle abzuleiten und diese wieder zu verzweigen bis zu kleinen Riefelrinnen, welche die Fluren bewässern, oder zu Rohrneßen, welche unterirdisch den Wurzeln der Bäume und Gräfer das erquickende Naß zuführen sollen. Dazu kommen Vorarbeiten und Messungen allerlei Art, für welche Arbeiten Frankreich mit einem Bcobachtungsneße ohne Gleichen bezogen ist.

Unter den ausgeführten Werken ist ein bedeutendes älteres das Canalneß der Durance nahe bei Marseille. Dieser Fluß führt ein fast immer trübes, beinah schlammiges Wasser. Allein seine Schlammtheilchen sind vorzüglich geeignet, die Felder fruchtbar zu machen, und so hat man denn einen Canal nach dem anderen von der trüben Durance abgezweigt und dieselben in verschiedenen Richtungen durch das Gelände geführt: nach Vaucluse, Avignon, Carpentras, Arles, Tarascon und Marseille. Ein großer Theil der künstlichen Wasserläufe datirt aus dem zwölften Jahrhundert. Andere kamen später hinzu. Und sie gehen nun neben einander und auch wohl über oder unter einander her—wobei entweder brückenartige Gerinne oder

unter den Boden versenkte Hebercanäle an- | Fuß Breite und Länge und 82 Fuß Höhe,

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gelegt sind und tragen Frische und Erntesegen in die Weingärten, Maulbeer pflanzungen, in die üppigen Wiesen und Aecker und in die schachbrettartig bepflanz ten Felder, auf welchen die Krappwurzel, der Urstoff der unersetzbaren Türkischrothfarbe, gezogen wird. Die Wasservertheilung findet nach Herkommen und Gesetz statt; der Bauer pachtet Wasser von der Canalgesellschaft oder dem Staate, wie man sonst Felder pachtet. Das trübe Durancewasser erspart viel Düngung; deshalb ist es so geschäßt, daß es z. B. einen zehnbis zwölfmal so hohen Zins trägt als das klare Kalkwasser des Sorgues bei Vaucluse. Der eigentliche Marseiller Canal ist noch neu; erst 1850 wurde er fertig; er treibt unterwegs viele Mühlen, deren Ab laufwasser wieder Felder und Gärten tränkt, und wird dicht vor der Stadt abfiltrirt, um Marseille, welches früher an quälen dem Wassermangel litt, mit Trinkwasser zu versorgen, welches zwar nicht silberklar, aber doch sehr reichlich fließt.

Ziemlich neuen Datums sind die Anlagen an den Moselufern in Lothringen. Dort hat man unterhalb Epinal, wo die Mosel sich ein breites steiniges Hochwasserbett angeeignet hatte, durch planvoll an ́gelegte Rinnsale das Wasser veranlaßt, über die geebneten Kiesfelder leise hinzu rieseln und dadurch seine oft kaum wahr nehmbare Trübung einzubüßen. Nach einem Jahre schon hat sich dadurch eine dünne Schlammdecke gebildet, welche sofort mit Grassamen angesäet wird; nach zwei wei- | teren Jahren hat das Wurzelgewebe die Decke festgemacht, und das dürre öde Steinfeld ist in eine schöne grüne Wiese verwandelt, welche zwei, ja in guten Jahren drei Schnitte erträgt. Von 1827 bis 1847 wurden so dort 3200 Morgen der herrlichsten Wiesen erzeugt, welche seitdem immer nur vermehrt worden sind.

Von der Menge der schlammigen Masse, also abgelösten, abgeriebenen Erdreichs, welche ein Fluß fortführen und ganz ungenust ins Meer schütten kann, macht sich der Laie kaum eine Vorstellung. Hiervon nur einige Beispiele. Die Seine und Marne vereinigt, zwei verhältnißmäßig klare Wasser, führen alljährlich gegen 230,000 Cubikmeter Schlamm an Paris vorüber. Aus dieser Masse könnte man einen Block von 300

d. i. von ungefähr den Abmessungen des neuen Berliner Rathhauses, formen! Bei sehr trüben Flüssen ist die Sache noch weit auffallender. So schleppt der kleine Var, allen denjenigen bekannt, welche Nizza bes sucht haben, alljährlich über 12 Millionen Kubikmeter Schlamm dahin; * eine Masse, aus welcher nicht weniger als 53 solcher Blöcke wie der obige hergestellt werden könnten!

Nach chemischen Untersuchungen sind diese Flußschlämme größtentheils Nährstoff für pflanzliches Leben. Man hat deshalb im unteren Seinebette vor einigen Jahren die Ausbeutung der Schlämme durch Rieselanlagen begonnen und aus dem sterilen Kiesbette schon gegen 34,000 Morgen prachtvoller Wiesen hergestellt, welche auf einen Werth von 20 Millionen Francs geschäßt werden. Auch der Var wird in Contribution gezogen werden; ausgedehnte Canalanlagen sind an seinen Ufern im Bau begriffen.

Die erzeugten Wiesen dienen unmittelbar zur Ernährung von Rindvich. Aus den Berechnungen geht hervor, daß selbst ein ganz kleiner Fluß alljährlich das Material für die Ernährung von 1000 Stück Ochsen in das Meer verschleppen kann. Der Dünger, den die Rindviehzucht liefert, und die Schlämme trüber Flüsse sind für die Erzeugung von Feldfrüchten geeignet. Somit vermag also die richtige landwirthschaftliche Benutzung der klaren wie der trüben fließenden Wasser der Viehzucht und dem Ackerbau im ganzen Umfang die großartigsten Vortheile zu gewähren, Leben und Fruchtbarkeit gleichsam zu schaffen. Auch für die Sologne, von deren Unwirthlichkeit wir in den lezten Monaten so viel gehört haben, war vor dem Kriege die Canalanlage schon entworfen. Nach den Plänen stand zu erwarten, daß dieselbe nach einem bis zwei Menschenaltern in ein ertrag reiches Gebiet umgewandelt sein werde. Aus diesen Beispielen vermögen wir einen Theil der Ursachen zu erkennen, denen die Landbevölkerung Frankreichs den im Kriege so bemerkbar gewordenen nachhaltigen Wohlstand verdankt.

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ten, welche Frankreich noch anderweitig für die Wasserwirthschaft ausgeführt hat, wollen wir nur eine sehr wichtige Art noch erwähnen; es sind neben vielen kleinen mehrere großartige Thalabsperrungen, sogenannte Thalsperren, durch welche man Weiher oder Sammelteiche gebildet hat, die das überschüssige Hochwasser der Flüsse auffangen, ehe es zerstörend in die Ebene gelangen kann. Sie sind zum Theil bewunderungswürdige Werke. Das größte derselben liegt oberhalb St. Etienne am Flusse Furens. Durch eine 157 Fuß hohe Mauer pon gewaltiger Dicke ist dort ein Felsenkessel als Teich abgesperrt, welcher 1,600,000 Cubikmeter, d. i. den siebenfachen Inhalt unseres obigen Blockes an Wasser aufnehmen kann. Die Bauten dieser Art sind zwie fach werthvoll, indem sie einerseits den Fluch der Ueberschwemmungen heben und andererseits in den Tagen der Dürre den Segen der belebenden Fluthen niedersen den. Wenn ich hinzufüge, daß die ganze soeben genannte Anlage, welche auch noch der St. Etienner Industrie die wesentlich sten Dienste leistet, nicht 450,000 Thaler gekostet hat, so wird man von der Wohlthätigkeit solcher Werke in noch höherem Grade überzeugt werden.

Indem wir Frankreich nun verlassen wollen, werfen wir nur einen Blick nach England hinüber. Dort hat die Wasserwirthschaftsfrage ihre Entwicklung erst begonnen. Allerdings sind mehrere sehr bedeutende Sammelteiche in Hochthälern dort ausgeführt worden; allein dieselben dienen fast ausschließlich der Fabrikenindustrie. Je doch hat man in Schottland und Nordengland mit der Wiesenberieselung bedeutsame Anfänge gemacht. Bemerkenswerth ist dabei, daß in den höheren Breiten der Wasserverbrauch sich weit größer zeigt als in den niedrigen, während man auf den ersten Blick das Gegentheil erwarten möchte. Der Unterschied ist ganz auffallend. In Nordfrankreich z. B. bedürfen dieselben Ackerflächen einer neun- bis zehnmal so starken Bewässerung mit gleich gutem Wasser als in den südlichen Departements. Es ist, der wissenschaftlichen Untersuchung nach, vorwiegend die größere Bodenwärme, welche so aufschließend auf die Erdtheilchen ein wirft.

Wenden wir uns nun nach Spanien. Hier betreten wir eine Art classischen Bo

dens der Bewässerung. Zwar spricht man bei uns kaum davon. Wohl hört man, daß viel fruchtbares Land dort erschöpft worden sei durch unwirthschaftlichen Anbau, und dann, daß namentlich die centrale Hochebene von Madrid sich auszeichne durch trostlose Dede und Unfruchtbarkeit. Beides ist nur theilweise richtig.

Wenig Länder eignen sich so zu ersprießlicher Bodenwirthschaft wie die pyrenäische Halbinsel. Ihr Klima läßt die besten Früchte gedeihen, als trefflichen Weizen, Reis, Oliven, Zuckerrohr, Orangen, Mandeln, Datteln, herrliche Reben. Sehr beliebt ist der Johannisbrotbaum, mit welchem die Bauern ihre Felder einfassen, und der auch in schlechten Jahren mindestens reichliches Viehfutter liefert; die Baumwollstaude gedeiht leicht, Seidenzucht ist weit verbreitet. Freilich leidet der Landmann noch unter den Uebeln, welche eine lange Mißregierung heraufbeschworen hat; jedoch ist in den lezten Jahrzehnten doch Vieles besser geworden und der Bauer ist im Uebrigen größtentheils fleißig und anstellig. Nirgends in der Welt ist die Parcellirung des Bodens, welche durchgängig auf eine fleißige Landbevölkerung schließen läßt, so weit getrieben, ja, fügen wir hinzu, so übertrieben, wie in Spanien. Die Fluren sind gewöhnlich in kleine zerstreute Aecker, die oft die wunderlichste Gestalt haben, zerstückelt; es kommt sogar sehr häufig vor, daß ein Olivenbaum zwei bis drei Besizer hat.

Daneben ist der spanische Bauer in wohlgemeintem Unverstande nach und nach ein Feind aller nicht fruchttragenden Bäume geworden. Unbarmherzig hat er deshalb die Wälder niedergehauen, welche den Regen herabziehen und schüßend aufsammeln. Die berüchtigte Kahlheit der neucastilianischen Ebene ist allein durch solche unverantwortliche Entwaldung, nicht aber durch Bodenerschöpfung, entstanden. Die Folge ist, daß Madrid nicht ein Drittel der Regenmenge hat, welche z. B. Granada erhält.* Prächtige Ströme durchschneiden übrigens das Land nach allen Richtungen, und staunenerregend ist die Wirkung der an vielen Punkten sehr entwickelten Bewässerung. Der Ertrag der berieselten Felder ist erwiesenermaßen leicht viermal so hoch als

14/10 gegen 49 Zoll.

der der unbericselten; oft steigt das Ver- | später seine Bestimmung. Diesen bemerhältniß sogar auf das Achtfache.

Die Wasserwirthschaft ist deshalb in Spanien uralt. Schon zu den Zeiten der Karthager und Römer haben wie die Gesetzgebung erschließen läßt — Bewässe rungsanlagen dort bestanden. Die Germanen, welche im fünften Jahrhundert eindrangen, seßten dieselbe fort, namentlich pflegten die Westgothen sie auf beiden Hän gen der Pyrenäen. Die Araber, sehr geschickt in der Bewässerungskunst, führten viele große Wasserwerke aus, die auch nach ihrer Vertreibung erhalten, theilweise auch weitergebildet wurden. Erst in den letzten Jahrhunderten trat Verfall ein, der übrigens Vieles geschont hat. Ja jede Regierung, auch die ruhmlose der neuerdings vertriebenen Dynastie, sah sich an die Traditionen des Wasserbaues gebunden. So bewilligten noch 1865 die Cortes eine Summe von 7 Millionen Thalern für Canalbauten, und während des deutschen Krieges 1866 gab sich Spanien das wichtige „Wassergeses," welches die älteren einschlagenden Gesetze zusammenfaßte und verbes sernd ablöste.

Steigen wir von den Pyrenäen niederwärts, so begegnen wir unter den häufigen Canalanlagen einem neuen Elemente der Bewässerung; es ist die Noria, ein großes hölzernes Schöpfrad, vom Flusse getrieben, und mittelst angebundener irdener Tröge das Wasser nach oben führend und in eine hölzerne Rinne gießend. Aus dieser fließt cs in die Rieselgräben. Das durch das ganze Land verbreitete Rad ist wie sein Name* arabischen Ursprungs. Die Araber selbst aber haben es wahrscheinlich fernen Ländern und Zeiten entlehnt.

Lassen wir das reich bewässerte Catalonien links östlich liegen, so stoßen wir in Arragon auf den ersten großen, den sogenannten Kaisercanal, von Karl III. im vorigen Jahrhundert angelegt. Derselbe entnimmt dem fluthenreichen" Ebro eine beträchtliche Wassermenge (430 Cubikfuß in der Secunde), welche ganz für Bewässerung verwendet wird. Eigentlich war er für Schiffahrtszwecke beabsichtigt, änderte aber

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Al naurah, so genannt von dem schnaubenden Laute, den das Ausgießen der Kübel vernehmbar macht (naara, schnauben). Die Räder sind gegen die Witterung durch sie ganz einschließende hölzerne Schuppen geschüßt.

fenswerthen Vorgang beobachtet man neuerdings auch mehrfach in Frankreich, wo wiederholt während des Baues der Transportbetrieb gegen den landwirthschaftlichen in den Hintergrund geschoben worden ist.

Auf der Madrider Hochebene treffen wir auf ganz neue großartige Bauten. Es sind die des Henares canals. Dieser schöpft aus dem Henares, einem Nebenflusse des Tajo, und soll zwei Provinzen bewässern. Fertig ist er bis nach Alcala, dem ehemaligen Site der berühmten Hochschule und Geburtsorte des Cervantes. Die Bauarbeiten sind vortrefflich und mannigfaltig. Seine Wasser sollen zusammen mit denen des Lozoya canals, welcher ebenfalls im Bau begriffen ist, in naher Zukunft die trostlose Umgebung von Madrid in eine saftige, frische Huerta, ähnlich der von Valencia, umwandeln. Solches verspricht wenigstens Sennor Ribera, der ausgezeichnete Leiter der spanischen Canalbauten. Huerta ist zu deutsch Garten. Und diesen Namen verdienen in vollem Maße die wundervollen Umgebungen der südlicheren Städte Valencia, Murcia, Valladolid. f. w. Sie alle sind nichts Anderes als die Erzeugnisse ausgedehnter alter Canalanlagen, welche, Neßen gleich, die Gelände durchziehen und Fülle und Segen rings um jene Städte verbreiten.

Bei Granada, der südlichsten der wenigen Städte, auf welche wir bei unserer Umschau einen Blick werfen können, ist es der Xenil mit seinen Nebenflüssen Monachil und Darro, welche das Wässerungsnes speisen. Hier ist Alles voll arabischer Reminiscenzen; auch der Name, den hier die Gartenlandschaft führt, Vega, stammt aus dem Arabischen. Verweilen wir einen Augenblick in der Maurenstadt, als deren Capitol dem die Stadt beschüßenden Bergkegel die Alhambra entsteigt. Das wunderbare Schloß, welches die Genien geschmückt und mit Harmonien erfüllt, wie einen goldenen Traum." Wir haben seine troß der Ermattung der Farben noch zauberisch wirkenden Hallen betreten. Im Albercahofe umwandeln wir das große kühlende Wasserbecken mit seinen freilich nur noch leise plätschernden Springquellen, das daliegt, umgeben von Rosenbüschen, deren Spiegelbilder von den Goldfischen des Impluviums durchschnitten werden; wir sahen im Lö

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