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wie möglich sondern auch schon fast besiegt und in einer Weise vor sich und ihm compromittirt, welche kaum noch ein neues Zurückweichen möglich erscheinen ließ. Und so sagte er denn lebhaft:

„Ja, ja, angebetete Bertha, wir haben so viel und vielerlei mit einander zu reden! Sie sehen, es ist ganz nothwendig, daß wir eine stille, ungestörte Stunde finden -" Waren es diese Worte, welche nicht mehr leidenschaftlich, sondern eben nur noch lebhaft auf ihre Gedanken eingingen und gewissermaßen ihren Wünschen begegneten; war es seine ganze, veränderte Weise, denn er hatte seinen Arm zurückgezogen und hielt nur noch ihre Hand fest; oder wirkte in ihr noch ein drittes, unsichtbares Etwas -genug, sie war augenscheinlich ruhiger geworden. Ihre Augen blickten ihn freier an und ihre Stimme klang weniger bewegt, als sie plötzlich sprach:

"Ja, zu sagen hätte ich viel und ich meine fast, es sei meine Pflicht, nicht län ger zu schweigen. Aber bedenken Sie meine gefährliche, einsame Stellung und all das Uebelwollen und die Bosheit, mit der man mich —"

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„Aber himmlisches Kind, was reden. Sie?" fiel er beinah heftig ein. Sie sollen eben nicht mehr einsam stehen, nicht | mehr gefährdet sein! Sie sollen mir das Recht geben, dem Neid und der Bosheit für Sie zu begegnen! Verzögern Sie diese Freude, dies Glück nicht!" Und indem er den Arm von neuem um sie schlang, fragte er, das Gesicht gegen das ihre senkend, leise: „Wann wollen Sie mich sehen ?"

Nach einer Pause, während der er sich vergeblich bemühte, in ihre gesenkten Augen zu sehen und mehr als einmal bat: Aber sprechen Sie, sprechen Sie!" verjezte sie gepreßt: „Ich bin ja niemals frei und unbeobachtet. Die einzige passende Stunde wäre vielleicht diejenige, wo die gnädige Frau ihre Morgentoilette macht. und die Kleinen speisen. Aber Sie wissen, wie sehr schon neulich Ihr Besuch auf fiel — “

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„Abgemacht, abgemacht!" rief er ungestüm, mit triumphirendem Klange. Die Stunde ist charmant, auch ich bin dann frei. Und wenn Sie auf einem Ausgange drunten in den linksseitigen Corridor und mein Cabinet treten, wird schwerlich ein Auge Sie sehen als das meine, mit

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„Alles, schönes Kind, Alles!" unterbrach er sie ungestüm und preßte sie an sich, und seine Lippen streiften die ihren.

Ihre hastige Bewegung vermochte diese Berührung nicht ganz zu vermeiden. Doch war sie in der nächsten Secunde von ihm frei und flüsterte, nach einem flüchtigen, scheuen Blicke:

„O, Herr von Wehlow, nicht so heftig! Sie erschrecken mich!"

Und bevor er es verhindern konnte, hatte sie sich abgewandt und flog aus dem Zimmer. In dem Corridor kam ihr Marie entgegen.

Seid ihr schon fertig ?" fragte sie, mit verwundertem Blicke die Erregtheit der Freundin wahrnehmend. „Hat es Unannehmlichkeiten gegeben?"

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„Sei auch nicht gar zu gut, Bertha!", Mann nirgends und niemals, sobald sie sagte Marie kopfschüttelnd, „der häßliche sich vor seinem Willen zu erheben, seinen Mensch verdient es kaum. So muß ich Plänen entgegenzustellen schienen. denn allein fahren," fügte sie hinzu. „Der Tag ist allzu schön, und hier im Hause wird mir gar nicht mehr recht wohl." Der Banquier jezte sich, ohne von der ihn treffenden Verleumdung und Entschuldigung eine Ahnung zu haben, in der besten Laune inzwischen zu dem lange unter brochenen Frühstück und suchte durch verdoppelte Eile die Verzögerung wieder gut zu machen. Er benutte mit auffälliger Vorsicht zwei Taffen, zwei Teller und Bestecke und schob die Hälfte nach dem Gebrauch mit selbstzufriedenem Lächeln an Bertha's gewöhnlichen Plaz.

„Charmantes Kind! Allerliebste Sträuberin!" murmelte er hin und wieder vor sich hin.

schöne Geschlecht" war bis dahin ebèn nicht für ihn in Betracht gekommen, und von Ausschreitungen in dieser Richtung war an ihm, der überhaupt nichts weniger als ein ausschweifender Mensch, weniger als an den meisten Anderen sichtbar und befannt geworden. Seiner Ziele waren zu viele und große und seine Arbeiten und Mühen zu zahlreich und zu schwer, als daß es damals in seinem Kopfe Raum für andere, als die zunächst liegenden Gedanken gegeben haben sollte. Im Laufe seiner ersten Ehe und noch mehr während der folgenden Zeit seines Wittwerstandes gediehen seine meisten Pläne und Mühen zu einem immer rascheren und günstigeren Ende, und schon daß er bei der Wahl seiner zweiten Die neue Seite von des Banquiers Cha- | Gattin neben dem vornehmen Stande auf rakter oder Temperament, welche die Leser die Schönheit sah, war gewissermaßen eben in der vergangenen, bedenklichen Scene ein sicheres Anzeichen von seiner größeren kennen gelernt haben, darf sie im Grunde geistigen Freiheit so gut wie von Empfinnicht überraschen. Es ist eine alte, wohl dungen und Regungen, welche ihm bis dabegründete Erfahrung, daß gerade Ge- hin mehr oder weniger fremd gewesen waschäftsleute von Wehlow's Art im Gegen- ren. Einmal aufgewacht, konnten sie bei saße gegen den verhältnißmäßig einförmi- der außerordentlichen Schönheit seiner Gatgen Gang ihrer Beschäftigung, in freien tin fast unmöglich wieder zur Ruhe kom Stunden nach desto lebhafterer, wechsel- men, sondern mußten sich eher steigern. vollerer Bewegung verlangen und daneben Die Kälte und der Widerstand, auf welche auch die Aufregung, welche die Zwischen- | er unausgesezt stieß, waren ebenso wenig und Wechselfälle des Geschäfts denn doch hervorrufen, sozusagen aus dem Comptoir mit sich hinaus ins Leben nehmen und ihr dort Freiheit gewähren und Genüge zu thun suchen. Ein solches Auflodern der lange zurückgedrängten und beschränkten Lebenslust, und ein solches Streben nach dem schrankenlosesten Genießen finden wir nicht selten gerade an denen, welche uns in den Geschäftsstunden und selbst auf den offenen Bahnen der Gesellschaft als die trockensten, bedächtigsten Menschen begegnen, und hinter der kältesten Miene, hinter der behaglichsten, oder um den Ausdruck zu wäh len dürftigsten Gestalt bergen sich häufig die verzehrendsten und rücksichtslosesten Leidenschaften.

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geeignet, seine Leidenschaften in ebenere und friedlichere Bahnen zurückzulenken, sondern reizten sie nur von neuem und um so heftiger. Und da sie immer weniger Genügen. fanden, läßt es sich begreifen, daß sie sich nach einem solchen Genügen, nach Entgegenkommen, nach Wärme und begegnender Leidenschaft allmälig anderwärts umzusehen begannen.

Einer Natur, wie der des Banquiers, ist es am wenigsten gegeben, in solchem Falle erst viel umherzusuchen, mit Hindernissen zu kämpfen, sich auf eine zarte und vorsichtige Bewerbung, in eine wirkliche „Liaison" einzulassen. Aber als er sich mit solchen Gedanken zu tragen begann und sich umschaute, fand er Alles in nächster Nähe Wilhelm Wehlow hatte bekanntlich ver- und oben darein in Verhältnissen, wie er hältnißmäßig spät geheirathet, aber keines- es sich gar nicht besser wünschen konnte. wegs aus dem nicht seltenen Grunde, weil Fräulein von Meiring war seit Jahr und er vor den Schranken der Ehe zurückge- Tag neben ihm hingegangen, fast ohne daß scheut wäre Schranken und Rücksichten er ihr auch nur einen Blick gegönnt oder existirten für den selbst- und ehrsüchtigen | die Rücksichten und Aufmerksamkeiten be

achtet hätte, welche die Gesellschafterin von Anfang an für den Hausherrn in bescheis denster und zugleich tactvollster Weise gehabt hatte. Jezt fand er diese Aufmerksamkeiten mit einem Male äußerst angenehm und erkannte in der jungen Dame ein anmuthiges, zartes und sanftes Wesen, schüchtern und bescheiden, und dancben in seiner Erscheinung und Haltung von jener angeborenen Feinheit, Eleganz und Distinc-| tion, die der durch Adine verwöhnte Mann da nicht entbehren konnte, wo seine Aufmerksamkeit erregt und seine Sinne gefesselt werden sollten. Dies Wesen das seine, ohne Schranken seinem Willen, seinen Lau nen unterworfen, nur von seiner Güte lebend — das war ein täglich verlockenderer Gedanke!

Der Weg, den er zurückzulegen hatte, war länger, und der Widerstand, den er fand, hartnäckiger gewesen, als seine Selbstüberschäßung und seine Menschenverachtung es erwartet hatten. Nun aber, da er sich am Ende seines Weges und vor dem angestrebten Ziele zu sehen glaubte, war auch seine Selbstzufriedenheit und sein Triumph um so größer, ja so groß, daß er nicht erst viel überlegte, was seinen Sieg gerade jezt und so plöglich herbeigeführt und den Wi- | derstand der „kindisch Spröden und Hart nädigen" gebrochen haben könnte. Selbst die Andeutungen über Adine, welche laut geworden waren und zu einer anderen Zeit sicherlich, gerade ihrer Seltsamkeit und Dunkelheit wegen, seine Aufmerksamkeit er regt haben würden, waren bis auf den augenblicklichen unangenehmen Eindruck spurlos an ihm vorübergegangen, und wenn er überhaupt noch an sie dachte, fand er in dieser Anklage achselzuckend nichts als einen Beriuch Bertha's, ihre Nachgiebigkeit und Schwäche vor sich selbst zu beschönigen und entschuldigen.

Er klingelte endlich nach dem Diener und ging, da dieser erschien und aufzuräumen begann, in der behaglichsten Stimmung von der Welt in das Comptoir und zu seinem Cabinet hinab, traf die nöthigen Anordnungen mit dem Disponenten, ertheilte die Audienzen an einige auf ihn Wartende mit ungewöhnlicher Geduld und Leutseligkeit und sezte sich endlich bequem an seinen Schreibtisch und vor den Haufen von Zeitungen und Briefen, deren Eröffnung ihm selber vorbehalten blieb. Er übersah den Stoß

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mit einer Art von behaglichem Schmunzeln. Das war eine Masse, welche die nächsten langweiligen Stunden zur Genüge auszufüllen verhieß.

Die Zeit verfloß. Die Uhr schlug zwölf; die größte Zahl der Comptoiristen brach zum Mittagessen auf, und die Wenigen, welche zurückblieben, waren eifrig und lautlos bei ihrer Arbeit. Herr von Wehlow stand auf, warf einen Blick in das nächste Gemach und sagte zu dem aufschauenden alten Buchhalter Hörmann kurz:

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Was auch kommen sollte, Marcus, ich will für die nächsten Stunden nicht gestört werden. Mert' es dir."

Dann trat er zurück und schloß die Doppelthür, welche das äußere Zimmer von seinem Cabinet trennte, und nachdem er einen der Fenstervorhänge niedergelassen und die Thür, welche auf den Corridor führte und sonst nur selten benutzt wurde, aufgeschlossen hatte, sette er sich zu seiner unterbrochenen Lectüre wieder an den Tisch. Es waren nur noch ein paar gleichgültige Zeitungen und drei oder vier Briefe da. Auch diese wurden schnell beseitigt, sie enthielten nichts gerade Wichtiges. Den untersten und legten, den er in die Hand nahm, drehte er, wider seine Gewohnheit, vor dem Oeffnen ein paar Mal in der Haud herum, bald die Adresse, bald das Siegel, bald den Poststempel ansehend es war ein Stadtbrief, in altmodischem, selbstverfertigtem Couvert. „Bettelei natürlich!" murmelte der Banquier verächtlich vor sich hin, öffnete und ließ das Couvert zu den anderen auf den Boden fallen. Dann las er mit sich von Wort zu Wort tiefer runzelnder Stirn das Folgende:

„Mein gnädiger Herr von Wehlow!

Zu meinem Erstaunen muß ich verneh men, daß die Geldsumme, welche ich mir in der Nacht des 15. Januar aus dem Pulte Ihres Herrn Disponenten anlich, nicht der einzige Verlust gewesen ist, welcher Sie und die Ihren in jener Nacht getroffen hat. Man spricht von einem kostbaren Schmuck, der aus der Garderobe Ihrer Frau Gemahlin in räthselhafter Weise verschwunden sein soll. Der leider nahe liegende Verdacht, daß der Comptoirdieb auch die Garderobe heimgesucht und die Edelsteine annectirt habe, ist so verlegend für mich, der ich, wie gesagt, nur ein Anlehen bei

Ihnen machte, dessen ich nothwendig bedurfte und das ich auf keine andere Weise zu erlangen wußte, daß ich nicht länger schweigen darf und jede Schonung, welche wir dem zarten Geschlechte schulden, aufgeben muß. Ich war in jener Nacht nicht der einzige Besucher Ihres hochansehn lichen Hauses, vielmehr begegnete mir ein Ihnen wohlbekannter sehr vornehmer Herr und häufiger Gast Ihrer Familie, als ich mich gerade entfernen wollte. Er kam die kleine Lauftreppe im hinteren Corridor so leise herab, daß ich mich kaum zu salviren vermochte. Daß ich seine Anwesenheit zu solcher Stunde nur dem angenehmsten Grunde zuschrieb und in Folge dessen die strengste Discretion bewahrte, verstehen Sie | so gut wie ich, und ebenso, weshalb ich mir | selber schuldig bin, dieselbe aufzugeben. Ich kann durchaus nicht behaupten, daß jener Herr den Schmuck an sich nahm oder den selben vielleicht zu einem süßen Geschenk erhielt. Allein er war droben und ich nicht. Diese Wahrheit kann Ihnen eine weitere Zuschauerin bezeugen, welche ihn ebenso verborgen beobachtete wie ich. Mich hat sie nicht gesehen.

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Um diese Stunde, wenn die Kirchenuhren nämlich Eins schlugen, war es im Hause Wehlow, zumal während der Wintermonate, gewöhnlich am allerstillsten. Der größere Theil der Comtoirbediensteten kehrte dann allerdings bereits an die Geschäfte zurück, während die Zurückgebliebenen jet fortgingen, allein auch die Ersteren nahmen, ganz besondere Fälle abgerechnet, ihre Arbeiten nicht grade eifrig auf, sondern hielten eine Art von Nachfeierstunde. Im Hause des Banquiers speisten jezt die Kinder und die Dienerschaft die alte Frau Bürgermeisterin blieb ihrer herkömmlichen Stunde getreu und war jest bereits mit ihrer Mahlzeit fertig. Und Frau von Wehlow endlich machte, wie wir erfuhren, dann ihre Morgentoilette, das heißt, sie vertauschte das erste bequeme und warme Gewand mit einem gleichfalls bequemen, aber distinguirterem, in welchem sie ge legentliche Besuche empfangen und, falls sie keine Ausfahrt machte, bis zu der neuen Toilette für das späte Diner verbleiben konnte.

Die Frau Gotthelf, welche zu dieser Zeit in das alte Hausthor unter dem Wappen in den Bau eintrat, ging daher auch bis zur Küche, ohne einer menschlichen Seele zu begegnen, und fand im Zimmer der Köchin, welche bei ihrem einsamen Diner saß, wenig Ansprache. Susanne meinte nur ziemlich mürrisch, das sei eine curiose Stunde, um die alte Frau da oben in ihrer Ruhe zu stören, und noch dazu, wenn man mit einem so leidmüthigen Gesicht komme, wie die Nachbarin - Frau Gotthelf erschien in der That sehr niedergedrückt und aussehe, als ob ganze Berge auf ihr ruhten.

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Das ist eine ewige Plage!" grollte er ihr zu. Da muß das Fräulein wieder spazieren kutschieren, kann nicht 'mal war ten, bis unser Einer sein bischen Essen im Leibe hat!"

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„Er ist ja aber doch zurückgeblieben, Johann, ich habe den Wagen schon fahren hören!" sagte Frau Gotthelf beschwichtigend.

„Ja was, mußte doch am Schlage ste= hen, und nun ist das Essen kalt! Der Teufel hole die Schererei!" Und er eilte weiter.

"Ja ja, eßt nur tüchtig zu, es könnte hier vielleicht bald 'mal 'n Ende haben!" murmelte die Wittwe vor sich hin, indem sie gleichfalls ihren Weg fortsette. Und so immer vor sich hin murmelnd, und häufig mit den Kopf schüttelnd, gelangte sie bis zur Hintertreppe und begann hinaufzu steigen. Als sie auf dem ersten Absatz ankam, machte sie Halt und warf durch das hier befindliche Fenster einen langen Blick auf ihr gegenüberliegendes Haus. 'S ist himmelschreiend!" murmelte sie. Ich kann's nicht leiden und ich will's nicht leiden das arme Kind Da brach sie plößlich ab und erhob den Kopf, denn sie hatte ein leichtes Geräusch wie von dem Schleppen eines schweren Kleides vernom men, und ihre ausblickenden Augen fielen auf Bertha, welche die Stufen herunterfam.

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„Gottes Lohn und reichen Segen, gnädiges Fräulein!" versette die Nachbarin ganz ergriffen und streichelte die feine Hand. „Ihnen muß es sehr - sehr gut gehen, so lieb und schön wie Sie sind. - Aber heut sehen Sie gar nicht wohl aus," fügte sie theilnahmsvoll hinzu, denn sie erkannte troß des herabgelassenen Schleiers deutlich genug, daß das Mädchen sehr blaß

war.

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„Das kommt von der unruhigen Nacht, liebe Meisterin," sprach Bertha mit der früheren Freundlichkeit. Sie werden auch wohl etwas davon gemerkt haben. Man kam schrecklich spät nach Hause. Aber ich muß weiter," brach sie ab. Grüßen Sie die Frau Bürgermeisterin. Wenn es mir irgend möglich wird, geh' ich gegen Abend noch hinauf."

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Die Gotthelf blieb noch eine kleine Weile stehen und sah der Davonschreitenden nach, bis diese drunten rechts um die Ecke bog, wo ein kleiner Quercorridor in die große Halle" - wie man den Flur benannte führte.

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Armes Kind! Armes Kind!" murmelte sie, die Hände zusammenpressend und mit feuchten Augen. „So gut und lieb und brav und - sollte sie's auch schon wissen? Wie bleich sie war, und so traurige Augen! 's ist schändlich! Ich leid's nicht!" Und damit stieg sie so rasch weiter aufwärts, wie es ihr möglich war, und trat droben nach einer kurzen Conferenz mit der Dienerin bei Frau Martha ein.

Die alte Dame saß wie immer zu dieser Stunde in ihrem bequemen Stuhl am Fenster und schien ein wenig genickt zu haben, wie das Buch auf ihrem Schooß und die daneben lässig ruhenden Hände andeuteten. Doch war sie bei dem Geräusch der geöffneten Thür sogleich hell wach und ihre

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