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dem kleinsten Hause dieser Uskoken drey, vier biss fünff verheiratete Personen wohnen und sich öffters darin ein gantzes Geschlecht beysammen aufhält. Das Gebiet zählte im Jahre 1752 etwa 5 bis 6000 Seelen (vgl. Beil. VIII) und im Jahre 1835 nach Fras 6965 Einwohner, worunter sich 4440 Uskoken befanden.

Der Hauptzweck, den die österreichische Regierung mit diesen Ansiedlungen erreichen wollte, bestand in der Gewinnung tüchtiger, tapferer Vertheidiger an den bedrohten Gränzlinien, und es war gewiss ein grosses, Verdienst der österreichischen Regierung, aus diesen Räubern tapfere und treue Gränzer zu bilden. Sie benützte den Nationalhass gegen die Türken, suchte sie aber allmählig einer militärischen Disciplin zu unterwerfen. Ausserdem,wurden auch Mittel der Milde versucht und ihnen Privilegien eingeräumt, welche ihnen ihre neue Heimat theuer machen mussten'. So entstand auf dem Boden des Sichelburger Districts die erste windische Militärgränze. 2

Die Freiheiten und Privilegien der Uskoken (oder ,Wlachen) bezogen sich theils darauf, dass diese Gränzer von aller Steuer, Contribution und Anlage, so die sonst in dem Crainerischen Hertzogthum wohnenden Unterthanen und Bauren zu entrichten gehalten sind, frey und ledig ausgehen';4 dagegen waren sie zur Vertheidigung ihres Bodens und zu immerwährenden Kriegsdiensten verbunden; theils wurde den serbischen Flüchtlingen durch das kaiserliche Wort auch die Gestattung der freien Ausübung ihrer griechischen Religion garantirt, wie denn auch das sogenannte,Brucker Libell' vom Jahre 1578 zur Dotirung der serbischen Bischöfe im Kloster Márcsa jährliche 300 fl. zusicherte. Wiederholte kaiserliche Decrete bestätigten und erweiterten diese Privilegien und dauerte

1 Topographie der Karlstädter Gränze, p. 379.

2 Czoernig, ibid. II. 166, 167.

3,Die Namen Uskok und Wlach haben in jenen Zeiten eigentlich keine ethnographische Bedeutung, indem darunter zwar lauter Völker serbischen Namens: Bosnier, Serben, Rascier u. s. w., jedoch griechischer Religion, verstanden wurden.' Czoernig, ibid. II. 168, 6.

4 Valvasor, ibid. IV. 74.

5 Czoernig, ibid. II. 167 und III. Beil. p. 65-66 und Csaplovies, l. c. II. 19-20.

namentlich auch der Zustand der Nichtbehelligung in Religionssachen bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Damals trat in der Politik des österreichischen Hofes gegen die Anhänger der griechisch-nichtunirten oder griechisch-orientalischen Kirche eine beachtenswerthe, folgenreiche Schwenkung ein.

Kaum waren die Dienste, welche die griechisch-nichtunirten Gränzer Ferdinand II. bei dem Werke der Gegenreformation in Steiermark und Oesterreich geleistet, durch die erneuten Privilegien aus den Jahren 1627, 1630, 1642 und 1659 feierlich anerkannt und belohnt worden; als, in Folge des Abfalls des griechisch nichtunirten Bischofs Paul Zorcsics von Márcsa zur Union mit der katholischen Kirche, die Leiden der Bedrückung und Verfolgung gegen die ihrer Kirche getreu bleibenden Griechisch-Nichtunirten begannen (1678), wobei die Väter der Gesellschaft Jesu eine Hauptrolle spielten.1

Selbstverständlich fehlte es auch auf Seiten der GriechischNichtunirten nicht an Versuchen zur Abwehr der oft gewaltsamen Unirung, und es kam darum wiederholt zu ernstlichen, blutigen Conflicten, namentlich seitdem durch die im Jahre 1690 erfolgte Herübertretung vieler tausend serbischer Familien unter Führung ihres Patriarchen, Arsenius Csernovics, die Zahl der Anhänger der griechisch-orientalischen Kirche erheblich vermehrt worden und in dem kirchlichen Oberhaupte und den ihm unterstehenden Bischöfen Führer und Vertheidiger des nichtunirten griechischen Ritus gegeben waren.

Es war nämlich über Einrathen der damals massgebenden Staatsmänner, des Grafen Ulrich Kinsky, königl. böhmischer oberster Kanzler und des Grafen Stradtmann, Hof- und österreichischer Kanzler am kaiserl. Hofe, beschlossen worden, die besonders in den an Ungarn angränzenden und diesem Königreiche vormals einverleibten Provinzen, sodann aber auch andere, unter der türkischen Botmässigkeit befindliche christliche Einwohner durch bewegliche, wohlverfasste, am 6. April 1690 erlassene und durch öffentlichen Druck verkündete

1 Vgl. hierüber Fiedler, ‚Die Union der in Ungarn zwischen der Donau und Drau wohnenden Bekenner griech. Glaubens.' (Sitz.-Ber. der k, k. Akademie in Wien, Bd. 37, S. 284 ff.) und Fiedler, Beiträge zur Union der Valachen (Vlachen) in Slavonien und Syrmien (Archiv f. Kunde österr. Geschichtsq.) Sepr.-Abdr. 1867. — S. auch Csaplovies, 1. c. II. 21 ff.

Einladungsschreiben zu ermahnen, dass sie die Waffen gegen den Erbfeind christlichen Namens ergreifen und solchergestalt von dessen Botmässigkeit sich befreien, herübertreten und mit den kaiserl. Truppen sich vereinigen möchten.1

In diesem Aufrufe an sämmtliche, Völker von ganz Albanien, Serbien, Mysien, Bulgarien, Silistrien, Illyrien, Macedonien und Rascien' verspricht Kaiser Leopold I. denselben, wenn sie seinem Rufe folgen, vor Allem Religionsfreiheit und freie Wojwodenwahl, Aufrechterhaltung der Privilegien und Rechte, und Befreiung von allen öffentlichen Lasten und Steuern (mit Ausnahme dessen, was sie den Königen und Grundherren vor der türkischen Invasion zu leisten gewohnt waren); nur in Kriegszeiten sollten sie zu ihrem eigenen Wohle und Schutze nach Massgabe ihrer Kräfte zur Unterhaltung der Kriegsheere beitragen. Nach Vertreibung der Türken aber soll Alles nach dem Wunsche und zur Zufriedenheit der Völker in die gehörige Ordnung gebracht werden. Dabei verspricht der Kaiser abermals die Freiheit der Religion, die freie Wahl der Wojwoden und den Schutz der Privilegien.2

Der schmähliche Ausgang des Feldzuges vom Jahre 1690 ist bekannt: es wurden von Seiten der kaiserl. Truppen nicht nur keine weiteren Eroberungen gemacht, sondern es ging auch das bisher Eroberte, ja selbst die bedeutenden Gränzfesten Semendria und Belgrad wieder verloren. Unter solchen Umständen hatten auch die Aufrufe und Schreiben des Kaisers an die orientalischen Völker nicht den gehofften Erfolg. Zwar schlossen sich viele griechisch-orientalische Christen, namentlich die Serben mit ihrem Patriarchen, dem kaiserlichen Heere an; allein diese Verstärkung der österreichischen Kriegsmacht war nicht im Stande, dem Siegeslauf der von dem thatkräftigen und staatsmännischen Grosswesir Köprili Mustapha geleiteten türkischen Waffen Einhalt zu thun. Die Siege der Türken hatten für die dem kaiserl. Heere gefolgten Serben und Clementiner die bedeutsame weitere Folge, dass diese Christen

1 Bartenstein, l. c. p. 14-15.

2 Vgl. den Text des Aufrufes bei Czoernig III., Beilagen, p. 69–70. Ebenda (p. 68) findet sich auch das besondere kais. Handschreiben an den serb. Patriarchen zu Ipek, den Arsenius Csernovics. Vgl. auch Stojacskovics, Ueber die staatsrechtlichen Verhältnisse der Serben in der Wojwodina (Temesvár, 1860), S. 18 ff.

ihrer Heimat verlustig gingen. Wie die Türken jene ihrer christlichen Unterthanen, die sich den kaiserlichen Truppen angeschlossen, behandelten, konnten die Serben aus dem Schicksale ersehen, das im Jahre 1689 den in türkische Gefangenschaft gerathenen Albanesen zu Theil geworden. Den gefangenen Deutschen und Ungarn gewährten die Türken freien Abzug, die Albanesen aber wurden als treulose Unterthanen niedergemetzelt. 1

In kluger Voraussicht hatten die Serben darum ihre Weiber, Kinder und die Kriegsuntauglichen sammt ihrer Habe schon früher, unter Anführung des Patriarchen Csernovics, an die Gränze gegen Ungarn geschickt. Schon einen Monat nach dem Auszug des Grosswesirs aus Konstantinopel (18. Mai 1690) treffen wir die serbischen Flüchtlinge in Belgrad, wo sie am 18. Juni eine Versammlung abhielten, um den Bischof von Jenopolis (Boros-Jenö im Arader Comitate), Isaias Diakovich, mit einem Gesuche der ,Communität der griechischen Raiczen' an den Kaiser Leopold abzusenden. In diesem Gesuche baten die aus ihrer Heimat verdrängten Serben in erster Reihe um freie Religionsübung, um den Gebrauch des alten Kalenders, die fortgesetzte freie Wahl des Erzbischofs durch die geistlichen und weltlichen Stände; ferner um das freie Verfügungsrecht des Erzbischofs mit allen Kirchen des griechischen Ritus; endlich ausser anderen kirchlichen Rechten wurde für den Erzbischof und die Bischöfe noch gebeten,,dieselben sollen bei ihren kanonischen Visitationsreisen von Niemandem behindert werden, weder von Geistlichen noch von Weltlichen. 2

Kaiser Leopold, der die Anhänglichkeit der Serben an die kaiserliche Sache belohnen und sein gegebenes Schutzyersprechen einlösen wollte, ertheilte denselben unter dem 21. August 1690 ein feierliches Privilegium, worin er die Gesuchspunkte vom 18. Juni sämmtlich gewährte und diese Gewährungen zwei Tage später in einem Gnadenbriefe für die serbischen Notabeln Paul, Anton und Jakob Brankovics nachdrücklich wiederholt. Dabei wird insbesondere betont, dass der Erzbischof,freies Verfügungsrecht mit allen Kirchen des griechischen Ritus haben sollte'; er kann Bischöfe weihen, Priester

1 Hammer, Gesch. des osm. Reiches, Bd. III. p. 839.

2 Czoernig, III. Beil. p. 93 (Regesten zur Geschichte der Serben).

versetzen, Kirchen bauen, in raizischen Orten Priester einsetzen, soll überhaupt das Verfügungsrecht haben in ganz Griechenland (Graecia), Rascien, Bulgarien, Dalmatien, Bosnien, Jenopolia und Herzegowina, wie auch in Ungarn und Croatien, wo sie (die Serben) thatsächlich bestehen.'

Diese kaiserlichen Briefe trafen die Serben jedoch nicht mehr jenseits der Donau und Save; denn Schlag auf Schlag waren die Niederlagen der kaiserlichen Truppen einander gefolgt: am 8. September fiel Nissa, hierauf Semendria und am 27. September langten die türkischen Belagerungstruppen vor Belgrad an. Da waren denn die serbischen Flüchtlinge, bei 36,000 Familien stark, nach Ungarn herübergezogen und wurden theils in den Gränzgebieten, theils im Innern des Landes, namentlich in Festungen oder in der Umgebung der Städte vorläufig angesiedelt. So kamen serbische Abtheilungen nach Arad, Szegedin, Fünfkirchen, Mohács, Stuhlweissenburg, Ofen, Sanct-Andre, Erlau, Grosswardein, Gran, Komorn, Raab u. a. O.2 Ihre Privilegien und Exemtionen bestätigte ihnen Kaiser Leopold im Wege der ungarischen Hofkanzlei ddo. 11. December 1690 und gelobte darin die Bewachung, Beschützung und Vertheidigung der gewährten Freiheiten und Rechte. Und da die Municipien und Gemeinden in Ungarn wegen der den Serben verliehenen Exemtionen vielfach unwillig wurden, so erneuerte der Kaiser über Ansuchen des Patriarchen unter dem 11. April 1691 diese Privilegien, die er dann unter dem 20. August desselben Jahres durch die ungarische Hofkanzlei abermals bestätigte.

3

Darin wird nebst der Befreiung der Serben von der Gerichtsbarkeit der ungarischen Municipien und Grundherrschaften und von der Leistung des Zehnten an die katholische Geistlichkeit, insbesondere die religiöse Freiheit, die freie Ausübung der erzbischöflichen Gewalt, die unbeschränkte Uebung des griechischen Ritus, die Erbauung von Kirchen, die Versehung der Gemeinden mit Geistlichen u. s. w. auf das

1 Czoernig, 1. c. p. 93–94.

2 Vgl. „Századok‘ (d. i. Jahrhunderte), Organ der ungar. histor. Gesellschaft, 1868, p. 537.

3 Vgl. Szalay, Szerb. telepek jogviszonyai (d. i. die Rechtsverhältnisse der serb. Ansiedlungen), p. 31–33.

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