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Die Einfälle der Türken in die Gebiete diesseits der Kulpa und Save, in das heutige Civil- und Militär-Croatien, dann nach Slavonien und in die angränzenden Länder Krain, Kärnten und Steiermark verursachten hier seit dem Jahre 1463, in welchem der erste Einfall erfolgte, allmählig eine gänzliche Verschiebung und Umgestaltung sowohl der politischen als auch der ethnographischen und kirchlichen Zustände. Vor Allem liessen die mit Raub, Brand, Mord und Führung in die Sclaverei verbundenen Streifzüge verödete, unbewohnte Strecken hinter sich, unter denen die im Jahre 1514 verwüsteten Grafschaften Licca und Corbavia als ,desertum primum', das spätere Karlstädter Generalat als ,desertum secundum erscheint. 2

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Durch diese verwüstenden Einfälle wurde die Bevölkerung sehr geschwächt; ein Theil erlag den Waffen der türkischen Renner und Brenner, ein anderer Theil wurde in die Gefangenschaft geschleppt; ein dritter floh in die benachbarten Gebiete und stammen aus jener Zeit die slovenischen und serbo-croatischen Sprachinseln nördlich des Unterlaufes der Drau, die sich sporadisch bis in die Thäler der Karpathen und in das Flachland von Niederösterreich hinaufzogen. 3

1 Czoernig, Ethnographie der österr. Monarchie, II. 163. Türkeneinfälle werden gemeldet aus den Jahren 1463, 1467, 1469, 1478, 1484, 1493, 1512, 1514, 1527, 1528 u. s. w.; ibid.

2 (Bartenstein) kurzer Bericht von der Beschaffenheit der zerstreuten zahlreichen illyrischen Nation in den kaiserl. königl. Erblanden, S. 11. Hietzinger, Statistik der Militärgränze, Bd. I, S. 15--16, nennt die verödeten Grafschaften Licca und Corbavia als ,desertum primum et secundum'. Bei Bartenstein 1. c. und Csaplovics, Slavonien und zum Theil Croatien, II. 19, wird unter dem,desertum primum das spätere Warasdiner Generalat verstanden.

3 Vgl. Czoernig, a. a. O. 165 -- 164.

Die verödeten Gebiete an der Gränze besetzten sodann Flüchtlinge von jenseits der Kulpa, aus den Theilen des früheren Kroatiens und aus Alt-Serbien. Dies war insbesondere der Fall seit der Uebernahme der ungarischen Gränz-Gegenden in österreichische Herrschaft. Man bezeichnete diese Ueberläufer oder vielmehr Flüchtlinge aus den türkischen GränzProvinzen als,Uskoken', d. i. eben,Flüchtlinge', und kamen ziemlich in allen südlichen Gränz-Distrikten Oesterreichs derlei Uskoken vor.

Zur Zeit, als Erasmus Graf von Thurn Hauptmann zu Wihatsch (Bihates) und commandirender Oberst in Croatien etc. war (1530-1541), flüchteten sich aus Serbien und Bosnien 3000 türkische Unterthanen griechischer Religion auf den Gorianzberg und in die Nachbarschaft von Möttling, Sicherberg und Kostel. Von ihnen bekam dies Gebirge den Namen ,Uskokenberg. Dieses Gebirge erstreckt sich, nach Valvasor's2 Darstellung, vier starcke Teutsche Meilen in die Länge und zwo derselben in die Breite und reicht an die Flüsse Culpa und Brigana'. In demselben lag auf einer beträchtlichen Anhöhe das Schloss Sichelberg (auch Sichelburg, Schumberg, Xumberg, Sumberak genannt), und sah nach Valvasor ,von fernem solcher Berg samt dem Schloss sehr artlich, nemlich fasst wie ein Schwalbennest' aus. Dieses Schloss war im 17. Jahrhundert der Vorort einer Ober-Hauptmannschaft, im 18. der eines Militär-Districtes, und ehedem ein Theil von Mittel-Krain und zwar zunächst zur Grafschaft Mitterburg oder Pisino gehörig; durch die Militär-Jurisdiction der commandirenden Generale zu Karlstadt wurde dieser District später ein Bestandtheil der croatischen Militärgränze, und gehört bis heute als Militär-Enclave in Krain zum Szluiner Gränzregimente. Der District ist gegen Norden, Westen und Südwesten von dem Herzogthum Krain, gegen Osten und Südosten von Croatien umschlossen.

Was nun die Bevölkerung dieses Sichelburger Districtes betrifft, so kamen zu den anfänglichen Uskoken, namentlich im

1 Vgl.,Mittheilungen des hist. Ver. f. Krain', 1868, S. 56.

2 Valvasor, des Hochlöblichen Herzogthums Krain Topographisch-historische Beschreibung, 4. Theil, S. 75.

Jahre 1617, noch stammverwandte Nachwanderer hinzu,1 da der Erzherzog Ferdinand, in Folge eines besondern Vertrages mit Venedig, die als Seeräuber gefürchteten Uskoken von Zengg ausweisen und in das Binnenland übersiedeln musste. Damals kamen Uskoken sowohl nach Karlstadt wie nach Krain, wo sie im Sichelburger Districte zuerst militärisch organisirt wurden. Sie erhielten hier in dem Gebiete von Landstrass, Pleteriach und Preisek Wohnsitze, deren befestigter Mittelpunkt das Schloss Schumberg war; auch bei Frauenthurn, Tschernembl, Möttling, Weinitz u. s. f. wurden Uskoken angesiedelt. 2

Das Terrain ist hier überaus rauh und felsig, unfruchtbar und zum Ackerbau nicht geeignet. Den Hauptnahrungszweig bildeten in früheren Jahrhunderten die Viehzucht und der Raub. Denn die Sichelburger Uskoken nennt Valvasor zwar gute Soldaten, aber, gleich den barbarischen Völckern, etwas rauh und wild'; nur durch eiserne Strenge könne man sie im Zaume halten; sie lieben fremdes Eigenthum und können ohne Raub und Mord nicht lange leben', weshalb sie oft heimliche Raubzüge nach der Türkei unternehmen. Sie hatten eben von den Sitten und Gewohnheiten ihrer türkischen Dränger und Bedrücker Manches angenommen. Noch am Ende des vorigen Jahrhunderts heisst es von ihnen, dass sie sehr wilden Sitten zugethan seien'. Eine Staatsschrift aus dem Jahre 1769 schreibt. es dem herrschenden Nothstande, ,welcher das dasig sich immer vermehrende Gränzvolk sehr kennbahr drücket', als Ursache zu, dass allda der kleineste Schlag von Leuthen sich vorfinde."

Trotz des ungünstigen Bodens zählte man im Jahre 1686 im Sichelburger Districte über 900,alte' Häuser und überdies ,noch gar viel neue'. Des gebirgigen Terrains wegen lagen diese jedoch vereinzelt, oft weit auseinander und konnten zu Dörfern nicht vereinigt werden. Da die Uskoken serbischer Abstammung waren, so war auch bei ihnen das Haus-Communionwesen eingeführt, und versichert uns Valvasor, dass,in

1 Kaiser Ferdinand I. verlieh den Uskoken um Sichelburg und Meichau (Meichaw) auch mittelst kais. Decrets vom 7. März 1547 Ansiedlungen. Vgl. Czoernig, a. a. O., II, 361 ff.

2 Czoernig, ibid., II. 267. Valvasor, a. a. O. IV. 75. Das Volk selbst nennt sich in der Erinnerung an seine früheren Wohnplätze „Premurzi', d. i. Meeranwohner. S. Engel, Gesch, des ungar. Reiches. II. P. 304.

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