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mit Thürmen beseßten Mauer umschlossen. Die äußere Hauptbefestigung bildete ein regelmäßiges Fünfeck. Auf der Westseite lagen die Bastei Tschonka, und die hölzerne oder erdene, gegen Norden die goldene, gegen Osten die Venezianer, gegen Süden die Bastei Kiralyfi. Ein breiter und tiefer nasser Graben umgab diese Werke, der von Norden her aus der Körös, von Süden aus der Pecze, Zufluß erhielt. Westlich von der Festung lag die Stadt, und war auf dieser Seite, der östlichen, ganz offen, auf der entgegengesetzten, oder westlichen, durch einen die Körös und Pecze verbindenden Wassergraben, und eine einfache Mauer mit Thürmen, im Norden durch die Körös, im Süden durch die Pecze, und auf diesen beiden leztern Seiten durch schlechte Pallisadirungen, von den Vorstädten getrennt, die auf allen vier Seiten Stadt und Festung umgaben.

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Der General, welchem die Leitung der Vertheidigung Großwardeins anvertraut wurde, stammte aus dem alt adeligen schlesischen Geschlechte der Reder. Friedrich Reder Freiherr von Friedland, kaiserlicher Rath und erster königlicher Kammerpräsident in Schlefien († 1564), hatte mehrere Söhne hinterlassen, von deren Einem die Linie der Grafen von Reder entsprang. Ein anderer Schn jenes Freiherrn war Melchior, der Vertheidiger von Großwardein, zu Breslau 1555 geboren. Dieser hatte eine wissenschaftliche Erzie hung genossen, und die Universitäten zu Heidelberg und Padua besucht. Doch seine Neigung führte ihn zu den Waffen. Er diente schon im zwanzigsten Jahre dem Kaiser gegen die Türken in Ungern, wohnte dann in dem polnischen Feldzuge 1577 der Belagerung von Dan

zig bei, focht in den niederländischen Feldzügen 1578 und 1579, — und dann in den polnischen, gegen Rußland, bis zum Friedensschlusse von 1582. Nun trat er nochmals in kaiserliche Dienste, und Ungern wurde wieder der Schauplaß seiner Thaten. Die Vertheidigung von Großwardein ist die glänzendste derselben, und die Erhaltung dieser Vormauer Siebenbürgens wurde Rederns heroischem Muthe und unerschütterlicher Festigkeit verdankt. Der Kaiser Rudolph II. lohnte den Helden durch Erhebung zu den Würden eines Feldmarschalls und Kriegsrathes. Der Freiherr von Redern starb im Jahre 1600, auf der Reise nach seinen Gütern, zu Deutschbrod in Böhmen.

Bei Csanad vereinigten sich Casim-Chan und seine Tataren mit den Türken. Mehmet-Bassa rückte sodann mit 48,000 Waffenfähigen und einem zahlreichen Troffe über die weiße und schwarze Körös, und langte am Morgen des 29. Septembers in der Nähe von Großwardein an. Er nahm sein Lager zwischen dem Dorfe Bispakan (Püspöki) und den eine Meile oberhalb der Festung, bei dem Dorfe Hajo, gelegenen warmen Bädern, und dehnte dasselbe vorwärts beinahe bis an die Pecze gegen die Südseite des Plaßes aus. Die TürEen lagerten auf dem linken, die Tataren auf dem rech ten Flügel, und begannen sogleich sich zu verschanzen. Die Zahl der feindlichen Krieger wurde in den nächsten Tagen, durch neu eintreffende Scharen, auf 60,000 Mann vermehrt. Am 30. September ließ Melchior von Redern die Vorstädte, und auch die Stadt, welche, wie schon erwähnt, nicht befestigt war, und auch, bei der Schwäche der vorhandenen Truppen, nicht hinreichend hätte besetzt werden können, in Brand

stecken, und zog sich in die Festung. Es wurden noch bei hundert streitbare Bürger der Stadt, und der Oberst lieutenant Gottfried von Rübisch mit zwei Fahnen schle= sischer Kürassiere, in dieselbe gebracht. Gleich darauf drangen die Türken haufenweise in die brennende Stadt, und begannen, dieselbe zu plündern. Redern ließ 150 Haiducken ausfallen, welche bei hundert dieser Plünderer niederhieben, nur drei Gefangene, am Leben verschont, mit in die Festung brachten.

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In der Nacht auf den 1. Oktober ließ der Bezier mit großer Thätigkeit die Angriffsarbeiten beginnen. Viele tausend Schanzgräber wurden beschäftigt, die Laufgraben zu führen, Batterien aufzuwerfen, und Kanäle auszugraben, durch welche das Wasser aus den Festungsgraben abgeleitet werden sollte. Bis zum 2. Oktober wurden die ersten Batterien auf den Ruinen der Stadt und der südlichen Vorstadt vollendet, und die Beschießung begonnen. Das Geschüß der Festung erwiederte lebhaft das Feuer, und fügte den hinter den Angriffslinien aufgestellten türkischen Scharen großen Verlust zu. Redern übertrug an diesem Tage dem Platzobersten Georg Kiraly die Vertheidigung der hölzernen Bastion, dem Paul Nyari die Kiralyfi-Bastion, und die drei übrigen Bollwerke dem Oberstlieutenant Gottfried von Rubisch. Dann wurden die deutschen Knechte gemustert, und legten dem Kommandanten einen Eid ab, in keine Verbindung mit dem Feinde zu treten, und nie ein Wort von Übergabe fallen zu lassen. Über jeden Verräther oder Meuterer, so wie über deren Mitwisser, und über alle jene, die ein solches Verbrechen durch Zufall erfahren würden, und dasselbe nicht sogleich ihren Offizieren anzeigten,

wurde in Vorhinein der Tod durch den Strang ver hängt. Am 3. Oktober leisteten auch die ungrischen Truppen dem General Redern diesen. Eid. Er aber schwor dagegen der Besaßung, bis auf den leßten Mann mit ihr auszuhalten, und den Plaß nie zu übergeben.An diesem Tage seßten die Türken mit Schif fen über den südlichen Graben, und steckten die Pallisaden an der hölzernen Bastion in Brand; wel=" chem jedoch schnell Einhalt gethan wurde. In der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober wiederholten die Türken diesen Versuch; aber auch dieses Mal wurden die bren nenden, Balken bald gelöscht. Da diese Bastion mit ei nem Erdaufwurf umgeben war, so wurde in demselben ein Laufgraben ausgehoben, und in diesem bedeckten Wege eine Abtheilung ungrischer Soldaten aufgestellt, welche den Feind sorgfältig beobachten, und ihn, wenn er sich nochmals dieser Bastion zu nahen suchen würde, zurücktreiben sollten. Am 6. sperrten die Türken dem Wasser, welches von der oberen Mühle, aus der Pecze, in den Graben bei der Bastion Kiralyfi floß, den Zu Lauf.

Die Festigkeit der Mauern und die Entschlossenheit der Besaßung überzeugten den Bassa, daß die Bezwingung Großwardeins geraume Zeit fordern wűrde. Schon begann sein Heer, da durch den endloser Regen alle Straßen verderbt, und die Zufuhren gehindert waren, Mangel zu leiden. Daher wurden starke Abtheilungen der Tataren in die nächsten Gegenden ausgeschickt, um Schlachtvieh und andere Lebensmittel aufzubringen, und in das Lager zu schaffen. Viele dies fer Raubscharen wurden aber durch die kaiserlichen Besagungen von Kallo, Tokay, Etfed, und von den aus

dem kaiserlichen Lager bei Nakamaz (am linken Ufer der Theiß, gegenüber von Tokay) entfendeten Abtheilungen überfallen, denselben Beute und Gefangene abgenom men, and ein Theil der Plünderer niedergemacht. Die Bewohner der diesen Verheerungen ausgefeßten Orte verließen ihre Häuser, und flüchteten in die benachbarten Gegenden Ungerns und Siebenbürgens, wo sie Sis. cherheit zu finden hofften.

Während Mehmet-Serdar-Bassa die Beschießung der Festung Tag und Nacht fortseßen ließ, begannen die Türken auch, mit unterirdischen Gängen die Mauern zu untergraben. Nach dem Tagebuche der Belagerung, gelang es den Türken in der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober, unbemerkt von den in der Bastion Kiralyfi aufgestellten Wachen, an dem ausspringenden Winkel derselben ihre Mineure anzusehen. Als am Morgen dieses entdeckt wurde, ließ Redern den in der Bastion kommandirenden Hauptmann und die wachhabenden Soldaten für ihre Nachlässigkeit mit dem Tode bestras fen. Vier Haiducken klimmten an Stricken über den Wall hinab, und jagten die feindlichen Mineure in die Flucht. Doch bald darauf kehrten dieselben wieder an diese Stelle zurück, und seßten ihre Arbeit fort. - In der Nacht auf den 8. fingen die Türken an, den aus, springenden Winkel der Tschonka - Bastion zu uns terminiren. Bei anbrechendem Tage bemerkte man auf den Wällen, daß acht Türken, die bis an den Hals im Waffer standen, an jener Spiße arbeiteten. Die zu beiden Seiten gelegenen Bastionen: die goldene und hölzerne, feuerten mit Kanonen und Büchsen dahin, und tödteten mehrere türkische Mineure. Doch immer wurden dieselben schnell durch andere Waghälse ersetzt,

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