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ten.

Der Tags nach dieser Verhandlung erschienene Chati-Scherif übertrug dem Großvezier den ungesäumten Vollzug dieses Untrages.

Der Bericht Juchereaus gab der Pforte mehr Zu versicht auf ihre Kraft, und veranlaßte ein geringschatigeres Benehmen gegen den englischen Gesandten. Denn die Türken dachten nie daran, daß sich die rus fische Flotte zwischen die Dardanellenschlösser wagen würde; obgleich sie von der Möglichkeit dessen den Vorwand zu jener Untersuchung entlehnten. Sie hatten viel= mehr nur die Gefahr vor Augen, die ihnen allenfalls von Seite Englands drohen könnte.

Allein auch Arbuthnot war nach der Abreise Italinskis nicht müßig geblieben. Er erbat sich von seiner Regierung bestimmte Befehle für seine schwierige Lage, und wußte einstweilen geschickt Alles zu vermeiden, was zu einem offenen Bruche, nach den Wünschen Sebas ftianis, führen konnte.

Das Kabinet von St. James erkannte, daß die Türkei im Kriege mit Rußland unbedingt den Vortheil Frankreichs fördern würde, und entschloß sich daher, Drohung und Gewalt zu brauchen, den Sultan zu zwingen, das Bündniß mit Frankreich zu brechen, und sich wieder mit Großbritannien und Rußland zu verei= nigen. Arbuthnot ward entschieden beauftragt, auf Leßterem zu bestehen, oder die türkischen Staaten zu vers laffen. Nebstbei hatte er die Entfernung Sebastianis, die unmittelbare Überlieferung der Dardanellenschlösser und der türkischen Flotte an England, endlich die Abtretung der Moldau und Walachei an Rußland, zu verlangen.

Diese Forderungen, in einer Zeit vorgebracht, als

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die Erbitterung der Moslemins gegen die Russen auf den höchsten Grad gestiegen war, wurden von dem Dis van sogleich zurückgewiesen. Dieser, der durch die Worte Wellesley-Poles herbeigeführten Furcht sich schäs mend, schritt nun zu dem entgegengeseßten Extreme, und zeigte eine auffallende Geringschäßung gegen Drohungen, welche, wiewohl oft durch die englischen Bevoll mächtigten ausgesprochen, nie erfüllt worden waren.

Als Arbuthnot die entschiedene Abneigung der Pfors te sah, seinem Verlangen zu genügen, traf er sogleich Anstalten, abzureisen. Doch, um nicht etwa als Geisel für die Unternehmungen der englischen Flotte zurückbehalten zu werden, beschloß er, dieß heimlich auf der Fregatte Endymion zu bewerkstelligen; welche zu diesem Zwecke schon längere Zeit im Hafen von Kon tantinopel harrte. Er lud alle englischen Geschäftsleute, welche er mit sich zu nehmen gedachte, zu einem Mahle an Bord jenes Schiffes, und indem er den gänzlich Unvorbereiteten sein Vorhaben eröffnete, unverzüglich abzureisen, beruhigte er sie, daß die brittische Regies rung Maßregeln ergreifen würde, die jeden Privaten vor den Verlusten zu schüßen vermögen, welche die Art der schleunigen und unerwarteten Abreise nach sich zies hen dürfte.

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Der Endymion lichtete am 17. Jänner 1807 (alten Styles, welcher in dieser Darstellung durchaus anges nommen ist, und von dem neuen Style bekanntlich um zwölf Tage verschieden ist) gegen Übend die Anker, und entkam aus dem Hafen, ohne die Aufmerksamkeit der Türken auf sich zu lenken; welche jedoch schon über Nacht die erfolgte Abreise Arbuthnots erfuhren. Auch der Kar pudan- Bassa, und Feizi-Efendi, der ehemalige

Intendant des Korps Nizam- Gedid, welche sich nächst dem Vorgebirge Peskis mit 1 Linienschiff, 5 Fregatten und Brigg unter Segel befanden, und den Fortgang der neuen Arbeiten am Dardanellen Kanale fördern sollten, ahneten nicht, wen das keck durch den Hellespont gleitende Schiff trug, und ließen es ohne Anstand oder Aufenthalt vorüberziehen.

Es darf billiger Weise nicht unberührt bleiben, daß Arbuthnot, bei seiner Abreise von Konstantinopel, die in der Hauptstadt zurückgebliebenen Engländer dem Schuße des Gen. Sebastiani anempfahl, und daß dieser Minister das Vertrauen seines Gegners în der That nach Thunlichkeit rechtfertigte.

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Auf der Insel Tenedos angelangt, wo er nicht mehr fürchten durfte, aufgehalten zu werden, beeilte fich Arbuthnot, dem Divan ein Schreiben zuzusenden, in welchem er die Gründe seiner Abreise entwickelte, und erwähnend, daß er die Staaten der Pforte noch nicht verlassen habe, nochmals zur Beilegung der Streitigkeiten die Hand bot. Die Minister der ottomanischen Pforte, welchen daran lag, jede Schuld in diesem Zwis ste vor Europa zu rechtfertigen, antworteten Arbuthnot unverzüglich ohne Vorwürfe, und, um die Verhandlungen zu beschleunigen, wiesen sie an ihn den Kapudan-Bassa und Feizi Efendi, welche in den Dardas nellen sich befanden.

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Arbuthnot war erfreut, daß man ihn noch immer als Gesandten anerkenne; wiewohl seine Abreise auf einem englischen Schiffe als Entfernung aus, den türkischen Staaten gelten, und somit faktisch seine Funktionen aufheben konnte. Dennoch entschloß er sich, nicht ans Land zu steigen. Er begnügte sich damit, daß

er an seiner Statt zu den Unterhandlungen in den Dar= danellen den brittischen ersten Dragoman Berto-Piz sani fandte. Dieser gewandte und schlaue Beamte wuß te den Kapudan-Bassa und Feizi-Efendi über die friedliche Stimmung seines Hofes ganz sicher zu machen, und durch unbestimmte Verhandlungen die Aufmerksam= keit von ihrem wesentlicheren Berufe, den Vertheidigungsanstalten, sehr geschickt abzulenken. Überhaupt gehörten der Kapudan-Bassa und sein Begleiter unter jene Osmanen, denen die Dardanellenschlösser für unüberwindlich galten. Nicht ihre Überzeugung, nur der ausdrückliche Befehl ihres Monarchen leitete sie bei dem lässigen Vollzuge der Plane Juchereaus. Als Kapitän Lacourt, der Adjutant Sebastianis, erschien, den Kapudan - Bassa zur Thätigkeit anzueifern, sprach dies ser sogar unumwunden seine Meinung aus: „daß die „Nothwendigkeit der Sache keineswegs „im Verhältniß mit dem bedingten unu mgängligten Aufwande stehe." - Lacourt fand daher auch einen großen Theil der Arbeiter, wegen Unregelmäßigkeit der Bezahlung und Mangel an Aufsicht, nicht mehr am Plage, und der Großherr wurde immer damit getröstet, daß die Unterhandlungen mit gutem Erfolge vorschritten; während die Gefahr täglich der Hauptstadt seines Reiches näher rückte.

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Schon als der brittische Minister in Konstantinopel gegen den General Sebastiani auftrat, war eine englische Flotte unter Lord Colingwood, dem Stellvertreter Nelsons seit dem glorreichen Tage von Trafalgar, im Mittelmeere angelangt. Dieser Admiral, von der Widerspenstigkeit des Divans und der schwierigen Stellung Arbuthnots in Kenntniß gefeßt, entsen.

dete eine Eskadre unter dem Kommando des Vice-Ad= mirals Sir John Duckworth, mit welcher sich das Detaschement des Contre-Admirals Lewis im Archipelagus vereinigen sollte, zur Disposizion Arbuthnots, um dessen Verwendung mehr Gewicht zu verschaffen.Duckworth versammelte bei Malta die ihm anvertrauten Streitkräfte. Sie bestanden aus 5 Linienfchiffen und 2 Fregatten. In der Nacht vom 27. zum 28. Jäne ner 180 erreichte er die Höhe der Insel Tenedos, wo sich Sir Lewis aufhielt, konnte aber wegen stürmis schem Wetter erst am 29. zwischen dieser Insel und dem Ufer Klein-Asiens Anker werfen.

Die gesammte brittische Flotte zählte bei Tenedos folgende Schiffe und Fahrzeuge:

Linienfchiffe.

1. Royal George; 100 Kanonen; unter der ViceAdmiralsflagge Duckworths; Kapitän Dunn.

2. Windsor Castle; 98 Kan.; Kapitän Boyles. 3. Kanopus; 86 Kan.; Contre-Admiral Sir Tom. Lewis.

4. Pompee; 86 Kan.; Contre-Admiral Sir Sidney Smith.

5. Ajax *); 74 Kan.; Kapitän Blackwood.

6. Repulse; 74 Kan.; Kapitän Legge.

7. Thunderer; 74 Kan.; Kapitän Tallbot. 8. Standart; 64 Kan.; Kapitän Hervey.

*) Der Ajax brannte am 30. Jänner 1807, also noch vor dem Eintritte der Flotte in den Dardanellen-Kanal, durch Unvorsichtigkeit eines Matrosen, bis auf den Kiel ab. Fünfundzwanzig Offiziere und eine Menge von Matrosen verunglückten bei diesem Ereignisse. Östr. milit. Zeitsch. 1829. II.

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