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Ueberblick über die Geschichte des betreffenden Lebensgebietes eingeleitet ist. Bildnisse, selbstschriftliche Einzeichnungen und der lexikalisch angeordnete biographische Teil ergänzen einander. Der Schwerpunkt des Werkes liegt in den Porträts und Autographen, deren nachhaltig fesselnde Reibe mit dem Bildnis des Deutschen Kaisers nach neuester photographischer Aufnahme beginnt, dem sich das Porträt der Kaiserin nach dem für das Arbeitszimmer des Monarchen ausgeführten Gemälde des Berliner Meisters Konrad Kiesel anschliesst. Bildnisse aller deutschen Bundesfürsten folgen, dann in unabsehbarer Reihe die der Staatsmänner und Parlamentarier, Gelehrten, Techniker, Sozialpolitiker, Grossindustriellen, Künstler und Schriftsteller. Die Kunstbeilagen, meist schätzenswerte Originalgaben, erhöhen ebenso wie die gediegenen Nachbildungen zahl= reicher Zeichnungen jeder Technik die Gediegenheit dieses dauernden Wert besitzenden Kulturdenkmals des 19. Jahrhunderts und eignen es zum Festgeschenk vornehmster Art. Die Post.

Den ersten Rang unter den neuesten Prachtwerken dürfte wohl zweifellos „Das Goldene Buch" einnehmen. Schon die Entstehungsart des grossartigen Werkes ist eine ungewöhnliche. Ein aus litterarischen, kulturhistorischen und sonstigen Autoritäten zusammengesetztes Komitee hat die Arbeit überwacht, bei der es galt, eine Ueberschau vaterländischer Kultur und nationalen Lebens in 76 Einzeldarstellungen von hervorragenden Fachmännern, über 1000 Bildnissen, Aussprüchen und Lebensbeschreibungen lebender deutscher Männer und Frauen und 37 Kunstbeilagen zu schaffen. Das ist eine gewaltige Leistung, und die Art und Weise, wie sie ausgeführt ist, gestaltet „Das Goldene Buch" zu einer kulturhistorisch-wissenschaftlichen, künstlerischen Fundgrube für jeden, der sich in das Geistesleben des scheidenden Jahrhunderts ver= senken will. Das Selbstschriftenalbum an sich schon, das darin enthalten ist, bildet ein Wertobjekt für den Besitzer des Buches durch die Fülle von scharfsinnigen und gemütvollen, anregenden Aphorismen, die es aus bedeutsamen Federn bietet. Die typographische und buchhändlerische Ausstattung entspricht dem hohen inneren Werte dieses durchaus ge= diegenen Werkes.

Berliner Lokalanzeiger.

Ein Komitee unter dem Ehrenpräsidium des Generalfeldmarschalls Grafen v. Blumenthal und des inzwischen aus dem Leben abberufenen Reichsgerichtspräsidenten a. D. Dr. v. Simson hat die Aufgabe übernommen, ein „Goldenes Buch des deutschen Volkes an der Jahrhundertwende" zu schaffen, das eine Ueberschau vaterländischer Kultur und nationalen Lebens" in Einzeldarstellungen bieten sollte. Das müheund arbeitsreiche Unternehmen, das nun in einem stattlichen Prachtband vorliegt, ist in vier grosse Abschnitte gegliedert, die das deutsche Staatsleben, deutsche Wissenschaft, Wirtschaftsleben des deutschen Volkes und deutsche Kunst an der Jahrhundertwende behandeln. Die Darstellung des gegenwärtigen Standes der einzelnen Materien ist das Hauptziel, ihre

Entwickelungsgeschichte ist den kurzen Einleitungen überlassen, die ebenso wie die Bearbeitung der Einzelheiten den Federn derjenigen entstammen, welche als Autoritäten auf den betreffenden Gebieten anerkannt werden, während sich um sie in Bild und Wort jene Männer gruppieren, die mitgewirkt haben zur Erreichung des Zieles. Alle stellen sich im Bilde und in irgend einem Spruch vor. Auf diese Weise ist das Buch streng genommen durch die Mitwirkung von über tausend „Verfassern" entstanden. Ergänzend schliesst sich dann der biographische Teil an. Kölnische Volkszeitung.

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Eine grosse Anzahl vorzugsweise berufener Männer hat sich vereinigt, um in knapper Form die Texte zu liefern, welche die Kulturentwickelung unseres Volkes im Laufe des 19. Jahrhunderts darstellen sollen. Während in diesen mehr oder minder umfangreichen Abschnitten ein Gesamtbid des Jahrhunderts gegeben wird, beschränkt sich die beigegebene Bildnisgalerie nur auf lebende Zeitgenossen. Fast überall ist deren Unterschrift oder ein gewähltes Diktum in Faksimile beigegeben es ist eine Autographensammlung, wie sie besser nicht gedacht werden kann; selbst der Kaiser, dessen Bild das schöne Werk eröffnet, hat dazu gespendet. Die leitenden Staatsmänner und Parlamentarier machen den Beginn; es folgen der Wehrstand, das Kolonialwesen, der Verkehr, die Wissenschaft in ihren verschiedenen Zweigen, das Wirtschaftsleben mit den technischen Wissenschaften; schliesslich die Kunst, und hier sind denn auch in der herrlichsten Ausführung eine grosse Anzahl vortrefflicher Kunstblätter beigefügt. Mag man in der Auswahl hier und da mit der Redaktion nicht einverstanden sein, einiges sich hinzu, anderes hinwegwünschen, so kann man dem Ganzen, als einem vorzüglich gelungenen Werke, seine Anerkennung nicht versagen.

Globus.

Es war zu erwarten, dass das deutsche Buchgewerbe das Problem, das die Jahrhundertwende ihm bot, mit allen Mitteln seiner fort= geschrittenen Technik, mit der ganzen Anspannung seiner den höchsten Aufgaben gewachsenen Leistungsfähigkeit kühn erfassen und glänzend lösen würde. Auf den verschiedenen Gebieten des geistigen und materiellen Lebens ist man gegenwärtig an der Arbeit, das Gesamtbild des zu Ende gehenden Jahrhunderts zu fixieren und zu charakterisieren. Das hat bei der fast unermesslichen Fülle und den divergierenden Cendenzen des Stoffes seine Schwierigkeiten, und man kann heute noch nicht sagen, ob das Werk überall gelingt. Die Aufgabe aber, in einem populären Prachtwerke nicht etwa die ganze Welt, sondern speziell das deutsche Volk an der Jahrhundertwende gleichsam in einer Momentaufnahme zu fassen und im übrigen von berufenen Federn die Bedeutung des entschwindenden Säkulums für die einzelnen Lebens- und Wissensgebiete skizzieren zu lassen, ist unseres Erachtens in dem „Goldenen Buche" gelöst und zwar glänzend gelöst. Hamburger Korrespondent.

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Zum 60. Geburtstage der Kaiserin Friedrich. soweit sie es können, die junge Person selbst nach der

A

m 21. November 1900 vollendet die verwitwete Kaiserin Friedrich ihr 60. Lebensjahr. Ihre Wiedergenesung von schwerer Krankheit wird dann hoffent lich weitere Fortschritte gemacht haben, sodaß der Geburtstag wenigstens im engsten Familienkreis würdig gefeiert werden kann. Die letzten Jahre haben für die hohe Frau recht viel Trübes gebracht. Sie hat kürzlich ihren Bruder Alfred, Herzog von Sachsen-Koburg und Gotha, und eine größere Zahl anderer lieber Verwandten verloren, und sie selbst wurde von einem heftigen Anfall ihres chronischen Leidens auf das Krankenlager geworfen, sodaß die schwersten Besorgnisse auftauchten. Die beängstigenden Nachrichten über ihr Befinden riefen allenthalben schmerzliche Ueberraschung hervor, denn nur die Eingeweihten wußten, daß die Kaiserin seit Jahren von einem Leiden gepeinigt wird, das wenig Aussicht auf vollständige Genesung bietet. Mit der ganzen Festigkeit ihres Charakters, mit Muth und Geduld hat sie oft tagelang währende Schmerzen ertragen; sie hatte es von ihrem edeln Duldergemahl gelernt zu leiden, ohne zu flagen".

Aber wenden wir uns ab von diesen trüben Bildern, die die Gegenwart bietet. Richten wir vielmehr den Blick zurück in die Vergangenheit des hohen Geburtstagskindes und zu der Maienblüte im Leben der jugendlichen Prinzessin Victoria, als sich ihr Herz dem geliebten Mann zuwandte, der ihr Gatte und dereinst Deutschlands Nationalheld und Kaiser werden sollte.

Am 14. September 1855 traf Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, damals noch nicht ganz 24 Jahre alt, am englischen Hof zum Besuch ein und begrüßte nach fünfjähriger Trennung auf Schloß Balmoral in Schottland die Princeß Royal von Großbritannien und Irland, die damals noch nicht fünfzehn Jahre alt war. Am 20. September gestand der preußische Prinz der Königin Victoria und ihren Gemahl seine Liebe zu der Prinzessin. Der Prinz-Gemahl Albert schrieb noch an demselben Tag an den Baron v. Stockmar nach Koburg: Nun pour la bonne bouche! Die Angelegenheit ist heute nach dem Frühstück in ein actives Stadium getreten. Der junge Mann hat seinen Antrag an uns gestellt, mit Erlaubniß seiner Eltern und seines Königs; wir haben ihn für uns acceptirt, doch für den anderen Theil bis nach der Confirmation zu suspendiren gebeten; bis dahin solle Unbefangenheit und Kindlichkeit ungestört bleiben; denn im Frühjahr wünscht der junge Mann seinen Antrag ihr selbst zu stellen, vielleicht mit Eltern und verlobter Schwester selbst zu uns zu kommen. Der 17. Geburtstag soll vorüber gelassen werden, ehe an einen Vollzug gedacht werden soll, der darum in das folgende Frühjahr fallen mag. Das Geheimniß soll gewahrt werden, tant bien que mal, den Eltern und dem Könige die Wahrheit gleich mitgetheilt werden, daß junger Mann und Eltern sich gebunden haben,

Confirmation befragt werden soll.. Am 28. will uns
der junge Herr wieder verlassen. Er stellte sich uns darin
ganz zu Gebote; ich schlug vierzehn Tage als nicht zu
lang und nicht zu kurz für einen desgleichen Besuch vor.
Er hat mir recht wohlgefallen. Große Geradheit, Offen-
heit und Ehrlichkeit sind vorzüglich hervorstechende Eigen-
schaften. Er scheint uns vorurtheilsfrei und in hohem
Grade wohlmeinend; spricht sich als persönlich durch Vicky
sehr angezogen aus. Daß sie nichts einzuwenden haben
wird, halte ich für wahrscheinlich."

Am 29. September schreibt der Prinz-Gemahl an die-
selbe Adresse: Victoria (die Königin) ist unendlich auf-
geregt, doch geht alles smoothly und vorsichtig. Der Prinz
ist wirklich verliebt, und die Kleine strengt sich an, zu ge-
fallen. Uebermorgen reist der junge Herr ab. Heute haben
wir die Antwort aus Koblenz erhalten, wo man entzückt
ist, dem Könige die Mittheilung auf dem Stolzenfels ge-
macht hat, die von ihm mit herzlicher Freude begrüßt
worden sein soll. Man ist mit dem Aufschub der Ver-
lobung bis nach der Confirmation und der Hochzeit bis
nach dem 17. Geburtstag ganz einverstanden."

In dem Augenblick, in dem der Prinz-Gemahl Albert diesen Brief niederschrieb, vollzog sich aber etwas, was durchaus gegen jedes Programmn war: die beiden jungen Leute gestanden sich ihre Liebe und verlobten sich einander. Unter demselben Datum schrieb die Königin von Großbritannien und Irland in ihr Tagebuch: "Heute hat sich unsere geliebte Victoria mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, der seit dem 14. bei uns ist, verlobt. Schon am 20. hat er uns sein Anliegen mitgetheilt, aber um ihrer großen Jugend willen waren wir zweifelhaft, ob er jetzt mit ihr reden oder bis nach seiner Wiederkehr warten sollte, entschlossen uns aber doch zu ersterem. Als wir nun heute Nachmittag den Craig-na-Ban hinaufritten, brach er einen Zweig weißer Heideblumen (der Glück be deutet), gab ihr denselben und knüpfte daran auf dem Heimwege, den Glen-Girnoch hinab, Andeutungen seiner Hoffnungen und Wünsche, die dann alsbald glücklich in Erfüllung gingen."

"

Drei Tage später schreibt der Prinz-Gemahl an seinen
Freund nach Koburg: Der Prinz Friedrich Wilhelm hat
Freund nach Koburg:
uns gestern wieder verlassen. Vicky hat sich wirklich ganz
vortrefflich benommen, sowol bei der näheren Erklärung
am Sonnabend, als in ihrer Selbstbeherrschung seitdem
und beim Abschied. Sie zeigte gegen Fritz und uns die
allerkindlichste Aufrichtigkeit und das schönste Gefühl. Die
jungen Leute sind heftig in einander verliebt, und die Rein-
heit, Unschuld und Uneigennütigkeit des jungen Mannes
ist auf der anderen Seite ganz rührend gewesen. Der
Thränen flossen gar viele."

Am 25. Januar 1858 fand die Vermählung des glück-
lichen jungen Paares im St. James-Palast zu London
statt.

A. D. KI.

Von der diesjährigen Hubertusjagd.

wie in Die diesjährige Hubertusjagd fand nicht wie sonst im

Jahr zunehmenden lärmenden Treibens der „nicht geladenen Jagdgesellschaft" auf besonderen Wünsch des Deutschen Kaisers auf dem Truppenübungsplatz bei Döberih statt. Um 3. November mittags versammelten sich die Theilnehmer der Jagd auf dem Gutshof des Dorfes Ferbit, unter anderen Kronprinz Wilhelm, der zum ersten mal an der Hubertusjagd theilnahm, die Prinzen Friedrich Leopold, Friedrich Heinrich, Joachim Albrecht und der Erbprinz von Hohenzollern. Der Kaiser, der seit drei Jahren zum ersten mal wieder persönlich zur Hubertusjagd erschien, traf im Viererzug ein, von schmetternden Hornfanfaren begrüßt.

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Unmittelbar nach der Ankunft des Kaisers begann die Jagd auf den starken dreijährigen Keiler. An der Spite des rothen Feldes", d. h. der zahlreichen Jagdgäste im rothen Reitfrack und Cylinderhut, galopirten der Kaiser auf dem Schimmel Kurfürst und der Kronprinz auf einer ungarischen Schimmelstute. Der Master der Jagd war Oberst Graf v. Hohenau, der Commandeur des Regiments Gardes du Corps. Wie immer, so bestand auch diesmal der größte Theil der Gesellschaft aus Offizieren des Gardecorps. Im Südwesten des Dorfes Dyrok, in der Nachbarschaft des Schafstalls", wurde der Keiler von der Meute gededt, worauf ihn der Kronprinz aushob", d. h. ihn an den beiden Hinterläufen faßte, und ihn so an der Vertheidigung gegen die Hunde hinderte. Der Kaiser gab den Fang, d. h. er stieß dem Keiler den Hirschfänger ins Genic, und führte so den sofortigen Tod des Thieres herbei. Nach anderthalbstündiger Dauer der Jagd, die sich über das ganze Gelände des Uebungsplates hingezogen hatte, bliesen die Piqueure in langtönenden Fanfaren die Jagd ab". Im Offiziercasino des Truppen übungsplates bei dem Dorfe Dallgow folgte ein Mahl, worauf der Kaiser zu Wagen nach Potsdam zurückkehrte..

Wochenschau.

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Der Bundesrath er Der deutsche Bundesrath. theilte in seiner Situng am 8. November die Zustimmung dem Antrag des dritten und vierten Ausschusses über die Tarifvergütung von Rosinen sowie den Ausschußberichten über a. die Vorlage betreffs der Ergänzung der Vorschriften des § 1 der Bekanntmachung vom 11. December 1896 wegen der Zulassung von Werthpapieren zum Börsenhandel, b. den Entwurf von Vorschriften über den Kleinhandel mit Garn, c. die Vorlage wegen der Festsetzung der Gebühren für die Beförderung von Notenblättern, d. den Entwurf des Etats für das Schutzgebiet in Kiautschou für 1901, e. den Ent wurf des Etats der Marineverwaltung zum Reichshaushaltss etat für 1901, f. den Entwurf des Reichshaushaltsetats für

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1901, und zwar 1. Einnahmen an Zöllen, Verbrauchssteuern 11. 1. w., 2. desgleichen an Stempelabgaben, g. die Vorlage wegen Außercurssetzung der Vereinsthaler österreichischen Gepräges, h. den Entwurf des Etats der Reichsjustizverwaltung, zum Reichshaushaltsetat für 1901, i. den Entwurf des Reichseisenbahnamts zum Reichshaushaltsetat für 1901. Der deutsche Colonialrath.

Der deutsche Colonialrath trat am Nachmittag des 8. November zur Herbsttagung zusammen, die der Director des Colonialamts Dr. Stübel mit einer Ansprache eröffnete, in der er die verdienstvolle Mitarbeit des Colonialraths an der colonialen Sache würdigte. Sodann wurden die Etats von Neuguinea, der Carolinen, der Palau-Inseln, der Marianen und von Samoa Die Frage der ohne erhebliche Ausstellungen berathen. Schiffsverbindungen bei den Schutzgebieten wurde eingehend erörtert und für Samoa der Antrag angenommen, in den Etat die Kosten für die Anschaffung und den Betrieb eines fleinen Gouvernements-Motorboots einzustellen. Der Colonialrath erklärte sich gegen die Einführung oder Erhöhung der Zölle auf Neuguinea und sprach sich für thunlichste Verhinderung des Verkaufs von Opium an die Eingeborenen In der Vormittagsitzung des 9. des Schuhgebiets aus. wurden die Etats für Togo und Kamerun berathen. Aus den Darlegungen der Regierungsvertreter ergab sich, daß die Unsitte des Mädchenhandels und der Verpfändung von Weibern vom Gouvernement nach Maßgabe der vorhandenen Mittel mit bestem Erfolg bekämpft worden ist. Eine längere Erörterung veranlaßte ferner die geplante Expedition nach Garua, wo eine Station gegründet werden soll. In der Nachmittagsitzung gelangte der Etat für das südwestafrikanische Schuhgebiet zur Verhandlung. Aus der ausgedehnten Generaldebatte war eine von Mitgliedern des Directoriums der South Westafrica Company abgegebene Erklärung hervorzuheben, wonach die sieben deutschen Mitglieder des Directoriums niemals auf Versuche ihrer drei englischen Collegen gestoßen sind, einen englischen Einfluß, sei es in politischer Hinsicht, sei es wirthschaftlicher Art, in der Gesellschaft geltend zu machen, sondern stets ein bereitwilliges Entgegenkommen im Sinne einer Leitung der Geschäfte gefunden haben, wie die deutschen Directoren sie für richtig hielten. Dieselben und der deutsche Reichscommissar würden alles zu verhindern wissen, was gegen die deutschen Interessen sei, und es werde innerhalb des Directoriums zweifellos überhaupt niemals auch nur der Versuch gemacht werden, sich einer Bureneinwanderung zu widersetzen. Zum Schluß nahm der Colonialrath noch zur Frage der Gewährung staatlicher Ansiedelungsbeihülfen im südwestafrikanischen Schutzgebiet den Antrag an, die Abfassung der Vorschriften wegen Verwendung der im Etat bewilligten Mittel der Colonialabtheilung, bezw. dem Gouverneur des Schutzgebiets zu überlassen. In der Schlußsitzung am 10. legte zunächst Geh. Rath Koch die außerordentliche Bedeutung einer wirksamen Bekämpfung der Malaria durch geeignete Mittel dar, worauf in die Berathung des Etats für das ostafrikanische Schutzgebiet eingetreten wurde, in deren Verlauf Generalmajor v. Lieber bemerkte, daß das für die Vereinfachung des Zollwesens Mögliche geschehen sei. Auch erklärte er eine Verminderung der Dampferflottille des Gouvernements aus wirthschaftlichen Rücksichten für bedenklich. Bei der Etatsforderung für die Herstellung einer Eisenbahn von Dar-es-Salaam gab Geh. Rath Dechelhäuser seiner Ueberzeugung von der Rentabilität der ost= afrikanischen Centralbahn Ausdruck, deren Bau der HerzogRegent von Mecklenburg-Schwerin an bewährte Offiziere der Eisenbahnbrigade übertragen haben wollte. Colonialdirector Dr. Stübel bemerkte, die Colonialverwaltung glaube dadurch, daß sie den Bau sowol auf Privatkosten als auch auf Reichstosten ins Auge faßte, alles gethan zu haben, um die Verwirklichung des Eisenbahnprojects zu erzielen. Nach Beendigung der Etatsberathung schloß der Colonialdirector die Herbsttagung des Colonialraths.

Deutschland und Marokko. Ueber die Reise des deutschen Gesandten Frhr. v. Menzingen an den marokkanischen Hof wurde der „Voss. 3tg." aus Tanger gemeldet, daß dieser sich am 7. November auf dem Schulschiff Gneisenau unter den Salutschüssen einer maurischen Batterie eingeschifft habe. Er wird in Mazagan landen und sich von dort nach Marokko begeben. Seine Sendung wurde durch die in Unordnung gerathene Verfassung des maurischen Auswärtigen Amtes nothwendig gemacht. Der Sultan wurde vor einiger Zeit angegangen, eine Entschädigung für die Beraubung und Mishandlung der Deutschen in Casabianca zu zahlen, aber Sid Tores, der Minister des Auswärtigen in Tanger, hatte keine Ermächtigung, zu unterhandeln. Seit seinem Tode haben die Mächte durch ihre Vertreter direct mit Marokko verhandelt, womit ein großer Zeitverlust verknüpft ist.

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Ein Vertrauensvotum der französischen Depu tirtenkammer für die Regierung. Bei der Debatte der französischen Deputirtenkammer, die am 6. November ihre Sitzungen wieder begonnen hatte, handelte es sich am 8. zunächst um viele nebensächlichen Punkte. Hierzu ergriff Ministerpräsident Waldeck-Rousseau in Sachen des Hafenarbeiterausstandes in Marseille das Wort. Er berührte die Ausweisung des italienischen Deputirten Margari aus Marseille, weil er sich in die Ausstandsbewegung eingemischt hatte, und sagte, er spreche einem Ausländer nicht das Recht ab, seinen im Ausland befindlichen Landsleuten beizustehen, aber es sei unflug gewesen, zu gestatten, daß ein Ausländer, der eine politische Stellung einnehme, sich in den Ausstand einmischte, um diesem eine solche Wendung zu geben, wie sie ihm angenehm sei. Waldeck-Rousseau rechtfertigte sodann die Haltung der Behörden während des marseiller Ausstandes und erklärte, die Freiheit der Arbeit sei mit Ausnahme einiger Zwischenfälle, die man übertrieben habe, fichergestellt gewesen. Das beste Mittel, die Frage der Ausstände zu lösen, bestehe seiner Ansicht nach darin, daß man Arbeiter und Arbeitgeber verpflichte, sich Schiedsgerichten zu unterwerfen. Der Radicale Barrot brachte hierauf einen Antrag ein, der die Erklärungen der Regierung billigt. Dieser wurde mit 330 gegen 258 Stimmen angenommen. Danach wurde ein Zusazantrag des Nationalisten Goujon, worin die vom Minister Millerand vertretenen collectivistischen Lehren misbilligt werden, mit 254 gegen 214 Stimmen angenommen. Schließlich gelangte ein Zusatzantrag des Socialisten Sembat mit 306 gegen 196 Stimmen zur

Annahme, in dem die Auslieferung Sipido's (des Attentäters auf den Prinzen von Wales in Brüssel) bedauert wird. Der Socialist Zévaès erklärte, er habe zwar für den Zusazantrag gestimmt, werde aber dem Vertrauensvotum für die Regierung zustimmen, um nicht den Gegnern der Republik in die Hände zu arbeiten, und beantragte Vertagung der Situng, was aber die Kammer ablehnte. Dagegen nahm diese mit 329 gegen 222 Stimmen einen Antrag an, worin der Regierung absolutes Vertrauen ausgesprochen wurde.

Die Parlamentswahlen in Canada. Die jüngst in Canada stattgehabten Parlamentswahlen haben dem Premierminister einen Sieg eingebracht. Die Regierung wird im zukünftigen Parlament eine Mehrheit von 46 Stimmen haben.

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Der Krieg in Südafrika. Das wechselnde Kriegsglück in Südafrika hat sich, neusten englischen Nachrichten zufolge, wieder einmal den Engländern zugewandt. Bei Bothaville sollen nach einer Meldung Lord Robert's die Buren unter de Wet und Präsident Steijn eine nicht unbedeutende Schlappe erlitten haben. Sie verloren 55 Todte und Verwundete sowie 100 Gefangene. Am empfindlichsten würde den Buren, wenn die Nachricht sich bestätigt, der Verlust von sieben Geschützen sein. Aber auch die Verluste der Engländer scheinen sehr schwer gewesen zu sein. Anfangs hieß es, sie hätten nur drei Offiziere und vier Mann verloren, nach neueren Meldungen stellte es sich indeß heraus, daß nicht nur der Führer der Engländer, Oberst Levallais, sondern auch zwei Offiziere und acht Mann gefallen sind, während sieben Offiziere und 26 Mann verwundet wurden. All= mählich bekommen die englischen Steuerzahler auch einen Vorgeschmack von den Folgen, die der Südafrikanische Krieg für ihre Geldbeutel mit sich bringen wird. Die südafrikanischen Geldleute, in deren Interesse der ganze Kampf unternommen wurde, fangen bereits an, dagegen zu protestiren, daß sie zu der Kostendeckung herangezogen werden sollen. Ihre Drohungen, daß die Belastung der Minen mit einer höheren Steuer zu einer Entfremdung vom Mutterlande führen müsse, dürften in England ziemlich komisch wirken sowie auch einen Commentar geben zu der von Lord Salisbury in seiner Guildhallrede gerühmten Einmüthigkeit zwischen dem Mutterland und den Colonien (f. D.).

Die Wirren in China. Abschluß der deutschen Truppentransporte nach China. Wie aus Berlin gemeldet wurde, ist der letzte deutsche Truppentransport am 30. October vor Taku eingetroffen, sodaß nur noch einige Dampfer mit Kriegsbedürfnissen, insbesondere Barackenmaterialien für die Unterkunft der Truppen im Winter unterwegs sind. Die Ausladungen scheinen trotz der großen Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, bisher befriedigend von statten gegangen zu sein, sodaß der größte Theil des Truppennachschubs, der die Ausreise von Bremerhaven in der Zeit vom 31. August bis 4. September angetreten hat, bereits friegsbereit am Lande ist. Die Witterung und der niedrige Wasserstand auf der Barre vor Talu macht sich schon fühlbar, sodaß von dieser Woche ab eine Ausschiffung von Gütern dort wahrscheinlich nicht mehr möglich sein wird. Die in Amerika und Australien angekauften Pferde erweisen sich als brauchbar, und es ist der Bedarf des Expeditions= corps an Reit- und Zugthieren durch sie und die in China erworbenen Ponies und Maulthiere.

Neue siegreiche Gefechte gegen die Voxer. Generalfeldmarschall Graf v. Waldersee meldete unterm 9. November, daß Major Graham vom 1. Ostasiatischen Infanterieregiment mit 2 Compagnien Infanterie, 2 Schwadronen Reiter und 2 Batterien Artillerie von Tientsien über Tschunying und Hsieng-ho-hsian (55, bezw. 70 Kilomtr. nördlich von Tientsin, auf dem linken Peiho-Ufer), wo es zu einem leichten Zusammenstoß mit berittenen Boxern kam, in Tungpa (12 kilomtr. östlich von Peking) eingetroffen ist. Die russischen Truppen hatten nördlich von Schanhaikwan ein glückliches Gefecht gegen 6000 Boxer bei einem Verlust von 4 Todten und 61 Verwundeten. Einer weiteren Meldung v. Waldersee's vom 9. zufolge kehrten englische Colonnen unter General Richardson von Paotingfu über Jung-tschung, Jang-tsing und Lang-fang nach Peking und unter General Campbell über Jountin und Wönugen nach Tientsin zurück. Letzterer zerstörte mehrere Boxerlager. Graf v. Waldersee bestätigte die Todesurtheile der drei Beamten in Paotingfu, des Provinzialschatzmeisters Tiengjang, des Militärcommandanten Wengschangu und des Cavalerieobersten Kiu, die vollstreckt worden sind. Darauf wurden die Köpfe der Hingerichteten auf Pfählen ausgestellt, was auf die Eingeborenen des Bezirks Paotingfu einen tiefen Eindruck machte.

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Annexionen in China. „Reuter's Bureau" veröffentlichte ein über Schanghai ihm zugegangenes Telegramm aus Tientsin, wonach der russische General Lenewitsch durch die Vermittlung des russischen Consuls in Tientsin den Con= suln der übrigen Mächte amtlich mittheilen ließ, daß das gegenüber der britischen und der deutschen Niederlassung auf der anderen Seite des Peiho liegende Gebiet von Rußland traft des Rechts der Eroberung annectirt worden sei. Etwaige europäische Eigenthümer von Theilen dieses Landes möchten Documente einreichen, durch die sie ihr Eigenthumsrecht beweisen. Dieses beschlagnahmte Gebiet soll sich nach dem Standard" von der Eisenbahnstation 2 engl. Meilen stromabwärts erstrecken. Auch Belgien ergriff Besitz von einer Landstrecke für eine Niederlassung. Diese ist 1 Kilomtr. lang und liegt unterhalb des durch die Russen beschlagnahmten Landes am linken Peiho-Ufer. Der belgische Consul machte gleichfalls durch ein Circular den Consuln der übrigen Mächte in Tientsin hiervon Mittheilung.

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Die Russen in der Mandschurei. Der „Nowoje Wremja" wurde am 8. November aus Wladiwostok berichtet, daß in dem Gebiet von Mukden, das von chinesischen Truppen gesäubert worden ist, die Bewohner in die verlassenen Gebiete zurückkehren und sich unter den Schutz der russischen Truppen stellen. In der Südmandschurei zerstörten chinesische Soldaten und Boxer viele Dörfer an der Eisenbahn, nach= dem sie dieselben ausgeraubt und geplündert hatten. Infolge des Sturms und Eisgangs ist das Telegraphenkabel über den Amurfluß bei Chabarowsk beschädigt; da es wegen des Eisgangs schwer in Stand zu halten ist, sind erhebliche Betriebsverspätungen unausbleiblid).

Arbeiter-Angelegenheiten.

In Köln hielt der Ausschuß des Gesammtverbands der christlichen Gewerkschaften am 8. November eine Sitzung ab, in der eine Erklärung beschlossen wurde, die Verwahrung einlegt gegen die jüngste Kundgebung der preußischen Bischöfe durch ihr Hirtenschreiben und den in der Interpretation desselben vom Erzbischof von Freiburg i. Br. gegebenen Erlaß, in dem gesagt war, daß diesen Gewerkschaften das Wort christlich nur leerer Schall sei, und daß sie für die Socialdemokratie jene Kreise organisirten, die einst weilen noch auf dem Boden der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung bleiben wollten. Diese Annahme sei durch keinerlei Thatsachen begründet und eine unverdiente Kränkung der in der christlichen Gewerkschaftsbewegung thätigen Mitglieder und Freunde des Arbeiterstandes. Nach wie vor werde man in der Durchführung der gewerkschaftlichen Ziele die christlichen Grundsätze als Richtschnur anerkennen. An dem auf dem 1. Congreß der christlichen Gewerkschaften zu Mainz aufgestellten Programm, wonach diese Gewerkschaften interconfessionell und politisch unparteiisch auf christlicher Grundlage bestehen sollen, sei festzuhalten. Schließlich wird die Erwartung ausgesprochen, daß nach Beseitigung der Misverständnisse der Entwicklung der christlichen Gewerkschaften keine Schwierigkeiten mehr bereitet werden.

Commerzienrath Guilleaume in Bonn hat für die Hinterbliebenen von Beamten und Arbeitern seiner Fabrik 50000 gestiftet.

Der kürzlich beendete große hamburger Werftarbeiterausstand hat nach einer Angabe der hamburger Section des Deutschen Metallarbeiterverbands der Organisation der Metallarbeiter ungefähr 200 000 gekostet.

Zur Lage des Buchbinderausstands in Hamburg wurde mitgetheilt, daß bis zu Ende der ersten Novemberwoche 22 Buchdruckereien, 31 Buchbindereien und 6 gemischte Betriebe die Forderungen der Arbeiter (neunstündige Arbeitszeit, Mindestlohn von 24 in der Woche) bewilligt hatten. Hinzuzurechnen sind außerdem 29 Betriebe, bei denen dies In schon vor Beginn der Lohnbewegung der Fall war. Hamburg und Altona arbeiteten bereits 374 Personen zu den neuen Bedingungen.

In Halle a. S. hatte der Maurerausstand weiter zugenommen; es streitten am 8. November 550 Maurer. Infolgedessen sind auch die auf den verlassenen Bauten beschäftigt gewesenen Bauarbeiter gezwungen, zu feiern.

In der Norddeutschen Zuckerraffinerie zu Frellstedt im Braunschweigischen hatten 44 Arbeiter wegen einer angekündigten Lohnherabsetzung die Arbeit niedergelegt.

Die Arbeiter der Schneidemühlen Brombergs und zweier Vororte traten wegen Nichtbewilligung einer Lohnerhöhung in den Ausstand ein. Elf Schneidemühlen erleiden hierdurch eine erhebliche Betriebsstörung.

In Amsterdam war ein Dockarbeiter-Ausstand ergebnißlos verlaufen. Hingegen ist in den zahlreichen Zuckerraffinerien, die zum großen Theil für das Ausland arbeiten, eine neue Lohnbewegung entstanden. Bisher stellten 700 Mann einer Fabrik die Arbeit ein. Sie verlangen 20 Proc. Lohnzuschlag, nachdem ihnen erst unlängst eine 25procentige Lohn= erhöhung bewilligt worden war.

Unfälle.

In Stettin ereignete sich am 6. November morgens bei den Abbruchsarbeiten des Hotels Drei Kronen in der Breitenstraße ein großes Unglück. Bei dem gerade sehr starken Verkehr in dieser Hauptgeschäftsstraße wurden fünf Personen durch herabstürzende Balken und Mauerwerk getödtet; außerdem erlitt ein junger Mensch einen Beinbruch.

In der chemischen Fabrik Concordia zu Léopoldshall ereignete sich am 8. November die Explosion eines Dampfkessels, wodurch zwei Personen getödtet, fünf schwer und 20 leicht verlegt worden sind. Einer der Verletzten starb nach einigen Stunden.

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Am 7. November entgleiste ein Theil des nürnberger Schnellzuges bei der Einfahrt in den Bahnhof zu Passau durch den Zusammenstoß mit einer Rangirmaschine. Ein Maschinenführer, ein Heizer, ein Schaffner und mehrere Reisende wurden leicht verletzt.

In Przemysl (Galizien) brannte am 5. November das Sokolgebäude ab. Drei Feuerwehrleute kamen dabei ums Leben.

Der am 9. November früh aus Baulers (Belgien) abgegangene Personenzug wurde auf der Station Braine l'Alleud unweit Waterloo von einem Güterzug an gefahren. Die ersten Wagen des Personenzugs sowie die Maschine und mehrere Wagen des Güterzugs sind zertrümmert worden. Der Heizer und der Locomotivführer des Güterzugs wurden getödtet, elf Reisende, der Mehrzahl nach auf der Fahrt nach Brüssel befindliche Arbeiter, verletzt.

Auf der Neubaustrecke Kaldenkirchen-Brüggen stürzte am 12. November früh infolge einer Erdrutschung eine Arbeiter-Transportzug um, als er an einer Sandgrube vorbeifuhr. Sechs Arbeiter wurden getödtet und mehrere verwundet.

Auf dem Bahnhof von Choisy-le-Roi (Departement Seine-et-Marne) stieß am 11. November ein von Nantes kommender Schnellzug auf einen Lokalzug. Acht Personen, darunter der Zugführer und der Heizer des Schnellzugs, wurden getödtet und 16 verwundet. Die Locomotive des Schnellzugs war umgestürzt, mehrere Eisenbahnwagen waren zertrümmert worden. Der Zusammenstoß scheint durch ein falsches Signal herbeigeführt worden zu sein.

Zu Lyon stürzte infolge einer Kesselexplosion ein Theil der Kraftstation der elektrischen Straßenbahn zusammen, wodurch ein Angestellter getödtet und fünf Personen verwundet wurden. Die Maschinenhalle ist vollständig zerstört, der Straßenbahnverkehr war unterbrochen.

Der Dampfer City of Vienna aus Dublin wurde am 7. November im Kanal von Bristol von einem unbe kannten Dampfer angerannt und sank. Von den auf dem Schiffe befindlichen 20 Personen wurde nur ein Heizer, ein Deutscher Namens Otto Trink, gerettet.

Der Dampfer City of Monticello, der von Yarmouth in Neuschottland nach Halifax unterwegs war, sank in der Fundybai. Etwa 40 Personen fanden hierbei den Tod.

Der

republikanische Wahlsieg in Nordamerika.

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um zweiten mal ist William Bryan, der Präsidentschaftscandidat der demokratischen Partei, im Wahlkampf um das höchste Staatsamt der nordamerikanischen Union unterlegen. Die Mehrheit der Staaten, 28, hat sich für Mac Kinley, d. h. für die republitanische Zollpolitik und für unbedingte Aufrechterhaltung der Goldwährung ausgesprochen; an ein Aufgeben der Erwer bungen in Westindien und im Stillen Ocean denkt die siegende Partei durchaus nicht, jedenfalls aber hat sie das Wiederaufwerfen der Währungsfrage für eine größere, nähere: Gefahr gehalten als die Folge-rungen, die sich aus der Beibehaltung der imperialistischen" Politik ergeben. Die Vermehrung des Heeres und der

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Kriegsflotte, die die Gebietserweiterungen der letzten drei Jahre erfordern, wird die Regierung Mac Kinley's unschwer durchsetzen, da die gleichfalls am 6. November vorgenom= menen Congreßwahlen die republikanische Mehrheit der Volksvertreter im Repräsentantenhaus um 37 Stimmen. verstärkt haben.

aus=

Wenn aber auch Bryan nach seiner zweiten Niederlage von der demokratischen Partei nicht mehr auf den Schild erhoben werden sollte, wenn auch eine erneute Erörterung des Währungsproblems nunmehr sehr unwahrscheinlich geworden. ist, so steht trotzdem die demokratische Partei als solche noch immer ungebrochen da. Freilich haben sich am 6. November 302 Wahlmänner (gegen 271 im Jahre 1896) für Mac Kin len und diesmal nur 145, Electoren (gegen 176 vor vier Jahren) für Bryan gesprochen; immerhin waren aber die republikanischen Mehrheiten der Wähler in einer ganzen Reihe von Staaten beträchtlich zurückgegangen. So bezifferte sich die Majorität für Mac Kinley in dem ausschlaggebenden Staat Neuyork in diesem Jahr auf 135296 Stimmen, das ist die Hälfte der Mehrheit, die Mac Kinley 1896 hier erhielt, und in der Stadt Neuyork gewann Bryan gar eine Majorität von 27 000 Stimmen. Der gesammte, vormals sklavenhaltende Süden stand auch diesmal wie schon so oft zum demokratischen Candidaten, nur Kentucky ging zu den Republikanern über, wo Bryan bereits vor vier Jahren die winzige Mehrheit von nur 281 Stimmen erzielt hatte. Empfindlicher war für Bryan der Verlust von Nebraska, denn in diesem seinen Heimatstaat hatte der demokratische Candidat noch 1896 ein Plus von 13500 Stimmen sich gutschreiben können.

Sicherlich wird jetzt Mac Kinley aus der in letter Zeit im Hinblick auf die bevorstehende Präsidentschaftscampagne beobachteten Zurückhaltung hinsichtlich Chinas heraustreten. Ueberhaupt wird Europa nunmehr damit zu rechnen. haben, daß die nordamerikanische Bundesrepublik fortan bereit sein wird, überall da, wo die politischen

Copyright by Francis Benjamin Johnston.

Illustrirte Zeitung.

William Mac Kinley,

der wiedergewählte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

Nr. 2994. 15. November 1900.

und die wirthschaftlichen Interessen ihrer 75 Mill. Seelen starken Bevölkerung irgendwie in Frage kommen, diese Ansprüche auch nachdrücklich gel tend zu machen. Es ist in hohem Grade bemerkenswerth, daß Mac Kinley's im Bereich des Stillen Oceans befolgte überseeische Politik in den pacifischen Staaten der Union lebhaften Beifall gefunden hat, da hier ein großer Aufschwung des Handels mit Ostasien erwartet wird. Während also die europäische, mithin auch die deutsche Industrie die Einwir fungen des nordamerikanischen Schutzzolls auf den Absatz ihrer Erzeugnisse fortund fortschmerz lich empfindet, wird nun auch der europäische Handel, vorab in Ostasien, den Wettbewerb der Amerikaner zu spüren haben. Gerade die in der Geschichte der Vereinigten Staaten beispiellos günstige Handelsbilanz der letzten Jahre war ein schwerwiegender Umstand, der bei der Wiederwahl Mac Kinley's mit den Ausschlag gegeben hat

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Vom Krieg in China: Dampfer mit flüchtenden Chinesen, von Schanghai nach Ningpo abgehend.

Nach einer photographischen Aufnahme.

K. W.

Generaladjutant Frhr.

v. Zoller.

m 8. November

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arb in

München nach längerem Leiden, noch nicht 58 Jahre alt, Generalleutnant Friedrich Michel Alexander Frhr. v. Zoller, seit dem Tode des Generals Freyschlag v. Freyenstein Flü geladjutant des Prinz-Regenten Luitpold von Baiern. Geboren am 15. Februar 1843 zu München und erzogen in der königl. Pagerie, trat er am 12. September 1861 als Junker in das Infanterie- Leibregiment, wurde 1862 Unterleutnant und 1866 Oberleutnant. Als solchernahm er an den Feldzügen 1866 und 1870/71 thatkräftigen Antheil; in 17 Schlachten kämpfte er mit und sah sich durch Tapferfeit vielfach ausgezeichnet. Nach dem Friedensschluß besuchte er bis 1874 die Kriegsakademie, wurde dann Adjutant beim Generalcommando des 1. bai

rischen Armeecorps und zu
gleicher Zeit Hauptmann,
1876 dem Generalstab ein
gereiht, 1879 zum Major
ernannt und 1881 als Re-
ferent ins Kriegsministe
rium berufen. Nachdem er
1886 die Charge eines
Oberstleutnants erhalten
hatte, avancirte er 1887
37 zum
Chef des Generalstabs vom
2. Armeecorps, 1888 3um
Oberst und Abtheilungschef
im Kriegsministerium. Im
Jahre 1891 ernannte ihn
der Prinz-Regent zu seinem
Flügeladjutanten und zum
Chef der königl. Geheim-
kanzlei. In dieser bevor
zugten Stellung erklomm
der Verstorbene die höch
sten Stufen der militäri-
schen Grade; er wurde 1892
Generalmajor und 1895 Ge-
neralleutnant mit dem Prä-
dicat Excellenz. Sein Pflicht
gefühl ließ ihn nicht die Er
holung sich gönnen, die bei
seiner anstrengenden Thä-
tigkeit nöthig gewesen wäre,
und so rieben sich seine
Kräfte nach und nach auf.
Ein thatenreiches, edles Le-
ben schloß mit diesem früh
zeitigen Ende ab.

Außer dem Vertrauen,
das ihm von seiten des
Prinz-Regenten, dem er ein
treu ergebener Diener war,
und der höchsten Staats
stellen zutheil wurde, hat

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