Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

daß an eine Opposition nicht zu denken sei. Man wußte die freundschaftliche Verbindung mit dem deutschen Reiche, der einzigen Großmacht, welche im Orient keine politischen Interessen verfolge, wohl zu würdigen.

Je schwankender inzwischen die Stellung des Ministeriums wurde, um so mehr trieben wir, um neuen Zeitverlust zu vermeiden, zur Eile, und am 25. April kam es endlich im auswärtigen Amte zur Unterzeichnung; Eustratiades, der Conservator der Alterthümer im Königreiche, zeichnete mit. Am 26. fuhren wir schon nach Patras ab, um den zweiten Theil unserer Mission in Angriff zu nehmen, und als wir dort den Abend vor Anker gingen, kam ein Offizier des in Patras stationirten Kanonenboots Syros an Bord, dessen Commandant auf Befehl des Ministeriums sein Schiff für die ganze Zeit unserer Anwesenheit im westlichen Beloponnes zu unserer Verfügung stellte.

Am Montag fuhren wir nach dem nächsten Hafen nördlich von der Alpheiosmündung, Katakolo, von wo ein Fahrweg nach Pyrgos führt, der jetzigen Hauptstadt von Elis. In einem langen Zuge ritten wir den folgenden Tag durch die Pisatis, welche jest wieder wie vor Zeiten einem blühenden Garten zu gleichen anfängt, über milde, erdreiche Waldhöhen, in denen man mehr den Charakter einer thüringischen als einer hellenischen Gegend erkennen würde, wenn nicht, sobald man dem Alpheios sich nähert, im Hintergrunde die Hochgebirge Arkadiens emporragten. Die Flußniederung, die ich nur stellenweise bebaut gekannt hatte, ist jetzt ein groBes Fruchtgefilde; der stattliche Strom, nur an einzelnen Stellen zu Pferde zu durchwaten, zieht in schlängelndem Lauf zum Meere, das im Westen den Horizont säumt; man sieht dem breiten Bette an, daß er ge= waltig anschwellen kann. Denn unmittelbar vor seinem Austritte aus Arkadien nimmt er zwei Flüsse auf, die ihm an Waffermasse gleichkommen, und sie stehen beide unter dem Einflusse der arkadischen Bergseen, die sich zu Zeiten plötzlich entleeren.

Zwei Dörfer liegen oberhalb der Ebene, Miraka am obern Ende, wo sich die Alpheiosebene plötzlich aufthut und wie zu einem großen Versammlungssaale erweitert, und Druva, das näher gelegene, welches erst vor einem Menschenalter von Ansiedlern aus Karitena gegründet worden ist.

Wir machten in einem bei gutem Wetter erträglichen Hause Quartier, stiegen an jedem Morgen zu gemeinsamer Arbeit in die Altis hinunter, die man von der Höhe des Dorfes vollständig übersieht, suchten uns in der ganzen Gegend heimisch zu machen, machten mit den wohlhabenderen Grundbesitzern Bekanntschaft, wählten die zur Beherbergung deutscher Colonisten geeigneten Räumlichkeiten aus und entwarfen auf Grund der Nivellements, welche Adler mit Hülfe eines dalmatischen

Bergknappen, den wir in Dienst genommen hatten, und des Dr. Mylonas, der uns freundlich begleitete, den Plan der Ausgrabung.

Ein solcher Plan kann natürlich nicht von vornherein so festgestellt werden, wie der Bau eines Hauses, dessen Grundriß vorliegt. Er muß vielmehr nach den Erfahrungen, die man während des Grabens macht, eingerichtet werden. Die Schwierigkeiten des Unternehmens sind unverkennbar. Eine Schicht von ungefähr 12 Fuß Höhe liegt über dem Boden des Tempelbezirks und wir haben keine Ahnung davon, wie hoch sich die Grundmanern der anderen Gebäude, die den Tempel umgeben, über dem alten Boden erhalten haben. Es fehlt an Land- und Wasserstraßen, die den Transport erleichtern könnten; die Entfernung der beiden nächsten Dörfer erschwert die Arbeit. Das Klima ist übrigens nach allen Erkundigungen viel besser als man gewöhnlich annimmt und nur in den heiBesten Sommermonaten wird die Arbeit ausgesezt werden müssen. Der Erdboden ist weich und einige zum Versuche gemachten Gräben zeigten, daß unter der Oberfläche die Tempeltrümmer, wie sie zusammengestürzt sind, noch unberührt in weichen Schlamm gehüllt liegen. Man wird also von der West- und Ostseite des Tempels den Boden zunächst bis auf etwa 50 Fuß freilegen, um zu sehen, was an Tempelskulpturen zu finden ist, und dann in der Linie, wo man die bedeutendsten Gründungen von Olympia in dichten Gruppen voraussehen darf, das Pelopion, den großen Altar, das Heraion und das Metroon, gegen den Kronos-Hügel vordringen, an dessen Fuße die Schahhäuser der hellenischen Staaten lagen

Mit wirklichen Ausgrabungen zu beginnen lag außerhalb unseres Mandats und wäre auch bedenklich gewesen, da wir einstweilen außer Stande waren, das Ausgrabungsfeld zu hüten. Nachdem also die nothwendigen Aufnahmen und Messungen vollendet waren, kehrten wir nach sechstägigem Aufenthalt über Pyrgos zu unserm Schiff zurück, das uns nach Zante brachte und Ordre hatte, uns nicht eher zu verlassen, bis wir an Bord des hellenischen Dampfers wären, der die wöchentliche Fahrt nach Corfu macht.

Mit herzlichem Danke verabschiedeten wir uns von den trefflichen Offizieren der Syros.

Leider hörten wir, ehe wir Griechenland verließen, von der Auflösung der Kammer, welcher am Tage nach unserer Abreise von Athen der Vertrag zur Ratification vorgelegt werden sollte. Jedes Ministerium war an den geschlossenen Vertrag gebunden. Die Kammerauflösung aber ist eine unberechenbare Thatsache, und in der Aufregung, die sie hervorgerufen hat, ist schon jest der harmloseste aller Verträge, die jemals mit Griechenland abgeschlossen sind, ein Gegenstand heftiger Angriffe geworden. Wir

können aber ruhig dem gesunden Sinne des Volks vertrauen, daß man die Hand nicht zurückstoßen wird, welche nur Gutes bietet. Aber eine Verjögerung der ganzen Angelegenheit ist unvermeidlich, da nun die Ratification von Seiten der griechischen Kammer erst im August erfolgen kann.

Wir haben von Seiten der Regierung wie von Seiten der Bevölkerung die freundlichste Aufnahme erfahren und können nur wünschen, daß dem materiellen Fortschritt, der uns überall so überraschend entgegengetreten ist, auch die politische Entwicklung entsprechen möge. Der Unmuth über den Mangel an einer festen und starken Regierung erfüllt nach meiner Erfahrung alle vernünftigen Griechen. In Deutschland, dessen bin ich gewiß, wird man mit voller Gunst und Freude einem Unternehmen folgen, welches endlich einmal für das griechische Alterthum etwas Großes zu leisten verspricht und das, was Winckelmann mit Hülfe seiner Gönner im römischen Kirchenregiment erreichen wollte, durch das Deutsche Reich und zu Ehren desselben ausführt.

E. Curtius.

Die religiös-kirchliche Haltung Marimilian's II.*)

Es ist eine stattliche Reihe bedeutender Fürsten, welche das Zeitalter der Reformation aufzuweisen hat. Schon hierdurch hebt es sich vorteilhaft ab von der Epigonenzeit des siebzehnten Jahrhunderts. Da ziehen sie, auch wenn wir nur bei Deutschland stehen bleiben wollen, in langem Zuge an uns vorüber: Karl V. und Ferdinand, die drei Kurfürsten von Sachsen, unter denen Luther diente, Philipp von Hessen und Kurfürst Morih, Christoph von Würtemberg und Friedrich von der Pfalz und wie mancher Name, dessen fürstlicher Träger sich mannhaft hervorgetan, ließe sich noch nennen. Keiner mit größerem Recht als der jenes Habsburgers, dem die Eine, die deutsche Hälfte des Erbes Karl's V. zugefallen war: Kaiser Maximilian's II. Eine bedeutende Persönlichkeit steht er da, zugleich eine merkwürdige Erscheinung, welche wenigstens nach Einer Seite hin die Aufmerksamkeit mehr auf sich zieht als irgend ein anderer Herrscher jener Zeit. Denn trotz der Sphinxnatur Karl's V., welche noch heute den Historikern Arbeit bereitet, an psychologischem Interesse überbietet Maximilian den Oheim. Der Schleier des Räthselhaften liegt auf der persönlichen Haltung während der Regentenjahre dieses Kaisers und er lüftet sich selbst auf dem Sterbebette nicht. Um so auffallender, als der Jüngling sich vor dem Spanier auszuzeichnen schien durch deutsche Offenheit und Gradheit. Welch' anziehende, Liebe und Verehrung einflößende Persönlichkeit ist doch der junge Maximilian, den sein Vater schon als zweiundzwanzigjährigen mit der königlichen Würde von Böhmen zierte. „Gleichmäßig sagt Ranke, in sich selber Harmonie, bewegten sich die Kräfte

[ocr errors]

Wie viel wir in Bezug auf Maximilian's II. Stellung zum Protestantismus den Forschungen Ranke's, Maurenbrecher's und nicht zuleht Eduard Reimann's verdanken, wissen alle Eingeweihten. Diese werden auch, ohne eine weitere Bemerkung meinerseits, zu beurteilen vermögen, ob und inwieweit die nachfolgende Darstellung auf eigener Durchforschung der Quellen, mit Einschluß des erst jüngst veröffentlichten Materiales, beruht. Ich selber betrachte meine Skizze nur als einen Versuch, Klarheit in das Urteil über Maximilian's Charakter zubringen. Namentlich in Betreff seiner kirchenpolitischen Regierungsthätigkeit kann ein genaueres und zuverlässigeres Urteil erst nach eingehenderen Studien über diese bisher so ungebürlich vernachlässigte Partie abgegeben werden.

[ocr errors]

feiner Sele; man konnte keine angenehmere Gesellschaft haben. So geistreich und vertraulich, ohne Affectation, voll Grazie gab er sich hin; nicht allein fremde Gesandten oder Fürsten behandelte er auf eine Weise, daß sie ihn für den vollkommensten Hofmann der Welt erklärten; es war in ihm der Zug einer absichtslos wohlwollenden Natur." Einem Jeden wußte er gerecht zu werden, mit Jedem in besonderer Weise verkehrend, leutselig, ohne sich etwas zu vergeben. Sinn für alles Wissenswerthe und feine Bildung, Talent und Gewissenhaftigkeit in staatsmännischen Geschäften, scharfer, durchdringender Verstand, welcher niemals die Zügel verlor über die hochfliegenden Gedanken des Ehrgeizes alles dieses, sonst so selten vereint, zierte den fürstlichen Jüngling. Und was ihn seiner Nation noch besonders lieb und werth zu machen geeignet war er liebte, wie er sich wohl ausdrückte, gute runde, deutsche Worte," *) wie sie ihm in natürlicher Beredsamkeit entströmten. Denn als Deutscher vor Allem fühlte er sich, als Deutscher namentlich im Gegegensatz zu dem spanischen Ohm und dem spanischen Vetter. Verhaßt war ihm spanisches Wesen und spanischer Zwang. Niemals hätte er gutwillig auf die Kaiserfrone verzichtet, welche Karl V. dem Neffen und Schwiegersohn zu entziehen und auf Philipp von Spanien zu übertragen gedachte. Mochte Ferdinand, sein Vater, notgedrungen zeitweilig dem Plane zustimmen, Niemand konnte dem Sohn diese Zustimmung entwinden. Das war deutsche Festigkeit. Ihm sollte noch andere Gelegenheit kommen sie zu beweisen, in ungleich größerer Sache.

Auf einen solchen Fürsten durfte man wohl große Hoffnungen für die Zukunft segen. Man tat es, doch nicht auf allen Seiten. Sein eigener Vater sah mit banger Sorge auf ihn und der Oheim, der alte Karl V., nahm den Kummer über den Ungeratenen mit in die Grube.

Was war es, was diese Männer so schwer ängstigte?

Sie glaubten bei ihm Abneigung gegen den alten Glauben, versteckte Hinneigung zu den neuen Lehrmeinungen wahrzunehmen. Uns liegt ein Codicill Ferdinand's I. vor, welches er am 10. August 1555 für seine drei Söhne auffezte. Hier spricht er es aus, was ihn bedrückt: „Ich betrachte das Wesen der Welt, und wie die Kezereien und neuen Secten sehr überhand nehmen, und daß ihr nicht werdet unangefochten bleiben, euch darein. zu verführen"; besonders habe er um Maximilian mehr Sorge als um die anderen Söhne; denn er habe allerlei gesehen, was den Argwohn wachrufe, als wolle er von der Religion abfallen und zu der neuen Secte übergehen. Gott wolle, daß das nicht sei und daß er dem Sohn darin

*),,Nit schpanische, sondern gute runde taitsche wort und werke" verspricht er am 19. November 1563 dem jungen Landgrafen von Hessen.

« ZurückWeiter »