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hat, zeigt sich in diesen Werk als einen der hervorragendsten Kunstgenossen Dürers. Namentlich bedeutend durch die porträtartige Individualisirung der männlichen Hauptfiguren, ist das Bild zugleich ausgezeichnet durch eine feltene Kraft und Gediegenheit der Farbe, die sich mit ihrem edelsteinartigen Glanz in erstaunlicher Frische erhalten hat. Ein andres treffliches Werk der deutschen Schule, das Bildniß eines jungen Architekten, hat mit der Holbein'schen Malweise offenbare Verwandtschaft, doch läßt sich der Meister desselben noch nicht sicher bestimmen.

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Unter den Gemälden der italienischen Schule ist das Bild Lorenzo Leonbruno's von besondrem Interesse, eines Meisters, dessen Name erst vor wenigen Jahrzehnten der gänzlichen Vergessenheit entzogen wurde. Ein Schriftchen, das im J. 1825 in Mantua erschien, verkündigte die Entdeckung desselben mit der ganzen Emphase des italienischen Localpatriotismus. Leonbruno (gest. 1537) war Mantuaner und am Hofe der Gonzaga gleichzeitig mit Giulio Romano thätig, dessen Einfluß neben dem der lombardischen Schule deutlich bei ihm zu erkennen ist. Von seinen Werken scheinen sich nur zwei erhalten zu haben, ein drittes wird ihm mit Unrecht zugeschrieben; das vom Museum erworbene, der Wettstreit des Apollo und Marshas, kennzeichnet den Maler als eines jener nachahmenden Talente, die inmitten einer bedeutenden Stilepoche gleichsam über ihr natürliches Maaß hinauswachsen, aber in ihr auch schon den Manierismus vorbereiten. - Außerdem vertreten die italienische Schule zwei Berg- und Waldlandschaften des Venezianers Schiavone (Ende des 16. Jahrh.), mit flüchtigem Pinsel hingeworfen, in der kecken und wilden Art dieses Meisters, der in der italienischen Malerei die Landschaft mit zuerst zu einem selbständigen Kunstgenre machte; ferner das Bildniß eines Gelehrten von Moroni, das zwar nicht zu den besten, aber doch zu den guten Bildern dieses vorzüglichen Porträtmalers zählt; endlich eine Farbenskizze Tiepolo's, dessen interessantes coloristisches Talent der Zeit des Rokoko in großen decorativen Malereien gewissermaßen den monumentalen Ausdruck gab.

Neben diesem saubern Entwurf erscheint eine große Skizze von Rubens (die Eroberung von Tunis durch Kaiser Karl V.) doppelt imposant. Im augenblicklichen Drange des Schaffens entstanden, mit kühner und ungeduldiger Hand auf die Leinwand nur eben hingewühlt, scheint die wild verschlungene Kampfscene dem ersten Blick unentwirrbar, während bei näherer Betrachtung nicht bloß das energische Leben der einzelnen Motive, sondern in einigen Gruppen auch schon die beabsichtigte Farbenwirkung in voller Deutlichkeit hervortritt. Vom ersten Aufbligen des Preußische Jahrbücher. Vo. XXXIII. Heft 2.

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malerischen Gedankens bis fast schon zur vollständigen Ausführung läßt sich der Prozeß der schöpferischen Arbeit verfolgen. Mehrere Figuren und Motive der Skizze finden sich in bekannten Gemälden des Meisters, wie in der Löwenjagd, wieder.

Aus der älteren niederländischen Schule ist ein kleines Bild von Lucas van Leyden um so bemerkenswerther, je seltener die echten Gemälde dieses Künstlers sind; die meisten, die seinen Namen tragen, sind von späteren Malern nach Stichen desselben ausgeführt. Das Bild (der h. Hieronymus in einer Landschaft), in der Farbe von eigenthümlich hellem und lichtem Ton und von großer Feinheit der Zeichnung, gehört zu den vorzüglichsten des Meisters, der in seiner ganzen Art schon als Vorläufer der neuern niederländischen Schule zu betrachten ist.

Dieser, die in der Galerie bisher nicht stark vertreten war, gehören alle übrigen Bilder an. Das Genrestück von David Teniers d. J., eine Gesellschaft von zwei Cavalieren und zwei Damen bei Tisch, ist ein interessantes, geistreich und sicher behandeltes Jugendwerk des Künstlers. Ein Bild aus der besten Zeit Jan Wynants', des feinen Schil derers der holländischen Natur, ist die kleine, sehr anziehende Hügellandschaft mit Figuren von Adrian van de Velde; eines der seltenen Ge mälde von Reinier Nooms, gen. Zeemann, der Meeresstrand mit Schiffen, ausgezeichnet besonders durch die feine Lichtwirkung in dem warm erhellten dunstigen Gewölf. Die Abendlandschaft mit Jagdgesellschaft von Albert Cuyp gehört zu den späteren Werken diesee vorzüglichen Meisters, wo er in der scharf accentuirten Luft- und Lichtstimmung allerdings schon auf einen etwas äußerlichen Effekt ausging. Auf dem Bild von Jakob van Loo, dem Acltesten aus der bekannten Künstlerfamilie dieses Namens, zeigt der mythologische Gegenstand, Diana mit ihren Nymphen nach der Jagd, in fast lebensgroßen, derb realistisch behandelten Figuren, die übliche holländische Metamorphose. Das Bild von Cornelis Decker (Halt von Reitern an einer Schmiede) ist insofern von Interesse, als es den Meister, der vornehmlich als Schüler Ruisdaels bekannt ist, in einem ganz andern, dem P. de Laar verwandten Genre zeigt. -Endlich ist noch zu erwähnen das Bildniß des Rechtsgelehrten François de Broude von Abraham Bloemart, durch die kräftige, lebensfrische Auffassung doppelt merkwürdig, da der Meister in seinen historischen Bildern jener italienisirenden, mehr oder weniger manieristischen Richtung folgte, die in der niederländischen Malerei gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine Zeit lang vorherrschte; ein sehr delicat behandeltes Porträt von Karel Dujardin († 1678), und ein Porträt von Jan Weenix, (Elisabeth Charlotte von Orleans),

coloristisch pikant vor allem im Beiwerk, in dessen Behandlung sich die ganze Finesse des berühmten Stilllebenmalers zeigt.

Einige Bilder, darunter ein höchst werthrolles aus dem 15. Jahrhundert der italienischen Schule, die bisher noch nicht ganz in Stand gesegt waren, werden binnen kurzem an die Deffentlichkeit kommen und die Ausstellung dieser so mannigfaltigen Erwerbungen noch um ein neues Interesse bereichern.

Dr. Herm. Lücke.

Politische Correspondenz.

Berlin, 15. Februar.

Wir wissen es längst, daß Begeisterung keine Heringswaare" ist. Die Wahlen für den ersten deutschen Reichstag fanden zwei Tage nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris statt, eben als der glorreichste Feldzug durch den glorreichsten Frieden geschlossen ward: die deutschen Stämme hatten, zu einem Heere geeint, sich die langverlorene, langersehnte staatliche Einheit wiedererkämpft; das deutsche Reich war neuerstanden, hehrer und mächtiger denn je. Solch ein Augenblick läßt sich nicht festhalten, die hohe Stimmung solches Augenblickes kehrt nicht leicht, kehrt wohl in Jahrhunderten nicht wieder. Die Wahlen zum zweiten deutschen Reichstag mußten naturgemäß in eine Zeit geringeren Schwunges der Gefühle, geringerer Einmüthigkeit der Gesinnungen, geringerer Befriedigung der Geister fallen. Errungene Vortheile dauernd zu schäßen, ist überhaupt nur der Minderzahl gegeben, welche ihre heutige bessere Lage mit ihrer gestrigen weniger guten vergleicht, zu vergleichen vermag. Die große Mehrheit des Volkes lebt am Tag den Tag; der Drang des Augenblicks, die Sorge für des Lebens Nothdurft ist der immer gegenwärtige Eindruck; nur das jetzige Bedürfniß wird lebhaft empfunden; die Erinnerung früherer Mängel ist blaß oder verwandelt sich gar trügerisch in die Einbildung eines entschwundenen Behagens. Keine politische oder sociale Veränderung, wie umfassend, wie tief= gehend sie sei, vermag mit einem Male die Last, welche die bei weitem meisten. Einzelleben beschwert, merklich zu erleichtern; die bedeutsamste Verbesserung, welche der Zustand der Gesammtheit erfährt, kommt den Vielen, deren Blick auf ihr individuelles Loos gerichtet ist, kaum oder gar nicht zum Bewußtsein, und jede neue Ordnung der Dinge, auch die segensreichste, wird darum von der Menge als eine ganz unzulängliche Verbesserung oder schlechthin als eine Ent täuschung empfunden.

Wir erinnern uns, daß die Wahlen zu dem zweiten italienischen Parlament (im Jahre 1865) als eine unzweideutige Kundgebung nationalen Mißvergnügens erschienen: die Hälfte der neuen Kammer seßte sich zusammen aus oppositionellen Bestandtheilen, deren viele eingestandener Maßen von dem neuen Staate, so wie er beschaffen war, von Monarchie und Verfassung nichts wissen wollten; die Partei, die bisher als starke Mehrheit die Regierung gestüßt hatte, erwies sich nun kaum zahlreich genug, die Opposition eben nur im Schach zu halten; mehrere der hervorragendsten Mitglieder der bisherigen Mehrheit waren nicht wieder gewählt worden. Mußte aus diesem Ergebniß der Wahlen geschlossen werden, daß eine gute Hälfte des italienischen Volkes der kaum erst in schier einstimmigen Plebisciten bewillkommneten Einheit schon wieder überdrüffig geworden sei? Gewiß nicht, aber wie schnell eine Nation aus der jubelnden Lust

ob der Erreichung ihrer höchsten Ziele in die Ernüchterung des Alltagdaseins zurückfinken kann, dafür boten die italienischen Wahlen von 1865 ein deutliches und unerfreuliches Beispiel.

So unerfreulich sind unsre zweiten deutschen Wahlen entfernt nicht ausge= fallen. Die Parteien, welche dem Reiche und der nationalen Sache anhängen, bilden auch in diesem zweiten Reichstage eine Mehrheit von zwei Drittheilen; die hervorragenden Mitglieder dieser Parteien sind so ziemlich alle wiedergekehrt; die Fraction, welche vorzugsweise als die Trägerin der nationalen Idee betrachtet werden darf, hat sogar eine erhebliche Verstärkung erfahren. Dieser Mehrheit nationalgesinnter Abgeordneter steht freilich eine starke Minderheit gegenüber; aber eine Minderheit kann einer Mehrheit doch nur gefährlich werden durch die Schuld dieser letteren. Wenn das erkleckliche Anwachsen der negirenden Elemente das Ergebniß hätte, daß die auf positivem Boden stehenden Parteien sich dessen, was sie verbindet, deutlicher bewußt würden und dessen, was sie trennt oder gar nur zu trennen scheint, weniger eingedenk blieben, so hätte die neue Zusammensetzung des Reichstags entschieden ihr Gutes. Eine feste sichere emsige Mehrheit taugt besser als eine schwankende ungewisse schlaffe, und eine sehr zahlreiche Mehrheit pflegt nicht sicher und emsig zu sein, weil sie eben im Vertrauen auf ihre Zahl sich Lässigkeiten verstattet und ihre einzelnen Theile leicht von sonderbündlerischen Anwandlungen fortgezogen werden. gibt kein besseres Mittel der Disciplin für eine parlamentarische Majorität als eine Minorität, die immer auf dem Plat, und Willens und im Stande ist die Fehler ihrer Gegner auszunußen. Daß in mehrfachen Auszählungen der erste Reichstag sich nicht beschlußfähig erwies, würde vielleicht nicht oder seltener vorgekommen sein, wenn die Mitglieder der nationalen Parteien ihres Uebergewichts und die oppositionellen Gruppen der Vergeblichkeit ihrer Anstrengungen minder sicher gewesen wären. Wir, die wir dafürhalten, daß das den Reichstagsmitgliedern bewilligte Privileg der freien Fahrt auf den deutschen Eisenbahnen ein geeigneteres Mittel ist, die Reichsboten zu häufiger Ortsveränderung als zum Festsizen in der Reichshauptstadt zu veranlassen, wir können uns des Gedankens nicht entbrechen, daß die doppelte Stärke, mit welcher die oppositionelle Phalanx auf der Kampfstätte des zweiten Reichstags erscheinen wird, recht wohl sich als eine günstige Fügung erweisen kann, wie wenn das Schicksal das bisher unsre nationale und parlamentarische Entwicklung begünstigte auch jetzt dafür habe sorgen wollen, daß der Eifer der Wenigen den Eifer der Mehreren in Athem halte.

Denn unsre Ultramontanen und Socialisten, die polnischen und vielleicht selbst die reichsländischen Abgeordneten werden es an Fleiß, Ausdauer, Aufmerksamkeit, Rührigkeit nicht fehlen lassen. Diese Leute, welche die Ordnung des Staates, die Zucht der Geseze so schwer ertragen, in die Zucht ihrer Parteien fügen sie sich mit einer bewunderungswürdigen Folgsamkeit und die Anordnungen ihrer Oberen führen sie mit all jenem Pflichteifer aus, der verderblichen Bestrebungen so gut wie heilsamen zu Statten kommt, und den ach! in weiten Volkskreisen

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