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Erster Abschnitt.
Von den ältesten Zeiten bis zum Tode
Otto des Großen.

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Beltefte Geschichte der Gegend von Magdeburg bis auf Karl den Großen oder bis zum

Der

J. Chr. 772.

Der Ursprung oder die erste Erbauung der Städte brachte in der Cultur und Verfassung unsers deutschen Vaterlandes eine so große und vortheilhafte Verånderung hervor, daß sie billig jedem Deutschen wichtig und merkwürdig seyn muß, dem die Geschichs te seines Vaterlandes und seiner so rühmlich bekannten Vorfah, ren nicht gleichgültig ist. Magdeburg gehört unstreitig nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den merkwürdigsten Ståd ten des nördlichen Deutschlands. Beinahe schon ein Jahrtau, send ist diese Stadt ein merkwürdiger Handelsort. Sie hatte kaum Mauern und Stadtrecht erhalten, da sie auch schon durch die Begünstigung eines der mächtigsten und berühmtesten Deuts schen Kaiser zur Hauptstadt des ganzen Sachsenlandes erhoben, und der Siß eines der ansehnlichsten Erzbisthümer Deutschlands

ward.

Ihre vortheilhafte Lage an dem Elbstrome, und in eis ner sehr feuchtbaren, besonders kornreichen Gegend, brachte ihs ren Handel und Gewerbe schon vor vielen Jahrhunderten in den blühendsten Zustand. Ihre Einrichtungen, Gesetze und

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Rechte wurden schon in frühern Zeiten unter dem Namen des Magdeburgischen Rechts das Muster, wonach die Verfassung und Rechtspflege vieler andern Deutschen Städte, ja ganzer Lånder, eingerichtet wurden. Magdeburg gab schon vor Jahrhunderten einem großen Theile Deutschlands das Maaß, wonach Korn, und besonders Aecker gemessen wurden, welches Sie auch noch bis jetzt von dieser Stadt den Namen führt. war eins der angesehensten Mitglieder des ehemals so berühmten und mächtigen Hanseatischen Bundes. In jenen merkwürdigen Perioden der Deutschen Geschichte, zur Zeit der Reformation und des dreyßigjährigen Krieges, hat sie sich vorzüglich ausges zeichnet. Auch noch jetzt behauptet sie als eine ansehnliche und blühende Handelsstadt, als eine der wichtigsten Vestungen, Deutschlands und des Preußischen Staats, einen nicht unbedeutenden Rang unter den merkwürdigen Deutschen Städten. Sh re Geschichte aus den besten Quellen geschöpft, kann daher auch wohl auf die Aufmerksamkeit wißbegieriger Leser und Freunde der vaterländischen Geschichte einigen Anspruch machen.

Wenn gleich Magdeburg eine der ältesten Städte Deutsch lands ist, und daher mit Recht schon seit Jahrhunderten vorzugsweise mit dem Namen der alten Stadt Magdeburg belegt ward; so ist sie doch so alt nicht, als sie die mehresten als ten Chroniken, und selbst verschiedene öffentliche Staatsschriften des vorigen Jahrhunderts, angeben. Nach denselben soll sie entweder schon 50 Jahre vor Chrißii Geburt zu Julius Cåsars Zeiten vorhanden gewesen, oder doch vom Cåsar bei seinen Einfållen in Deuschland erbauet, aber bald hernach von dèn alten Deutschen wieder zerstört worden seyn. Dann soll Drusus,

der Stiefsohn des Kaisers Augustus, sie im 1oten oder 12ten Jahre vor Christi Geburt wieder aufgebauet, oder nach Undern

sie zuerst angelegt, ein Schloß oder eine Burg darin aufs geführt, und sie zu einer Römischen Lager, und Grenzstadt,

oder

oder zum Size Römischer Befehlshaber an der Elbe, gemacht haben.

Allein Julius Cå far ift, — nach seinen eigenen Nach,

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nicht weit über den Rhein in Deutschland

wes

richten, nigstens sicher nicht bis in die Gegend von Magdeburg - ver, gedrungen. Er ging zwar zweimal über den Rhein; blieb aber das erstemal nur 18 Tage, das anderemal nicht viel låns ger disseit des Rheins, und getrauete sich nicht, die in ihre Wäls der geflüchteren Deutschen ernstlich zu verfolgen, ließ auch soz gleich nach seinem Rückzuge, die über den Rhein geschlagenen Brücken wieder abbrechen *).

Drusus aber drang nach verschiedenen glücklichen Felds zügen gegen die Deutschen, vom 1sten bis zum 9ten Jahre vor Christi Geburt, unter dem Kaiser August, endlich wirklich bis an die Elbe vor, indem er die Deutschen überall besiegte, und sich durch den bisher ganz unwegsamen Harzwald oder über das Harzgebirge einen Weg bahnte. Er unterwarf sich Deutsch land vom Rhein an bis zur Elbe, errichtete auch am Ufer der Elbe Trophäen oder Siegszeichen, und zwar in der Gegend, wo damals die Sueven, oder vielmehr die zu ihnen gehörenden, durch ihre vorzügliche Tapferkeit sich auszeichnenden Lon gobarden wohnten. Diese Longobarden d. i. die Langens wahrscheinlich von der Börde im Magdeburgischen

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börder so genannt, waren ein Suevisches Wolk, und hatten an der Elbe, wo jest das Magdeburgische und die Altmark liegen, bis ins Lüneburgische hinein, und bis nach Bardewick hin, ihre Wohnsize. Ueber die Elbe aber, wohin sich damals auch die Longobarden zum Theil, vor den Römern geflüchtet hatten, durfte Drusas auf Augusts Befehl nicht gehen, auch sollte er die

am

*) Caef. Comm. de bello gall. lib. 4, c. 16—19. lib. 6, c. 9. 10. 29.

am dftlichen oder rechten Ufer der Elbe wohnenden tapfern und zahlreichen Deutschen Völker, wozu besonders die Sueven ges hörten, nicht angreifen; indem August wahrscheinlich die Elbe zur Grenze des Römischen Reichs zu machen gedachte *).

Nachdem Drusus, mitten im Laufe feiner Siege und in feinen besten Jahren, in Deutschland gestorben wär, drang fein Bruder, der nachherige Kaiser Tiberius, im sten und 6ten Jahre vor Christi Geburt ebenfalls bis an die Elbe vor. Er lief auch mit einer an der Ems ausgerüsteten Flotte in die Mündung der Elbe ein, und befuhr diesen Strom bis dahin, wo seine Landarmee am linken oder westlichen Elbufer stand; aber an das jenseitige rechte Elbufer, wo sich die bewaffnete juns ge Mannschaft der Deutschen zeigte, wagte er sich nicht. Er soll das ganze Land an der Saale bie zur Elbe, folglich das jes ßige Halberstädtische, Anhältische und Magdeburgische erobert, die daselbst oder an der Mittelelbe wohnenden Longobarden be fiegt, und die zahlreichen und tapfern Chaueen, welche neben den Longobarden an der Niederelbe und Weser im Lüneburgischen und Bremischen wohnten, sich unterworfen haben. Er ist also, wie sein Bruder Drusus, unstreitig auch in die Gegend ges kommen, wo jest Magdeburg liegt. Domitius, der Großs vater des Kaisers Nero, soll um diese Zeit sogar mit seiner Ara mee über die Elbe gegangen, und unter allen Römern am weite: sten in Deutschland vorgedrungen seyn **). Allein Drusus hat ficher in der kurzen Zeit, da er sich an der Elbe aufhielt, weder eine Stadt anlegen, noch wieder aufbauen können, und eben so wenig

*) Florus lib. 4, C. 12. Dio Caff. lib. 55, c. 1. Vellej. Pas terc. lib. 1, c. 97. Suet in Aug. c 2. Tac. German, c. 40. Strab. Geogr. lib. 7, Ptol. Geogr. lib. 2, c. 11. **) Vellej. Paterc. lib 2, c. 97. 105-108. Ptolomaei Geogr. lib. 2, c. z. Tac, Annal. lib. 4ɔ C. 44.

wenig haben es die beyden andern angeführten Nömischen Feld: Herren gethan; wie denn auch kein einziger unter den alten Klas, sischen Schriftstellern, welche die damaligen Feldzüge der Römer gegen die Deutschen beschreiben, das Geringste davon meldet.

Zwar legte Drusus an den Ufern des Rheins, wo er sich långer als an der Elbe aufhielt, mehr als 50 Eaftelle, oder Schanzen und Lagerpläße in ausgesuchten Gegenden an, aus welchen zum Theil in der Folge angesehene Städte, z. E. Mainz, Bonn, Bingen, Wesel, Duisburg u. a. entstanden sind. Auch errichtete er verschiedene Castelle disfeit des Rheins, und zwar das jekt sogenannte Castell, Mainz gegen über zur Deckung der von ihm angelegten Rheinbrücke, desgleichen eins an der Män dung der Ems, eins an der Lippe, und eins bey Idstein. Atlein wenn er auch, oder ein anderer Römischer Feldherr, viels leicht tiefer in Deutschland hinein, an der Weser oder wohl gar an der Elbe, Verschanzungen und bevestigte Låger nach Rome, scher Gewohnheit angelegt hatte; so würden diese, den Deuts schen so verhaßten, Beweise der damaligen Römischen Uebers macht- und Herrschaft, doch gewiß bald nachher von ihnen wieder zerstört worden seyn. Denn als sie 9 Jahre nach Christi Geburt unter Anführung des tapfern Arminius oder Herr mannề, đèn Römischen Befehlshaber in Deutschland Varus, mit seinen drey Legionen in Westphalen, nicht weit von Dets mold im Teutoburger Walde niedergehauen, und dadurch Deutsch land disseit des, Rheins von der Römischen Überherrschaft auf immer.. befreyt hatten *); so haben sie ohne Zweifel auch alle Denkmale und Spuren derselben unter sich vernichtet.

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*) Dio, Caff, lib. 54 et 56, c. 1824 Vellej. Pat. lib. 2,

C. 118-120. Flor. lib. 4, è, 12. Sueron, in Aug. c. 23.
Tac. Annal, lib, 2, c. 882

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