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Besonders gewann die Lage der Sachen in Sachsen jetzt gleich ein anderes Ansehen. Seine Widersacher, die Herzöge Rudolph von Schwaben, Welf von Bayern, Berthold von Karnthen und einige andere geistliche und weltliche Fürsten bes kamen dadurch nicht nur Muth, sich gegen ihn heimlich zu vers binden, sondern auch die bey ihnen, besonders zu Meß, gefans" genen Sächsischen Fürsten wider seinen Willen auf freyen Fußzu stellen, indem sie ihm keinen Gehorsam mehr schuldig zu seyn glaubten. Und als Heinrich seinen unversöhnlichsten Feind den Haustanstifter der Sächsischen Unruhen, der beym Volke alles vermochte, 'den Bischof Bucco von Halberstadt, zu desto meh. rerer Sicherheit als Gefangenen nach Ungarn schicken wollte, entfloh dieser unterweges seinen Wächtern' und ́entkam glücklich nach Halberstadt.

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Dieser und die andern freygelassenen. Sächsischen Fürstenfanden in Sachsen wegen der serfahrnen Bedrückungen schon : alles zu einer neuen Empörung reif, Zwey Sdhne eines gewisa? fen Grafen Gero, die sich bey der Unterwerfung der übrigen Sächsischen Großen über die Elbe geflüchtet hatten, kamen jeßt» zurück, widerseßten sich mit Glück hie und da den Bedrückungen der königlichen Beamten, und bekamen bald großen Zulauf von allen Seiten. Mit diesen vereinigten sich die aus der Gefans genschaft entkommenen Sächsischen Fürften, verjagten in der Geschwindigkeit Heinrichs Besaßungen aus allen Schlössern, gaa ben sie ihren rechtmäßigen Besißern wieder, und ermunterten ihre Landsleute zur Vertheidigung ihrer Rechte und ihres Eigens thums, Sie forderten auch Heinrichs Statthalter in Sachsen, den Herzog Otto, der die Harzburg wieder aufgebauet hatte, und da residirte, ernstlich auf, mit ihnen gemeinschaftliche Sas che zu machen, wenn er nicht als ein Verråther angesehen seyn wollte. Otto schlug sich zu ihnen, und rieth dem Könige die :

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Loslassung der noch gefangenen Sächsischen Fürsten und möglich, ftes Nachgeben gegen die Sachsen.

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Man fing

Heinrich, hierüber bestürzt, berief die Reichsfürsten erst zu Worms, dann zu Mainz zusammen, schickte Gesandte an fie, bat, gab gute Worte; aber alles vergebens, Gegenwart vorzüglich nöthig war, blieben aus. immer dreister und lauter an, sich damit zu entschuldigen, daß man mit dem Könige und seinen Råthen und Anhängern, als Berbannten, Gewissens halber keine Gemeinschaft haben dürfe. Bey dem Aufenthalt Heinrichs zu Mainz entkamen während einer Feuersbrunst abermals einige Sächsische Gefangene, da man sie ohne Bewachung ließ. Heinrich entließ nun endlich die noch übrigen gefangenen Sächsischen Fürsten freiwillig unter der Bedingung, daß sie ihm treu bleiben und zur Beylegung der Uns rahen in Sachsen behülflich seyn wollten. Darauf wollte er aber mit ihrer und des Herzogs Otto Hülfe, und ganz wider des Letztern Rath, die Söhne des Grafen Gero mit ihrem Anhang von Böhmen her in Meissen angreifen, und einen Theil von Sachsen abermals mit Krieg überziehen. Da Otto aber nebst jenen Fürsten ihm dazu weder Beystand leisten konnte noch wollte, und da Heinrich mit Hülfe der Böhmen allein nicht im Stande war, gegen die Söhne des Gero, mit welchen alles Volk in Sachsen gemeinschaftliche Sache machte, etwas auszurichten; so zerfiel er darüber aufs neue und auf immer mit Otto und den Sächsischen Fürsten. Er schickte zwar den Erzbischof Wers ner von Magdeburg und den Bischof von Merseburg, welche noch bey ihm zurückgeblieben waren, als Gesandte an sie. Allein diese fanden mit ihren Anträgen kein Gehör. Man verlangte vielmehr von ihnen, daß sie jeßt mit ihren Landsleuten gemeins schaftliche Sache machen, oder nie wiederkommen sollten. Sie ließen sich das Erstere ohne Zweifel gern gefallen, und kehrten

auch

auch nicht wieder zum König zurück. Einige noch als Griffel in Heinrichs Gewahrsam befindliche junge Sächsische Prinzen entkamen durch die Flucht. Dann verbanden sich die Sachsen und Schwaben mit einander gegen Heinrich. Die Häupter der Gegenparthey setzten auf den 16ten Oct. einen Fürstentag zu Tris bur an, auf welchem Heinrichs Absetzung vollzogen werden sollte. Dies setzte vollends seine noch übrigen Anhänger in Furcht und Schrecken, und der Erzbischof von Mainz nebst andern traten nun auch zur Gegenparthey. Zu Tribur erschienen besons ders die Sachsen und Schwaben sehr zahlreich bey der Vers fammlung. Der Pabst schickte gleichfalls zwey angesehene Les goten dahin, welche auf alle mögliche Weise die Verbannung Heinrichs und seines Anhangs wirksam zu machen suchen mußten. Nach einigen Berathschlagungen beschloß man dem verbannten Heinrich, der sich so viele Vorwürfe zugezogen, und so viele Klas gen über sich und seine Regierung veranlaßt habe, den Gehors fam aufzukündigen, ihn abzusehen und einen andern an seine Stelle zu wählen. Heinrich, der zu Oppenheim, an der ans dern Rheinseite, Tribur gegen über, fast ganz verlassen war, that durch seine Gesandten wiederholt, aber vergebens, die rührends sten und dringendsten Gegenvorstellungen, und gab die heiligs ften Versprechungen, künftig nach dem Wunsch und Willen der Stände zu regieren, ja allenfalls ihnen alle Gewalt zu überlass sen, und mit dem bloßen Königstitel zufrieden zu seyn. End, lich mußte er der überlegnen Macht seiner Gegner nachgeben, mußte jede ihm vorgeschriebene Bedingung eingehen, und vers sprechen, daß er sich bis zu Anfang des Febr. 1077 von dem påbstlichen Bann zu befreyen suchen wolle. Alle schwuren, daß sie unter keiner andern Bedingung ihm ferner gehorchen oder ihn für ihr Oberhaupt erkennen wollten. Zugleich ließ man den Pabst durch Gesandte ersuchen, im nächsten Februar nach Augsburg

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zu kommen, eine Untersuchung über ihn anzustellen, und über ihn zu entscheiden *).

Heinrich sahe wohl, daß er alles thun und wagen müsse, `um es nicht zu dieser Untersuchung in Augsburg kommen zu läß fen. Vor allen Dingen aber mußte er die Befreyung vom påbstlichen Banne zu bewirken suchen, wenn er König bleiben wollte. Kurz vor Weihnachten also, mitten in einem harten. und strengen Winter, in welchem der Rhein von Martini 1076 bis zum 1ften April 1077 stark mit Eis belegt war, machte sich Heinrich mit seiner Gemahlin und seinem kleinen Prinzen in Begleitung eines einzigen Ritters auf die Reise nach Stalien. Aber kaum wußte er zu den Reisekosten Rath zu schaffen. die Herzige von Schwaben, Bayern und Kärnthen ihm die ges wöhnlichen Wege nach Italien versperrt hatten, so mußte er seiz nen Weg durch Burgund und über die mit tiefem Schnee und Eis bedeckten Savoyischen Alpengebirge oder über den Cenis neh. men, und mußte selbst von seiner Schwiegermutter Adels heide von Susa, die Erlaubniß, durch ihr Gebiet zu reisen, durch Abtretung eines ansehnlichen Strichs Landes in Burgund erst erkaufen.

Da

Unter unsäglichen Beschwerlichkeiten und Gefahr ren brachten ihn der Gegend kundige Führer über die hohen beeiss ten und beschneyten Sebirge mitten im Januar bey der strengsten Kälte endlich glücklich hinüber. Weder zu Pferde noch zu Fuß war sicher fortzukommen, bald mußte man sich durch Kriechen auf allen Bieren, bald durch Glitschen und Herunterrütschen über Eis und Schnee hinweg helfen, bald sich von den Führern tragen lassen. Heinrichs Gemahlin mußte sich mit ihren Hofs damen in Ochsenhäute einwickeln, und auf die Art die steilen bes schneyten Gebirge von ihren Führern herunterziehen lassen. So

tam

*) Lambert ad a. 1076. Bruno p. 121-134. Annalista Saxo P54 536. Chronogr, Saxo, p. 260. 2611

kam er glücklich noch vor Ablauf des ihm zu seiner Befreyung vom Banne bestimmten Termins in Italien an. Hier ward er zwar von vielen geistlichen und weltlichen Herren, auf welche der stolze und unbiegsame Gregor ebenfalls seine Bannstrahlen geschleudert hatte, und welche des Letztern Absetzung vollzogen zu sehen wünschten, mit großen Freuden empfangen; jezt aber konnte er sich auf die Erfüllung ihrer Wünsche nicht einlassen, da er je eher je lies ber vom påbftlichen Banne loszukommen suchen mußte.

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Er fand den Pabst schon auf der Reise, von Rom nach Augsburg begriffen, der sich aber bey der unerwarteten Nachricht von seiner Ankunft in Italien voll Schrecken in das veßte, Schloß der Marggråfin Mathilde, Canossa bey Rezgio, retirirte. Auf dringendes Bitten und Fürsprache Mathildens und mehre, rer seiner mächtigen Freunde ließ sich Gregor wider seine Netgung-endlich bewegen, den verbannten Heinrich in dem Aufzuge eines Büßenden hier vor sich zu lassen. Hier erschien also Der erste und machtigste Monarch der Christenheit ganz allein am Thor des Schlosses, indem seine Begleitung in einiger Entfer nung vom Schlosse zurückblieb, ohne alle Zeichen der königlichen Würde, als ein Büßender im hårnen Bußkleide und mit bloßen Füßen. So ließ man ihn zwischen der zten und zten Schloßmauer eingeschlossen, nüchtern, vom Morgen bis zum · søåten Abend, in rauher Witterung, unter freyem Himmel, drei Ta. ge lang stehen, und vergeblich den Ausspruch des Pabsts über sich erwarten, bis endlich am 4ten Tage das Mitleiden Mathildens und aller Anwesenden im Schlosse im höchsten Grade rege ward, und bis alles den kleinen schwarzgelben Mönch, den stolzen unbiegsamen Pabst, mit Bitten und Flehen, und selbst mit Vorwürfen einer tyrannischen Hårte und Grausamkeit, bes stürmte, daß er ihn doch vor sich lassen und absolviren möchte. Dies geschah endlich unter den hårtesten Bedingungen, z. E.

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