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Ditmar, sein Zeitgenosse, sagt von ihm: er sey ein Mieth ling, nicht ein Hirte seiner Heerde gewesen. Die Art, wie er zum Erzbisthume Magdeburg gelangte, zeigt ihn schon als eis nen höchst unredlichen, selbstsüchtigen Mann, der bey allem seis nem Stolz und Streben nach höhern Dingen doch kein wahres Ehrgefühl, so wenig als Gefühl für Recht und Freundschaft, hatte; der kein auch noch so unwürdiges Mittel verschmåhte, um seine schlechten, habsüchtigen und ehrgeizigen Absichten zu ers reichen. Und wenn auch sein Verfahren mit dem Bisthume Merseburg ihm von seinen Zeitgenossen nach damaligen Begrifs fen zu hoch angerechnet und zu übel ausgelegt wird; so bewies er doch auch dabey so viel Unredlichkeit, so viel Intrigue, so viel Herrschsucht und Eigennuß, daß auch hiebey sein Character in einem häßlichen Lichte erscheint. Er war überhaupt mehr ein schlauer Welt und Hofmann, in allen, auch den niedrigsten Künsten der Intrigue, der Herrsch- und Habsucht eingeweiht, selbst eher noch ein guter Soldat, als ein guter Geistlicher, oder ein exemplarischer Vorsteher der Geistlichkeit und Kirche. Man Andet daher wohl von ihm, daß er gegen die ungläubigen Wens den mit bewaffneter Hand zu Felde gezogen, sie rapfer angegrife fen und geschlagen habe; aber nichts davon, daß er sie zum Christenthum bekehret, oder nur Anstalten zur Beförderung des Religionsunterrichts getroffen, oder auch nur das Geringste zur Unlegung, Erhaltung und Verbesserung der Schulen gethan has be. Die Domschule oder die Schule des Morißklosters blus Hete aber auch zu seinen Zeiten, sehr unter dem damaligen Phis losophen und Rector Giddo, und lieferte, so wie Kloster Berz gen, die geschickiesten und verdienstvollesten Männer für den geists lichen Stand, z. B. den Geschichtschreiber Ditmar, und seine Beyden Brüder Siegfried und Brund, die beyde nach einander Aebte zu Kloster Bergen, dann Bischöfe, der erste zu Münster, der zweyte zu Berden, wurden; desgleichen den damaligen Mif

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fionar der heidnischen Preussen und Litthauer, Erzbischof Brus no, welcher im J. 1009 in Litthauen als Mårtyrer umkam,

u. a. m.

Da Gisilar das Geld so geschickt zum Bestechen und zur Erreichung seiner Absichten zu benußen verstand; so mag er auch mit den Gütern des Erzstifts so wenig treu hausgehalten haben, als mit den Besitzungen des Stifts Merseburg. In seinem Schlosse Giebichenstein hatte er, sich ansehnliche Schäße gesammelt. Doch wird ihm auch nachgerühmt, daß er durch seine Bemühungen und Fürsprache bey den Kaisern, welchen er lange geschickt und treu gedient hatte, dem Erzstifte zu vielen Schenkungen und Besihungen behülflich gewesen sey. Er schenkte zuleht auch noch nach damals herrschenden Begriffen zur Rettung seiner Seele, ans Erzstift von seinem Eigenthume im Dorfe Gutstein oder Güsten 281⁄2 Hufe Land, welche jährlich mehr als 11 Talente einbrachten, und eine Mühle daselbst, desgleichen eis nen Zehend zu Neuendorf, wofür 2 Talente einkamen, und wo von sowohl den Kapitularen, als andern zum Stifte Gehörigen jährlich etwas Gewisses ausgezahlt werden sollte *).

III. Geschichte Magdeburgs unter dem dritten Erzbischofe Das gon oder Dagino, v. 1004

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1012.

König Heinrich hatte gleich bey der ersten Nachricht von Gifilars Tode seinen Kapellan Wigbert an den Convent oder an das Domkapitel vorausgeschickt und ihm wissen lassen, daß er seinen Hofkaplan Dagan oder Dagino zum Erzbischof gewählt zu sehen wünsche. Sobald aber der Tod des Gifilars und zus gleich

*) Ditmar p. 373.374. 398 499. Chronogr. Saxo p. 215. 217. Chron. Magd. ap. Meib. p. 281. 281. Annalista Saxo p. 393 394.

gleich die nahe Ankunft des Königs Heinrich zu Magdeburg bekannt ward, ließ der Domprobst Walther oder Walthard die Kapitularen zu einer neuen Wahl zusammenberufen, und stellte ihnen vor: Sie müsten nun so wählen, daß sie ihr Wahlrecht behaupteten. Alle bezeugten einstimmig: daß sie keinen andern als ihn zu ihrem Vorfeber haben wollten. Walther nahm gerührt und mit Dank die auf ihn gefallene Wahl auch an. Aber gleich nach Gifilars Begräbniß schickte der nun in Magdeburg anwesende König den Bischof Arnulph von Halberstadt an die versammelten Kas pitularen, um sie dahin zu vermögen, den Dagan zu wählen. Walther antwortete ihm in aller Namen: Alle hätten ihn Keaft des freyen Wahlrechts bey ihrem Stifte gewählt, wie sie selbst bezeugen würden. Da des Königs Wille aber dahin ginge, daß sie einen andern wählen sollten, so wünschten und båten sie nur, eine freye und ungezwungene Wahl zu haben. Ungern möchten sie sich ihre Rechte schmålern lassen. Sie wüsten, aber wohl, daß die Freyheit des Volks sich durch den Willen des Regenten beschränken lassen müste, und daß nur ein Schatten das von übrig bliebe, wenn man allen seinen Befehlen gehorchen wolle. Als Heinrich dies hörte, ließ er den Probst zu sich koms men, und suchte durch gütliche Vorstellungen und Versprechuns gen erst seiné, dann der übrigen Stimme für den Dagan zu gewinnen. Dieser ward auch endlich mit aller Zustimmung ges wählt. Der König nahm sogleich den Bischof Arnulph den Bischöfsstab aus der Hand und überreichte ihn dem Dagan, und führte ihn selbst während des Gesanges im Dom zum erzbischöfs lichen Stuhle.

Dieser Dazan oder Dagino war ein Schüler und Lieb. ling des heil. Wolfgangs, Bischofs zu Regensburg, welcher Heinrichs Lehrer und Erzieher gewesen war. Auf seinem Tods bette hatte derselbe ihn auch zum Nachfolger zu haben gewünscht,

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und ihn deswegen schon vorher dem Kaiser Otto dem dritten
und dem Herzog Heinrich von Bayern bestens empfohlen.
gan ward auch einstimmig zu seinem Nachfolger gewählt, konns
te aber die Confirmation des Kaisers nicht erhalten, der seinen
Kapellan Gebhard zu der Stelle ernannte, Bald nachher wands
te fich Dagan an dem Hof des Königs Heinrich, der damals
noch Herzog von Bayern war. Dieser nahm ihn schon aus
Achtung und Liebe für seinem ehemaligen Lehrer sehr günstig auf,
machte ihn zu seinem Hofkapellan, und fand an ihm einen sehr
geschickten und treuen Lehrer.

Nachdem Dagan den König, die Königin und die Hofs bedienten reichlich beschenkt hatte; so begab er sich mit dem Kd, nige und der Königin Kunigunde nach Giebichenstein, besah mit ihnen alles, was der verstorbene Gifilar sich da gesammlet hatte, und bezeugte dabey, daß es mehr sey, als er brauche. Bon da begleitete er den König nach Merseburg, und überließ in seiner Abwesenheit dem Domprobst Walthern die ganze Verwals tung des Erzstifts. In Merseburg empfing er am zten Febr. vom Erzbischof Willigis von Mainz, in Gegenwart und mit Zustimmung des påbstlichen Nuntius und der untergeordneten Bischöfe, die Ordination. Zwar håtte er diese eigentlich vom Pabste selbst empfangen müssen. Er konnte aber damals wes gen dringender Geschäfte beym Könige nicht zum Pabste hins reisen.

Nun ward vom Könige Heinrich, der gern jedem Gerech
tigkeit wiederfahren lassen wollte, ernstlich Anstalt gemacht, bas
Biethum Merseburg wieder herzustellen.
Man suchte zuvor

derst die benachbarten Bischöfe dahin zu bringen, daß sie das,
was sie von den Gütern, von der Gerichtsbarkeit und von dem
Kirchensprengel dieses Stifts nicht ganz mit Recht an sich gebracht
hatten, wieder herausgaben. Bom Erzbischof Arnulph von Hal-

ber.

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berstadt muffe man die Abtretung der bischöflichen Jurisdiction über Merseburg durch eine Vertauschung von 100 Hufen Land erkaufen. Dagan aber gab gern und willig von seinem Erzs ftifte wieder her, was der König nur verlangte. Den beyden

Bischöfen zu Meissen und Zeiß ward vom Könige geradezu bes fohlen, alles wieder in den vorigen Stand zu sehen. Alsdann übergab Heinrich das nun wieder hergestellte Bisthum zu Mers feburg vor den daselbst versammleten Reichsstånden im Monate Februar 1004 seinem Kapellan Wigbert oder Guibert, und Das gan ordinirte ihn mit Assistenz der übrigen ihm untergeordneten Bischöfe *).

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Sobald Heinrich diese ihm bisher so sehr am Herzen geles gene Sache glücklich zu Stande gebracht sah, kehrte er nach Magdeburg zurück, um sich durch Fürbitte des heil. Morik bey Gott Glück zu seinem vorhabenden Zuge nach Italien zu erfles hen. Und damit man ihm nicht vorwerfen könnte, als hätte er dem Erzbischofe in der Merseburgischen Angelegenheit zu viel ges than, so schenkte er ihm, zur Schadloshaltung für das Abgetres das Gut oder das damalige Städtchen Tuchheim mit dem ganzen umliegenden District und allem Zubehör. Ueberdem brachte er verschiedene der Hofkapelle gehörige und zu Kloster Bergen aufbewahrte Reliquien vom heil. Moriß, in strenger Winterkälte bey Frost und Schnee, aus großer Devotion baar: fuß vom Kloster Bergen in den Dom nach Magdeburg, wo er mit großer Feyerlichkeit empfangen ward. Jest ward auch die folenne Feyer des Mauritius Tages für die Zukunft angeord, net, welche in der Folge Gelegenheit zur Entstehung der bekann, ten Heermesse gab. Ueber obgedachte Schenkungen, so wie über

*) Ditmar p. 374-376. Chronogr. Saxo p. 216, 217. Chron. Magd. ap. Meib. p. 282. 283. Annalista Saxo p. 394396.

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