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rathen wollte, durch die Mienenbewegung verrieth.“ „Sag, jag, o Benedictiner", so wendet sich der edle Peter an seine Mönche, ,,gieb Gott die Ehre und sprich offen aus, was Du im Innern Deines Herzens hast. Du sagst: Wer kann es denn ertragen, daß solche Neulinge alten Mönchsorden vorgezogen werden? Daß man ihren Bestrebungen vor unserem Leben den Vorrang einräumt? Daß man die Unsern als geringer und jene als besser ansieht? Wer kann denn das mit Gleichmuth anschauen, daß die Welt zum größten Theil von unserem Orden sich ab und jenem Erden sich zuwendet? Daß man die gewohnten Wege verläßt und bisher völlig unbekannte Bahnen betritt? Wer könnte es dulden, daß die neuen Mönche den alten, die jungen den ergrauten, die weißen den schwarzen Mönchen vorgezogen werden? Das sagst Du, Benedictiner; aber Du, Cistercienser, was hast Du denn? Du sprichst: Wohl uns, denn wir haben eine weit vorzüglichere Mönchsordnung; uns preist die Welt glücklicher als andere Mönche; unser Ruf übertrifft den von andern; unser Tag verfinstert die Leuchte anderer und unsere Sonne verdunkelt das Gestirn der übrigen. Wir sind die Reformatoren eines verderbten Mönchslebens, die Wiederhersteller eines erstorbenen Ordens, wir sind für die schlaffen und lauen und unlautern Mönche die gerechtesten Richter. Wir haben uns in Sitten, im Leben, in Bräuchen, in Kleidung von den übrigen getrennt, und haben sowohl die Lauheit der alten Mönche an den Pranger gestellt, als auch den neuen Eifer der Unseren vor aller Welt leuchten lassen.“

Besonders machte man den Cisterciensern den Vorwurf, daß sie Benedictiner und Cluniacenser zum Uebertritt verleiteten, und dies gab am meisten Verbitterung. Bernhard weist den Vorwurf, daß man geflissentlich zum Uebertritt verlocke, zurück, indem er seinen Gegnern zuruft:,,Wen habe ich heimlich oder öffentlich von jenem Orden abzureden und zu unserem Orden zu bringen gesucht? Habe ich nicht vielmehr viele, die zu uns kommen wollten, zurückgehalten, die kamen und anflopften, zurückgewiesen?" Und dabei führt er mehrere Beispiele namentlich an. Er verdammt jene selbstgerechte Art der

Seinen, die, den Bauch mit Bohnen, das Herz mit Hochmuth gefüllt, den Stab brechen über Die, welche fette Fleischspeisen essen, als ob es nicht besser wäre, ein wenig Fett zu genießen, als sich mit Gemüse bis zum Uebergeben zu überladen. Aber er verwirft doch den Uebertritt nicht ganz.,,Wir nehmen sie auf", sagt er,,, weil wir es nicht für unrecht halten, wenn sie das Gelübde ihrer Lippen, das sie in ihren Klöstern wohl abgelegt haben, aber dort nicht zu erfüllen im Stande waren, Gott dem Herrn, der ja überall ist, da darbringen, wo sie es zu verwirklichen im Stande sind. Wir glauben allerdings, daß der Bruch des Versprechens, in jenem Orden zu bleiben, durch die volle Erfüllung der übrigen von der Ordensregel vorgeschriebenen Pflichten aufgewogen wird.“*)

So haderte man in Frankreich und in Deutschland that man es dem nach. In Amelungsborn erzählte man sich, wie einem dort übernachtenden Geistlichen durch eine Vision folgende prophetische Worte zugerufen worden seien:,,Dies Haus wird stehen, fallen und wieder aufstehen. Corvey aber wird weder bestehen noch wieder emporkommen, denn es liebet und liebet auch nicht drei Galgen (griechisch 11). Die Benedictiner liebten, so sollte es heißen, den (ovtos) Reichthum, den Unfrieden (Ixoia) und die Völlerei (Hótos). Dagegen liebten fie nicht die Zucht (Haidria), die Arbeit (Tovos) und die Keuschheit (Hagdɛvɛía). Diese drei Stücke, so sette man natürlich mit Genugthuung hinzu, fänden sich aber in Amelungsborn. **) Die Erzählung selbst ist sehr wenig beglaubigt; sie sieht aus, wie eine Erfindung der nachreformatorischen Zeit, und wahrscheinlich rührt sie aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, wo die Katholiken auf zwei Jahre wieder im Besitz des Klosters waren. Aber sie giebt die Gedanken der Cistercienser im zwölften Jahrhundert gut wieder. In der That sprach der Abt Volcuin von Sittichenbach ganz dasselbe aus. In einer Predigt über das Evangelium vom Unkraut unter

*) Manrique, Ann. I, 130 ad ann. 1121.
**) Lenckfedt, Antiq. Amelungsbornensis, p. 31

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dem Waizen wendet er dies besonders auf die Mönche an. Die Klöster“, so predigt er,„,sind so genannt von der Clausur, der Abschließung von der Welt. Sie sollen ihre Insassen nicht blos dem Leibe, sondern auch der Seele nach von aller weltlichen Begierde und aller irdischen Lust streng absondern. Heut zu Tage aber werden sie mit mehr Recht von einem fladerigen Wejen (claudicare) Klöster genannt. Denn die Klosterleute unserer Zeit haschen nach den Dingen dieser Welt, hinken gleichsam nach beiden Seiten, indem sie Gott dienen wollen und dem Mammon, der Gottesehre und der Menschenehre, dem Himmel und dem Weltgetümmel." Daß damit die Benedictiner gemeint sind, kann keinem Zweifel unterliegen. Dahin gestellt sein lassen müssen wir es, ob er grade Ordenspriester gemeint hat, wenn er in derselben Rede ausruft:,, Den drei Arten von Priestern hat der Teufel seine drei Töchter, die er hat, verlobt: die Ehrsucht, die Habsucht und die Genußjucht."*)

Waren die Benedictiner schon an sich eifersüchtig auf die neuen Emporkömmlinge, so konnten solche Angriffe auf ihren Orden nicht dazu dienen, sie freundlich zu stimmen. Sie sahen die Cistercienser nicht als jüngere Brüder, sondern als Gegner mit unerträglichem Hochmuth an und das nicht ganz mit Unrecht. Und diese feindselige Gesinnung äußerte sich auch mannigfach. Auf einer Reise kam Volcuin einst vor dem benachbarten Benedictinerkloster Oldisleben vorüber. Er kehrte dort ein, denn die Armuth seines Klosters zwang ihn, die Gastfreundschaft der Klöster in Anspruch zu nehmen. Zwar wird er gaftlich aufgenommen, aber die Freundlichkeit, wie sonst, findet er diesmal nicht. Der Mönch, welcher ihn immer bedient hat, bringt ihm dies Mal anstatt des Conventstrunks, des Weins, einen Becher Wasser und giebt vor, er habe nichts anderes. **) Das Kloster Reinhardtsbrunn jah darum in dem neuentstehenden Cistercienserkloster einen um so gefährlicheren Rivalen,

*) Leuckfeldt, Antiqu. Walkenriedenses I, 64.
**) Vita et miracla Volcuini, Mscrpt.

je näher ihm Georgenberg lag, und es versuchte sogleich in wirksamer Weise die beabsichtigte Stiftung zu vereiteln. Es wandte sich an den Bischof Udo von Naumburg, den einzigen noch lebenden Sohn des Stifters, Ludwigs des Springers. Bei diesem konnte man zwar keinen Widerwillen gegen die Cistercienser erwecken, da ihm die Ordensbrüder von Pforte bereits zu sehr Liebe für den Orden eingeflößt hatten. *) Aber man wies ihn darauf hin, wie durch die Nähe die von ihm hoch gehaltene Familienstiftung müsse beeinträchtigt werden. Udo schrieb daher sogleich, wohl noch 1140, als Eberhard eben beginnen wollte, seine Zelle zu bauen, an den Abt von Morimund und bat ihn, da Eberhard im Auftrage des Abts und des Klosters Morimund zu bauen behaupte, ihm den Bau zu untersagen oder ihn wenigstens zu veranlassen, einen andern Plaz zu wählen. Udo machte den Schaden an Gütern `geltend, der aus der Nähe für Reinhardtsbrunn erwachsen würde, so wie das Aergerniß, das durch Uneinigkeit zwischen beiden Klöstern dem Volke werde gegeben werden. Und wahrlich, wenn Jemand, so war wohl Udo der Mann, der durch seine Verdienste um die Cistercienser von Pforte Morimund hätte bestimmen können, auf sein Wort zu hören. Sein Schreiben hatte indeß keinen Einfluß. Eberhard baute weiter; am 10. Mai 1142 zog der von Morimund kommende Convent ein und 1144 ist schon die Zelle zur Abtei erwachsen. Da machte der Abt Ernst von Reinhardtsbrunn noch einen zweiten Versuch, die Stiftung zu verhindern. Er schrieb an den Papst Lucius II. und bat ihn, dem Eberhard zu befehlen, das Kloster an einem andern Blaz anzulegen und so den für Reinhardtsbrunn drohenden Nachtheil abzuwenden. Denn die jetzige Anlage sei nur eine halbe Meile so heißt es in übertriebener Weise davon ent fernt und drohe ihm das Ansehen zu entziehen, in welchem Reinhardtsbrunn bisher gestanden habe. Aber auch dieser Versuch blieb ohne Erfolg. Das Kloster Georgenberg wurde vollendet und blieb auf seinem Plate. Als Graf Sizzo am

*) Wolff, Pforta I, 107.

19. Juni 1160 starb, erhielt er in dieser seiner Stiftung seine Begräbnißstätte.

Erst lange nach Eberhards Tode, der am 20. Mai 1152 in Altenbergen erfolgte, trat eine Aenderung ein. Zwischen 1186 und 1193 verlegte man nämlich das Kloster von der Höhe nach dem Thale der Apfelstädt, etwas weiter östlich. Doch war der Raumunterschied viel zu unbedeutend, als daß dies hätte ein Eingehen auf die Wünsche von Reinhardtsbrunn sein können. Vielmehr folgte man dabei nur dem allgemeinen Zuge des Ordens, die Klöster überall im Grunde zu errichten. Von da an heißt das Kloster Georgenthal. Während später ein Einsiedler die verlassene Klosterstätte bezog, gewann das Cistercienserkloster das gesuchte Thalterrain. Da wo die Apfelstädt das Gebirgsthal verläßt und in die Ebene tritt, wenig westlich von Ohrdruff, da fanden die Mönche von Georgenberg den ihrer Ordensart entsprechenden Play. Auf einer Thalhöhung des häufiger Ueberschwemmung ausgesetzten Thales erhob sich der stattliche neue Klosterbau.*)

Schon einige Jahre früher war das Kloster Marienthal bei Helmstedt gegründet worden. Zwischen Helmstedt und Walbeck dehnt sich ein waldbewachsener Höhenzug mit einigen unbedeutenden Thaleinschnitten aus, schon damals der Lappwald genannt, ein leyter mit dem Elm parallel streichender Ausläufer des Harzgebirges. Dorthin berief der Pfalzgraf Friedrich von Sommerschenburg aus Altenbergen eine Cisterciensercolonie und siedelte sie an dem Nordwestrande des Waldes an, an einer niedrigen, sumpfigen Stelle, an welcher ein dem Bergrücken entquellender kleiner Bach in die Ebene tritt. Wann die erste Niederlassung dort erfolgte, ist nicht ganz unzweifelhaft. Das Verzeichniß der Cistercienserabteien bezeichnet den 15. November 1136 als Stiftungstag **), wobei es freilich fraglich bleibt, ob nicht das in der Pariser Diöces gelegene Marienthal

*) Zeitschrift für Thür. Geschichte u. Alterthumsk. I, 313 ff. Manrique, Ann. Cist. I, 417. Thuringia sacra, p. 468 u. 469. **) Manrique, Ann. Cist. I, 319.

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