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wurde in den ersten Jahrzehnten des dreizehnten Jahrhunderts in gedrücktem Spitzbogen erbaut. Das Material ist Granit, wie er dort in erratischen Blöcken vielfach gefunden wird. Bewunderswerth scharf ist die schwierige Bearbeitung des Granits ausgeführt. Die Granitsteine sind zu Quadern bearbeitet, und in wohlgeordneten Reihen baut sich die Mauer aus ihnen auf. Die meiste Arbeit tritt aber im Innern an Pfeilern und Bögen, äußerlich an den Portalen, den schiefen Ecken der Altarnischen, den großen Fenstern des Chorschlusses und dem Hauptgesimse des Langhauses hervor. Die Deckengewölbe der Kirche sind aus Backsteinen, einem Material, dessen Verfertigung zuerst die hier eingewanderten Niederländer in Anwendung brachten*). Wenn nun in den Klosterverzeichnissen des Ordens gesagt wird: ,, am 15. Mai 1227 wurde die Abtei von Coena gegründet", so sind wir geneigt, darin den Zeitpunkt der Klostervollendung und der Kirchweihe zu sehen.

Zehn Jahre später öffnete sich den Cisterciensern auch die Mark Brandenburg. Im Südosten der Stadt, von welcher das Land den Namen trägt, zieht sich eine lange Seenreihe hin, welche durch einen Abfluß mit der Havel in Verbindung steht. Fichtenbewachsene Hügel und brüchige Sümpfe bilden die Umgebung derselben. Hier war um 1180 ein großer Wald, in den noch keine deutsche Cultur eingedrungen war. In dieser von jeder Heerstraße abgelegenen Waldlandschaft hatte sich wendisches Leben noch ziemlich unangetastet gehalten. Dorthin berief der Markgraf Otto von Brandenburg eine Cisterciensercolonie. Am südöstlichen Ende der Seenreihe ragt aus der Sumpflandschaft eine kleine merkliche, der Ueberschwemmung nicht ausgesetzte Erhöhung hervor, zu der vom festen Lande nur ein Zugang führt. Den Ort nannten die Wenden Jelenîn, Hirschberg, weil dort dieses Wild einen Standort zu haben pflegte. Im Munde der Deutschen wurde der Name mit Weglassung der ersten Silbe zu Lehnin. Auf diesem Playe wurde das Kloster angelegt, das denselben Namen empfing.

*) Otte, in Neue Mittheilungen VII, 2. 33 ff.

Die Cistercienser, welche in diesem Sumpfwalde den Wenden eine Mustercolonie von Culturmönchen und betenden Christen vor die Augen stellen sollten, famen aus dem Kloster Sittichenbach und bezogen den im April 1180 begonnenen Bau im Jahre 1183 unter dem Abt Siebold.

Die sagenhafte Ueberlieferung, wie sie etwa 60 Jahre später niedergeschrieben wurde, erzählt:,, Der Markgraf Otto jagte einst im Walde von Lehnin und legte sich, ermüdet von der Jagd, um Mittag zur Ruhe unter einen Eichbaum nieder, während seine Genossen des Waidwerks weiter pflegten. Da sah er im Traum eine Hirschkuh, die ihn unaufhörlich belästigte und nicht schlafen ließ, bis er sie endlich mit dem Pfeil erschoß. Als er erwachte, erzählte er den Traum seinen Jagdgenossen, und einer von ihnen erwiderte darauf: Das sei ein Platz, geeignet, um hier ein Kloster zu gründen, während andre meinten, man müsse hier eine Burg anlegen gegen die heidnischen Wenden, die Feinde des Kreuzes Christi. Der Fürst jedoch erklärte sich dahin: Eine Burg werde ich hier gründen, aber eine solche, von der aus die feindlichen satanischen Mächte durch die Gebete geistlicher Männer weit weggescheucht werden sollen, und in welcher ich selbst ruhig den jüngsten Tag erwarten will.· Und sogleich schickte er zum Abt von Sittichenbach und ließ ihn bitten, Brüder, aus seinem Kloster für diese neue Stiftung zu bestimmen, diese aber nannte er Lehnin, weil im slavischen Lanie die Hirschkuh heißt, die er dort im Traum gesehen haben soll." In der alten Klosterkirche zeigt man noch bis heute den Eichbaum, unter dem Otto geschlafen haben soll. Die Sage, welche zu einer Zeit sich bildete, in der noch wendische Erinnerungen im Lande lebten, ist ohne Zweifel aus dem Bestreben hervorgegangen, den Namen Lehnin zu erklären. Als streng historisch ist sie in dieser Gestalt kaum aufzufassen. Dagegen ist es richtig, daß das Kloster vom Grunde die zwiefache Bestimmung bekam, wendisch-heidnisches Wesen in christlichdeutsches zu verwandeln und als Begräbnißstätte für die markgräfliche Familie zu dienen. Hier sind denn auch Otto I. und seine Gemahlin, Otto II., Albert II., Otto der Lange,

Johann und Otto der Kleine begraben, sowie der Herzog Albrecht von Sachsen.

Die cultivirende Thätigkeit war indeß für das Kloster unter dem heidnisch rohen Volke keine leichte, und einmal war es nahe daran, vernichtet zu werden. Der Abt Siebold wurde von den Wenden erschlagen. Die mündliche Ueberlieferung erzählt, daß die Männer ihn bei seiner Missionsthätigkeit in Verdacht hatten, in zu vertraulichem Verkehr mit den Weibern zu stehen, und so erschlugen sie ihn, als er eben einmal ins Kloster zurückkehren wollte und sich vor den anstürmenden Wenden auf eine Eiche geflüchtet hatte. Obwohl das Kloster verschont blieb, so wurden die Mönche doch dadurch so in Schrecken gesetzt, daß sie die unsichere Stätte zu verlassen beschlossen. Bei der Ausführung dieses Entschlusses soll ihnen jedoch die Schutzpatronin Maria erschienen sein und ihnen zugerufen haben:,,Kehret zurück, und es wird euch nichts mangeln." Obwohl auch diese Erzählung mit sagenhaften Zügen ausgeschmückt ist, so muß doch die Ermordung des Abtes und die Beunruhigung des Convents als geschichtliche Thatsache gelten*).

Die Einführung der Cistercienser in die südliche Ländergruppe geschah durch die Söhne Conrads von Meißen.

Als der Markgraf Conrad von Wettin 1156 lebensmüde in das Kloster Petersberg trat, das er als seine Lieblingsstiftung gehegt und gepflegt hatte, nahm er seinen Söhnen das Versprechen ab, daß sie ebenso, wie er selbst, ihre lezte Ruhestätte dort wählten. Er wollte damit die Gewißheit haben, daß seine Vorliebe für dies Augustinerstift auch auf seine Söhne übergehe. **) Allein dies letztere erreichte er dadurch nicht ganz. Die drei unter seinen Söhnen, welche die bedeutendsten Herrschaften erhielten, wandten unter veränderten Zeitumständen ihre Liebe neuen Stiftungen des Cistercienserordens zu, die in ihren Ländern entstanden. Ja der älteste Sohn, der Markgraf

*) Heffter, Geschichte des Klosters Lehnin, S. 30 ff.

**) Chron. mont. Sereni ad ann. 1156 (ed. Eckstein), p. 27. Schöttgen, Conrad, S. 329.

Otto von Meißen, zugleich der Vogt des Stifts auf dem Petersberge, kam nicht einmal seinem Verspechen wegen des Begräbnisses nach, sondern ersah sich seine Ruhestätte in dem von ihm gegründeten Cistercienserkloster Celle. Auf dem Petersberge erzählt man sich darüber folgende Geschichte: Otto's Gemahlin war einst dort zu Gaste, und in der Unterhaltung mit den Chorherren kam das Gespräch auch auf das Vogteirecht. Dabei erfuhr sie zu ihrem Erstaunen, daß dies nicht in ihrer Familie forterbe, sondern auf den jedesmaligen Senior aus dem Geschlechte Konrads übergehe. Nach ihrer Rückkehr zu ihrem Gemahl sprach sie ihm ihre Verwunderung aus, daß er dem Peterskloster einen solchen Eifer zuwende, da ja seine Söhne nicht einmal die Vogtei haben würden. Es erscheine ihr viel angemessener, ein eignes Kloster zu gründen, über das seine Nachkommen für immer die Oberhoheit hätten. Und so sei Kloster Celle entstanden. *) Diese Erzählung kann richtig sein; aber den eigentlichen Grund zur Stiftung eines Cistercienserklosters werden wir nicht in persönlichen Verstimmungen suchen dürfen. Muß man doch auf dem Petersberge selbst anerkennen, daß Otto seine Pflichten als Schirmvogt mit einer Gewissenhaftigkeit und einem Eifer erfüllt habe, daß er selbst gegen seine Brüder mit aller Entschiedenheit auftrat.

Der eigentliche Grund lag vielmehr in der Sorge für die Entwickelung seines eigenen Landes. Die Gegend an der Freiberger Mulde nach dem Gebirge hinauf war mit dichtem Wald bedeckt, und nur an dem Rande desselben hatte auf wenigen Punkten der Anbau durch die Deutschen begonnen. Der erste Versuch, in das Centrum dieses Waldes mit einer Mönchscolonie einzudringen, wurde zwischen 1141 und 1146 gemacht. In dieser Zeit bestimmte nämlich Tammo von Strehla das Stück Wald, das er vom Bisthum Meißen zu Lehn hatte, zu einem Kloster der schwarzen Mönche, also der Benedictiner. Dasselbe kam auch zu Stande und wurde der heiligen Wal

*) Chron. mont. Sereni ad 1189 (ed. Eckstein), p. 51. Winter, Ciftercienser.

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purgis geweiht. Allein die Mönche hatten nicht den Eifer, der für eine so unwirthliche Gegend nöthig gewesen wäre, und so verödete der Plaz sehr bald wieder. Da beschloß Markgraf Otto eine Stiftung in großartigem Maßstabe zu machen und bestimmte dazu 800 Hufen, meist Wald, welche südlich von der Freiberger Mulde in dem Burgwart Mochau lagen. Anfangs 1162 hatte er bereits den zur Klosteranlage und für die erste Unterhaltung der Mönche bestimmten Plaß auf seine Kosten ausroden und urbar machen lassen. Es kann kaum einem Zweifel unterlegen sein, daß Otto schon 1162 die Absicht hatte, ein Cistercienserkloster anzulegen. Da er aber die Bestätigung des Kaisers für dies von ihm zu Lehen gehende Gebiet nöthig hatte, so hielt er es bei der Stimmung des Kaisers gegen die Cistercienser für jezt für angemessen, mit dieser Absicht noch zurück zu halten. Er erbat sich daher die kaiserliche Be= stätigung für ein Kloster nach der Regel Benedicts. Erst um 1170 konnte er mit seiner eigentlichen Absicht hervortreten. Da fand es sich aber, daß der zum Kloster ausersehene Ort an der Striegis nicht passend war. Der Abt von Pforte, dem die Besetzung der neuen Stiftung angetragen wurde, entschied sich für einen Plaß an der Freiberger Mulde nordwestlich von Nossen, da wo der Pietzschbach in dieselbe mündet. Und hier wurde nun das Kloster gebaut und Celle der heiligen Maria genannt. Im Jahre 1175 war der Bau so weit vorgeschritten, daß der Convent einziehen konnte, und so nahm am 27. Mai oder am 26. Juni 1175 unter Abt Heinrich das Klosterleben der grauen Mönche in Mariencelle seinen Anfang. Obwohl die Cistercienser nicht den Ort bezogen, wo früher die Benedictiner ihre Niederlassung gehabt hatten, so wurden sie doch auch selbst in so fern ihre Nachfolger, als ihnen vom Bischof Gerung die frühere Klosterstätte übergeben wurde *). Celle wurde die Familiengruft der Markgrafen von Meißen, und die oben genannte Markgräfin

*) Beyer, Das Kloster Altcelle, S. 1ff. 25 ff. 517 ff.

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