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keit gegen die Girondistenfaction verwirkt hatte; jezt ver`uneinigte sich Robespierre auch mit seinem alten Helfershelfer Hebert, dieser und seine Anhänger wurden gestürzt, und auch Beysser holte man, als einen Schüßling der unterliegenden Partei, von Nantes herbei, um ihn mit den lehten Mitgliedern derselben auf das Blutgerüst zu schicken. Während Westermann mit unbegreiflicher Thätigkeit das Meiste zu dem Untergange der Vendée Armee beitrug, erwähnte der Repråsentant Philippeaur seiner vortheilhaft in den Anklagen gegen Richard und Choudieu; diese siegten endlich über ihren Gegner, und am 5ten April starb der General zu Paris mit seinem Protector auf derselben Blutbühne *).

Leider sind noch zwei Revolutionsmånner in dem Vendéekriege zu fürchterlich berüchtigt worden, als daß wir ihrer nicht endlich auch gedenken müßten. Zur Steuer der Wahrheit, wie zur Schonung des Gefühls, wollen wir indeß von allen Unthaten, deren man die Volksrepråsentanten Carrier und Francastel beschuldigt hat, nur das anführen, was sie selbst von sich gerühmt haben, oder was durch gerichtliche Verhandlungen fast durchgångig bis zu dem höchsten Grade von Zuverlässigkeit erwiesen worden ist.

Nach der Schlacht bei Chollet kamen Carrier und

*) Moniteur p. 824. 831. 440.

Philippeaux à ses

collegues p. 207. 208. 335. 342. Girtanner Historische Nachrichten XV. X. 204-207. 237. 238.

Francastel von der Armee nach Nantes, um daselbst und in dem Departement Loire inferieure mit unbeschränkter Gewalt zu herrschen. Sie fanden in Nantes außer den gewöhnlichen Verwaltungsbehörden ein Comité révolutionnaire, was aus einigen oftmals fallirten Kaufleuten und mehreren Handwerkern bestand, alle berüchtigt als die verworfensten Individuen der ganzen Bevölkerung. Zur Leitung dieser Behörde stellte Carrier seinen Secretair Goulin bei derselben an, und um sie zu unterstüßen, gebot ein Decret beider Repräsentanten die Errichtung einer Revolutionscompagnie, welcher sie den Schreckensnamen Marat beilegten. Sie bestand aus 60 Mann, und als Goulin sie zum ersten Male musterte, brach er selbst erstaunt in die Worte aus: Ha, welche Spitbu= ben! ist es wohl möglich, daß es noch årgere geben kann? Diese Compagnie erhielt mit dem Auftrage, auf Alles zu wachen, was ihr nur irgend verdächtig erscheinen könnte, die unbeschränkte Gewalt, und zwar für jedes einzelne Mitglied, in der Stadt wie in dem ganzen Departement, zu arretiren, wen fie wollte, ohne Anfrage allerwärts Haussuchung zu thun, und dazu die bewaffnete Macht nach Gutdünken zu requiriren und zu verwenden. Wer sich ihren Befehlen nicht auf der Stelle fügen würde, ward der Rebellion schuldig erklärt; zum Lohne der Bemühung billigte Carrier noch durch mündliche Erklärung dem Angeber, wie den Schergen, Geld, Kostbarkeiten und alle Gegenstände von Werth zu, deren sie sich bei den Verdächtigen bemächtigen könnten. Fran

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castel ging bald darauf nach Angers, wo er sich ähnliche Instrumente organisirte; Carrier, wüthender, gewaltthå= tiger und selbst blutdürftiger, als der Verworfenste seiner Satelliten, blieb zu Nantes alleiniger und unumschrånkter Gebieter.

Bald füllten sich die Gefängnisse der Stadt sowohl mit den Royalisten der Vendée, als mit den ersten und eifrigsten Verfechtern der Revolution, mit den reichen Kaufleuten aus Nantes. Hunderte von Kindern, darunter welche bis zu dem Alter von fünf Jahren herab, begegneten einer fast gleichen Anzahl siebenzig und achtzigjähriger Greise. Die Gattinnen der Vendéegenerale fanden sich mit 130 Freudenmädchen zusammen, welche Carrier in einem Anfalle von übler Laune oder Rache einsperren ließ; im harten Winter ohne Feuer, auf faulendem Stroh, im fußtiefen Unrath, zur täglichen Nah-rung ein halbes Pfund Brod mit Wasser, schmachteten mehrere Tausende zugleich dem Tode durch Henkershand entgegen.

Obgleich ein Kriegsgericht täglich 150 bis 200 Todesurtheile fållte und sie durch Erschießen vollziehen ließ, ein Revolutionstribunal gleichzeitig der Guillotine vom Morgen bis zum Abend Beschäftigung gab, erschienen Carrier die Formen dieser Tribunåle doch noch zu beschrånkend, die Action ihrer Vernichtungsmittel noch zu langsam. Eine Liste, von ihm oder dem Comité unterzeichnet, sollte künftig als Todesurtheil gelten. Mit 90 eidweigernden Priestern, welche zu Angers nach dem

Buchstaben des Gesetzes zur Deportation verurtheilt worden waren, und die Loire hinab ihrer Bestimmung zugehen sollten, wurde gleich nach ihrer Ankunft zu Nantes der fürchterliche Versuch gemacht, ob nicht durch Ersäufen eine größere Anzahl zugleich schneller vernichtet werden könnte. `Hundert neun und zwanzig Personen aus dem Gefängniß des Depot wurden gleich darauf auf dieselbe Weise hingerichtet, und nachdem man eine Art Fallthüren in den Ersäufungskähnen erfunden hatte, um fie ohne Mühe augenblicklich sinken zu machen, kostete eine dritte Noyade 800 Personen, eine vierte 3 bis 400 das Leben. Diese vier Expeditionen sind durch das öffentliche Geständniß der Handwerker, der Revolutionssoldaten und der Mitglieder des Comité, welche mit der Ausführung beauftragt waren, gerichtlich erwiesen; leider vereinigen sich noch zu viele andere Zeugen und Geståndnisse, um nicht mit dem höchsten Grade von Wahrscheinlichkeit eine Menge anderer Hinrichtungen dieser Art annehmen zu müssen. Der Präsident des Criminalgerichts zu Nantes zählt deren 23, und behauptet, daß dabei allein mehr als 600 Kinder umgekommen sind; Carrier führt spåterhin als Entschuldigungsgrund ähnliche Expeditionen in Saumur, Angers, Paimboeuf und Chateau Gontier an, und es ist außer Zweifel, daß Francastel auf der Wiese St. Gemmes bei Angers mit einemmale 1200 Männer, Weiber und Kinder niederschießen ließ. Welche Erpressungen, welche Schändlichkeiten, welche mehr als viehische Lust und Ausgelassenheit diesen Er

mordungen vorangingen und sie begleiteten, vermag ich nicht zu schildern. Die Weltgeschichte hat vielleicht nichts Aehnliches, und indem ich treu die Quellen anführe, aus welchen der Leser jene empörende Gråuel bis in ihr widrigstes und schrecklichstes Detail kennen lernen kann, glaube ich allen Forderungen zu genügen, welche die Geschichte an das Gefühl zu machen befugt ist *).

*) Moniteur p. 283. 347. 393. 413. 426. 627.-l'an III. P. 117. 118. 155-157. Supplement zu N. 35. p. 1-10. p. 271–287. 290. 303. 304. 307. 309. 311. 312. 315. 316, 319. 320, 323. 324. 327. 331. 332. 335. 343. 344. 347. 351. 359. 363. 364. 1 367. 368. 371–374. 377. 378. 381. 383. 385. 386. 389. 390. 401. 402. 405. 406. 413. 414. Madame la Roche Jacq. II. 171–175. Beauchamp II. 130-143. Benaben II, 68-70. Danican p. 170-172. Archenholz Minerva 1794. Octoberheft S. 153–182. November= heft S. 193. 248.

Schaudernden Abscheu erregt noch jest in jeder Brust der Name Alba; jener Tyrann ließ während seines siebenjährigen Aufenthalts in den Niederlanden 18,000 Menschen hin, richten. Aus Carriers eigenem Geständniß, wie aus den Angaben seiner Mitschuldigen, wissen wir, daß die Militaircommissionen zu Nantes 4000 Menschen zum Tode schickten, in den vier zugestandenen Noyaden starben gegen 1500 Menschen ; 1563 Insurgenten, welche sich im Vertrauen auf die Amnestie nach und nach freiwillig ergaben, wurden ohne Urtheil auf der Stelle hingerichtet, und über 2000 Individuen raffte die Seuche, welche das Elend in den Gefängnissen erzeugte, noch früher hin, als die Hand des Henkers sie erreichen konnte. Zählt man zu diesen 9000 Ermordeten die große Menge

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