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Der Feldzug des Jahres 1809 in Süddeutschland.

(Mit Karten und Plänen 1).

Nach österreichischen Originalquellen.

Erster Abschnitt.

Vom Innübergang bis zum Vorabend der Schlacht bei Abensberg.

Der Generalissimus gab seiner Armee für den Innübergang am 10. nachstehende Colonneneintheilung:

Bei Schärding.

IV. Armeecorps

1. Reservecorps.

24

"9

"

22 Bataillons 24 Escadrons.

. 12 Zusammen 34 Bataillons 48 Escadrons.

Über die Pontonsbrücke bei Gümpling (unweit Mühlheim):

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Die Avantgarde des III. Armeecorps war schon bald nach Mitternacht zum 10. April auf Schiffen unweit Obernberg über den Inn gesetzt und durchstreifte das vorwärtige Land bis über Rotthalmünster. Vom IV. Armeecorps ging um 4 Uhr Morgens die Brigade Vécsey bei Schärding hinüber, entsendete gegen Vilshofen und stellte ihre Vorposten bis Egelham aus. Ihr folgte auf dem Fusse die Vorhut des IV. Corps unter GM. Baron Stutterheim, passirte über Schwaim auf Birnbach und setzte ihre Vorposten über Prombach gegen Baumgarten aus, welche sich rechts mit der Brigade Vécsey und links gegen Trüffern mit der Vorhut des V. Corps unter GM. Graf Radetzky verbanden, der von Simbach bis dahin vorgegangen war und noch die Avantgarde des VI. Corps links zur Seite hatte.

Der Generalissimus blieb an der Spitze des IV. Corps. Die Begeisterung war unbeschreiblich. Die Truppen rückten unter dem Rufe: „Es lebe der Kaiser und unser Erzherzog Karl" über den Grenzfluss. Während GM. Vécsey bei Ortenburg die Strassen nach Vilshofen und Straubing beobachtete, unterhielt eine Abtheilung Liechtenstein-Huszaren vom VI. Corps die Verbindung mit der Division Jellačić. In Schärding blieb Major Schubitz des Generalstabes mit drei Zügen Pionniere vom IV. Corps, mit dem Auftrage, am linken Innufer einen Brückenkopf anzulegen 3).

1) Siehe: Karte des Kriegsschauplatzes in Deutschland. Jahrgang 1861, 5. Band und: Topographische Karte der Gegend zwischen der Donau, Abens und Isar, Tafel No. 2", Jahrgang 1862, 1. Band.

2) Sollte erst am 11. folgen. Die Division Jellačić bei Tittmaning hatte erst am 12. bei Wasserburg und Rosenheim überzugehen.

3) Musste wegen der bald darauf folgenden unglücklichen Ereignisse unterbleiben.

Österr. militär. Zeitschrift. 1862. X. (2. Bd.)

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Die bei Braunau übergegangene Colonne rückte über Buch in ein Lager bei Eggenfelden und Oberjulbach; jene von Schärding auf der Strasse nach Pfarrkirchen bis Schwaim und Sulzbach. Vom VI. Corps waren schon am frühen Morgen 50 Dragoner auf Burghausen gerückt, um den dortigen Magistrat aufzufordern, die abgetragenen Brücken über die Salzach und Alz wieder herstellen zu lassen.

Vom IV. Corps war FML. Dedovich mit 3 Bataillons Mittrowsky, 1 Escadron Stipsics-Huszaren, 1 Zug Pionniere, alle diese vom GM. Reinwald befehligt, auf Passau beordert worden, um diesen wichtigen Punkt zu besetzen und die Veste Oberhaus zur Übergabe aufzufordern. Diese Truppencolonne traf schon um halb zehn Uhr Vormittags allda ein, und überraschte den französischen General Chambarlhac noch bei den Verse anzungsarbeiten. Mit genauer Noth entkam derselbe noch in's Oberhaus, wohin ihm seine Geniesoldaten folgten. Die 600 bis 800 Bauern, welche zur Arbeit angestellt gewesen waren, verliefen sich. Man besetzte die Stadt ohne Widerstand und machte noch etliche französische Officiere und Mannschaft zu Gefangenen. Der Commandant im Oberhaus, GL. Graf Montigny beantwortete aber die Aufforderung zu dessen Übergabe mit scharfen Schüssen, und es wurde somit diese Veste auf beiden Donauufern, und zwar am rechten durch die Brigade Reinwald, am linken aber durch die böhmische Landwehrbrigade Hasslinger eingeschlossen.

An die bayrischen Truppen hatte der Generalissimus folgenden Aufruf erlassen:

„Tapfere Krieger Bayerns! Österreichs Armee nähert sich euch. Sie geht nicht auf Eroberung fremder Staaten aus; ihr Zweck ist, dem unterdrückten Europa seine Fesseln zu lösen. Ihr kennt ihren Anführer. Nie hat er für eine andere Sache als für Deutschlands Freiheit gefochten. Ihr selbst habt schon vereint mit Österreichs Heeren gegen den gemeinschaftlichen Feind unseres Vaterlands gekämpft. Dieser Feind kennt eure Tapferkeit. Er will sie zu Kriegen, die euch fremd sind, für seinen Ehrgeiz nützen. Schon musstet ihr die weiten Steppen Polens mit eurem Blut befeuchten, gegen verwandte Souveräne eures Königs, gegen Völker die nie eure Feinde waren. Schon müsstet ihr in Spanien bluten, wenn wir nicht zu eurer Erlösung herbeigeeilt wären".

„Tapfere Krieger Bayerns! Verschwendet nicht eure Tapferkeit um euch selbst Fesseln zu schmieden. Nur in französischen Lagern sind eure und eures Königs Feinde. Napoleon wird eurem Könige nicht besser als dem König von Spanien lohnen. Im österreichischen Lager sind eure wahren Freunde. Hier wird für eure Freiheit und euren König gestritten. Unter diesen Fahnen müsst ihr für Deutschland, für Bayern, für euer königliches Haus kämpfen. Welch ein Flecken in euren Jahrbüchern wäre es, wenn Bayern ohne eure Hilfe von fremdem Joche befreit würde" 1).

Am 11., das ist also an demselben Tag, wo Massena erst von Ulm abrückte, ging das IV. Armeecorps bis Prombach unweit Pfarrkirchen, dessen Vorhut bis Timmelsdorf und stellte die Vorposten über Steinkirch, Neukirch und Weng aus. Das 1. Reservecorps erreichte Karpfham. Die Brigade Vecsey ging zunächst der Donau

1) Auch FML. Fürst Rosenberg richtete einen besonderen Aufruf an Bayerns Volk. Welche Ursache ihn dazu veranlasste, ist nicht ermittelt.

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gegen Osterhofen vor, und hielt ihre Vorposten im Vilsthale bei Kresbach und Rossbach. Man war unweit Vilshofen auf eine bayrische Cheveauxlegerpatrulle gestossen, die sich jedoch augenblicklich zurückzog. Das III. Armeecorps ging an diesem Tag bis Triflern, seine Avantgarde bis Pfarrkirchen; ein Theil des V. Armeecorps besetzte Burghausen, das VI. Armeecorps marschirte bis Alt- und Neuötting und mit ihm auch der übrige Theil des V.; das 2. Reservecorps traf von Simbach in Marktl ein. Der Regen goss in Strömen, die Wege waren grundlos, die letzteren Truppen erreichten erst gegen Mitternacht das Lager und ein nicht unbedeutender Theil der Geschütze musste schon an diesem Tag zurückbleiben. Erst als die Vorhut des VI. Armeecorps bei Neuötting und Mühldorf erschien, steckten die bayrischen Vortruppen die dortigen Innbrücken in Brand, jedoch so unvollkommen, dass ihre Herstellung keinen langen Aufenthalt verursachte und noch am 11. einzelne österreichische Abtheilungen dort über den Inn gingen.

Im Augenblick, wo der Generalissimus den Inn bei Schärding und Braunau überschritt, war die Vertheilung der französischen Streitkräfte folgende:

Davoust im Marsch von Nürnberg und Amberg gegen die Donau; Oudinot am Lech bei Augsburg; Massena an der Iller; also Ersterer etwa 17, der Andere 24 Meilen von Regensburg. Die Württemberger standen noch bei Heidenheim, die Sachsen noch um Dresden, und nur die Bayern hinter der Isar. Wie begreiflich musste der erste strategische Aufmarsch des Generalissimus am letztgenannten Flusse erfolgen. Ob dann der zweite an der Laaber, an der Abens oder an der Donau stattfinden werde, hing von Umständen ab, bei welchen die Bewegungen des Feindes den wichtigsten Factor abgaben.

Wir vermögen nicht zu bestimmen, ob der Generalissimus die Aufstellung der einzelnen französischen Heertheile genau kannte, glauben aber nicht zu irren, wenn wir solches bezweifeln. Indessen lässt es sich doch keineswegs in Abrede stellen, dass eben in diesen unklaren Vorstellungen und dem Mangel an genauer Kenntniss von den feindlichen Bewegungen, eine Hauptursache des verfehlten Offensivplanes lag. Am 1. April standen bekanntlich die beiden feindlichen Hauptmassen noch bei Bamberg und Ulm, deren Avantgarden bei Baireuth und Augsburg. Erst am 7. hatte Davoust sein Hauptquartier auf Nürnberg verlegt. Der Generalissimus am untern Inn befand sich somit näher an Regensburg als sein Gegner, und Bellegarde noch näher an dem Punkt, wo die österreichische Operationslinie die Donau durchschnitt. Es stand wohl kaum im Zweifel, dass die verschiedenen französischen Armeetheile, welche sich seit etwa vier Wochen der Donau und dem Lech näherten, keine andere Absicht haben konnten, als ihre Vereinigung gegen die Lechmündung zu bewerkstelligen u. z. gedeckt durch die 30.000 Bayern hinter der Isar.

Daraus musste für den Generalissimus die Nothwendigkeit entspringen, rasch über Landshut vorzudringen, sich der Donauübergänge bei Kelheim und Neustadt zu bemächtigen, und in der Linie an der Altmühl die Vereinigung mit Bellegarde, über Tirschenreut und Waldmünchen zu erzielen. Darin lag die strategische Nothwendigkeit. Es versteht sich, dass man sich auf jeden Fall auch des Punktes Regensburg versichern musste. Aus der neuen Basis an der Altmühl konnte man sodann an die Rednitz und bis an die Strasse von Nürnberg auf Donauwörth vorgehen, womit der Hauptzweck erreicht schien,

nämlich sich zwischen Davoust und Massena zu stellen, die sich dann vielleicht erst bei Dinkelsbühl (Dünkelspühl) wieder vereinigen konnten. Im Besitz der Donaustrecke von Ingolstadt bis Neustadt blieb der Generalissimus Meister von ganz Bayern, hielt seine Gesammtmacht zusammen und gab das Gesetz.

Allein um einen so grossen Erfolg zu erzielen, musste man die 24 Stunden vom Inn bis Landshut, und jene weitern sechzehn von da bis Kelheim und Neustadt eiligst hinterlegen, was vielleicht mit vier Gewaltmärschen ausführbar blieb. Leider traten schlechtes Wetter und verspätetes Eintreffen der Colonnenmagazine dazwischen, vielleicht hinderte auch allzuviel Methodik die rasche Ausführung. So kam es, dass die österreichische Armee erst am achten Tag nach ihrem Innübergang die Isar völlig im Rücken hatte, welche ihre Spitze schon am 15. Abends erreichte.

Am 12. rückte die österreichische Armee weiter gegen die Vils: Die Brigade Vécsey gelangte bis Aichendorf und streifte bis Landau und Plattling an der Isar, die Brigade Stutterheim bis Malgersdorf am Kollbach und stellte ihre Vorposten bei Haunersdorf, die Vorhut des III. Armee corps Ganghofen, jene des V. Armeecorps Massing und die Avantgarde des VI. Neumarkt. Die Division Jellačić 1) rückte bei Wasserburg und Rosenheim über den Inn. Das 1. Reservecorps lagerte bei Pfarrkirchen, das zweite bei Altötting; das Armeehauptquartier kam nach Neuötting. Die anhaltende schlechte Witterung erschwerte die Vorrükung. Auf den fast grundlos gewordenen Strassen und Wegen blieben Artillerie- und Colonnenmagazine weit zurück; auch fehlten noch manche Ausrüstungsgegenstände 2).

Napoleon erhielt um 8 Uhr Abends am 12. mittelst Telegraphen die Hälfte von Bessières Meldung aus Strassburg. Er erkannte, dass trotz aller Versicherungen Russlands der Krieg nunmehr ausgebrochen sei. Zwei Stunden später befand er sich auf dem Wege nach Strassburg ohne Garden, ohne Feldequipage, ja fast ohne Gefolge. Nur sein treuer Duroc sass bei ihm im Wagen. An den schon zu Strassburg befindlichen Majorgeneral sendete er noch am Abend des 12. den Befehl sich unverzüglich nach Augsburg zu begeben und die Streitkräfte am Lech und bei Donauwörth zu sammeln, wie solches schon seit 21. März beschlossen und eingeleitet worden war. Berthier erreichte Gmünd am 13. Morgens und wies um 7 Uhr Früh die Marschälle Davoust und Massena an, sich zwischen Augsburg und Ingolstadt aufzustellen. Um 8 Uhr Abends sendete er an Davoust einen zweiten, gleichlautenden Befehl aus Donauwörth. Schon an diesem Tage standen beide Marschälle nahe an der Donau. Davoust ging am linken Stromufer von Nürnberg gegen Ingolstadt und eine seiner Divisionen befand sich bereits in Regensburg, wo sie nur noch ihr letztes Regiment aus Hemau erwartete; ja eine Kürassierdivision stand sogar schon seit 10. auf beiden Donauufern vor Regensburg. Die 1. und 3. Infanteriedivision des III. Armeecorps, nebst der Reservedivision Demont, erreichten Ingolstadt, die 2. Infanteriedivision (Friant) hatte Baireuth verlassen und concentrirte sich, der allgemeinen Bewegung folgend, bei Amberg.

1) 3 Bataillons Eszterhazy, 3 Devaux, 2 Warasdin-Kreuzer, 8 Escadronen Oreilly - Chevauxlegers.

2) So z. B. erhielt das IV. Armeecorps seine Laufbrückenequipage aus Böhmen erst am 12. und am 14. trafen noch einige Grenzregimenter ein.

Am 13. kam die österreichische Armee nicht viel weiter und nur die Vortruppen erreichten an diesem Tage so ziemlich die Isar. GM. Vécsey besetzte Landau und entsendete gegen Straubing um sichere Nachrichten über Davoust einzuziehen, über welchen man im Hauptquartier nichts Verlässliches wusste. GM. Stutterheim hatte von Frontenhausen gegen Dingolfing entsendet und GM. Radetzky bei Gerzen schob seine Uhlanenpatrullen gegen Landshut. Der Mangel an guten Kundschaftern wurde zusehends fühlbarer. Man erfuhr blos allgemeine, zum Theil sich widersprechende Umstände. Manche behaupteten, Davo ust stehe mit seinem ganzen Corps bei Regensburg, die Bayern aber bei Neustadt und Kelheim. Wie stark die einzelnen Gruppen der französischen Armee waren? Welche Verstärkungen selbe erwarteten? Wann letztere eintreffen konnten? - Lauter Factoren, welche bei jeder Kriegsunternehmung so ausserordentlich in's Gewicht fallen, darüber blieb man im Dunkeln 1).

Man hätte vielleicht besser gethan, auf Brückentrains, schweres Geschütz, Munitionsreserven, Brotwägen und Bagage nicht die mindeste Rücksicht zu nehmen und in einem Moment, wo jeder Tag, jede Stunde von unberechenbarem Werth sein. musste, nur eiligst weiter zu mars chiren. Würde man schon am 13. über die Isar gegangen sein, was die Bayern unmöglich zu hindern vermochten, so konnte man mit einiger Anstrengung spätestens am 14. vor Regensburg und an der Abens stehen, also zu einer Zeit, wo die einzelnen französischen Heertheile noch weit aus einander waren. Bei dem entschlossenen Charakter und festen Willen des Generalissimus dürfen wir annehmen, dass der Aufenthalt zwischen Vils und Isar und die Nothwendigkeit sogar einen Theil der Truppen in enge Cantonirungen verlegen zu müssen, ihm höchst peinlich war. Wir erkennen also diese Verzögerung in den Bewegungen, diese Stockung in den Operationen, möchte man sagen, als eine in hohem Grade nachtheilige, wie dies auch der Gang der Ereignisse lehren wird, und kommen immer wieder auf den alten Satz zurück, dass der Feldherr oft ganz anders handeln würde, wenn er Alles wissen, Alles ahnen könnte. Darum eben ist der Krieg ein Spiel, eine Sache des Taktes, und vorwiegend entscheidet dabei der glückliche Griff. Der Generalissimus konnte allerdings die Truppen der Marschälle Davoust und Lefebvre aufreiben, bevor denselben noch irgend eine Hilfe zukam, aber dazu hätte er der genauesten Einsicht in alle Verhältnisse des Gegners bedurft und gerade diese ging ihm ab.

Massena hatte am 13. den Befehl über die sämmtlichen französischen Streitkräfte am rechten Donauufer übernommen, sein Hauptquartier nach Augsburg verlegt und das IV. Armeecorps folgendermassen aufgestellt: 1. Infanterie division nebst etwas leichter Reiterei zu Schwabmünchen, die 2. Infanterie division in Zusmarshausen, die 3. in Ursberg, die 4. nebst etwas leichter Cavallerie zu Landsberg. Das Corps Oudinot ging von Augsburg bis Aichach und Dachau vor; die mittlerweile angelangten Württemberger besetzten Rain und die Lechmündung. Es standen also

1) Es scheint, dass auf österreichischer Seite das so wichtige Kundschaftswesen eben nicht am Besten bestellt gewesen sei. Mit 50 bis 100 Louisd'or richtet man nichts. Man muss wahrhaft verschwenderisch sein. Wer nicht Hunderttaus ende dafür ausgibt wird, nie einen guten Spion haben. Napoleon bezahlte dem bekannten Schulmeister oft eine einzige Nachricht mit 100.000 Franken und auch wohl mehr.

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