Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Der Nekrolog des k. k. Feldzeugmeisters A. Ritter von Martini und die allgemeine Zeitung.

[ocr errors]

Unter der Überschrift „Feldzeugmeister A. von Martini" bringt die Beilage zu No. 313 vom Jahre 1862 der Allgemeinen Zeitung" einen aus Triest datirten Artikel, welcher gegen den im 17. Hefte des Jahrganges 1862 dieser Zeitschrift enthaltenen Nekrolog über den verstorbenen k. k. Feldzeugmeister Anton Ritter von Martini gerichtet ist.

Nach Durchlesung dieses Artikels musste sich Jedermann die Frage stellen, welchen Zweck wohl der Verfasser damit zu erreichen beabsichtigte? Denn ohne dringende und wichtige Veranlassung pflegt man nicht sich jenem natürlichen Gefühle der Pietät zu entziehen, welches uns verbietet, über dem frischen Grabe Verstorbener Vorwürfe zu erheben und Anklagen gegen sie zu schleudern.

Wie sehr wir uns aber auch Mühe geben, wir vermögen einen andern Beweggrund zur Veröffentlichung der in dieser Triester Correspondenz enthaltenen Auslassung nicht wahrzunehmen, als den einer persönlichen Gehässigkeit Ausdruck zu verleihen.

Wir müssten nur bedauern, wenn der genannte Correspondenzartikel zu dem Glauben veranlassen könnte, dass in der k. k. Armee nicht mehr jene schöne, auf edlem Gemeinsinn beruhende Gewohnheit vorherrsche, ausgezeichnete ihr angehörige Namen als ihr Eigenthum, als ein theures, unantastbares Gut anzusehen, das vor Allem durch die eigenen Mitglieder nicht verkümmert werden dürfe.

Wir fühlen uns nicht berufen, hier auf dasjenige einzugehen, was der Verfasser des Correspondenz-Artikels aus Triest über die Thätigkeit und das Wirken des verewigten Feldzeugmeisters in seiner Eigenschaft als Marine-Obercommandant auzugeben für gut findet; wir wollen uns vielmehr nur darauf beschränken, einigen Bemerkungen entgegenzutreten, zu welchen sich der Verfasser in seiner Polemik gegen den Nekrolog verleiten liess, und welche wir in der Lage sind als unrichtig und unbegründet bezeichnen zu können.

Dem Triester Correspondenten beliebt es unter anderm in Bezug auf den verewigten Feldzeugmeister zu äussern: Weder herzlich, noch theilnehmend und human, sah man ihn jederzeit gerne scheiden".

[ocr errors]

Diesem Erguss einer gehässigen Stimmung müssen wir entschieden widersprechen. Jeder, welcher den Verewigten gekannt hat und unbefangen urtheilt, wird bezeugen, dass theilnehmende und humane Gesinnungen eben einen hervortretenden Zug seines Charakters bildeten, und daher auch die Äusserung des Gegentheiles als

eine ganz willkürliche, durch nichts begründete und auf rein subjectiven Gründen beruhende Behauptung ansehen müssen.

Selbst von einem hohen Pflichtgefühl durchdrungen, forderte er wohl von Jedem strenge Pflichterfüllung, liess es jedoch hiebei nie an humanen Formen und väterlicher Sorgfalt für seine Untergebenen fehlen. Es sind namentlich zwei Dienstessphären, in welchen sich die theilnehmenden und humanen Gesinnungen des Verstorbenen am offenbarsten darlegten, und in denen das Wirken desselben unvergesslich bleiben wird in der als Commandant des 32. Linien- Infanterieregiments Erzherzog Franz Ferdinand d'Este, und als Director der Wiener Neustädter MilitärAkademie.

[ocr errors]
[ocr errors]

Als Regimentscommandant war es ihm in kürzester Zeit gelungen, sich nicht nur die Achtung, sondern auch die Liebe und das Vertrauen Aller zu erwerben. Die Officiere fühlten sich angezogen durch seine hohe militärische Bildung, durch sein edles, chevalereskes Wesen; die Mannschaft sah mit Vertrauen auf ihn und liebte ihn, denn er war ihr ein väterlich sorgender Vorgesetzter, der mit ihr in ihrer Muttersprache verkehrte und es verstand, auf ihr Gemüth zu wirken, sie anzueifern und ihrer Empfänglichkeit für Lob Rechnung zu tragen.

Wie sehr das von ihm befehligte Regiment mit Stolz auf seinen ausgezeichneten Commandanten blickte, daran wird sich auch gegenwärtig noch Jeder, welcher damals das Glück hatte, diesem Regimente anzugehören, auf das Lebhafteste erinnern; und wie sehr der Verewigte während der nur kurzen Dauer seines Regimentscommandos das Officierscorps durch seine glänzenden Eigenschaften und seine allseitige Fürsorge an sich gefesselt hatte, dafür dürfte das beredteste Zeugniss in dem Umstande liegen, dass das Officierscorps demselben, als er in Folge seiner Ernennung zum Generalstabs-Chef beim FM. Radetzky vom Regimente schied, beim Scheiden einen prachtvollen Säbel überreichte, als bleibendes Zeichen seiner Verehrung und Dankbarkeit für die kluge und menschenfreundliche Führung". Es wurde hiebei in den wärmsten Worten auf die einstimmigen, aufrichtigen und iunigen Gefühle hingewiesen, von welchen das Officierscorps stets für ihn beseelt war und welche sie ihm unveränderlich bewahren werde.

Als Director der Wiener-Neustädter Militärakademie hat sich der Verewigte in den Herzen aller unter seiner Leitung gestandenen Zöglinge ein unvergängliches Denkmal gestiftet, und noch wird sich jeder derselben mit Liebe und Dankbarkeit jener theilnehmenden, humanen Gesinnungen und jenes freundlichen Wohlwollens erinnern, mit welchem der verstorbene Feldzeugmeister jedem Einzelnen entgegenkam und in jeder Richtung für das Beste der ihm anvertrauten Zöglinge bedacht war.

Die Offenheit, die Unbefangenheit und das Vertrauen, welches diese dem Verewigten gegenüber stets an den Tag legten, war nur eine natürliche Folge seiner liebevollen Leitung. Welche innige, herzliche Gefühle die Zöglinge für ihren Director hegten, zeigte sich am klarsten, als die Eruennung desselben zum MarineObercommandanten und damit seine Abberufung von der Akademiedirection bekannt

wurde.

Jede Classe war bemüht, ihm ein sinniges Andenken zu widmen und es hierin den Andern zuvorzuthun, und so entstand in unglaublich kurzer Zeit eine Sammlung von Gedichten mit den schönsten kalligraphischen Beigaben, welche dem Scheidenden

die Liebe und Verehrung seiner dankbaren Zöglinge wie die Trauer über den schmerzlichen Verlust eines Chefs ausdrücken sollten, dessen Herz stets von einer wahrhaft väterlichen Sorgfalt für sie erfüllt war.

Diese innige und aufrichtige Trauer gab sich in der That beim Scheiden in der rührendsten Weise kund und wird Jedem, der Zeuge hievon gewesen, noch immer in Erinnerung sein.

Wie sieht es nun mit der Berechtigung zu der Behauptung aus: „dass man ihn (den verstorbenen Feldzeugmeister) überall gerne scheiden sah?" Wohl mochte ihn Mancher gerne scheiden sehen und seine Befriedigung im Stillen geniessen, denn Ausnahmen hat es immer und überall gegeben!

[ocr errors]

In einer weiteren Bemerkung der Triester Correspondenz heisst es wörtlich: Eine Reihe von Jahren diente Martini in Mailand, zuerst als Chef des Generalstabs beim Corps des Grafen Wallmoden, sodann als Generalstabs-Chef Radetzky's. Der erstere wendete ihm sein Vertrauen zu, der andere achtete ihu hoch wegen seiner Kenntnisse".

Damit wollte der Verfasser, um seine Behauptungen über den Charakter des verstorbenen FZM. Martini eine weitere Unterlage zu geben, andeuten, dass Martini, als Generalstabs-Chef Radetzky's, gegen diesen nur in einem abgemessenen dienstlichen Verhältnisse stand, wie dies irrigerweise schon in der „Biographie des FM. Radetzky von einem österreichischen Veteranen" behauptet wird, in welcher es nämlich wörtlich heisst: Der Feldmarschali habe kein Herz zu Martini gehabt.

Ein paar Worte werden genügen, um die Stellung des Verewigten zum FM. Radetzky in das wahre Licht zu setzen.

Allerdings achtete der Feldmarschall den verstorbenen Feldzeugmeister seiner ausgezeichneten geistigen Gaben, so wie seiner gediegenen Kenntnisse wegen hoch; allein er schätzte auch seinen vortrefflichen Charakter, behandelte ihn mit vollen Vertrauen als jüngeren Freund, und theilte ihm Manches mit, was man in der Regel nicht leicht dem anvertraut, zu welchem man kein Herz hat". Zahlreiche Briefe des Feldmarschalls, welche bis in das letzte 'Decennium hineinreichen, geben Zeugniss hievon und sind geeignet die freundliche und herzliche Zuneigung darzuthun, welche der Feldmarschall dem Verewigten jederzeit bewahrt hat.

[ocr errors]

In der Correspondenz aus Triest wird ferner behauptet, dass FML. Graf Zichy während seines Processes die Vernehmung Martini's entschieden begehrte, Fürst Felix Schwarzenberg dies aber zu verhindern gewusst und dem General Martini die Ernennung zum Gesandten in Neapel erwirkt habe".

Dieser Behauptung steht die einfache Thatsache entgegen, dass die Einvernahme des FML. Martini schon im Mai 1848 durch eine dazu beauftragte Commission unter Vorsitz des österreichischen FML. Baron Sunstenau eingeleitet wurde, so wie dass zu dieser Zeit Fürst Felix Schwarzenberg, unseres Wissens nach, sich als Brigadier bei der Armee in Italien befand, also kaum in der Lage gewesen sein dürfte, diese Einvernahine zu verhindern. Fürst Felix Schwarzenberg trat vielmehr erst nach den Octobertagen 1848 an die Spitze der Regierung und des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, und erst zu Anfang des Jahres 1849 wurde FZM. Martini zum Gesandten in Neapel ernannt.

Endlich glauben wir noch erwähnen zu sollen, dass auch die im Schlussabsatze der Triester Correspondenz enthaltene Angabe „wie der Verewigte es durch den

König Ferdinand II. zu erwirken wusste, dass er noch bis Ende April 1860 als Gesandter in der schönen Parthenope verbleiben durfte" ganz ungenau ist, indem die erste Abberufung schon unter der Regierung des Königs Franz II. stattfand.

König Ferdinand starb nämlich, wie bekannt, am 22. Mai 1859, an welchem Tage Franz II. ¡die Regierung antrat. FZM. Martini wurde aber erst durch Allerhöchste Entschliessung vom 20. Juli 1859 in den Ruhestand versetzt, im Monate August jedoch bei König Franz II. auf dessen Höchsteigenes Ansuchen als Gesandter neuerdings beglaubigt.

Bis dahin befand sich FZM. Martini krank auf der Insel Ischia.

Nach dieser Beleuchtung der in der Triester Correspondenz gebrachten Daten und insbesondere der beiden hier zuletzt berührten Angaben dürfte sich leicht auch die Genauigkeit aller übrigen in der gedachten Correspondenz enthaltenen Behauptungen ermessen lassen und es wird uns hierbei wohl erlaubt sein, unser Erstaunen darüber auszudrücken, dass unter solchen Umständen der Verfasser nicht Anstand nahm, sich für sein Auftreten gegen den Nekrolog auf die Pflicht der Geschichte zu berufen, welche fordere, dass der historischen Wahrheit ihr Recht gesichert werde.

Die Motive, welchen der erwähnte Schlussabsatz sein Dasein verdankt, reiht sich übrigens würdig an die Tendenz, welche aus den ganzen hier besprochenen Artikel der Allgemeinen Zeitung hervorleuchtet, und wir überlassen es dem Urtheile des Lesers, über die Lauterkeit der Quelle zu entscheiden, aus welcher die Berichtigung des Nekrologs über den verstorbenen FZM. Martini entsprungen sein mag.

[graphic]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]
« ZurückWeiter »