Marmorleiber: Körperbildung in der deutschen Nacktkultur (1890-1930)

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Böhlau, 2004 - 463 Seiten
Im zugeknopften Kaiserreich erregten Nacktheit und Nacktkultur enorme Aufmerksamkeit. Die offentlich sichtbare Nacktheit in ihren verschiedenen Spielarten - etwa als vollstandige Nacktheit auf dem naturistischen FKK-Gelande oder als partielle Nacktheit beim Sport - wurde um die Jahrhundertwende zu einem Signum der Moderne. Am Beispiel der Nacktkulturbewegung zeigt die Autorin die Entstehung moderner Korper, Korperkonzepte und -praktiken auf, die das Ziel des durchtrainierten, schlanken und sonnengebraunten Korpers verfolgten. Nacktheit stellte das zentrale Mittel dar, die Naturlichkeit des Korpers zuruck zu gewinnen. Asthetisches Ideal war die antike griechische Statue. Als Produkt zeitintensiver Pflege und gymnastischer Ubung sollte der Korper Gesundheit und Schonheit demonstrieren und die gesundheitliche Norm - das physiologische Modell der reibungslos funktionierenden Korpermaschinen - erfullen. Nach dem Ersten Weltkrieg diente die in der Nacktkultur praktizierte individuelle Korperertuchtigung der nationalen Regeneration und erlangte uber den engen, bis dahin meist mannlichen, burgerlich dominierten Mitgliederkreis hinausgehende Plausibilitat und Popularitat. Es war nicht zuletzt die Anschlussfahigkeit an eugenische und rassenhygienische Programme, die aus der Nacktkultur in der Weimarer Republik eine Massenbewegung machte.

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