Die Figur Claire Zachanassian in Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie "Der Besuch der alten Dame" - Unter Berücksichtigung des Grotesken

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GRIN Verlag, 2007 - 24 Seiten
Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Germanistik - Literaturgeschichte, Epochen, Note: 1,3, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Neuere deutsche Literatur), Veranstaltung: Einführung in die Dramenanalyse, 24 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Es soll geklärt werden, wie Claire Zachanassian im Rahmen des Stückes dargestellt wird und welche Rolle ihr darin zukommt. Dabei soll folgendermaßen vorgegangen werden: Da die Entstehungszeit relevant für das Textverständnis ist, erfolgt zuerst ein kurzer Überblick zu Genese und Rezeption des gesamten Stückes. Danach kann sich der Figur formal genähert und die Mittel der Personendarstellung geklärt werden. In diesen Kontext gehört, auf das Groteske als Stilmittel der Figurencharakterisierung einzugehen. Dies wird in einem gesonderten Kapitel geschehen. Ein Fazit darüber, in welchem Maße die eingangs gestellten Fragen nach dem Formalen und dem Grotesken der alten Dame beantwortet werden konnten und welche Sichtweisen ausgeklammert werden mussten, soll die Arbeit zusammenfassend abschließen. Zur Auswahl des Themas haben den Verfasser drei Gründe bewogen. Zum einen das Interesse an der Dramentheorie des Schweizer Autors, zum anderen das Anliegen, den Begriff 'grotesk' näher zu untersuchen und letztendlich, eine weibliche Dramengestalt zu fokussieren, da im Rahmen des Seminars der Hauptakzent auf die Rolle der Frau im Drama gelegt wurde. Als "formale Mittelpunktsfigur des Dramas" [Müller, Rolf: Komödie im Atomzeitalter. Gestaltung und Funktion des Komischen bei Friedrich Dürrenmatt. Frankfurt / Main, Bern, New York, Paris: Lang 1988. S.96.] wird sie beschrieben und als "groteske Zentralfigur des Stückes" [Ebd.]: Claire Zachanassian aus Friedrich Dürrenmatts tragischer Komödie "Der Besuch der alten Dame" [Dürrenmatt, Friedrich: Der Besuch der alten Dame. Eine tragische Komödie. In: Friedrich Dürrenmatt: Gesammelte Werke in sieben Bänden. Band 1: Stücke. Zürich: Diogenes 1991a. S.571-696.]. Ander
 

Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 7 - Apokalypse, sie sei nur das, was sie ist, die reichste Frau der Welt, durch ihr Vermögen in der Lage, wie eine Heldin der griechischen Tragödie zu handeln, absolut, grausam, wie Medea etwa. Sie kann es sich leisten. Die Dame hat Humor, das ist nicht zu übersehen, da sie Distanz zu den Menschen besitzt als zu einer käuflichen Ware, Distanz auch zu sich selber, eine seltsame Grazie ferner, einen bösartigen Charme.
Seite 11 - Seit mehr denn zwei Jahrzehnten korrigiere ich die Latein- und Griechischübungen der Güllener Schüler, doch was Gruseln heißt, Herr Bürgermeister, weiß ich erst seit einer Stunde. Schauerlich, wie sie aus dem Zuge stieg, die alte Dame mit ihren schwarzen Gewändern. Kommt mir vor wie eine Parze, wie eine griechische Schicksalsgöttin. Sollte Klotho heißen, nicht Claire, der traut man es noch zu, daß sie Lebensfäden spinnt.
Seite 15 - Heidsieck: ,„Grotesk' ist zunächst nicht ein Begriff der Ästhetik, sondern des Erkennens, der über eine bestimmte Beschaffenheit von Wirklichkeit aussagt. Und zwar bezeichnet er spezifisch deren Entstellung - von einer Art, die den Betrachter entsetzt und zugleich lachen macht, die grauenvoll und lächerlich in eins ist.
Seite 14 - Es ist wichtig, einzusehen, daß es zwei Arten des Grotesken gibt: Groteskes einer Romantik zuliebe, das Furcht oder absonderliche Gefühle erwecken will [etwa indem es ein Gespenst erscheinen läßt], und Groteskes eben der Distanz zuliebe, die nur durch dieses Mittel zu schaffen ist.
Seite 14 - Das Groteske ist eine äußerste Stilisierung, ein plötzliches Bildhaftmachen und gerade darum fähig, Zeitfragen, mehr noch, die Gegenwart aufzunehmen, ohne Tendenz oder Reportage zu sein.
Seite 5 - Zachanassian, zweiundsechzig, rothaarig, Perlenhalsband, riesige goldene Armringe, aufgedonnert, unmöglich, aber gerade darum wieder eine Dame von Welt, mit einer seltsamen Grazie, trotz allem Grotesken.
Seite 11 - CLAIRE ZACHANASSIAN: Komm, Moby, verneig dich. Eigentlich heißt er Pedro, doch macht sich Moby schöner. Es paßt auch besser zu Boby, wie der Kammerdiener heißt. Den hat man schließlich fürs Leben, da müssen sich dann eben die Gatten nach seinem Namen richten.
Seite 15 - Unsere Welt hat ebenso zur Groteske geführt wie zur Atombombe, wie ja die apokalyptischen Bilder des Hieronymus Bosch auch grotesk sind. Doch das Groteske ist nur ein sinnlicher Ausdruck, ein sinnliches Paradox, die Gestalt nämlich einer Ungestalt, das Gesicht einer gesichtslosen Welt...
Seite 15 - Das Groteske der Form verzerrt seine Gestalt, um die verborgene seelische Entstellung zu zeigen und sie darüber hinaus in grotesker Ubertreibung der Lächerlichkeit preiszugeben.
Seite 12 - CLAIRE ZACHANASSIAN unbeweglich: Deck ihn auf, Boby. Der Butler deckt das Gesicht Ills auf. Sie betrachtet es, regungslos, lange. CLAIRE ZACHANASSIAN: Er ist wieder so, wie er war, vor langer Zeit, der schwarze Panther. Deck ihn zu. Der Butler deckt das Gesicht wieder zu. CLAIRE ZACHANASSIAN : Tragt ihn in den Sarg. Roby und Toby tragen den Leichnam nach links hinaus. CLAIRE ZACHANASSIAN: Führ mich in mein Zimmer, Boby. Laß die Koffer packen.

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