Selma Lagerlöf: Heimat und Leben, Kunstlerschaft, Werke, Wirkung und Wert

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Langen, 1927 - 371 Seiten
 

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Seite 169 - ... von uns gab er niemals versagende Güte. Einer gab er des Wortes herrliche Gabe. Sie wurde alles, was wir hätten sein sollen. Sie warf Licht über unser dunkles Schicksal. Sie ward Dienerin des Heims, wie wir es gewesen, aber tausend Heimstätten gab sie ihre Gabe. Sie war die Pflegerin der Kranken, wie wir es gewesen, aber sie kämpfte gegen des Vorurteils gewaltige Seuche. Sie erzählte ihre Märchen Tausenden von Kindern. Sie hatte ihre armen Freunde in allen Ländern. Sie gab aus volleren...
Seite 169 - Einer von uns gab Gott Kraft und Genie. Einer von uns gab er niemals versagende Güte. Einer gab er des Wortes herrliche Gabe. Sie wurde alles, was wir hätten sein sollen. Sie warf Licht über unser dunkles Schicksal. Sie ward Dienerin des Heimes, wie wir es gewesen, aber sie kämpfte gegen des Vorurteils gewaltige Seuche. Sie erzählte ihre Märchen Tausenden von Kindern. Sie hatte ihre armen Freunde in allen Ländern. Sie gab aus volleren Händen als wir und mit wärmerem Gemüt.
Seite 169 - In ihrem Herzen barg sich nichts von unserer Bitterkeit, denn sie hatte sie fortgeliebt. Ihr Ruhm war wie der einer Königin. Sie hatte den Zoll der Dankbarkeit eingehoben von Millionen Herzen. Ihre Worte sind schwer ins Gewicht gefallen in den großen Fragen der Menschheit. Ihr Name ist erklungen durch die Neue und Alte Welt. Und doch war sie nur eine alte Jungfer.
Seite 23 - Von allen den Geschichten, die sie mir erzählte, habe ich nur eine schwache, unklare Erinnerung. Nur an eine einzige von ihnen erinnere ich mich so gut, daß ich sie erzählen könnte. Es ist eine kleine Geschichte von Jesu Geburt. Seht, das ist beinah alles, was ich noch von meiner Großmutter weiß, außer dem, woran ich mich am besten erinnere, nämlich dem großen Schmerz, als sie dahinging.
Seite 30 - Stelle dir vor, daß du blind warst und ganz unerwartet sehend wirst, daß du bettelarm warst und ganz rasch reich wirst, daß du ausgestoßen und freudlos warst und ganz unvermutet einer großen, warmen Liebe begegnest! Stelle dir vor, was du willst an großem, unerwartetem Glück, und du wirst dir doch kein größeres denken können, als das ich in diesem Augenblick empfand.
Seite 27 - Ereignisse, die midi in Spannung und Schrecken versetzen. Da ist alles mögliche, wovon ein Kind, das auf einem stillen Herrenhof in Varmland aufgewachsen ist, nie zuvor hat reden hören. Man versetze einen erwachsenen Menschen auf einen Stern im Weltenraume. Ich glaube kaum, daß er diese neue Welt mit glühenderem Eifer untersuchen könnte, mit größerem Interesse, mit stärkerem Gefühl, wie wunderbar und glücklich er sei, weil er all dies Ungeahnte kennen lernen dürfe.
Seite 69 - Gaukelwerk mehr hervor. Meine Seele ist geworden wie du, stumm, ohne Glocken, ohne Gesang. Meine Seele ist arm geworden und dunkel und verwildert. Sie ist voll von Bildern des Schreckens und...
Seite 23 - Als ich fünf Jahre alt war, hatte ich einen großen Kummer. Ich weiß kaum, ob ich seitdem einen größeren gehabt habe. Das war, als meine Großmutter starb. Bis dahin hatte sie jeden Tag auf dem Ecksofa in ihrer Stube gesessen und Märchen erzählt. Ich weiß es nicht anders, als daß Großmutter da saß und erzählte, vom Morgen bis zum Abend, und wir Kinder saßen still neben ihr und hörten zu.
Seite 61 - Die Sprachbehandlung in Selma Lagerlöfs Schriften verdient die vollste Anerkennung. Das reiche Erbe der Muttersprache hat sie mit kindlicher Liebe verwaltet; aus dieser Quelle stammen die Reinheit des Sprachbaues, die Klarheit des Ausdrucks und der musikalische Wohllaut, die ihr Werk auszeichnen" 84 ). Wie üblich, dankte Selma Lagerlöf in einer Rede (vgl.
Seite 160 - Der saß wohl an einem noch größeren Webstuhl und hatte nach einem noch wunderbareren Muster zu weben. Und der Oberst begriff, daß es in jenem Gewebe Hell und auch Dunkel geben müßte, damit es nach etwas aussähe. Aber Beerencreutz konnte bisweilen dasitzen und hierüber so lange nachgrübeln, bis er zu sehen vermeinte, wie sein Leben und das der Menschen, die er gekannt und begleitet hatte, einen kleinen Teil von Gottes...

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