Über Wedekind, Sternheim und das Theater: fünfzehn Kapitel

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K. Wolff, 1916 - 130 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 31 - An der Schönheit der Weltgesetze haben wir keine Freude. Vor den Gesetzen weltlicher Schönheit hegen wir keine Achtung. Die Wieder•vereinigung von Heiligkeit und Schönheit als göttliches Idol gläubiger Andacht, das ist das Ziel, dem ich mein Leben opfere, dem ich seit frühster Kindheit zustrebe!
Seite 44 - Schloß Wetterstein" enthält meine Anschauungen über die inneren Notwendigkeiten, auf denen Ehe und Familie beruhen. Das Stoffliche, die Geschehnisse, der Gang der Handlung sind dabei vollkommen Nebensache.
Seite 12 - Zeitung steht, wirklich machen muß, um selber „wirklich" zu sein, so wird alles wahr, was in der Zeitung steht. Damit beeilt er sich, den spielenden kleinen Frevel wieder gutzumachen, sich rechtzeitig erinnernd, daß er ja nur ist, indem die Presse ist. Steht darin „unsere Helden", so gibt es vierundzwanzig Stunden später diese Helden ; steht darin „genotzüchtigte Frauen", so wimmern vierundzwanzig Stunden die genotzüchtigten Frauen. Alles geschieht, was in der Zeitung steht, denn nichts...
Seite 28 - In das Innere von Kunstwerken gelangen wir nie, es ist schon genug, um sie herumgehen und ihnen einiges abmerken zu dürfen« und jenes andere, noch strenger geformte, »man habe sich den Erzeugnissen neuerer Dichter absolut gegenüberzustellen, mit keiner anderen Intention als der, ein gehobenes Menschliches darin zu finden, woran sich unbedingt teilnehmen lasse«, einschneidende Worte von der Endgültigkeit des Gesetzes...
Seite 32 - Ich sehe seit Jahren nicht ein, warum die Verehrung, die wir für die ewigen Weltgesetze hegen, und die Verehrung, die wir schönen Farben, schönen Körpern, der ganzen Schöpfungspracht entgegenbringen, warum sich diese Gefühle ewig in den Haaren liegen sollen! Das war früher anders, als sich die Anbetung des Geistes mit der Verehrung menschlicher Schönheit unter demselben Tempeldach zusammenfanden.
Seite 45 - Räsonement eigenlebig wichtig wird und mit eigenen Akzenten aufhält. Dann gibt es ein Intermezzo in zwei Stücken : „So ist das Leben" und „Hidalla". Die errungene Form wird noch behauptet, Sinn und Struktur bleiben deutlich, und beide Stücke sind damit noch im Kreis der früheren halb beschlossen. Dem kommenden Theater dienen sie als fataler Prolog darin, daß sich hier Wedekind selber zum Problem stellt : Mit meiner Kunst ein König sterbe ich als unbekannter Bettler; mit meiner Ethik ein...
Seite 31 - Ich arbeite schon viel länger, als wir uns kennen, an einem Werk, durch das die Widersprüche, in denen ich mich seit meiner Kindheit befinde, endlich aufgehoben werden sollen. Ich sehe seit Jahren nicht ein, warum die Verehrung, die wir für die ewigen Weltgesetze hegen...
Seite 32 - Der Streit kommt nur daher, daß wir die erhabene Schönheit geistiger Gesetzmäßigkeit so wenig würdigen, wie wir die unerbittliche Gesetzmäßigkeit körperlicher Schönheit einsehen. Der Geist ist uns ein strenger Zuchtmeister, die Erscheinungswelt ist uns ein loser Possenreißer. Die Freude am Geist, die Ehrerbietung vor der Erscheinungswelt, das sind die beiden Elemente, die ich, bevor ich sterbe, noch miteinander aussöhnen möchte . . . Da es klopft Herein!
Seite 31 - In keiner meiner Arbeiten habe ich das Gute als schlecht oder das Schlechte als gut hingestellt. Ich habe die Folgen, die dem Menschen aus seinen Handlungen erwachsen, nirgends gefälscht. Ich habe diese Folgen überall immer nur in ihrer unerbittlichen Notwendigkeit zur Anschauung gebracht.
Seite 13 - Alles geschieht, was in der Zeitung steht, denn nichts geschähe in dieser bürgerlichen Welt, stünde nichts in den Zeitungen: alles was diese zerfallene Welt treibt, tut, fühlt, denkt, will, ambitioniert, wäre nicht ohne die Presse, denn dieser Mensch ist die Presse. Was er meint, meint er von Anfang an als öffentliche Meinung; was er urteilt, urteilt er von Anfang an als allgemeines Urteil; er inventarisiert sich, indem er die Zeitung liest. Er zitiert immer sich, indem er die Zeitung zitiert....

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