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sen vierzehn Runensteine daselbst und glaubt zwei davon mit Sicherheit in die heidnische Zeit stellen zu dürfen; woraus denn folgt, dass die Runen bereits im neunten Jahrhunderte durch die Norwegischen Ankömmlinge nach Island gebracht worden sind. Unter die ältesten Runensteine Islands gehört unstreitig der am Kirchhofe zu Borg im Myrar - Syssel stehende Runenstein von basaltförmiger Klippenart; seine schon sehr unkenntlich gewordene Aufschrift lautet nach Olafsen:

Her ligr halr Kartan Olafsson
fyri svik af sári deydi.

Hier ruht der tapfere Kartan Olafson ...
Gestorben an einer, verrätherischer Weise
erhaltenen, Wunde.

In der Laxdäla Saga heisst es von diesem Kjartan, dem Sohne Oluf Pau's, dass er im J. 1003 bei Svinedal im Dale-Syssel meuchlings erschlagen wurde. Weil zu jener Zeit keine Kirche näher war, als die auf Borg, so ist seine Leiche dahin geführt und begraben worden. Die übrigen runischen Steinschriften Islands können, da sie zum Theil beträchtlich jünger sind, hier übergangen

werden.

Einen äusserst merkwürdigen kleinen Runenstein jedoch, den man im J. 1824 auf Kingiktors oak, einer Insel West-Grönlands, gefunden hat, muss ich hier näher beschreibeu. Dieser Runenstein der erste, den man noch in Grönland gefunden - hat bei fünf Zoll Länge und einen Zoll Höhe, und befindet sich gegenwärtig im königlichen Museum zu Kopenhagen. Seine Inschrift lautet: Ellingr Sigvatssonr ok Bjarni Þordarson ok Einripi Oddsson laugardaginn fyrir gagndag hlódu varda þessa ok ruddu MCXXXV. d. i. Erling Sigvatsson und Biarne Thorderson

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und Eindridi Oddsson errichteten diese Warden (d. i. Steinhaufen) am Sonnabende vor dem Gagndag (d. i. 25. April) und räumten den Platz im Jahre 1135. Auf der Stelle, wo der Stein gefunden wurde, sieht, man noch deutliche Trümmer der Warden. Aus der Zeitbestimmung vor dem Gagndagsfeste ergiebt sich, dass der Stein in die christliche Periode Grönlands gehört. Wenn aber auch keine Jahreszahl angegeben wäre, so müssten uns doch die in der Aufschrift vorkommenden Verkürzungen, verbunden mit dem Gebrauche der punktirten Runen zum Beweise dienen, dass wir damit nicht weiter, als in das 11. Jahrhundert hinauf steigen dürfen. Uebrigens beweiset dieser Runenstein auch, dass die alten Norden bereits im 12. Jahrhunderte die Westküste von Grönland eben so weit gegen Norden hinauf gekannt haben, als wir sie jetzt kennen (Vergl. d. Antiq. ́Annal. IV. B. 2. Heft).

Die Runensteine der übrigen Länder Skandinaviens können wieder unter zwei Klassen gebracht werden, nemlich unter heidnische und christliche Runensteine.*) Wie schwer aber, wie mühsam und unsicher ist eine solche Absonderung, nicht zu gedenken, dass sie in den meisten Fällen ganz unmöglich wird! Die Schwierigkeiten bei der Erklärung der Runensteine haben ihren Grund zum Theil in dem Alter der Steine, welches gemacht hat, dass die Runen an manchen Orten verlöscht sind, und an' anderen Orten

*) Wenige Runensteine nur giebt es, die gerade auf der Grenze zwischen Heidenthum und Christenthum stehen und die Spur von beiden verrathen. Einzelne dieser Art sind auf Personen errichtet, welche starben i hvita vadum d. h. in ihren weissen Taufkleidern, welche die Neugetauften anzogen und einige Zeit nach der Taufe noch trugen. (Vgl. HEIMSKR. I. 348). Diese Steine sind also Denkmäler auf bekehrte Heiden, die oft die Taufe bis zur letzten Stunde aufschoben, um in den Taufkleidern sterben zu können. (Rimberti Vita Ansgarii c. 21.)

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sich wieder nichtsbedeutende Striche eingefressen haben; theils in den wunderlichen Schlangen und Kreiswindungen; theils in der Rohheit der Züge denn nicht selten haben Bauern und andere schlechte Hände die Runen eingehauen; ferner in der mehrfachen Bedeutung eines und desselben Zeichens und der verschiedenen Gestalt der Runen überhaupt, und endlich in den sogenannten wilden Runen (Villrúnir). Zu allem dem kommt noch die Umwendung der Runen (runae inversae) und die häufige Versetzung derselben (perturbatae,) in welchem letzten Falle der Runenschreiber nemlich eine Rune zuweilen an den ungehörigen Ort und einen Buchstab vorne hin stellte, der hinten seinen Platz hatte. Rechnet man, wie Grimm scharfsinnig bemerkt, hiezu noch die häufige Unwissenheit, die in rohen Dialektformen die Worte ausdrückte, so steigern sich diese Schwierigkeiten aufs Höchste. Denn es ist bemerkenswerth, dass, während die grösseren Werke jener Zeit die Sprache in dem reinsten Zustande darstellen, hier Formen so roh, als in irgend einer gemeinen Mundart uns begegnen.

Man hat es, zumal in früherer Zeit, auf mancherlei Weise, versucht, da auf keinem der nordischen Runensteine eine Jahreszahl angegeben ist, einige allgemeine Gesetze ausfindig zu machen, nach welchen sich das Alter eines jeden Runensteines mehr oder minder genau bestimmen liesse. Hier nur Ein Beispiel: Olaus Rudbeck, der bekannte Verfasser der Atlantik, glaubte dafür aus der Natur selbst ein allgemein giltiges Gesetz entwickeln zu können. Uiberall, sagt er, ist der Erdboden, da wo er flach, nicht heftigen Winden ausgesetzt, nicht von Menschenhänden verändert ist, neun Zoll hoch mit schwarzer oder Garten - Erde (Schwed. mat-jord, terra altrix) bedeckt. Diese Erde findet sich nirgends als auf der äussersten Rinde des Erdbodens, und ist von faulem Gras

Blättern und anderen erdigen Theilchen, die durch Regen und Schnee aus der Luft herabkommen, entstanden, Diese Bedeckung von neun Zoll hoch, die überall fast gleich ist, muss erst nach der Sündfluth, folglich vor etwa 4000 Jahren, sich zu sammeln angefangen und mithin alle 500 Jahre um etwa einen Zoll zugenommen haben. Nun giebt es Grabhügel und Runensteine, auf denen über acht Zoll hoch Gartenerde liegt: folglich müssen solche im zweiten oder dritten Jahrhunderte nach der Sündfluth schon errichtet worden sein. Auf diese Weise ging mit einemmale über eine ungeheure Anzahl von Runensteinen ein unerwartetes Licht auf. Aber unglücklicherweise - sagt IHRE haben sich in der Folge Runensteine gefunden, auf denen Rudbecks Gartenerde so hoch lag, dass sie nach seinem Zeitmasse einige Jahrhunderte älter als die Schöpfung sein mussten!

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Mit ziemlicher Sicherheit liesse sich der Runensteine Alter bestimmen, wenn es deren mehre gäbe, die bekannte Namen und Begebenheiten meldeten. Auf einem Steine (GIÖRANSSONS Bautil, n. 1100) kömmt z. B. ein Biörn als Heerführer der Helsinger, Haupink Helsana, vor, der ganz Seeland bezwungen. Dieser Stein, wenn er gleich unläugbare Spuren des Christenthumes hat, kann doch nicht jünger, als Erich der Siegreiche sein, denn nach dessen Zeit ist kein Seezug in diese Gegenden unternommen worden. Aber wie klein ist die Anzahl jener Runensteine, deren Inschriften so in das Geschichtliche ihrer Zeit eingreifen, und wie ungewiss und mangelhaft ist zuweilen nicht selbst unsere historische Zeitrechnung, zumal in früheren Jahrhunderten, wo eben diese Steine gesetzt wurden? In dieser Hinsicht wären es die Felsenschriften allein, die für uns, weil sie nur Ausgezeichnetes und daher grossentheils historisch Bekanntes verkünden, eine völlig genaue Angabe ihres Alters an der

Stirne tragen; nur ist es sehr zu beklagen, dass sich so wenig von den nordischen Felsenschriften bis auf unsere Tage erhielt. Von der berühmten Runenschrift der sogenannten Haraldsklippe sind nur geringe Spuren vorhanden. Diese Inschrift, welche der Dänenkönig Harald Hildetand (um das J. 600) seinem Grossvater zu Ehren in die Felsenwände des Runamoberges in Blecking hauen liess, wird von Einigen für das älteste im Norden bekannt gewordene Runenmonument angesehen. SAXO giebt uns in Praef. Hist. Dan. p. 3. et Lib. IX. p. 173) eine sehr abentheuerliche Beschreibung von diesem Denkmal, und setzt hinzu, K. Waldemar I. habe Leute abgeschickt, welche die Aufschrift untersuchen sollten, die aber nichts hätten heraus bringen können; ein Beweis, dass dieselbe schon zu jener Zeit (im J. 1152) unlesbar geworden war.*)

Aber auch Grabsteine gibt es, deren Alter aus der Inschrift ganz genau hervorgeht; unter diesen sind die drei, jetzt auf dem Kirchhofe von von Jellinge unweit Weile in Jütland liegenden, Steine, welche dem Könige Gorm dem Alten und seiner Gemahlin Tyre Danebod gesetzt wurden, besonders merkwürdig. Die spätere Inschrift ist gleichzeitig mit der Einführung des Christenthumes; denn Harald Blaatand liess sie um das Jahr 992 zum Denkmal seiner Taufe in eben diesen Grabstein seiner Eltern einhauen. Zur Probe stehe hier die ganze Inschrift, deren Zeichnung freilich nicht am genauesten

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WORMS Monum. Dan. p. 326 befindlich ist:

in

*) Uiber die Felsenschrift zu Kallebek bei Gothenburg s. LINIE'S Reise nach Westgothland S. 144. WALLIN hat (in Act. societ. Upsal. 1751, p. 132) eine kurze Runeninschrift auf einem Berge im Kirchspiel Bro auf Gothland und KLÜVER in seinen Norw. Denkmalen eine Runenzeichnung von einer Felswand zu Stördalen in Norwegen mitgetheilt.

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